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Fremdsprachenunterricht

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Fremdsprachenunterricht bezeichnet das Lehren und das Erlernen einer Sprache, die nicht zu der/den Muttersprache(n) gehört.

Fremdsprachenunterricht im Weltvergleich

1995 verabschiedete die Europäische Kommission im Weißbuch "Lehren und Lernen - Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft", dass jeder Schüler in zwei Sprachen der Union ausgebildet sein sollte. Auf dem Lissaboner Gipfel von 2000 wurden (Fremd)sprachen als eine von fünf Schlüsselqualifikationen angesehen.

Tatsächlich ist der Fremdsprachenunterricht bereits seit 1974 in allen Mitgliedsstaaten (bis auf Irland und Großbritannien, abgesehen von Schottland) der Union verpflichtend. Seit 1998 lernen nahezu alle Kinder in Mitgliedsstaaten zumindest eine Fremdsprache. Die einzige Ausnahme bildet Irland, wo Irisch und Englisch beide als Muttersprachen im Unterricht gelehrt werden. Mindestens zwei Fremdsprachen werden verpflichtend gelehrt in Belgien (flämischer Teil), Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Luxemburg, Schweden, Slowenien, der Slowakei und Zypern.

Im europäischen Durchschnitt lernen europäische Kinder drei bis vier Stunden in der Woche Fremdsprachen. Normalerweise beginnen die Schulen die Sprachausbildung am Ende der Grund- bzw. Primärschule, in Malta, Luxemburg und Norwegen allerdings bereits ab der ersten Klasse. In Belgien dagegen beginnt der Sprachunterricht erst, wenn die Kinder 12 Jahre alt sind.

Englisch ist die häufigste Fremdsprache in der EU. 93 % aller Kinder lernen sie, meist zu Beginn der weiterführenden Schulen, noch höher ist diese Zahl in der Sekundarstufe II.

Französisch wird ab der Sekundarstufe I an 33 % aller Kinder vermittelt, mit Ausnahmen von Slowenien. In der Sekundarstufe II fällt diese Zahl auf 28 %.

Deutsch wird ebenfalls in nahezu allen EU-Ländern gelehrt. Etwa 13 % aller Schüler in der EU lernen Deutsch als Fremdsprache in der Sek I, etwa 20 % in der Sek II.

Trotz des hohen Unterrichtsangebot an den Schulen beherrschen generell weniger Erwachsene eine Fremdsprache als anzunehmen wäre. Dies trifft besonders auf englische Muttersprachler zu : Eine Umfrage im Jahr 2004 zeigte, dass nur einer von 10 britischen Arbeitern eine Fremdsprache konnte, und nur etwa 5 % aller Befragten konnten in einer beliebigen Fremdsprache bis 20 zählen. 80 % meinten allerdings, dass sie auch im Ausland arbeiten könnten, "da schließlich jeder Englisch spräche". Eine ältere Umfrage der europäischen Kommission (2001) zeigte, dass 65,9 % aller Personen Englands nur ihre Muttersprache konnten.

Fremdsprachenunterricht in Deutschland

Bis in die neunziger Jahre wurde die erste Fremdsprache (überwiegend Englisch) in deutschen Schulen ab der fünften Klasse, also nach Abschluß der Grundschule unterrichtet. Lediglich das Saarland bot ab der dritten Klasse Französisch-Unterricht an. Dies hat sich jedoch 1998/99 geändert, als mit der Einführung des Englisch-Unterrichts ab der dritten Klasse in Hamburg begonnen wurde. Ab dem Schuljahr 2004/2005 wird nun auch flächendeckend Englischunterricht in allen Bundesländern angeboten, in 9 von 16 Bundesländern Französisch und Italienisch und Russisch in Thüringen. In Baden-Württemberg ist der Englisch-Unterricht bereits ab der ersten Klasse Pflicht.

Bilingualer Unterricht

siehe auch den Hauptartikel zum bilingualem Unterricht

In einigen Ländern wird der Unterricht gänzlich in der zu lernenden Sprache abgehalten. Seit den 1960er und 70er Jahren wurden in Mittel- und Osteuropa (auch in Deutschland) zweisprachige Schulen für besonders gute Schüler eingerichtet. Abgesehen von Sprachen wurde jedes Fach in der Fremdsprache gelehrt. Ab den neunziger Jahren wurde dieses System für alle geöffnet, allerdings müssen Schüler in einigen Ländern noch Eingangstests bestehen. Zur selben Zeit richteten Belgien (französischer Teil), Frankreich, Niederlande, Österreich und Finnland ebenfalls bilinguale Schulen ein.


Unterrichtsmethoden

Im Laufe seiner Geschichte hat der Fremdsprachenunterricht folgende zentralen methodischen Konzepte hervorgebracht (chronologische Anordnung):

Grammatik-Übersetzungsmethode

  • Inhalte: narrative Texte über wichtige Persönlichkeiten von Kunst, Literatur und Politik
  • Sprachebene: Schriftsprache (passé simple, hypotaktischer Stil)
  • Übungen: Übersetzungen, Einsetzübungen über komplizierte grammatikalische Phänomene
  • Lerntheoretischer Hintergrund: starke kognitive Orientierung
  • Vorteil: Der Stoff wird kognitiv durchdrungen.
  • Nachteil: Die Sprechfertigkeit wird nicht geübt.

Behavioristische Methoden

  • Inhalte: Dialoge über Alltagssituationen
  • Sprachebene: gesprochene, Dialogsprache
  • Übungen: Pattern-Drills
  • Vorteil: Die Sprachstrukturen werden automatisiert.
  • Nachteil: Die Inhalte unterfordern den Lernenden.

Kommunikative Methoden

  • Inhalte: Die Texte sollen Konflikte aufzeigen, die die Lerner zu persönlichen Stellungnahmen anregen.
  • Sprachebene: Vorrang der Sprachproduktion gegenüber der Sprachkorrektheit, Fehler werden akzeptiert
  • Übungen: Der Lernende wird aufgefordert, seine Meinung zu äußern.
  • Vorteil: Die Lernenden gewinnen an Sprechfertigkeit, die Angst vor Fehlern wird abgebaut.
  • Nachteil: Die Qualität der Sprache wird vernachlässigt; die kommunikative Kompetenz erreicht schnell ihre Grenzen.

Konstruktivistische Methoden

Datei:Ldl-wortschatz-2.jpg
Schülerin im LdL-Unterricht: Wortschatz-Präsentation
  • Inhalte: Nahe an der Schülerwirklichkeit, sollen den Schüler anregen, selbst Wissen weiterzukonstruieren (zum Beispiel im Rahmen von Projekten)
  • Sprachebene: So breit wie möglich. Variationen werden akzeptiert
  • Übungen: Sprachproduktion steht im Mittelpunkt
  • Vorteil: Vorbereitung auf die reale Welt
  • Nachteil: Noch nicht sichtbar geworden

Beispiel für eine konstruktivistische Methode:

  • Lernen durch Lehren (LdL) ist eine besonders in Deutschland verbreitete Unterrichtsmethode, die zwar in allen Fächern praktiziert werden kann, sich aber besonders für den Fremdsprachenunterricht eignet. Hier bringen sich die Schüler gegenseitig den Lernstoff bei. Dadurch wird der gesamte Unterricht zum Projekt. Der Sprachanteil der Schüler erhöht sich von 25% (im lehrerzentrierten Unterricht) auf 75%.

Abkürzungen

  • CALL: Computer Assisted Language Learning - Computergestütztes Lernen von Sprachen
  • DALF: Diplôme approfondi de langue française - Französisches Sprachdiplom (Stufe II)
  • DELE: Diploma de español como lengua extranjera - Diplom für das Erlenen von Spanisch als Zweitsprache
  • DELF: Diplôme d'études en langue française - Französisches Sprachdiplom (Stufe I)
  • DSH: Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang - Sprachtest für fremdsprachige Studienbewerber in Deutschland
  • EAL: English as Additional Language - Englisch als Zusatzsprache. Gilt, wenn jemand im englischsprachigen Raum Englisch erlernen möchte.
  • EFL: English as Foreign Language - Englisch als Fremdsprache
  • ELT: English Language Teaching - Englischer Sprachunterricht
  • ESL: English as Second Language - Englisch als Zweitsprache
  • LDL: Lernen durch Lehren - Konstruktivistische Unterrichtsmethode
  • SLA: Second Language Acqusition - Erwerben einer Zweitsprache
  • TEFL: Teaching Englisch as Foreign Language - Englisch als Fremdsprache unterrichten
  • TELL: Technology-Enhanced Language Learning - Technik-gestütztes Sprachlernen
  • TOEFL: Test of English as a Foreign Language - Test des Englischen als Fremdsprache
  • TOEIC: Test of English in International Communication - Test des Englischen in Internationaler Kommunikation.