Zum Inhalt springen

Wirtschaft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. Februar 2006 um 15:34 Uhr durch Gurion (Diskussion | Beiträge) (Verquickung von verschiedenen Aspekten). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Begriff Wirtschaft (Wortbedeutung: "Wert schaffen") umschreibt alle Einrichtungen und Handlungen von Menschen mit dem Ziel, die in der Umwelt vorhandenen Ressourcen und die vom Menschen geschaffenen Ressourcen zur Befriedigung ihrer materiellen und immateriellen Bedürfnisse zu nutzen und zu fördern.

Wirtschaft ist das deutsche Wort für oikonomia (griech.), Economy (engl.), das im antiken Hellas und Rom die Verwaltung des Haushaltes bezeichnete. Wirtschaft wurde traditionell als übergreifende Bezeichnung für die Verbindung von Boden, Rohstoffen, Handel, Arbeit und Kapital verwendet.

Teilgebiete der Wirtschaft sind z. B. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Dienstleistung, Handel und Industrie. Daneben werden im Rahmen der Wirtschaft auch aktuelle Themen wie Globalisierung, Ökologie, Massenarbeitslosigkeit, Freizeitindustrie, Last Minute, Freeware, Hedonismus, Selbstverwirklichung, Postmaterialismus und Entrepreneurship behandelt.* Agrarwirtschaft

Geschichtliche Entwicklung

Als eigenständiges Wissensgebiet existiert die Wirtschaft erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, als Adam Smith seine „Untersuchung zur Natur und dem Grund des Reichtums der Nationen“ (1776) veröffentlichte.

Grundlegende Wirtschaftstheorien entstanden im Eindruck der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, so von Karl Marx und Friedrich Engels; Schriftsteller wie Emile Zola und Mark Twain schilderten Wirkungen des Kapitalismus. Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieben Max Weber, Rudolf Steiner und Werner Sombart kritisch Folgen der Industrialisierung. Die Begriffe Entfremdung und Ausbeutung gehören seitdem zum Grundvorwurf gegen jede wirtschaftliche Entfaltung.

Neben dem insbesondere von Milton Friedman vertretenen Wirtschaftsliberalismus stehen im Mittelpunkt der heutigen Wirtschaftsdiskussion Globalisierung, Ökologie und Massenarbeitslosigkeit sowie die Diskussion um das Grundeinkommen.

Vertreter der Globalisierungskritik sind insbesondere Joseph E. Stiglitz, Al Gore, Jean Ziegler, Jean de Maillard, Jeremy Rifkin, Richard Sennett, Theodore Rozhak, Michael Moore und Han Deqiang. Aktive Befürworter der Globalisierung sind beispielsweise Milton Friedman und Klaus Schwab.

Das heutige Stadium der Wirtschaft in den westlichen Industrieländern, das durch eine historisch einmalig hohe Versorgung mit Gütern charakterisiert ist, wird als „postindustriell“,postmaterialistisch“ und „postmodern“ bezeichnet. Im Zusammenhang mit Erscheinungen wie der sogenannten New Economy und der sogenannten Freeware (Waren und Software, die umsonst abgegeben werden) fanden u.a. in den Werken von Norbert Bolz, Ulrich Beck und Peter Sloterdijk verschiedene umstrittene Interpretationen der heutigen Wirtschaft statt.

Wirtschaftsethik

Die Wirtschaft hat eine Verantwortung als eine der gestaltenden Kräfte in der Gesellschaft. Mit dieser Dimension der Gestaltung ist die Wirtschaftsethik befasst. Viele Unternehmensberater weisen auf die Gefahren hin, in die sich Unternehmen begeben, wenn sie offensichtlich egoistisch handeln und dadurch ihr Image bei potenziellen Kunden und Geschäftspartnern schädigen.

Theorie von Wirtschaft als Nutzung von Rohstoffen und Gütern

Die materialistische Sichtweise sieht Wirtschaft als Organisationsform von Ressourcen an. Eine typologisierende Geschichte der Wirtschaft beginnt mit der Ausnutzung der in der Natur vorhandenen Güter, beispielsweise der Nahrung und der Rohstoffe. Diese Bereiche der Wirtschaft - Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Bergbau - bilden bis heute einen fundamentalen Bestandteil der Gesamtwirtschaft.

Darauf aufbauend wird eine Wirtschaft entwickelt, die bereits vorhandene Güter in andere Güter umwandelt. Dieser Bereich wird als "gewerbliche Wirtschaft" bezeichnet und umfasst Handwerk und Industrie.

Der Bereich der Dienstleistungwirtschaft umfasst ein weites Spektrum an immateriellen Gütern für Industrie und Konsumenten. Hierzu zählen auch die Wirtschaftsbereiche des Handels und die Verkehrswirtschaft. In der modernen Wirtschaft wird zudem oftmals die Informationswirtschaft als neuer, eigenständiger Bereich aufgeführt, der die Versorgung von Organisationen und Menschen mit den richtigen Informationen zur gewünschten Zeit sicherstellen soll.

Wirtschaftsformen

Mehr in einem typologischen als historischen Sinn kann die Selbstversorgung als ursprüngliche Wirtschaftsform angesehen werden, in der jeder Mensch oder kleine Gruppen von Menschen jeweils alle Aufgaben übernehmen, die zur Befriedigung der Bedürfnisse notwendig sind.

Auf Basis größerer sozialer Gemeinschaften entwickelt sich das Prinzip der Tauschwirtschaft, in der einzelne Menschen die Rolle eines Spezialisten ausüben und sich auf die Produktion oder Umwandlung eines speziellen Gutes konzentrieren. Die Befriedigung der Bedürfnisse erfolgt dabei im gegenseitigen Austausch dieser Güter. Das Prinzip der Tauschwirtschaft ist die Grundlage für praktisch alle heutigen Wirtschaftsformen.

Die meisten modernen Wirtschaftsformen lassen sich grundsätzlich weiter in die Bereiche Naturalwirtschaft und Geldwirtschaft aufteilen. Die ursprüngliche Naturalwirtschaft ermöglicht den Austausch von Gütern nur zwischen Personen, die gegenseitig über Güter zur Befriedigung der Bedürfnisse des jeweils anderen verfügen. Die Geldwirtschaft führt das neutrale Tauschmittel Geld ein, das die Suche nach einem geeigneten Tauschpartner erleichtert.

Die Realität zeigt heute in den meisten großen Wirtschaftsnationen einen überwiegenden Anteil an Geldwirtschaft. Dabei ist jedoch in den meisten Fällen auch ein oftmals nicht unbedeutender Teil an Naturalwirtschaft zu beobachten, der auf dem Austausch von gegenseitigen Leistungen basiert. Insbesondere in Vereinen, sozialen Organisationen, aber auch im Bereich der Schwarzarbeit lassen sich noch heute oftmals Tauschgeschäfte ohne Verwendung von Geld feststellen.

Der Bereich der Geldwirtschaft kann zudem grob weiter unterteilt werden in Marktwirtschaft und Planwirtschaft. Dabei überlässt die Marktwirtschaft den Beteiligten das eigenverantwortliche Handeln. Am freien Markt soll ein optimaler Ausgleich zwischen Bedürfnissen und Gütern erreicht werden.

In der Planwirtschaft hingegen soll mit Hilfe einer zentralen Planung die gerechte Verteilung der produzierten Güter entsprechend den ermittelten Bedürfnissen der Menschen erfolgen. Der private Besitz von Produktionsmitteln ist hierbei nicht zulässig.

In der Realität lassen sich in den meisten Wirtschaftssystemen Elemente beider Ansätze finden. So sind auch in den westlichen Dienstleistungsnationen stets einzelne Wirtschaftsbereiche planwirtschaftlich abgedeckt worden, beispielsweise das Postwesen. Auch gelten heute in praktisch allen modernen Wirtschaften die Güter "Sicherheit" und zumindest in großen Teilen "öffentlicher Verkehr" als Aufgabe des Staates und werden zentral verwaltet. Um trotz des planwirtschaftlichen Ansatzes die Vorteile der Marktwirtschaft zur Optimierung des Mitteleinsatzes zu nutzen, wird vermehrt zur Form des regulierten Marktes gegriffen, in dem die Beteiligten weitgehende wirtschaftliche Freiheit genießen, aber gewissen staatlichen Kontrollen, z.B. der Erbringung von Mindestleistungen zu festgelegten Preisen, unterworfen sind.

In Westeuropa ist oftmals von sozialer Marktwirtschaft die Rede. Dieser Begriff wurde weitgehend von Ludwig Erhard, dem ersten deutschen Bundeswirtschaftsminister nach dem Zweiten Weltkrieg und späteren Bundeskanzler, in den 1950er Jahren geprägt.

Wirtschaftswissenschaften

Zur Untersuchung wirtschaftlichen Handelns, der Gesetze der wirtschaftlichen Entwicklung und zur wissenschaftlichen Unterstützung staatlichen und betrieblichen Entscheidens haben sich die Wirtschaftswissenschaften (Ökonomik) entwickelt. Sie werden üblicherweise in zwei Bereiche aufgeteilt: die Volkswirtschaftslehre und die Betriebswirtschaftslehre.

Die Volkswirtschaftslehre untersucht gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge in der Mikroökonomie als Resultat rationaler Entscheidungen individueller Akteure (Haushalte, Unternehmen) und in der Makroökonomie als Ergebnis des systematischen Zusammenspiels gesamtwirtschaftlicher Aggregate (gesamtwirtschaftliche Nachfrage, Investitionen, Preisniveau etc.).

Die Betriebswirtschaftslehre befasst sich mit dem Verhalten einer wirtschaftlichen Einheit, dem Unternehmen, im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten und Mittel.

Als Begründer der modernen Wirtschaftswissenschaften wird zumeist der Schotte Adam Smith angesehen, der 1776 sein Buch An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations veröffentlichte. Dort kritisierte Smith den bis dahin zumeist vorherrschenden Merkantilismus. Sein weit verbreitetes Werk fand in Großbritannien und den USA große Anerkennung und vermittelte erstmals die Idee einer neuen Wissenschaftsrichtung zur Untersuchung des wirtschaftlichen Handelns. Smith brachte insbesondere bereits existierende Ideen der Gewaltenteilung von Montesquieu und die Ideen des Historikers David Hume über menschliche Motive und Handlungsweisen zusammen.

Die moderne Volkswirtschaftslehre beruht zum einen auf den Untersuchungen und Veröffentlichungen von John Maynard Keynes, der in seinem umstrittenen Werk The Economic Consequences of the Peace die Reparationszahlungen nach dem 1. Weltkrieg als Ruin für die Volkswirtschaft Deutschlands kritisierte. Vor allem seine Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes dominierte über mehrere Jahrzehnte die makroökonomische Diskussion. Neben dieser nachfrageorientierten (keynesianischen) Volkswirtschaftslehre hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend eine angebotsorientierte Orientierung (Monetarismus) Verbreitung und Anerkennung gefunden, die auf den Ökonomen Milton Friedman zurückgeht. Im wirtschaftspolitischen Bereich wurden diese angebotsorientierten Sichtweisen am deutlichsten in England von der Premierministerin Margaret Thatcher (Thatcherismus) und in den USA von dem Präsidenten Ronald Reagan (Reaganomics) umgesetzt.

In den Wirtschaftswissenschaften wird heute meistens davon ausgegangen, dass die Bedürfnisse des Menschen theoretisch unbegrenzt sind. Da die Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse jedoch begrenzt sind, können zwangsläufig nicht alle Bedürfnisse befriedigt werden. Die Güter zur Befriedigung der Bedürfnisse sind also knapp (Prinzip der Güterknappheit), die Wirtschaft umschreibt in dieser Sicht die Aufgabe, die vorhandenen Güter optimal zu nutzen.

Das Prinzip der Nachhaltigkeit: Die christliche Soziallehre Unter kritischer Abkehr von libertären Wirtschaftstheorien entwickelten die Kirchen gemeinsam mit sozialen Organisation ein alternatives, weniger marktfundamentalistisches Wirtschaftskonzept, welches, aufbauend auf die christlichen Grundüberzeugungen, das Leben der Menschen solidarischer und nachhaltiger gestalten helfen soll.

Dieses Leitbild verbindet die ökologische Frage mit der sozialen und ökonomischen Frage und dem Thema des Überlebens der Menschheit. "Dauerhafte Entwicklung" bzw. "Nachhaltigkeit" vernetzt folgende Gesichtspunkte:

  • Gerechtigkeit und Frieden: ein weltweites Entwicklungskonzept für alle Menschen - besonders in den wirtschaftlich schwachen und armen Ländern - in ihrem staaten- und länderübergreifenden Zusammenleben
  • Ökologie: die Rückkopplung der weltweiten wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsprozesse an die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen
  • Gegenwart: die Sicherung der Grundversorgung für alle heute lebenden Menschen und die Teilhabe aller Menschen an den Gütern der Erde
  • Zukunft und Vorsorge: die Sicherung der Existenzvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben künftiger Generationen, also der vorsorgliche Umgang mit Natur und Umwelt zugunsten der Lebensmöglichkeiten der Menschen in der Zukunft.

Auf diese Weise schließt die Leitvorstellung der Nachhaltigkeit das Anliegen der ökologischen Vorsorge und der Prävention ein. Unter anderem leitet sie dazu an, die Ressourcen der Natur zu schonen sowie erneuerbare Energien (z.B. Sonnen- und Windenergie) zu nutzen, um einer Erwärmung der Erdatmosphäre vorzubeugen. Auch in Kirche und Theologie findet der Begriff der Nachhaltigkeit bzw. der ökologischen Vorsorge zunehmend Beachtung. Er ergänzt, vervollständigt und vernetzt die ethischen Werte und Prinzipien, die für Kirche und Theologie traditionell leitend sind, wie z.B. die Würde der Person, Gerechtigkeit, Solidarität, Gemeinwohl, Bewahrung der Schöpfung. In diesem Sinn betont das Wort "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit", das der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz 1997 zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland verabschiedet haben:

"Die christliche Soziallehre muß künftig mehr als bisher das Bewußtsein von der Vernetzung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Problematik wecken. Sie muß den Grundgedanken der Bewahrung der Schöpfung mit dem einer Weltgestaltung verbinden, welche der Einbindung aller gesellschaftlichen Prozesse in das - allem menschlichen Tun vorgegebene - umgreifende Netzwerk der Natur Rechnung trägt. Nur so können die Menschen ihrer Verantwortung für die nachfolgenden Generationen gerecht werden. Eben dies will der Leitbegriff einer nachhaltigen, d. h. dauerhaft umweltgerechten Entwicklung zum Ausdruck bringen" (Nr.125).

Siehe auch

 Wikinews: Wirtschaft – in den Nachrichten

Literatur

Wiktionary: Wirtschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen