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Live Action Role Playing

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Live-Rollenspiel wird meist als LARP (Live Action Role Playing) bezeichnet. Es zeigt sich als Mischung aus dem Tisch-Rollenspiel und dem Improvisationstheater. Die Teilnehmenden können ihr Spiel, das in der Regel ohne Zuschauer stattfindet, im Rahmen einer Rolle, die die eigene Figur und ihre Möglichkeiten beschreibt, frei improvisieren.

Grundsätzliches

Spieler beim Feiern in der Taverne

Seine Ursprünge aus dem Papier-und-Bleistift-Rollenspiel (auch Tisch-Rollenspiel genannt, engl. "pen and paper") sind insbesonders an den Regeln zu erkennen, mit denen in der wirklichen Welt nicht Existierendes wie Magie, göttliche Wunder oder Kämpfe dargestellt werden. Wie auch im Bereich dieser Rollenspiele gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Regelsysteme.

Derzeit gibt es etwa 500-600 öffentlich ausgeschriebene Veranstaltungen - bezeichnet als Con, LARP oder Live - pro Jahr in Deutschland.

Beim LARP gibt es "Genres" wie Fantasy, Cyberpunk, Science Fiction, Horror, Endzeit, Western, Vampire, wobei die meisten Veranstaltungen dem "Fantasy"-Bereich zugeordnet werden können.

Oft gibt es auf den ein- oder mehrtägigen Conventions eine Spielleitung, die mit Hilfe vieler Helfer eine Geschichte, den Plot, gesponnen hat, welche die Spieler dann durch Rätsel, Spionage, Nachfragen, Kämpfe, Mutproben u. ä. erspielen müssen.

In "freien" Spielsystemen steckt die Spielleitung lediglich einen Rahmen, der sich hauptsächlich durch das Setting in der Spielwelt definiert. In diesem können die Spieler nach Spielbeginn frei agieren, ohne einen von der Spielleitung gewollten Handlungsfaden zu verfolgen. Interaktion ergibt sich hierbei aus der gemeinsamen Spielwelt (dem Kontinuum), und der gemeinsamen Geschichte der Spieler.

Es gibt viele verschieden Varianten von Cons, darunter Schlachtencons, Ambientecons, Tavernencons und viel, viel mehr. Alles hängt von der Fantasie der Orga (Organisator des Cons) ab.

Eine besondere Variante des LARP ist auch ein Schlachten-Con, in dem zwei oder mehrere Gruppierungen (meist zwischen 150 und 300 Spieler pro Gruppierung) gegeneinander Schlachten spielen. Besonders viele und große solcher Schlachten-Cons finden in England statt. Das dort jährlich stattfindende, berühmte Gathering schaffte es schon einmal, fast 10.000 Spieler in einem Spiel zu vereinen. Die größten Schlachten-Cons sind im Moment in Europa die Conquest of Mythodea und das Drachenfest. An beiden Veranstaltungen nehmen 2.000-3.000 Spieler teil.

Auf einer Veranstaltung wird normalerweise durch die Spielleitung (SL/ ORGA) vorab ein Regelsystem festgelegt, nach dem sich dann alle Spieler richten.

Grundsätzlich lassen sich die LARP- Regelwerke in zwei Gruppen einteilen:

  • Punkte- bzw. Fertigkeitenbasierte Regeln
Hierunter fallen zum Beispiel die verbreitetsten Fantasy-Regelwerke "DragonSys","ThatsLive" und "Phoenix". Bei diesen Regelwerken werden die Eigenschaften der Spielfigur, ähnlich wie bei fast allen Regelwerken im Papier-und-Bleistift-Rollenspiel durch ein System von Punktwerten beschrieben, die jeweils eine bestimmte Fertigkeit der Figur repräsentieren. In der Regel entwickelt sich der Charakter mit der Zeit weiter, wobei die Punktezahl den Ausbildungsstand der Figur symbolisiert. Meist findet eine Mixtur aus Fähigkeiten, die der Spieler wirklich können muss (z. B. kämpfen, zielen, laufen...), Fahigkeiten die er erlernen oder mit Erfahrungspunkten kaufen muss (z. B. Spurenlesen, Kämpferschutz, Meucheln...) und Fähigkeiten die nur dargestellt werden müssen da sie nicht real durchführbar sind (z. B. Einsatz von Magie, Brauen von Giften, Heilen von Wunden...) Anwendung.
  • Punktelose Regelwerke
Nach dem Regelprinzip Du kannst, was Du (darstellen) kannst (DKWD(D)K) oder auch Real Fantasy stehen der Spielfigur alle Fertigkeiten offen, die der Spieler selbst beherrscht oder glaubhaft darstellen kann. Eine zusätzliche Begrenzung der Charaktereigenschaften durch Punktwerte gibt es nicht. In der Regel gibt es hier auch keine Notwendigkeit einer allmählichen Charakterentwicklung. Nach dem Regelprinzip Du kannst, was Du kannst (DKWDK) gibt es keine Magie oder sonstige Fähigkeiten, sondern nur Sachen, die vom Spieler auch wirklich durchgeführt werden können. Ein Spieler muss also, wenn er zum Beispiel "Spurenlesen" will, auch wirklich in der Lage sein Spuren deuten zu können.

Geschichte

Die LARP-Geschichte wurde noch nicht genau erforscht.

Liverollenspiele finden in Deutschland regelmäßig seit 1991 statt.

Anfang der 1990er Jahre wurde das erste LARP-Regelwerk in Deutschland veröffentlicht: DragonSys. Es fand große Verbreitung und ist, zusammen mit dem Regelwerk That's Live, das wohl am meisten bespielte Regelsystem in Deutschland.

Heute gibt es in Deutschland mehrere sogenannte Kampagnen. Die größte ist die Mittellande-Kampagne, welche ein deutschlandweiter Zusammenschluss von mehr als 130 LARP-Organisationen ist. Alle spielen in einer von ihnen entworfenen Phantasiewelt, deren Karte ein wenig der Europakarte ähnelt. Jede Gruppe hat ein eigenes Land auf der Karte und spielt dessen Geschichte. Die Länder knüpfen untereinander diplomatische Beziehungen oder führen Krieg gegeneinander. Auch hier ist fast nichts geplant und es entwickelt sich alles beim Spielen. So kann niemand vor einer Schlacht deren Ausgang kennen, da sie eben nicht in den Köpfen der Spieler, sondern auf einem Schlachtfed mit LARP-Waffen ausgetragen wird.

Neben dieser gibt es noch weitere Kampagnen wie die Dunkelmeer-, die Nord- oder die Südlande-Kampagne, aber auch eine Vielzahl freier Organisatoren, die sich keiner Kampagne angeschlossen haben. Darunter zählen zum Beispiel Con's der Lande Hel oder Calteranus sowie der Piraten-Südsee-Insel Tortuga.

Spielziel

Ritter beim Turnier

Bei Rollenspielen gibt es normaler Weise kein definiertes Spielziel. Das Ziel hängt von der jeweils gewählten Figur ab, die der Spieler darstellt. Hier gilt eigentlich "der Weg ist das Ziel".

Das Spiel und der Spaß am Darstellen der Figuren ist hier das eigentliche Ziel. Zwar gibt es - je nachdem welche Figur man spielt - noch andere Ziele, etwa: ein Kommissar wird Verbrecher jagen, dessen Freundin ihn aber vielleicht zum Heiraten überreden will, und ein Dieb wird versuchen, nicht erwischt zu werden.

Des Weiteren können vom Spielleiter natürlich verschiedene Spielstränge, sogenannte Plots, angestoßen werden, aus denen sich Teilziele ergeben. So eine Plot-Idee könnte etwa die Ausstellung eines wertvollen Diamanten eines reichen Grafen sein. Der Kommissar wird bei der Ausstellung ein Auge auf die Gäste werfen wollen, der Dieb wird versuchen, das gute Stück zu erjagen, und die Freundin wird wahrscheinlich versuchen, ihren Freund zum Schmuckkaufen zu überreden.

Gelegentlich werden auch Turniere oder sogar eigene Sportarten wie Pompfball, Orkball oder Jugger in den Spielfluss eingebunden.

Waffen im LARP

Die Gruppe des Sternenfeuer-Banners mit ihren Waffen

Entsprechend dem oft verwendeten Fantasy-Szenario kommen eine Vielzahl von Klingenwaffen, wie Schwerter, Dolche, Äxte oder sogar Pfeil und Bogen zum Einsatz. Diese werden durch möglichst realistisch aussehende, aber ungefährliche Polsterwaffen simuliert.

Der Grundaufbau einer Waffe besteht fast immer aus einem Fiberglasstab, der mit mehreren Lagen Hochleistungsschaumstoff (meist Plastazote oder Evazote) gepolstert wird. Da auf Cons alle Kunstwaffen zuvor auf ihre Tauglichkeit getestet werden, bleiben kämpferische Auseinandersetzungen körperlich ungefährlich. Ein Fiberglasstab, wie er im LARP-Waffenbau verwendet wird, ist enorm belastbar (bis zu 200 kg) und splittert im Falle eines Bruches nur minimal. Dies fördert zwar die Haltbarkeit einer Waffe enorm, verbietet aber das Zustechen mit ihr unter allen Umständen, da sich sonst der Kernstab durch den Schaumstoff und in den Gegner bohren kann.

Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Waffe zu ummanteln. Bei der Tapewaffe wird der Schaumstoff mit viel Klebeband umwickelt, um Stabilität, Aussehen und Sicherheit zu gewährleisten. Tapewaffen werden meist nur von Einsteigern verwendet, da sie pflegeleicht und im Falle eines Risses einfach mit einem Streifen Klebeband zu reparieren sind. Jedoch sind sie im Vergleich zu latexumantelten Waffen nicht sehr schön, da es nicht möglich ist, das Klebeband zu bemalen. Bei der Latexwaffe wird in mehreren Schichten eingefärbte Latexmilch auf die Waffe aufgetragen. Die Stabilität und Sicherheit wird auch hier gewährleistet.

Latexwaffen sind schwerer und zeitaufwendiger zu bauen als Tapewaffen und außerdem nur sehr schwer oder meist gar nicht zu reparieren. Auch muss man für Latexwaffen einige "Pflegehinweise" beachten. Man darf sie z. B. nicht in der Sonne liegen lassen, da dies die Bildung von Latexkrebs fördert. Latexkrebs ist eine chemische Reaktion, die das Latex befällt und es langsam zerstört. Obgleich viele Leute die Meinung vertreten, dass sich Latexkrebs auf andere Waffen verbreiten kann, ist dies wohl eher der Kategorie "Urban Legends" zuzuordnen. Jedoch sehen gut gelatexte Waffen wesentlich besser aus als Tapewaffen und sorgen so für ein schöneres Ambiente beim Spielen.

Schusswaffen wie Bogen oder Armbrust sind im LARP erlaubt, wenn die Waffe eine bestimmte Zugkraft (etwa 25 bis 30 lbs) nicht überschreitet sowie Pfeile und Bolzen ausreichend gepolstert sind. Dazu muss der Pfeil oder der Bolzen anstatt einer Spitze eine dicke Polsterung (z. B. aus Schaumstoff) haben, die ein Durchstoßen des Pfeil- oder Bolzenschaftes unmöglich macht und deren Aufschlagfläche größer als eine Augenhöhle ist.

Die Waffen werden je nach Rolle verändert. Eine Waffe für einen Ritter wird beispielsweise reich verziert, während ein Orkenschwert verrostet und schartig aussieht. Hier kommt der Vorteil von Latexwaffen zur Geltung. Man kann sie mit filigranen Ornamenten versehen und detailliert bemalen.

Glossar

LARP
Live Action Role Play - Bezeichnung des Spiels.
CON
Convention - Treffen der Spieler.
CHAR
Character - Rolle, in die man beim CON schlüpft.
Plot
Handlungsstrang, von der ORGA ausgedacht.
ORGA
Organisationscrew - organisiert den CON im Vorfeld.
SL
Spielleitung - ist vor Ort für Sicherheit, Unterbringung, Regelfragen und Plot zuständig.
NSC
Nicht-Spieler-Charakter - Spieler, von der SL zur Steuerung des Plots eingesetzt.
SC
Spielercharakter - sollten den Plot innerhalb der Dauer des CONs lösen.
Intime
Zeit, in der man LARP spielt.
Outtime
Zeit, in der man nicht LARP spielt.

Wichtige Rufsignale

STOPP
Sofort jede Bewegung einstellen, denn es ist eine real gefährliche Situation aufgetreten.
SANI, ARZT
Jemand ist real verletzt worden und braucht sofort ärztliche Hilfe (Bei gespielten Verletzungen ruft man HEILER!).
TIME OUT
Spielunterbrechung (z.B. wenn jemand in abgesperrte Bereiche gegangen ist). Wird auch am Ende von Veranstaltungen ausgerufen, um deutlich zu machen, dass keine weiteren Aktionen von Charakteren in die Geschichte einfließen.
TIME FREEZE
Spieler halten in der Bewegung ein, summen, schließen die Augen und sorgen allgemein dafür, nichts von den nicht zur Spielsituation gehörigen Vorgängen zu bemerken, die meist auf das erzielen eines real nicht erzeugbaren Effekts, z.B. das plötzliche Verschwinden einer Person, gerichtet sind. Wichtig für Zaubereffekte.
TIME IN
Spiel wird begonnen oder nach einer Pause (durch Stopp, Time Out oder Time Freeze) fortgesetzt.

Verwandtes / Gegensätzliches

Mit Reenactment bezeichnet man das historisch korrekte Nachstellen von vergangenen Ereignissen. Das kann eine Schlacht sein, aber auch ein gesellschaftliches Ereignis. Ob dazu eine historisch belegte "Kostümierung" unbedingt nötig ist, ist strittig. Per Definition ist ein Reenactment die bestmögliche, detailgetreue Wiedergabe einer Begebenheit in ihren Abläufen, historisch, oder modern, möglichst am Orginalschauplatz und zu den selben Bedingungen, die bei dem Orginalereignis herrschten (z.b. Hastings, Gettysburg, etc...).

In den 1940ern hat die US Army im Zuge einer Studie der West Point Academy die Schlacht von Gettysburg nachgestellt. Dafür haben sie gewartet, bis sogar die Wetterbedingungen identisch waren, aber die Ausrüstung der Soldaten entsprach der US Infanterie von 1943, trotzdem kann man das als das erste "Large-Scale" Reenactment ansehen. Eine Veranstaltung ohne tatsächlich geschehenes Ereignis ist, ungeachtet der Qualität der Ausstattung/Gewandung, kein Reenactment, sondern Living History.

Bisweilen wird die verwandte Living History vom Reenactment dadurch unterschieden, dass in letzterem eher das Einzelereignis (oft eine Schlacht) oder die Momentaufnahme zählt, während Living History auf eine längere Aufrechterhaltung der historischen Darstellung abzielt. Diese Unterscheidung ist aber nicht einheitlich.

Personen, die sich mit Reenactment beschäftigen werden in der Szene umgangssprachlich als Reenactor bezeichnet. Diese Bezeichnung wird auch für die Anhänger der Living History verwendet.

Reenactment ist auch eine Technik im Dokumentarfilm, mit deren Hilfe fehlende Bilder von (in der Vergangenheit liegenden) Schlüsselszenen nachgestellt werden.

Langsam setzen sich beide Begriffe, sowohl Reenactment als auch Living History, sogar bei Historikern durch. Jede andere Art der Auseinandersetzung mit Geschichte wird insbesondere seit dem Historikertag 2002 und hier insbesondere in Bezug auf den Fernsehjournalist Guido Knoop bezogen, als Histotainment abgewertet. Ein weiterer Begriff in diesem Zusammenhang ist "first person interpretation", was die Führung durch Museen, Ausstellungen und Ereignisse durch eine historische Person bzw. die Darstellung eines modernen Menschen in der Charakteristik einer historischen Person meint.

Seit wenigen Monaten kursiert auch der Begriff des Reenlarpments, was in etwa die Wiederbelebung historischer Ereignisse mittels Liverollenspiel (LARP) zum Ziel hat.