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Franz Ludwig Schenk von Castell (1736–1821)

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Franz Ludwig Schenk von Castell (* 25. August 1736 in Oberdischingen, † 21. Mai 1821 ebenda) war ein reichsunmittelbarer Herr (Reichsgraf), der auch Malefizschenk genannt wurde.

Leben

Franz Ludwig Graf Schenk von Castell war der Sohn von Marquart Willibald Graf Schenk von Castell, Besitzer der Herrschaft Oberdischingen. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1764 wurde Franz Ludwig Schenk von Castell neben Oberdischingen auch noch Besitzer der Herrschaft Gutenstein sowie der Herrschaft Waal und nannte sich "Herr und Graf zu Schelklingen, Berg & Gutenstein, Oberdischingen, Bach & Wernau & Ensingen, Kaiserlicher Kämmerer, Churfürstlich Mainzischer Geheimer Rath & des vormaligen Hochstifts Eichstätt gewesener Erbmarschall".

Es war ihm ein persönliches Anliegen, der oberschwäbischen Räuber- und Bandenkriminalität des 19. Jahrhunderts Einhalt zu gebieten. Nach eingehenden Verhandlungen mit seinen Standesgenossen errichtete er in den 1780-er Jahren in seiner Residenz Oberdischingen ein Strafgerichtsgebäude und Strafvollstreckungsanstalten. Die Eröffnung erfolgte im Jahre 1789. Zuweisungen erfolgten durch den Schwäbischen Kreis, bestehend aus 139 verschiedenen Herrschaften (68 weltliche, 40 geistliche sowie 31 Reichsstädten) und insbesondere durch den "Ritter-Canton-Donau". Die von ihren Heimatbehörden abgeurteilten Delinquenten verbüßten ihre Strafen in Oberdischingen, wo die Schenk von Castell'schen Beamten ein straffes Regiment führten. Zwischen 1789 und 1808 fanden ca. 40 Hinrichtungen statt. Die Beamten führten bezüglich der Kosten über jeden Häftling Aufzeichnungen; zum Teil bekam der Graf (Malefizschenk) sein Geld von den Herrschaften des Schwäbischen Kreises als Pauschale oder als Einzelsumme nach der Strafverbüßung. 1808 kam das Ende der Oberdischinger Zuchthausanstalt. Nach dem Inkrafttreten der Rheinbundakte von 1806 wurden die bisherigen reichsunmittelbaren Fürstentümer und Reichsgrafschaften mediatisiert. König Friedrich von Württemberg (1754-1816) zog die Strafgerichtsbarkeit an sich und unterband die Strafverfolgung in Oberdischingen, was 1808 zur Schließung der "Fronfeste" führte.

1807 hatten entflohene Sträflinge das gerade erst neu erbaute Schloss des Grafen angezündet, das bis auf die Grundmauern abbrannte. Durch den Brand wurde auch das gräfliche Archiv nahezu vollständig vernichtet.

Literatur

  • Ernst Arnold: Der Malefizschenk und seine Jauner. Nach Akten und Schriften geschichtlich dargestellt. Stuttgart: Franckh'sche Verlagshandlung, 1911. Neudruck der Ausgabe von 1911 und erweitert um die "Oberdischinger Diebsliste von 1799", bearbeitet von Werner Kreitmeier; hrsg. von der Gemeinde Oberdischingen. Oberdischingen 1993. ISBN 3-927003-08-5.
  • Peter Dörfler: Der Sohn des Malefizschenk. Ein Roman. München & Kempten: Verlag Josef Kösel, 1947. 2. Auflage 1953.
  • Stefan Ott: Oberdischingen. Heimatbuch einer Gemeinde an der oberen Donau. Weißenhorn: Anton H. Konrad Verlag, 1977. ISBN 3-87437-144-1.
  • Martin Schleker: Der Malefizschenk von Dischingen. Historisches Schauspiel in 4 Akten. Hayingen: Selbstverlag, 1960.
  • Franz Schrode: Der Malefizschenk: Leben und Wirken des sog. "Henkersgrafen" von Oberdischingen. Stuttgart: Kepplerhaus, 1932.
  • Franz Schrode: Der Malefizschenk und die Schöne Viktor (Illustrationen von Fritz Bonson). Ulm: Aegis-Verlag, 1956.
  • Harald Siebenmorgen (Hg.): Schurke oder Held? Historische Räuber ung Räuberbanden. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe. Sigmaringen: Jan Thorbecke Verlag, 1995. ISBN 3-7995-0303-X.