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Stadtgemeinde Tschernjachowsk

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Stadt
Tschernjachowsk/Insterburg
Черняховск
Flagge Wappen
Flagge
Wappen
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Tschernjachowsk
Gegründet 1336
Frühere Namen Insterburg (bis 1946)
Stadt seit 10. Oktober 1583
Fläche 58 km²
Bevölkerung 36.128 Einwohner
(Stand: 1. Okt. 2021)[1]
Bevölkerungsdichte 623 Einwohner/km²
Höhe des Zentrums 30 m
Zeitzone UTC+2
Telefonvorwahl (+7) 40141
Postleitzahl 238150–238169
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 239 501
Geographische Lage
Koordinaten 54° 38′ N, 21° 49′ OKoordinaten: 54° 38′ 0″ N, 21° 49′ 0″ O
Stadtgemeinde Tschernjachowsk (Europäisches Russland)
Stadtgemeinde Tschernjachowsk (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Stadtgemeinde Tschernjachowsk (Oblast Kaliningrad)
Stadtgemeinde Tschernjachowsk (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad
Liste der Städte in Russland
Orthodoxe Michail-Kathedrale (ehemalige Reformierte Kirche am Markgrafenplatz)
Historisches Stadtwappen
Hindenburgstraße um 1890
Katholische Kirche
Altes Gebäude in der Innenstadt von Tschernjachowsk
Datei:BdT.jpg
Denkmal für Barclay de Tolly
Noch nicht geschlossenes Massengrab auf dem vom VDK neu angelegten Deutschen Soldatenfriedhof Insterburg. Die kleinen Holzsärge mit den sterblichen Überresten deutscher Soldaten sind durchnummeriert, links beginnend mit „2035“ (Aufnahme von 1999).

Tschernjachowsk (russisch Черняховск; bis 1946 Инстербург; deutsch Insterburg, litauisch Įsrutis) ist eine Rajonstadt in der russischen Exklave Kaliningrad mit 41.680 Einwohnern (2006). Tschernjachowsk ist auch Sitz der städtischen Gemeinde Tschernjachowskoje gorodskoje posselenije.

Geografische Lage

Insterburg verdankte seinen früheren amtlichen Namen dem Fluss Inster (ältester Name Instrut / Instrud: Mehrere linguistische Deutungen, die wahrscheinlichste sei Mündung / Einfluss; vgl. litauisch: istras, intaka), der sich bei der Stadt mit dem Fluss Angerapp (prußisch angurys ape: Aal-Fluss) zum Pregel, dem größten Fluss Ostpreußens vereinigt. Heute liegt die Stadt im Zentrum der russischen Exklave Kaliningrad und ist vom Verwaltungszentrum 88 Kilometer entfernt. Nach Kaliningrad (Königsberg) besteht sowohl eine gute Straßenverbindung, ab Talpaki (Taplacken) vierspurig, als auch eine Eisenbahnlinie. Nach Süden führt eine Fernstraße zum Grenzübergang nach Polen, der sich beim 57 Kilometer entfernten Schelesnodoroschny (Gerdauen) befindet.

Geschichte

Der Deutsche Orden unter seinem Hochmeister Dietrich von Altenburg errichtete um 1336 anstelle der von ihm zerstörten heidnischen Burg Unsatrapis (prußisch unzei: an, auf, über/ trapt, trapuns: treten; litauisch trapte: Floß, Teil eines Holzfloßes; vermutlich eine hölzerne Brücke) eine Festung namens Instierburg, die zum Ausgangspunkt der Feldzüge gegen Litauen wurde. Die Litauer waren es dann, die erstmals die Burg 1376 zerstörten. Die wieder aufgebaute Burg fiel 1457 erneut der Brandschatzung durch Polen zum Opfer. Auch danach baute der Orden die Burg wieder auf, die er zunächst als Komtursitz und ab 1347 als Amtssitz eines Pflegers nutzte.

Der preußische Herzog Albrecht säkularisierte im Zuge der Durchsetzung der Reformation 1525 die Ordensburg und machte sie zu einem weltlichen Hauptamt. Das noch von Wildnis geprägte Umland ließ er von Litauern besiedeln. Dem daraus entstandenen Ort zu Füßen der Burg gewährte er 1541 das Marktrecht. Markgraf Georg Friedrich erhob am 10. Oktober 1583 den Marktflecken Inster zur Stadt. Wenige Jahre später, am 9. Juni 1590, vernichtete ein Brand 140 von den 149 vorhandenen Häusern. Auch im 17. Jahrhundert hatte die Stadt unter den ständigen Durchzügen kriegerischer Truppen von Schweden, Russen und Tataren zu leiden. 1709 raffte die Pest einen Großteil der Bevölkerung hin. Um die Stadt wieder zu beleben, veranlasste Preußenkönig Friedrich Wilhelm I., angeworbene Salzburger und Schweizer Einwanderer anzusiedeln. 1723 wurde in der Burg das preußische Hofgericht untergebracht. Während des Siebenjährigen Krieges war Insterburg von 1758 bis 1762 von den Russen besetzt. 1812 machte Napoleon bei seinem Russlandfeldzug Quartier in der Stadt (Erinnerungstafel an der Herbergswand).

Nachdem Preußen 1815 seine Territorialverwaltung neu geordnet hatte, wurde Insterburg Verwaltungssitz des gleichnamigen Kreises und wurde dem Regierungsbezirk Gumbinnen zugeordnet. Die zwischen 1828 und 1835 erbaute Reichsstraße 1 wurde durch Insterburg geführt, ab 1860 wurde Insterburg Eisenbahnknoten für die Strecken KönigsbergKaunas und TilsitThorn. Durch die guten Verkehrsanbindungen siedelten sich viele Industriebetriebe wie mehrere Maschinenfabriken und Eisengießereien und eine Flachsspinnerei an. 1885 lebten 20.914 Menschen in der Stadt.

Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war die Bevölkerung auf 49.000 Einwohner angewachsen. Im Juli 1944 wurde Insterburg durch einen britischen Bombenangriff erheblich zerstört, die Burg brannte fast vollständig ab. Sowjetische Truppen eroberten die Stadt am 22. Januar 1945. Nach der Annexion des nördlichen Teils von Ostpreußen durch die Sowjetunion wurde die nicht geflohene deutsche Bevölkerung ausgewiesen und durch Bewohner aus allen Sowjetrepubliken ersetzt. Die Stadt wurde nach dem sowjetischen General Iwan Tschernjachowski in Tschernjachowsk umbenannt. Der General war Kommandeur der 3. Weißrussischen Front der Roten Armee, die weite Teile Ostpreußens eroberte, und kam am 18. Februar 1945 bei Mehlsack ums Leben.

Seit der Auflösung der Sowjetunion und dem Beitritt der Nachbarländer in die EU liegt Tschernjachowsk in einer russischen Exklave und hat mit großen wirtschaftlichen Problemen und einer hohen Arbeitslosenquote zu kämpfen. 2002 hatte die Stadt wieder über 44.300 Einwohner mit erneut rückläufiger Tendenz.

1996 eröffnete der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Tschernjachowsk einen wiederhergestellten Friedhof aus dem Ersten Weltkrieg. Die Anlage wurde unter anderem durch deutsche und russische Teilnehmer von Jugendlagern unter der Anleitung von Wolfgang Hegemeister restauriert. Lokalinitiativen in Zusammenarbeit mit der Insterburger Landsmannschaft stellten in den letzten Jahren (seit Mitte 1990er) einige Bauten (Bogenbrücke) und Denkmäler (Ulanen) wieder her. Ein Reiterstandbild erinnert seit 2007 an den Feldmarschall Michael Barclay de Tolly, der unweit der Stadt 1818 starb. Der Ordensburg nimmt sich die 1997 ins Leben gerufene private einheimische russische Stiftung Samok Insterburg an.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohnerzahlen
1875 16.303 *
1885 20.914 *
1890 22.227 *
1910 31.624 *
1925 39.311 *
1933 41.230 *
1939 43.620 *
1959 29.100 **
1979 35.600 **
1989 39.622 *
2002 44.323 *
2006 41.680

Anmerkung: * Volkszählung ** Volkszählung (gerundet)

Sehenswürdigkeiten

Partnerstadt

Seit 2002 besteht eine Städtepartnerschaft mit der rheinland-pfälzischen Stadt Kirchheimbolanden. Außerdem bestehen Partnerschaften mit folgenden Städten:

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortes

Weitere Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen

Städtische Gemeinde Tschernjachowsk

Seit der Verwaltungsreform in der Oblast Kaliningrad 2008/2009 ist Tschernjachowsk namensgebender Ort und Verwaltungssitz der städtischen Gemeinde Tschernjachowskoje gorodskoje posselenije mit weiteren 5 Siedlungen.

russischer Name deutscher Name
Загородное (Sagorodnoje) Neuendorf
Красновка (Krasnowka) Birkenfeld[2]
Петрозаводское (Petrosawodskoje) Eichwald[2]
Тимофеевка (Timofejewka) Tammowischken
1938–45 Tammau
Шоссейное (Schosseinoje) Szameitkehmen
1936–38 Schameitkehmen
1938–45 Walkenau

Siehe auch

Commons: Tschernjachowsk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
  2. a b Wurde umbenannt durch die Verordnung 745/3 des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte des Gebiets Kaliningrad" vom 5. Juli 1950