Lillemor’s Frauenbuchladen
Lillemors Frauenbuchladen GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1975 |
Sitz | München, Deutschland |
Leitung | Andrea Gollbach, Ursula Neubauer |
Branche | Buchhandlung |
Website | http://www.frauenliteratur.de/ |

Die Lillemors Frauenbuchladen GmbH (Schreibweise im Logo: Lillemor’s) ist seit 1975 eine Buchhandlung und Galerie in München.[1] Lillemors war der erste Frauenbuchladen in Westdeutschland und erhielt 1987 den Förderpreis für Frauenforschung und Frauenkultur der Landeshauptstadt München. 2014 verlieh die Fachzeitschrift Buchmarkt Lillemors Frauenbuchladen die Auszeichnung Buchhandlung des Jahres in der Kategorie „Spezialbuchhandlung“.
Geschichte
Anfänge in der Arcisstraße
Die Unternehmensgründung 1975 erfolgte im Zusammenhang mit der Frauenbewegung nach dem Vorbild der 1974 gegründeten Librairie des femmes in Paris.[2] In dieser Zeit entstanden in Deutschland zahlreiche Frauenprojekte wie etwa die Zeitschriften Courage und Emma, mit Frauenoffensive auch ein eigenständiger Verlag.
Am 3. November 1975[3] wurde Lillemors Frauenbuchladen in der Arcisstraße 57 in München-Maxvorstadt von sechs Feministinnen gegründet, darunter die spätere Journalistin und Übersetzerin Susanne Aeckerle und die Malerin Monika Neuser.[4]
Um auch Frauen anzusprechen, die üblicherweise nicht in Buchhandlungen einkauften, wählten die Gründerinnen die Bezeichnung Frauenbuchladen statt Frauenbuchhandlung. Im Anklang an vertraute Orte wie den Milchladen oder Schreibwarenladen sollte damit die Hemmschwelle für den Zugang niedrig gehalten werden.[5] Bei der Eintragung ins Handelsregister wurde der von den Gründerinnen gewählte Firmenname „Frauenbuchladen“ von den Behörden nicht akzeptiert. „Es wurde ihnen gesagt, so etwas Merkwürdiges wie einen ‚Frauenbuchladen‘ gäbe es nicht, da müsste auf jeden Fall ‚ein g’scheiter Name her‘.“[6] Die spontane Entscheidung für den Zusatz Lillemors (schwedisch für „kleine Mutter, Mütterlein“) erfolgte aus dieser Notwendigkeit heraus.
Lillemors versteht sich als Fachbuchhandlung für feministische Literatur, Lesbenliteratur und Sachbücher mit frauenspezifischem Inhalt[7], damit sind Bücher gemeint, „die den Lebensbereich der Frau zum Inhalt haben: sich mit Politik, Beruf, Gesundheit, Ernährung, Kindererziehung beschäftigen“.[8] Kurz nach der Gründung übernahm Lillemors den Verkauf von Verena Stefans Buch Häutungen aus dem Verlag Frauenoffensive, der anfangs in anderen Buchhandlungen nicht erhältlich war und ein Bestseller wurde. Die Buchhandlung ist jedoch nicht nur eine Verkaufsstelle, sondern auch ein Kommunikationszentrum für Frauen, die sich über Frauenkultur, die Frauenbewegung und Frauenpolitik austauschen wollen. So veranstaltete Lillemors Frauenbuchladen Lesungen und Diskussionen, unter anderem mit Verena Stefan, Karin Struck, Angelika Mechtel.
Zunächst waren die Räume von Lillemors auch für Männer zugänglich.[9] Die Buchhandlung diente jedoch auch als Anlaufstelle für Frauen, die Opfer von männlicher Gewalt geworden waren. Daher wurde die Anwesenheit von Männern als problematisch empfunden, und sie hinderte den freien Austausch der Frauen miteinander.[10] Nach einer kollektiven Entscheidung der Buchhändlerinnen im Jahre 1978 wurde Männern daher das Betreten der Räume untersagt. Nach Meinung der Buchhändlerinnen gab es in München abgesehen vom Frauenzentrum und Lillemors keinen Platz, „wo Frauen wirklich mal ohne Männer“ sein konnten.[11]
Ein Preis als Politikum (1987/88)
Eine Jury aus Stadträtinnen, Journalistinnen und Frauen aus dem Bildungs- und Kulturbereich wählte Lillemors für den Förderpreis für Frauenforschung und Frauenkultur der Landeshauptstadt München aus. Der Stadtrat Peter Kripp argumentierte dagegen, dass der Frauenbuchladen den Preis nicht erhalten solle, weil das Zutrittsverbot für Männer das Miteinander der Menschen erschwere. Als die Versammlung des Münchner Stadtrats die Entscheidung der Jury bestätigen sollte, wurde die Ehrung vorläufig aufgehoben: "CSU, FDP und USD (eine Minifraktion zweier SPD-Aussteiger) behaupten, die Jury sei nicht korrekt zusammengesetzt gewesen. Außerdem handele es sich bei Lillemors um einen Gewerbebetrieb, dem ein städtischer Preis gar nicht zustehe."[12] Der Streit dauerte ein Jahr und wurde schließlich durch ein Rechtsgutachten zugunsten von Lillemors entschieden.[13]
Vom Umzug bis zur Gegenwart

Am 3. April 2000 zog der Laden innerhalb der Maxvorstadt in die Barer Straße um. Seitdem ist die Buchhandlung wieder für Männer zugänglich. Sowohl Kundenkreis als auch Sortiment weisen im Gegensatz zu den stark politisch orientierten Gründungsjahren eine viel größere Bandbreite auf. Mehr als 4000 Titel zu frauenspezifischen Themen sind auf Lager. Präsentiert werden außerdem Publikationen kleiner Verlage, die in großen Buchhandlungen kaum beachtet werden[14], dazu gehören auch Publikationen aus Kleinst- und Selbstverlagen von Frauen mit dem Schwerpunkt weiblicher Schamanismus und feministische Spiritualität.
Galerie
Die Buchhandlung ist zugleich Galerie und präsentierte über die Jahre eine Vielzahl von Ausstellungen aus den Bereichen Malerei, Fotografie und Skulptur, unter anderem von Ulrike Rosenbach, Inea Gukema und Cosy Piero. Ziel ist es, Künstlerinnen außerhalb des kommerziellen Kunstbetriebs eine Möglichkeit zu geben, ihre Werke zu präsentieren. Die Kombination von Buchhandlung und Galerie schafft die „Verbindung von Wort- und Bildkunst, Lesen und Betrachten“.[6]
Wirtschaftliche Aspekte
Seit der Gründung stellt Lillemors Frauenbuchladen die finanzielle Basis für die dort tätigen Frauen dar und strebt ein alternatives Arbeitsmodell an, das ohne klassische Arbeitsteilung und Hierarchien auskommen soll. Die derzeitigen Geschäftsführerinnen Andrea Gollbach und Uschi Neubauer arbeiteten von 1979 bzw. 1982 bis 1996 im Team mit anderen Frauen und sind seither gemeinsam für Buchladen und Galerie verantwortlich.
Preise und Auszeichnungen
- 1987: Münchner Förderpreis für Frauenforschung und Frauenkultur, verliehen von der Stadt München, dotiert mit 10000 DM.
- 2014/15: Buchhandlung des Jahres in der Kategorie „Spezialbuchhandlung“, verliehen von der Fachzeitschrift Buchmarkt. Die unabhängige Jury begründete ihre Entscheidung so: „Lillemors hat feministischer Literatur Raum gegeben, als es den Begriff noch gar nicht gab. Ein Frauenbuchladen, der längst zur Institution geworden ist, weil er immer wieder neue Denkanstöße liefert.“[15]
Literatur
- Katharina Reintjes: Bücher und Bilder beim „Mütterlein“. In: Robert Gigler (Hrsg.): Seitenwege. 33 ungewöhnliche Buchhandlungen in München. München Verlag, München 2007, ISBN 978-3-937090-23-8, S. 90–93.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Elisabeth Zellmer: Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2011, S. 173; Mitteilung zur Gründung, abgerufen am 13. Dezember 2014; Chronik FrauenMediaTurm zur Gründung von Lillemors am 3. November 1975, abgerufen am 13. Dezember 2014.
- ↑ Christine Schäfer, Christiane Wilke: Die neue Frauenbewegung in München 1968–1985, Buchendorfer Verlag, München 2007, ISBN 3-934036-30-9, S. 27
- ↑ Richard Deiss: Kaufhaus der Worte. 222 Buchhandlungen, die man kennen sollte., Books on Demand, 7. Auflage, 7. April 2014, ISBN 3-8423-0056-5, S. 53.
- ↑ Landeshauptstadt München, Kulturreferat (Hrsg.): ThemenGeschichtsPfad. Die Geschichte der Frauenbewegung in München. 3. Auflage. MDM Maristen Druck und Verlag, Furth 2014, S. 152–153.
- ↑ Christine Schäfer, Christiane Wilke: Die Neue Frauenbewegung in München 1968–1985. Eine Dokumentation., herausgegeben von der Frauenakademie München e. V. Buchendorfer Verlag, München 2000, ISBN 3-934036-30-9, Seite 243.
- ↑ a b Katharina Reintjes: Bücher und Bilder beim ‚Mütterlein‘. In: Robert Gigler (Hrsg.):Seitenwege. 33 ungewöhnliche Buchhandlungen in München München Verlag, München 2007, S. 92–93.
- ↑ Gabriele Dennert et al. (Hrsg.): In Bewegung bleiben, Querverlag, Berlin 200, ISBN 978-3-89656-148-0, S. 225
- ↑ Ingeborg Münzing: Diese Eröffnung ist einmalig in Deutschland. Ein Buchladen von Frauen für Frauen., in: Abendzeitung, 3. November 1975, Nr. 255, ISSN 0177-5367, S. 13.
- ↑ Elisabeth Zellmer: Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2011, S. 197.
- ↑ Hintergrundgespräch von Elisabeth Zellmer mit Ursula Neubauer vom 7.10.2008, zitiert nach Elisabeth Zellmer: Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2011, S. 198.
- ↑ Privatarchiv Lillemors Frauenbuchladen: Blatt, das die Entscheidung des Männerverbots im Buchladen begründet, 1978, zitiert nach Elisabeth Zellmer: Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2011, S. 198.
- ↑ Andrea Böhm: Das Reservat., in: Emma, Ausgabe März 1988, S. 8.
- ↑ kicks: 15 Jahre Lillemors Frauenbuchladen., in: Münchner Lokalberichte 24 vom 28. November 1990, 8, abgerufen am 13. Dezember 2014.
- ↑ Mitteilung von Lillemors Frauenbuchladen zum Selbstverständnis, abgerufen am 8. Januar 2015.
- ↑ Die Gewinner des BuchMarkt-Wettbewerbs Buchhandlung des Jahres 2014, abgerufen am 30. Dezember 2014.
Koordinaten: 48° 9′ 6,5″ N, 11° 34′ 26,4″ O