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Stadtmuseum Nordhorn

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Das Stadtmuseum Nordhorn ist ein Museum zur Stadt- und Textilgeschichte der niedersächsischen Grenzstadt Nordhorn. Es verfügt über drei historische Ausstellungsorte in ehemaligen Gebäuden der einstigen Nordhorner Textilproduktion: den NINO Hochbau, den Povelturm und die Alte Weberei Povel. An diesen drei Museumsorten erhalten Besucherinnen und Besucher Einblick in die Textilgeschichte, Textilkultur und die Stadtgeschichte der Stadt Nordhorn.

Standorte und Sammlungen

Ausstellungsort 1: Der NINO-Hochbau

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Das Stadtmuseum Nordhorn im Kompetenzzentrum Wirtschaft, im ehemaligen NINO-Spinnereihochbau

Die Textilgeschichte und Textilkultur des einstigen Textilzentrums Nordhorn finden ihren Ort in der im April 2011 eröffneten Dauerausstellung „Menschen, Mode und Maschinen“ im NINO-Hochbau. Der unter Denkmalschutz stehende ehemalige NINO-Spinnereihochbau wurde 2009 umfassend saniert und zu einem „Kompetenzzentrum Wirtschaft“ umgestaltet. Mit Mitteln der Stadt Nordhorn betreibt das Stadtmuseum im 1. Obergeschoss eine Ausstellungsfläche von 1.200 Quadratmetern.

Ausstellungsort 2: Der Povelturm

Datei:Stadtmusuem-Nordhorn-Povelturm.jpg
Stadtmuseum Nordhorn, der Povelturm

Der ehemalige „Staub- und Wasserturm“ der Spinnerei Povel, erbaut 1906, wurde ebenfalls restauriert und umgebaut. Im Oktober 1996 eröffnete das Stadtmuseum Nordhorn hier eine erste Dauerausstellung. Das Stadtmuseum selbst wurde bereits 1994 im Auftrag der Stadt Nordhorn vom „Museumsvereins für die Grafschaft Bentheim e.V.“ gegründet. Die Dauerausstellung und zahlreiche Sonderausstellungen führen die Besucher auf eine Zeitreise durch die Stadtgeschichte Nordhorns im 19. und 20. Jahrhundert.

Ausstellungsort 3: Die Alte Weberei (Povel)

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Museumsfabrik in der alten Weberei

Die „Neue Weberei Povel“ aus dem Jahre 1950 ist eines der wenigen erhalten gebliebenen Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Textilfabrik Povel. 1999 wurde sie zum „Kulturzentrum Alte Weberei“ um- und ausgebaut. In den einstigen Räumlichkeiten des „Weberei-Vorwerks“ eröffnete das Stadtmuseum Nordhorn mit seiner „Museumsfabrik“ im September 1999 eine weitere Dauerausstellung.

Die Sammlung des Stadtmuseums

Das Stadtmuseum verfügt über eine umfangreiche fotografische Sammlung zur Stadtgeschichte Nordhorns im 20. Jahrhundert. Hinzu kommen Sammlungsbestände zur textilen Industriefotografie, zur Modefotografie, zum Textildesign und zum textilen Marketing. Der Bestand „Textile Industriefotografie“ enthält 20.000 Fotografien aus den Textilfabriken NINO, Povel und Rawe. Der Bestand „Modefotografie“ umfasst rund 80.000 Modefotografien, die im Zeitraum von 1950 bis 1990 vor allem für die NINO-Markenwerbung entstanden. Im Bestand „Textildesign“ finden sich über 1.000 historische Kleidungsstücke aus bei NINO, Povel und Rawe produzierten Stoffen, tausende von Stoffmustercoupons und 700 Musterbücher der zwischen 1911 und 1994 vertriebenen NINO-Hauskollektionen. Die Musterbücher dokumentieren rund 700.000 Stoffmuster aus der NINO-Fabrikation. Der Bestand „Textiles Marketing“ besteht aus einer Vielzahl von Kollektionskatalogen, Werbeplakaten, -filmen und -anzeigen, Modereportagen sowie Werbegeschenken. Hinzu kommt ein umfangreicher Bestand an historischen Illustrierten, Mode- und Frauenzeitschriften aus den Jahren 1950 bis 1980. Darunter „STERN“, „Constanze“, „Brigitte“, „Film und Frau“, „Petra“, „Burda-Moden“ und ein kompletter Bestand der Kultzeitschrift „TWEN“.

Stadtgeschichte Nordhorn

Nordhorn erhielt bereits 1379 die Stadtrechte. In den folgenden Jahrhunderten galt die grenzüberschreitende Vechteschifffahrt Richtung Ijsselmeer als wichtigster Erwerbszweig. Diese erlebte ihr Ende im frühen 19. Jahrhundert. Über Jahrzehnte geriet Nordhorn in eine erste Strukturkrise, die erst mit dem Aufbau von ersten Textilfabriken seit 1839 endete. Aus der Stadt der Vechteschiffer wurde eine Stadt der Baumwollweber. Mit der Aufnahme der Massenproduktion von Schürzenstoffen, den „Nordhorner Waterschürzen“ begann 1889 der Aufstieg Nordhorns mit seinen damals 3.000 Einwohnern zu einem der bedeutendsten Zentren der deutschen Textilindustrie. Ein Aufstieg, der Nordhorn in den 1920er Jahren als „Klein-Amerika“ bekannt machte. Bis weit in die 1970er Jahre hinein boomte die Textilindustrie mit ihren Großunternehmen NINO, Povel und Rawe. Um 1960 arbeiteten 12.000 Menschen in der Nordhorner Textilindustrie, allein die größte Firma NINO beschäftigte 6.000 Mitarbeiter. Die Einwohnerzahl stieg auf über 50.000 Menschen an. Nordhorn wurde zum Mittelpunkt der Grafschaft Bentheim.  Im Zuge der Globalisierung erlebte die Stadt seit 1975 einen dramatischen Strukturwandel. Zwischen 1979 und 2001 stellten alle drei Textilfabriken ihre Produktion ein. Heute ist Nordhorn auf dem Weg in eine neue Zukunft und knüpft dabei an ihr weiteres historisches Erbe an: Die jahrhundertealte Tradition der „Wasserstadt Nordhorn“.

Museumsgeschichte

Im Gründungsjahr 1994 verfügte das Stadtmuseum lediglich über Archiv- und Ausstellungsräume, jedoch über keine historischen Exponate. Mittlerweile besitzt das Stadtmuseum Nordhorn eine umfangreiche und stetig anwachsende Sammlung historischer Exponate. Unmittelbar nach dem Konkurs des einst größten Nordhorner Textilunternehmens NINO 1994 und der Einstellung der Produktion bei der Textilfabrik Rawe 2001 konnte das Stadtmuseum eine große Zahl von Materialien zur Textilgeschichte aus den Büros, Werkshallen und Firmenarchiven retten. Weitere Unternehmen, Institutionen und Vereine überließen wertvolle Objekte und viele Nordhorner Privatpersonen steuerten mit Erinnerungsstücken zur Sammlung des Museums bei. Heute verfügt das Stadtmuseum über einen eigenen Etat für den Erwerb weiterer historischer Exponate. Für die Einrichtung der Dauerausstellung im NINO Hochbau standen dem Stadtmuseum rund 500.000 Euro zur Verfügung. Hauptförderer waren dabei die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Grafschafter Sparkassenstiftung mit einem Betrag von 200.000 Euro. Weitere Mittel kamen von der Stadt Nordhorn, der Stiftung Niedersachsen, dem Land Niedersachsen, dem Landkreis Grafschaft Bentheim und einer größeren Gruppe von Sponsoren aus der Grafschafter Wirtschaft.

Ausstellungen

Ausstellung 1: „Menschen, Mode und Maschinen“ – Textilgeschichte und Textilkultur im NINO-Hochbau

Datei:Ausstellung Menschen, Mode und Maschinen.jpg
Die Ausstellung Menschen, Mode und Maschinen ist eine Hommage an die Mode- und Werbewelt der Nordhorner Textilproduzenten

Die Ausstellung erzählt exemplarisch die Textilgeschichte Deutschlands und Westeuropas. Zu sehen ist eine Auswahl aus rund 20.000 Industriefotografien, aus Film- und Fernsehreportagen, Betriebszeitschriften, Gemälde, Arbeitsurkunden, Dokumente und Memorabilia. Sie ermöglichen einen eindrucksvollen Rückblick in die Arbeitswelt der Textilwerker und die Wirtschaftsgeschichte des Textilzentrums Nordhorn. Bestandteil der Ausstellung sind auch die Aufnahmen bekannter Industriefotografen wie Rudolf Bulla, Charles Compére, Otto Steinert, Ferdinand Tesch, Alfred Tritschler, Charles Wilp und Paul Wolff. „Menschen Mode und Maschinen“ ist gleichzeitig eine Hommage an die Mode- und Werbewelt der Nordhorner Textilproduzenten. Eine Auswahl aus rund 100.000 Modefotografien, Modezeitschriften, Original-Kleidungsstücken aus NINO-, Povel- und Rawe-Stoffen, Musterbüchern und Mustercoupons, Kollektionskatalogen und Werbeartikeln aus der NINO-, Povel- und Rawe-Historie vereinen sich zu einer Zeitreise durch die von den Nordhorner Textilern inspirierte Modewelt der Nachkriegsjahrzehnte. Viele der Modefotografien entstanden im Zuge der Markenwerbung für Kleidung aus NINO-Stoffen wie den berühmten „NINO-Flex-Mantel“. Sie illustrierten Modereportagen in Zeitschriften wie Vogue, Stern, Brigitte, Petra oder der 60er-Jahre-Jugendzeitschrift Twen. Von Bedeutung sind vor allem bisher nie gezeigte Fotostrecken von Modefotografen wie Helmut Newton, F.C. Gundlach, Guy Bourdin, Frank Horvat, Hans-Günther Kaufmann, Charlotte March, Christa Peters, Rico Puhlmann und Regina Relang. Hinzu kommen Fotos, auf denen einstige Star-Mannequins wie Ina Balke, Marie-Louise Steinbauer, Gloria Friedrich, Erika Schöning, Francoise Rubartelli oder Uschi Obermaier Kleidung aus NINO-, Povel- und Rawe-Stoffen präsentieren. Die Besucherinnen und Besucher erfahren zudem, dass berühmte Modedesigner wie Karl Lagerfeld, Daniel Hechter, Bessie Becker und Heinz Oestergaard einst Stoffdessins und Modellkleidung für das Textilunternehmen NINO entworfen haben.

Ausstellung 2: Eine Zeitreise durch die Stadtgeschichte im Povelturm

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Die Geschichte Nordhorns in einer Zeitreise

Im Povelturm begeben sich Besucherinnen und Besucher in regelmäßigen Wechselausstellungen auf eine Zeitreise durch die Nordhorner Stadtgeschichte vom 19. Jahrhundert bis hinein in die Gegenwart. Die Titel lauten „Vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus“, „Nordhorn im Wirtschaftswunderland“ und „Nordhorn im Zeichen der Globalisierung. Vom Wandel einer Stadt und einer Stadtlandschaft“. Die Ausstellung Im Povelturm bietet eine Vielzahl von Fotografien, DVD-Filmstationen, Gemälde, Ansichtskarten, Plakate aller Art, Modelle von Kanalschiffen und Fabrikanlagen und nicht zuletzt Original-Jukeboxen mit zeitgenössischer Musik aus den 1950er bis 1970er Jahren. Am Beispiel der Stadt Nordhorn greift die Ausstellung zentrale Stationen und Entwicklungen deutscher Geschichte auf.

Ausstellung 3: Die Museumsfabrik in der Alten Weberei

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Dauerausstellung "Textilproduktion life"

„Textilproduktion live“ ist das Motto der dritten Dauerausstellung des Stadtmuseums in der Museumsfabrik in der Alten Weberei. Hier zeigen ehemalige Textilwerker mit Hilfe funktionierender Textilmaschinen aus den früheren Fabriksälen den Besucherinnen und Besuchern den gesamten Produktionsgang einer Textilfabrik. Vorgeführt wird die Aufbereitung des Rohstoffes Baumwolle, die Herstellung eines Garnes in der Spinnerei und die Verarbeitung Tausender von Garnfäden zu einem Stoffgewebe in der Weberei. In der Museumsfabrik befindet sich auch eine Collage des aus Nordhorn stammenden Londoner Künstlers Stefan Klimas: Der auf über 100 Quadratmeter Wandfläche aufgezogene Digitaldruck lässt die enormen Ausmaße der einstigen Fabrikhallen mit ihren lang gezogenen Maschinenstraßen erahnen.

Sonderausstellungen

Das Stadtmuseum Nordhorn führt jährlich Sonderausstellungen und weitere Veranstaltungen zur Stadt-und Textilgeschichte durch. Sonderausstellungen zur Stadtgeschichte finden im Povelturm statt, Sonderausstellungen zur Textilgeschichte und Textilkultur im NINO-Hochbau.

  • F.C. Gundlach in Brasilien: Mode- und Reportagefotografie 1956 – 1969. Juni–September 2014, in Zusammenarbeit mit der Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg
  • Oneway / Runway. Papierkleider zwischen Werbung und Modehype. Oktober 2015, in Zusammenarbeit mit Seminar für Kulturanthropologie des Textilen, TU Dortmund
  • Nicht nur für NINO: Modefotografien und Modezeichnungen von Rico Puhlmann 1956 – 1996. Frühsommer 2016, in Zusammenarbeit mit der Familie Klaus Puhlmann, Berlin 
  • Vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus – Die Stadtgeschichte 1897 bis 1945. Seit März 2014.

Museumspädagogische Programme

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Textilwerker zeigen an funktionierenden historischen Textilmaschinen die Produktion von Stoffen.

Das Stadtmuseum Nordhorn bietet allgemeine Führungen durch seine Ausstellungen und besondere Programme für Kinder und Jugendliche an. Hierbei kooperiert das Museum mit dem Gymnasium Nordhorn und der Kunstschule der Städtischen Galerie Nordhorn. Daneben versteht sich das Museum als Ort der Forschung. Fachbibliothek, Fotoarchiv und die Sammlung des Stadtmuseums stehen an Stadt- und Textilgeschichte Interessierten zur Verfügung.

Museumsleitung

Der Historiker Werner Straukamp ist seit 1994 Leiter des Nordhorner Stadtmuseums

Website des Stadtmuseums Nordhorn

Literatur

  • Stadtmuseum Nordhorn, Werner Straukamp (Hg.): Menschen, Mode und Maschinen. Textilkultur und Textilgeschichte aus Nordhorn, Bad Bentheim 2011
  • Stadtmuseum Nordhorn, Werner Straukamp (Hg.): NINO – der Stoff, aus dem die Mode war. NINO Industrie- und Modefotografien, Bad Bentheim 2006
  • Stadtmuseum Nordhorn, Werner Straukamp: Zur Geschichte der Wasserstadt Nordhorn. Eine Dokumentation, Lingen 2007