Nun (ägyptische Mythologie)
Nun (m) ist eine der ältesten altägyptischen Gottheiten. Er ist eine abstrakte Gottheit und stellt die Urflut dar. Nun ist außerdem eine Schöpfergottheit.
Name
Der Name Nun (Ägyptologische Umschrift nwn) ist von Griechen und Kopten überliefert. Ursprünglich lautete er möglicherweise Nuu (bzw. nww). Späte Texte der pharaonischen Zeit bringen den Gott Nun mit dem Verb nnj, müde sein zusammen. Dies könnte einerseits eine Anspielung auf die Anstrengung der Schöpfung sein, andererseits verglich man Nun vielleicht mit den Überschwemmungswasser des Nils, das ebenfalls langsam, d.h., träge, gewissermaßen müde, dahinfließt.
Hieroglyphisch gibt es sehr viele Schreibweisen:
- drei nw-Töpfe; diese Schreibung kann für sich alleine stehen, ist aber auch oft ergänzt. Zwei n-Wasserlinien davor oder eine Himmelshieroglyphe als Determinativ dahinter; seltener ist eine n-Wasserlinie vor den nw-Töpfen und ein w-Küken hinter ihnen.
- lediglich drei n-Wasserlinien
- folgende Schreibung ist seltener anzutreffen: die Binse mit einem Trieb, Gardiner-Nummer M 22, eine n-Wasserlinie sowie ein nw-Topf
- sehr selten ist folgende Schreibung: der "Kanal", nach dem Gardiner-System Nr. N 36; und der Bewässerungskanal, Gardiner-Nummer
N 23.
Erscheinungsform
Nun als kosmisches Element
Das Urwasser als erstes Element der Welt stellt nicht, wie oft fälschlicherweise behauptet, das Nichts da, sondern ist im Gegenteil ein vollkommener Ort, an dem kein Mangel herrscht. In den Pyramidensprüchen wird dem Hunger befohlen: "Geh doch zum Nun!", weil er dort nicht existieren kann, und so vernichtet wird.
Alles Land ist vom Nun umgeben, auf ihm schwimmt die scheibenförmige Erde. Sämtliches Wasser, das auf der Erde fließt, hat seinen Ursprung im Nun. Auch Regen gilt als ein Teil des Nun, der zum Himmel erhoben wurde.
Nun als Gottheit
Nun zählt als ältester Gott Ägyptens, selbst älter als die übrigen Schöpfergötter. Man nennt ihn den Alten, den Vater der Götter. Er ist rein menschlich dargestellt, teilweise ohne besondere Attribute, teilweise mit einem Federpaar auf dem Haupt. Als Teil der Achtheit kann er, wie alle ihre Mitglieder, mit einem Froschkopf dargestellt werden.
Früheste Hinweise auf Nun als menschengestaltigen Gott liegen in Hermopolis vor. In der Achtheit bildet er mit Naunet das erste Paar des Stammbaums. In Memphis (ägypt. Men-nefer) verband man ihn eng mit dem Gott Ptah zu Ptah-Nun. Auch in Theben (ägypt. Waset) wurde der Gott Amun mit Nun identifiziert.
Nun als Schöpfergott
Urhügel
Aus der Urflut bzw. dem Urwasser erhob sich eines Tages der Urhügel, auf dem die Schöpfung ihren Fortgang nahm. Die Schöpfungsmythen von Hermopolis, Heliopolis (ägypt. On) und Memphis (ägypt. Men-nefer) unterscheiden sich hierbei.
Auch der Schöpfungsakt der Menschen von Chnum, die aus Lehm geformt werden, findet auf dem Urhügel statt.
Mehrere Städte nehmen für sich in Anspruch, der "hohe Boden, der aus dem Nun herauswuchs" zu sein.
Götter
- Zusammen mit Naunet zeugte er Atum. Dieser betätigte sich daraufhin selbst als Schöpfergott und schuf u.a. die Luft, die Feuchtigkeit und den Himmel sowie die übrigen Götter der Neunheit erschuf. (Schöpfungsmythos von Heliopolis, ägypt. On).
Verehrung
Als kosmische Gottheit hatte Nun keinen eigenen Kult, jedoch wurden ihm zu Ehren gelegentlich Feste gefeiert und Opfer dargebracht.
Weiterführende Literatur
- Hans Bonnet, Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte
- LÄ (Lexikon der Ägyptologie)
- Nuit, Hadit, Ra Hoor Khuit