Zum Inhalt springen

Schloss Würdenburg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. Februar 2015 um 20:45 Uhr durch 84.183.142.219 (Diskussion) (Literatur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Rittergut Würdenburg um 1860, Sammlung Alexander Duncker.

Schloss Würdenburg ist ein ehemaliges Rittergut in Teutschenthal im Landkreis Saalekreis in Sachsen-Anhalt. Der ursprüngliche Renaissancebau war über Jahrhunderte im Besitz der Familie von Trotha und ist heute dem Verfall preisgegeben.

Die Familie von Trotha sind ein heute noch weit verbreitetes Adelsgeschlecht, dessen Name und Herkunft sich vom Dorf Trotha abgeleitet, welches seit 1900 in Halle eingemeindet ist. Der wohl herausragende Vertreter dieses Adelsgeschlechts ist zweifellos der Merseburger Bischof Thilo von Trotha (1466–1514), dem erst kürzlich eine Sonderausstellung im Merseburger Schloss gewidmet war. Traurige Berühmtheit dagegen erlangte Lothar von Trotha (1848–1920). Sein Oberbefehl bei der blutigen Niederschlagung des Herero-Aufstandes (1904–1908) in Deutsch-Südwest-Afrika, dem heutigem Namibia, belastet den Familiennamen bis in die Gegenwart.

Historische Entwicklung

Ursprünglich befanden sich die Ländereien entlang des Würdebaches im Besitz der Grafen zu Seeburg. Über Umwege waren große Gebietsteile davon im Jahre 1287 an die Mansfelder Grafen gelangt. Diese wiederum ließen ihre Güter - der damaligen Sitte entsprechend - durch sogenannte Hausvögte verwalten. Die ersten Hausvögte des Mansfelder Besitzes am Würdebach waren Wolf von Trotha (geb. 1362) und dessen jüngster Sohn Nicolaus (geb. 1376). Aber erst Hans von Trotha (geb. 1410) gilt als Begründer der Teutschenthal-Bennstedter Linie der Familie. Als Lehnsleute der Grafen zu Mansfeld haben die Trothaer ihren Wohnsitz recht bald in die Mitte ihrer neuen Besitzungen verlegt. Im 1219 erstmals erwähnten „Würden“ (älter auch „Wordhem“) befand sich ein Freihof samt Herrenhaus, von welchem aus bereits die Seeburger Grafen ihre Güter im Würdebachtal verwalten ließen. Die Dorflage befand sich südlich der Würde, war nach Osten hin durch den Schafberg begrenzt und somit wohl die kleinste der sieben (eventuell auch acht) Teutschenthaler Ursprungssiedlungen. Von ihrem neuen, zentralgelegenen Ministerialsitz aus prägten die Trothaer nun bis in 19. Jahrhundert hinein die Geschichte der Region. Neben der Verwaltung der Mansfeldischen Lehnsgüter übten sie auch die Gerichtsbarkeit über „Hals und Hand“ aus und kümmerten sich um Kirchenangelegenheiten, wie die Instandhaltung der Gotteshäuser oder die Pfarrberufung im Würdebachtal. Auf Grund der seit 1365 bestehenden Zweiteilung Teutschenthals, mussten sie sich diese Gewalten allerdings mit dem Hochstift Merseburg - dass später im Kurfürstentum Sachsen aufging – teilen.

Hofansicht der Würdenburg heute

Durch einen Brief Graf Gebhardts zu Mansfeld aus dem Jahr 1507 wurden die Edlen von Trotha mit weiteren Besitzungen in „Deutschenthal“ belehnt. Diese werden in einer erneuten Urkunde 1556 auch für deren Nachkommen bestätigt. Als in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Friedrich von Trotha als Alleinerbe in Erscheinung tritt, verfügt die Familie über einen beachtlichen Besitz entlang des Würdebaches. Dabei besitzen sie nicht nur Lehen im Mansfelder Gebiet des Tales, sondern sind inzwischen auch im Oberthälischen Teil vom Administrator des Hochstiftes Merseburg mit etlichen Gütern belehnt worden. Mit dem vergrößerten Besitz war auch der Repräsentationsanspruch gestiegen. Die mittelalterlichen Gebäude auf dem Freihof in Würden ließ Friedrich abreißen und durch einen standesgemäßen Rittersitz ersetzen. Auf L-förmigen Grundriss war ein renaissancezeitliches Schloss entstanden, dessen innerer Winkel von einem weithin sichtbaren oktogonalen Treppenturm mit markanter Schweifhaube geziert wurde. Dieser Neubau muss bereits vor 1594 fertiggestellt gewesen sein. Zumindest wird Friedrich in einem Lehnsbrief des Grafen Heinrich zu Mansfeld vom 10. Mai desselben Jahres erstmals als Fr. v. T. „zur Würtenburg im Deutschenthale“ genannt. Im Zuge der Baumaßnahmen ließ Friedrich auch die auf dem Freihof befindliche und wohl von seinen Vorfahren errichtete Nikolaus-Kapelle samt Pfarrhaus abreißen. Während das Pfarrhaus im Mitteltal auf trothaischen Besitz wiedererrichtet wurde, wo es auch heute noch seine Funktion erfüllt, verzichtete man auf den Wiederaufbau des kleinen Kirchenbaus.

Die größte Anerkennung bei den Teutschenthalern aus der Dynastie der Edlen zu Trotha hat sich allerdings Wolf Thilo von Trotha verdient. In seinem „Beitrag zur tausendjährigen Geschichte des Ortes“ aus dem Jahr 1929 beschreibt Pfarrer Albert Schröder diesen Adligen als "wahrhaftigen Menschenfreund“, dem es zu verdanken sei, dass der Ort nach den gewaltigen Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg nicht zur Wüstung verkam. Wolf Thilo von Trotha förderte den Wiederaufbau durch die unentgeltliche Bereitstellung von Baumaterialien. Von den einst 200 Häusern im „Deutschen Thal“ waren nach den verheerenden Brandschatzungen 1640 und 41 nur die beiden Kirchen und die Würdenburg verschont geblieben. Das unversehrte aber inzwischen unzeitgemäße Renaissanceschloss wurde unter Franz Casimir von Trotha im Jahr 1710 dem barocken Stil angepasst und teilweise umgebaut. Jedoch bereits nach dessen Tod, nur ein Jahr nach den Umbauarbeiten, wurde das Schloss von den Erben nicht mehr als Familiensitz genutzt und stattdessen an einen Herrn namens Nilius verpachtet. Die fast 400jährige Herrschaft der Edlen zu Trotha in Teutschenthal endete abrupt mit dem Verkauf der Würdenburg im Jahr 1832. Finanzielle Nöte hatten Ludwig von Trotha dazu gezwungen das Rittergut mit allen dazugehörigen Besitzungen an den Pächter des Amtes Seeburg, dem Oberamtmann Friedrich Bartels, zu veräußern. Nach dem Tode seines Sohnes (1848) ging das Schloss samt Ländereien wiederum an den Rittergutsbesitzer Schmidt über. Unter diesem erlebte die Würdenburg einen letzten Höhepunkt. Auf den umliegenden Feldern wurden in dieser Zeit mehrere preußische Königsmanöver abgehalten. Die oberhalb der Würdenburg, auf dem Schafberg, befindlichen künstlich aufgeschütteten „Feldherrenhügel“ künden noch heute davon. Das Rittergut selbst war dabei immer wieder Hauptquartier und Schauplatz verschiedener Militärparaden. Bei einer dieser Paraden, im September 1857, waren neben verschiedenen hochrangigen Vertretern des europäischen Adels auch Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. und der Prinz von Preußen - der spätere deutsche Kaiser Wilhelm I. - anwesend. In den folgenden Jahren versank die Würdenburg allmählich in der Bedeutungslosigkeit. Um 1870 erwarb Amtsrat Leopold August Julius von Zimmermann aus Salzmünde das Anwesen. Infolge der Erbschaft seiner Frau Ella, geborene Zimmermann, gelangte die Würdenburg im Jahre 1915 in den Besitz des Oberamtmanns Carl Wentzel. Unter diesem erfolgten die letzten Umbaumaßnahmen am Herrenhaus. Der berühmte Architekt und Burgenforscher Hermann Wäscher war im Jahr 1928 mit den Arbeiten beauftragt worden. Von ihm wurde unter anderem der Westflügel um zwei Fensterachsen verlängert.

Im angrenzenden Hof der Würdenburg waren im Laufe der Zeit etliche Wirtschaftsgebäude wie Schaf-, Ochsen- und Pferdestall mit Stroh, Heu– und Häckselboden entstanden. Eine so genannte Hochfahrtscheune war bereits nach der Bodenreform und der Enteignung der Familie Wentzel abgetragen worden. Ab dieser Zeit nutzte die Bäuerliche Handelsgenossenschaft den Hof. Die LPG richtete hier eine Mosterei ein, deren Betrieb erst Anfang der 1990er Jahre eingestellt worden war. Im Hauptgebäude war in den Nachkriegsjahren anfangs eine Zahnarztpraxis untergebracht. Später diente das einstige Gutshaus bis 1986 als Kindertagesstätte. Der Auszug der dazugehörigen Kinderkrippe erfolgte im September 1991. Bis zu diesem Zeitpunkt war auch eine kleine Wohnung im Westflügel des Gebäudes vermietet.

Heutiger Zustand

Stark verfallener Haupteingang der Würdenburg

Seit dem Auszug der Kinderkrippe steht die Würdenburg leer und verfällt. Ein Teil der Fassade neben dem Haupteingang ist bereits eingestürzt; weitere Teile sind akut bedroht. Der die Zweiflügelanlage einst dominierende renaissancezeitliche Treppenturm wurde bereits 1951 wegen Baufälligkeit abgetragen. Auch die Wirtschaftsgebäude im Hof sind ungenutzt und dem Verfall preisgegeben. Nur das ehemalige Gesindehaus, welches seit den letzten Anbauarbeiten 1928 unmittelbar an das alte Herrenhaus angrenzt, ist heute teilweise saniert und bewohnt.

Trotz der Verwahrlosung der letzten beiden Jahrzehnte haben sich im und am Gebäude sowie im Wirtschaftshof einige renaissancezeitliche und barocke Familienwappen und Portale erhalten. Darüber hinaus existieren im Herrenhaus noch originale barocke Stuckdecken aus der Zeit um 1710. Auch wenn diese zum Teil schon von den Zwischendecken herabgefallen sind, stellen sie für die Gemeinde Teutschenthal noch immer einen einmaligen kunsthistorischen Schatz von unschätzbarem Wert dar, den es zu bewahren gilt!

In Anbetracht der Bedeutung und der akuten Bedrohung des historischen Gemäuers gibt es mittlerweile Bestrebungen, seitens engagierter Teutschenthaler Bürger, das einstige Schloss vor dem endgültigen Verfall zu retten und für die Nachwelt zu sichern.

Literatur

  • Sabine Meinel, Birthe Rüdiger: Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt, Band 5, Saalkreis, Halle 1997, S. 127–130.
  • Alexander Duncker: Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterlichen Grundbesitzer in der preußischen Monarchie, 16 Bände, Berlin 1857–1884.
  • Heino Einführ u. a. (Hrsg.): Teutschenthal. Die verbotene Chronik. Originalabschrift vom Jahre 1979, Halle 2004.
  • Margarete Gerlach: Teutschenthal in alten Ansichten, Zaltbommel 1997.
  • Mike Leske: Schöne Grüße – Ansichtskarten und Lithografien aus Eisdorf, Teutschenthal & Teutschenthal-Bahnhof, Halle 2012.
  • Erich Neuß: Wanderungen durch die Grafschaft Mansfeld. Im Seegau. 2. Aufl. Halle 1999, S. 58-89.
  • Albert Schröder: Teutschenthal. Ein Beitrag zur tausendjährigen Geschichte des Ortes, Eisleben 1929.
  • Die Trothas in Teutschenthal, Zugriff am 3. März 2012
Commons: Schloss Würdenburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien