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Freistett

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Freistett
„Freistetter Wappen“: Goldener Schiffshaken auf rotem Schild.
Koordinaten: 48° 40′ N, 7° 56′ OKoordinaten: 48° 40′ 4″ N, 7° 56′ 8″ O
Höhe: 132 m
Fläche: 21,3 km²
Einwohner: 3475 (2012)
Bevölkerungsdichte: 163 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1975
Postleitzahl: 77866
Vorwahl: 07844

Freistett ist der größte Stadtteil der baden-württembergischen Stadt Rheinau (Baden), deren Verwaltung in Freistett ansässig ist. Der Ort hat eine Fläche von 21,3 km² und zählte im Jahr 2012 ganze 3475 Einwohner.

Geographie

Geographische Lage

Freistett liegt in der Oberrheinischen Tiefebene an der deutsch-französischen Grenze. Die Gemarkung Freistett grenzt im Westen direkt an den Rhein. Das Gewerbegebiet Glockenloch erstreckt sich bis unmittelbar an den Rheinübergang nach Frankreich an der Staustufe Rheinau-Gambsheim.

Nachbarorte

Die Nachbarorte von Freistett sind die Rheinauer Stadtteile Rheinbischofsheim im Süden, Helmlingen im Norden und Memprechtshofen im Nordosten, sowie die elsässische Gemeinde Gambsheim auf der anderen Seite des Rheins im Westen. Im Osten grenzt die Gemarkung an die Acherner Stadtteile Wagshurst und Gamshurst.

Geschichte

Mittelalter

Die erste schriftliche Erwähnung Freistetts findet man im Jahr 828 unter dem Namen „Fregistat“. Vom 10. bis ins 11. Jahrhundert entstand das Heidenkirchl, welches damit das älteste Gotteshaus im Hanauerland ist. Bei der Abtragung des so genannten Kirchelbergs beim Heidenkirchl entdeckte man Gräber, die wahrscheinlich zu einer um 600 n. Chr. bestehenden Alemannensiedlung gehört haben.[1]

Im Jahr 1295 erhielt Adelheid, die Frau von Johannes I., die Siedlungen Ober- und Niederfreistett. 100 Jahre später wurde Freistett zusammen mit dem Amt Lichtenau an den Edelknecht Dietmar von Blumenau verpfänden. Zusammen mit den Bewohnern einiger anderer Dörfer stürmten die Bewohner Freistetts im Jahr 1525 im Zuge des Bauernkrieges das Kloster Schwarzach.[1]

Dreißigjähriger Krieg

Während des Dreißigjährigen Krieges flohen die Freistetter vor mansfeldischen Söldnern auf die Rheininseln, weshalb Landvogt Reinhard von Schauenburg 35 Mann zur Verstärkung der „Hanauer-Rheinwache“ schickte. Außerdem wurde das Heidenkirchl im Jahr 1628 teilweise zerstört. 1632 mussten die Einwohner von Freistett erneut auf die Rheininseln fliehen, da Truppen des kaiserlichen Oberst Ossa ins Dorf eingefallen waren und im Jahr 1634, weil der fürstenbergische Rittmeister Ingold ins Dorf einfiel und 35 Häuser niederbrannte. Im darauffolgenden Jahr war eine erneute Flucht vor kaiserlichen Truppen notwendig und die Pest wütete im Hanauerland. Die Folgen des dreißigjährigen Krieges sah man dem Dorf noch lange danach an.[1]

Im Laufe der Raubkriege von Ludwig XIV. in den Jahren 1667–1679 mussten die Bewohner Freistetts, nachdem zuvor Flüchtlinge aus dem Elsass nach Freistett gekommen waren, erneut auf die Rheininseln oder nach Straßbourg fliehen und am „Werhag“ entstand unter Marschal Turenne eine Stellung französischer Truppen. Die Pfarrkirche von Freistett konnte erst zehn Jahre nach ihrer Zerstörung wieder aufgebaut werden.[1]

18. Jahrhundert

Auch unter dem Spanischen Erbfolgekrieg litten die Freistetter und mussten fliehen. Bei Freistett und Renchenloch, einer Wüstung auf dem heutigen Gebiet von Memprechtshofen, waren 6000 Mann unter General Tallard stationiert. Von 1705–1717 wurde Freistett von französischen Truppen unter Marschal Villars besetzt. Auf Befehl der Franzosen halfen im Jahr 1707 13 Mann aus Freistett bei Schanzarbeiten bei Söllingen, ungefähr gegenüber von Fort-Louis. 1725 beteiligte Freistett sich am Hanauer Bauernaufstand und an der Klage beim Kaiser gegen Graf Johann Reinhard III.[1]

1743 kehrte der Österreichische Erbfolgekrieg auch in Freistett ein. Von 1740 bis ins Jahr 1748 lagen ungarische und böhmische Regimenter in den Dörfern des Hanauerlandes und von 1792 bis 1797 Dragoner und Husaren des österreichischen Feldmarschalls Wurmser. 1797 wurde Freistett durch französische Truppen unter General Jean-Victor Moreau, der kurz zuvor als Sieger aus der Schlacht bei Diersheim hervorging.[1]

19. Jahrhundert

Im Jahr 1804 machte man den bereits seit 1736 existierenden, jedoch privaten, Freistetter Hafen staatlich. 1811 wurde die bei Memprechtshofen liegende Streusiedlung „Maiwald“ in mehrere kleine Gebiete geteilt, von denen Freistett auch eines erhielt. Im Zuge der Rheinbegradigung entstand bei Freistett die „Freistetter Gerade“, ein ca. 9 km langer geradliniger Rheinabschnitt.[1]

1849 wurde unter Hauptmann Jakob Meier in Freistett eine Bürgerwehr von 150 Mann gegründet. 1874 eröffnete man am Rhein eine Gierseilfähre, die jedoch bereits 1875 durch eine Pontonbrücke ersetzt wurde.[1]

20. Jahrhundert

Im Jahr 1938 wurde die Synagoge in Freistett von den Nationalsozialisten zerstört. 1944 war Freistett dem täglichen Beschuss französischer Artillerie und Jagdbomber-Angriffen ausgesetzt. Durch diese Attacken wurden 10 mEinwohner getötet, 4 Häuser zerstört und 15 Häuser größtenteils stark beschädigt. Am 14. April 1945 kam es zu einem Kampf um den Panzergraben, für den später das Panzergrabendenkmal errichtet wurde. Einen Tag nach dieser Schlacht marschierten die Franzosen in Freistett ein.[1]

Am 21. September 1957 erhielt Freistett das Stadtrecht und in den darauffolgenden Jahren wurden Helmlingen und Memprechtshofen in die Gemeinde Freistett eingegliedert. 1975 wurde die Gemeinde in die neu gebildete Stadt Rheinau eingegliedert.

Religion

Das Heidenkirchl ist die älteste Kirche in Freistett und im gesamten Hanauerland. Es wurde vom Ende des 10. bis ins 11. Jahrhundert gebaut und war dem Schutzheiligen der Fischer und Schiffer, St. Nikolaus, geweiht. 1581 errichtete man eine größere Kirche an der Stelle der früheren St. Georgs-Kapelle. Die neu errichtete Kirche wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und einige Jahre später wieder aufgebaut. Das heutige Kirchengebäude wurde von 1741 bis 1746 errichtet. Der Kirchturm wurde im Jahr 1790 neu gebaut.[1]

1831 gründete man in Neufreistett eine isrealitische Religionsgemeinschaft, die sich im Jahr 1935 mit der aus Rheinbischofsheim zusammenschloss.[2] Der jüdische Friedhof Freistett existiert heute immer noch.

Neufreistett

Am 14. Mai 1745 wurde die Stadt Neufreistett gegründet. Sie erhielt direkt das Marktrecht.

1730 erwarb der Straßburger Bankier Georg Daniel Kückh Grundbesitz in Neufreistett und gründete 1739 eine Handelsgesellschaft. Er errichtete an der Stelle des heutigen Rathauses ein „Kompagniehaus“. Kückh wollte aus Freistett einen großen Handelsplatz machen und errichtete von 1745 bis 1753 einen 7 km langen Floßkanal, der den Schwarzwald mit dem Rhein verbinden sollte. Nachdem schon viel Arbeit und Geld in es investiert worden war, scheiterte das Projekt 1749 am Widerstand der drei Gemeinden Renchen, Ulm und Waldulm. Kückh soll 1754 im Rhein ertrunken sein. Der Floßbetrieb auf dem Kanal wurde aber erst im Jahr 1756 eingestellt. 1783 wurde der Besitz von Kückh mit Ausnahme des Schlossgutes für 22.250 Gulden an die Gemeinde Freistett ersteigert. Die Grundstücke wurden in Parzellen aufgeteilt und an die Freistetter Bürger weiterverkauft.[2][3]

Während dem 1. Koalitionskrieg wurden in Neufreistett von 1792 bis 1797 französische Truppen einquartiert. 1806 war in Neufreistett vorübergehend der Sitz des Bezirksamtes und 1836 der Sitz des Hauptzollamtes. Aus diesem Grund errichtete man das Zollhaus, das man heute noch an der Kreuzung Hauptstraße–Maiwaldstraße sehen kann. Im Jahr 1849 erweiterte man das Hauptzollamt durch das Hauptsteueramt. 1872 wurde das Hauptzollamt nach Baden-Baden verlegt.[3]

Am 1. April 1929 wurde die 8 ha große Gemeinde Neufreistett in die Gemeinde Freistett eingegliedert.[3]

Wappen

Das Wappen von Neufreistett zeigt ein geöffnetes Stadttor mit aufgeschlagenen silbernen Flügeln auf silbernem Hintergrund, was die „freie Stadt“ verkörpern soll. Auf den Mauern des Tores befinden sich zwei Zinnentürme, zwischen denen sich der hessische Löwe befindet. Der Löwe hält ein Schild, auf dem ein Fürstenhut und der Namenszug des Gründers abgebildet sind.[3]

Bevölkerungsentwicklung

Freistett[1]

Jahr 1590 1790 1802 1857 1885 1925 1939 1946 1950 1975 2012
Einwohner 105 268 (ohne Juden) 1311 1587 2087 2366 3039 (Westwallbau) 2749 2847 3172 3475

Neufreistett[3]

Jahr 1750 1833 1857 1885 1900 1925
Einwohner 275 587 438 471 346 307

Politik

Wappen

Das Wappen von Freistett zeigt einen schräggestellten, goldenen Schiffshaken auf rotem Grund. Freistett führt dieses Wappen seit dem Jahr 1900.[4]

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Im Zentrum von Freistett gibt es einen großen Busbahnhof, neben dem am Pflegeheim von Freistett eine weitere Bushaltestelle existiert. Der Ort ist durch Buslinien mit Achern, Lichtenau (Baden), Bühl (Baden), Kehl und Hagenau [5] verbunden.

Durch Freistett führt die Bundesstraße 36. Außerdem verbindet die L87 Freistett mit den Autobahnanschlussstellen Achern (Bundesautobahn 5) und Offendorf (Autoroute A35). In Frankreich heißt die L87 dann D2.

In der Nähe der Staufstufe liegt eine Schiffswerft und ein Yachthafen. Beim Gewerbegebiet gibt es außerdem einen großen See, den Peterhafen, der durch einen Kanal mit dem Rhein verbunden ist.

Bildung

In Freistett gibt es neben einer Realschule auch die Wilhelm-Rohr-Schule, welche sowohl eine Grund- als auch eine Werkrealschule beinhaltet. In der Werkrealschule werden allerdings nur die 8. bis 10. Klassen unterrichtet. Der Unterricht für die 5. bis 7. Klassen findet im Karl-Grampp-Gebäude in Rheinbischofsheim statt.

Ansässige Unternehmen

Große Unternehmen in Freistett sind unter anderem Brunner GmbH, Kieswerk HPF Hermann Peter KG Freistett, Klotter Elektrotechnik GmbH, Stage Concept GmbH, Ytong Südwest GmbH (Xella) und Zimmer Group. Die Centrale Electrique Rhénane de Gambsheim (CERGA), als Betreiberin der Staustufe Rheinau-Gambsheim ist eine gemeinsame Tochter der französischen Électricité de France (EDF) und der deutschen Energie Baden-Württemberg AG (EnBW).

Persönlichkeiten

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Nikolaus Honold und Kurt Schütt: Chronik der Stadt Rheinau, 1988, S. 336–338
  2. a b Stadt Rheinau Zahlen, Fakten: Freistett. In: Stadt Rheinau. Stadt Rheinau, abgerufen am 10. Februar 2014.
  3. a b c d e Nikolaus Honold und Kurt Schütt: Chronik der Stadt Rheinau, 1988, S. 339
  4. Freistett - Heraldry of the World. Heraldry of the World, abgerufen am 10. Februar 2014.
  5. Fahrplan der grenzüberschreitenden Buslinie 307 Freistett-Hagenau; konsultiert am 27. Mai 2013
Commons: Freistett – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien