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Funkuhr

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Eine Funkuhr ist eine Quarzuhr, die ein von einem Zeitzeichensender per Funk ausgestrahltes Zeitsignal empfangen kann und mit dessen Information die interne Quarzuhr nachreguliert. Die Uhrzeit erscheint meist auf Flüssigkristallanzeige (LCD), oft kombiniert mit Datum und weiteren Funktionen wie Wecker und Temperatur.

Funkuhr mit Weckfunktion

Funktionsweise

Innenansicht eines Funkweckers mit Antenne (links unten) und Batteriefach (links oben)

Herzstück ist ein Geradeausempfänger, der das Zeitzeichensignal von einem Langwellensender empfängt und auswertet. Bekannte Zeitzeichensender sind unter anderem DCF77 in Mainflingen bei Frankfurt am Main, MSF in England, Sender Allouis in Frankreich, der ehemalige HBG in der Schweiz, JJY in Japan und der US-amerikanische Zeitzeichensender WWVB. Die zum Signalempfang bei Funkuhren benutzte Ferritstabantenne ist im Bild gut zu erkennen (eingeklebt in der grünen Rückwand). Auf dem Ferritstab befindet sich rechts die Wicklung sowie direkt angelötet der Kondensator (rot) zur Schwingkreisabstimmung auf die Sendefrequenz. Die Antenne ist etwa so groß wie eine Batteriezelle der Größe „Mignon“ (Vergleiche Batteriefach im Bild). Zu beachten ist, dass jede Ferritantenne eine Polarisations- und Richtwirkung besitzt und deshalb horizontal und quer zur Richtung zum Sender orientiert werden muss. Bei Nichtbeachtung kann die Signalstärke zu gering sein, um eine Synchronisierung zu bewirken.

Auf der Hauptplatine der Uhr befinden sich typischerweise zwei integrierte Schaltungen (ICs). Ein Uhren-IC sorgt für die Funktionen der Uhr, die zweite „Funk“-IC wird mit dem Funksignal der Antenne versorgt und gibt die empfangenen Takt- und Datensignale an die Uhren-IC weiter. Im grauen Gehäuse unten links erkennt man den kleinen runden Signalgeber für den Weckalarm. Die runden gelben Flecken auf der grünlichen Hauptplatine sind die Rückseiten der Kontaktflächen für die Bedientasten.

Genauigkeit

Obwohl das Zeitsignal kontinuierlich gesendet wird, wird es aus Stromspargründen oft nur ab und zu zum Nachstellen abgefragt. Bei Uhren, die mit größeren Zellen betrieben werden, ist ein Empfang jede volle Stunde üblich, bei Armbanduhren mit Knopfzellen oder mit Solarzellen nur einmal pro Tag, meist zwischen 2:00 und 4:00 Uhr morgens. Das reicht völlig aus, um den Gangfehler der Quarzuhr zu korrigieren. Ein Beispiel für Uhren, die minütlich mit dem Funkzeitzeichen synchronisiert werden, sind die Hauptuhren der deutschen Bahnhofsuhren.

Außerhalb des Zeitsignal-Empfangsbereiches oder bei gestörtem bzw. abgeschaltetem Signal läuft eine Funkuhr weiter wie jede andere Quarzuhr. Hier macht sich der bei Quarzuhren übliche Gangfehler (Uhrgang) bemerkbar. Beim erneuten Empfang eines Zeitsignals wird die Uhr sofort wieder nachgestellt und zeigt dann die Internationale Atomzeit an. Bedingt durch schmalbandige Empfänger und die interne Verarbeitungsgeschwindigkeit der Elektronik wird die Uhrzeit in der Regel mit einer kleinen konstanten Verspätung (Latenzzeit) angezeigt, die meist bei 0,1 - 0,4 s liegt.

Varianten

Erste Funk-Armbanduhr Junghans Mega (analoge Ausführung) mit Antenne im Armband

Funkuhren sind als Wanduhren und Armbanduhren weit verbreitet. Eine Erweiterung der Funkuhr ist der Funkwecker, bei dem zusätzlich eine Weckfunktion integriert ist.

Funkuhren für PCs

Auch die interne Uhr eines PCs kann über eine Funkuhr synchronisiert werden. Diese kann im Gerät eingebaut sein oder extern angeschlossen werden. Eine Variante ist zum Beispiel eine kleine batteriebetriebene Funkuhr, die sich wie ein Dongle im Druckerkabel befindet und per Befehl oder in festen Zeitabständen die Zeit der PC-Uhr einstellt. Alternativ stehen Funkuhren für den Anschluss an USB zur Verfügung. Diese Technik ist heute weitgehend durch NTP (siehe unten) abgelöst worden, jedoch immer noch nützlich für nicht dauerhaft mit dem Internet verbundene stationäre und mobile Rechnersysteme.[1]

Realisierung mit Soundkarte

Mit Hilfe einer Soundkarte, die mit 192 kHz smplen kann, ist es möglich, mit Hilfe einer geeigneten Software wie Power SDR möglich, Zeitzeichensignale, die auf Frequenzen unter 96 kHz ausgestrahlt zu werden, zu dekodieren und zum Einstellen der Uhr des PCs zu nutzen.[1]

Funksolaruhr

Neben stationären mit Solarzellen betriebenen Fukuhren gibt es auch Armbanduhren mit dieser Versorgungsart. Der Batteriewechsel entfällt hier. Die Funksolaruhr wurde maßgeblich von Karl Diehl und Karl Gebhardt entwickelt. Durch einen eingebauten Akku wird die Uhr auch bei Dunkelheit mit Energie versorgt („Dunkellaufzeit“).

Erste Funksolaruhren hatten noch einen relativ hohen Energieverbrauch und relativ schwache Solarzellen. Daher konnte es zu ungenügender Energieversorgung kommen. Moderne Exemplare erreichen als Herrenarmbanduhr Dunkellaufzeiten von zwei Jahren. Zur Ladung des Energiespeichers genügt Kunstlicht.

Vor- und Nachteile

Vorteile einer Funkuhr sind, dass immer eine sehr genaue Uhrzeit angezeigt wird, kein Nachstellen von Hand nötig ist und die Umstellung zwischen der normalen Zonenzeit und Sommerzeit automatisch erfolgt, falls sie innerhalb der Empfangszone des Zeitzeichensenders betrieben wird.

Manche Funkuhren lassen sich allerdings nicht manuell stellen, so dass sie auf den Empfang des Zeitsignales angewiesen sind.

Obwohl eine Funkuhr im Normalfall durch ihre Präzision besticht, gibt es zumindest bei handelsüblichen Exemplaren gelegentlich Fehlfunktionen. Diese führen dann leicht zu einer um Stunden falschen Anzeige. Begünstigt wird das durch eine nur schwache Prüfungsmöglichkeit des Zeitsignals auf Empfangsfehler (siehe DCF77) und die Tatsache, dass das Langwellensignal leicht durch alle möglichen technischen Geräte beeinträchtigt werden kann. Außerdem ist in Stahlbetongebäuden der Empfang häufig nur in der Nähe der Fenster möglich.

Geschichte

Funkuhr aus 1978
Historische militärische Funkuhr aus der DDR, die von der NVA und der Stasi benutzt wurde

Die digital kodierte Zeitübertragung für Funkuhren wurde 1967 von Wolfgang Hilberg, tätig bei der Firma Telefunken, zum Patent angemeldet.[2] Nach seiner Berufung als Professor der Elektrotechnik der TH Darmstadt im Jahr 1972 entwickelte er die ersten Prototypen und wesentlichen Bestandteile dieses Uhrentyps.

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig begann 1973 damit, Cäsiumuhren-Zeitsignale (einschließlich Kalenderangaben und Informationen über die Sommerzeit) über den Sender DCF77 abzustrahlen. Großuhren mit einem entsprechenden Empfangsteil konnten sich ab 1973 selbsttätig hochpräzise darauf einstellen. Zu DCF77 kompatibel war der in der Schweiz von 1966 bis 2011 betriebene Sender HBG, der jedoch mit einer Trägerfrequenz von 75 kHz arbeitete.

Ähnlich arbeitende Zeitsignalsender befinden sich weltweit in vielen Ländern. Es werden dabei aber meist unterschiedliche Trägerfrequenzen und unterschiedliche Kodierungen wie beispielsweise der in den USA gebräuchliche IRIG Timecode verwendet. Einige Funkuhren, z. B. die G-Shock der Firma Casio, können Zeitsignale von mehreren, verschiedenen Zeitsignalsendern empfangen und auswerten.

Funkuhren wurden in den 1970er Jahren nur in relativ geringen Stückzahlen für den professionellen und semi-professionellen Einsatz gebaut, z. B. von Hopf.[3] 1986 wurde von Telefunken (heute Atmel) die erste Integrierter Schaltung U2775B vorgestellt. Auf Basis dieses ICs war es erstmals möglich, preiswerte Funkuhren für den Massenmarkt zu bauen. Die ersten Anbieter waren Kundo in St. Georgen im Schwarzwald und Junghans. Ein Armbanduhren-fähiges IC kam 1990 auf den Markt[4], welches von Junghans in die erste Funkarmbanduhr der Welt, die MEGA 1 eingebaut wurde.

Hersteller von industriellen Funkuhren bzw. Synchronisationssoftware sind beispielsweise Gude, Hopf, Linum oder Meinberg.

Bei Funk-Armbanduhren waren anfänglich Antennen aus amorphen Bändern im Inneren der Lederarmbänder integriert, was jedoch gelegentlich zu Kontaktproblemen im Übergangsbereich vom Armband zum Uhrengehäuse führte. Später wurden deshalb Miniatur-Ferritstab-Antennen in die Uhrengehäuse eingebaut, die aber nun aus Kunststoff oder Keramik hergestellt werden mussten, weil Metall die Funkwellen abschirmt.

Alternativen

RDS

Ferngesteuerte Zeiteinstellung ist auch per Radioempfang (RDS) möglich. Hier wird von Rundfunksendern parallel zum Programm ein Zeitsignal gesendet, mit dem sich eine im Radio integrierte Uhr automatisch einstellen kann. Eine häufige Anwendung sind Uhren in Personenkraftwagen, die dann mit dem Radio gekoppelt sind und bei Radioempfang z. B. die Umstellung auf Sommerzeit automatisch vornehmen.

DAB

Beim Digital Audio Broadcasting (digitales Radio,DAB/DAB+) wird ebenfalls ein Zeitsignal übertragen. Dieses wird von vielen DAB-Radios zur Zeitanzeige ausgewertet.

GPS

Das Navigationssystem GPS beruht auf dem Empfang hochgenauer Zeitsignale von Satelliten. Diese GPS-Zeit ist um einige ganze Sekunden gegenüber der UTC verschoben. Da diese Verschiebung mit den GPS-Signal übertragen wird, kann sie durch die GPS-Uhr berücksichtigt werden. Dieses System garantiert eine maximale Gangabweichung von einer Mikrosekunde. Beim DCF77-Signal wird diese Abweichung aufgrund der Laufzeit des Signales (Lichtgeschwindigkeit) bereits bei einer Entfernung von 300 Meter zum Sender überschritten.

NTP/PTP

Über das Network Time Protocol (NTP) können an das Internet angeschlossene Geräte mit einer Genauigkeit von deutlich unter einer Sekunde synchronisiert werden. Da NTP-Server unter anderem von amtlich als time keeper tätigen Institutionen angeboten werden, ist für jedermann eine Synchronisation mit der offiziellen Zeit möglich. Über das Precision Time Protocol (PTP) kann für lokal begrenzte Netzwerke eine lokale Synchronität im Bereich von Nanosekunden erreicht werden.

Commons: Funkuhren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. DCF77-Empfänger an USB für Funkamateure. Abgerufen am 10. Oktober 2010.
  2. Patent DE1673793: Verfahren zur laufenden Übermittlung der Uhrzeit.
  3. hopf Elektronik GmbH
  4. Zeitschrift elektronik industrie 7- 2009, Seite 17