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Kraftwerk Lippendorf

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Das Kraftwerk Lippendorf ist ein mit Braunkohle befeuertes Dampfkraftwerk am Nordwestrand des Ortes Lippendorf der Gemeinde Neukieritzsch im Landkreis Leipziger Land. Es liegt etwa 15 km südlich von Leipzig, das auch über eine Fernwärmeleitung vom Kraftwerk mit Wärme versorgt wird.

Das Kraftwerk wird von der Vattenfall Europe Generation AG & Co. KG (früher VEAG) betrieben, die auch Eigentümer eines Blockes (Block R) sind. Der Block S gehört zu gleichen Teilen der E.ON Kraftwerke GmbH und der EnBW. Das Kraftwerk wurde am 22. Juni 2000 mit einer Rede des damaligen deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder eingeweiht. Die Investitionskosten des Kraftwerks (ohne Tagebaubetrieb) betrugen 2,3 Mrd. Euro.

Technische Beschreibung

Das Kraftwerk besteht aus zwei Blöcken mit je 933 Megawatt Nennbruttoleistung. Die beiden Kessel, errichtet von Babcock je 2400t/h, stellten zu ihrer Inbetriebnahme die modernste Großfeuerungstechnik für Braunkohle der Welt dar. Der Dampf jedes dieser Kessel treibt je einen Turbosatz, ABB Turbine mit Generator je 1167MVa, an. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme waren dies die größten und effektivsten braunkohlebefeuerten Kraftwerksblöcke der Welt. Sie besitzen einen sehr hohen (zur Zeit der Errichtung technisch machbaren höchsten) Wirkungsgrad. Je höher der Wirkungsgrad, desto weniger CO2 wird pro kWh ausgestossen. Die Nettoleistung der Kraftwerksblöcke beträgt, nach Abzug des internen Stromverbrauchs, jeweils 900 Megawatt. Auf Grund der Größe der Anlagen sind diese für den Grundlastbetrieb ausgelegt. Der elektrische Wirkungsgrad beträgt 42,5 Prozent. Durch die zusätzliche Auskopplung von Wärme zu Heizzwecken wird ein Brennstoffnutzungsgrad von insgesamt 46 Prozent erzielt. Die ausgekoppelte Fernwärmeleistung beträgt maximal 330 Megawatt(Thermisch). Sie wird der Stadt Leipzig sowie einigen Umlandkommunen zur Verfügung gestellt. Die für eine Wäremübertragungsleistung von 200 Megawatt ausgelegte Fernwärmeleitung nach Leipzig hat eine Länge von 15 Kilometer.

Die für das Kraftwerk benötigte Braunkohlenmenge von durchschnittlich 10 Millionen Tonnen pro Jahr (2003: 11,7 Millionen Tonnen) wird aus dem Tagebau “Vereinigtes Schleenhain” der Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (Mibrag) geliefert. Die Kohle gelangt über eine etwa 14 Kilometer lange Bandanlage zum Kraftwerk, und zwar zunächst zu einem Kohlemisch- und Stapelplatz, wo sie auf 50 Millimeter Korngröße gebrochen und damit die unterschiedlichen Kohlequalitäten der Flöze durch Mischung ausgeglichen wird. Dort können bis zu 400.000 Tonnen Rohbraunkohle auf Vorrat gehalten werden, was etwa dem Verbrauch von 15 Tagen Kraftwerksbetrieb entspricht.

Durch die moderne Feuerungstechnik sowie umfangreiche Luftreinigungs- und Filteranlagen werden alle gesetzlichen Bestimmungen zur Luftreinhaltung erfüllt bzw. unterschritten. Da die zum Einsatz kommende Braunkohle einen relativ hohen Schwefelgehalt besitzt, kommt der Rauchgasentschwefelung eine besondere Bedeutung zu. Diese wird durch das so genannte Kalkstein-Additiv-Verfahren realisiert, das als Abprodukt Gips liefert. Dieses "Abprodukt" dient als Rohstoff für eine nebenliegende Gipsfabrik (Gipskartonplatten) und für eine Firma, welche zahntechnischen Gips herstellt. Auch wird der anfallende Gips nach ganz Europa per Bahn transportiert. Dies schont die Umweltresorcen an Naturgips.

Die vorgesehene Betriebsdauer des Tagebaus von 40 Jahren entspricht der technischen Lebenserwartung des Kraftwerks.

Geschichte

altes Kraftwerk Lippendorf, 2005 abgerissen

Der erste Kraftwerksbau am Standort Lippendorf, das Industriekraftwerk Böhlen, entstand 1926. Das IKW Böhlen versorgte die Chemiefrabrik Böhlen. 1965 wurde ein neues Kraftwerk neben dem IKW Böhlen errichtet. Es diente der Versorgung des Böhlener Chemiewerkes und mit zur Grundlastversorgung der südlichen DDR. Dieses Kraftwerk bestand aus einem Kondensationsktraftwerk mit vier Kraftwerksblöcken mit einer Leistung von je 100 MW und aus einem Industriekraftwerk mit 4 Sammelschienenturbosätzen je 50MW. Die Turbosätze dazu lieferte der VEB Bergmann-Borsig. Dabei kamen die ersten und einzigen von Bergmann-Borsig gebauten Generatoren mit einer Wasserkühlung der Statorwicklung zum Einsatz. Der 300 m hohe Schornstein war zum Zeitpunkts des Baus der höchste Massivbau der DDR.

Durch die nach 1990 gültigen Umweltgesetze entschieden die Eigentümer, dass eine Nachrüstung mit moderner Umwelttechnik aus technischen wie wirtschaftlichen Gründen nicht realisierbar ist. Deshalb erfolgte mit der Inbetriebnahme der beiden Neubau-Blöcke die schrittweise Stilllegung und der Rückbau des Altkraftwerkes Lippendorf. Der erste Kühlturm wurde am 6. Dezember 1997 gesprengt, der zweite wurde 2005 mittels hydraulischer Abbruchzange rückgebaut. Am 27. August 2005 wurde der Schornstein gesprengt, am 5. September 2005 folgte das Kesselhaus. Das Neubaukraftwerk wurde auf dem Gelände des 1995 zurückgebauten IKW Böhlen errichtet.

Siehe auch

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