Romano Guardini
Romano Guardini (* 17. Februar 1885 in Verona; † 1. Oktober 1968 in München) war ein Philosoph und katholischer Theologe.
Leben
Am 17.Februar 1885 wird Romano Guardini in Verona geboren. Seine Mutter Paola Maria stammt aus Südtirol, sein Vater Romano Tullo ist Geflügelgroßhändler. Romano jr. hat drei Brüder.
Nachdem er zwei Semester Chemie in Tübingen und drei Semester Nationalökonomie in München und Berlin studiert hatte, entschied er sich katholischer Priester zu werden. Gemeinsam mit seinem Freund Karl Neundörfer begann er schon damals, eine eigene Gegensatz-Lehre zu entwickeln.
Sein Theologie-Studium absolvierte er in Freiburg im Breisgau und Tübingen. 1910 erhielt er in Mainz die Priesterweihe, arbeitete kurze Zeit als Seelsorger, bevor er erneut nach Freiburg im Breisgau ging, um in Theologie bei Engelbert Krebs zu promovieren. 1915 erhielt er den Doktortitel mit einer Arbeit über Bonaventura. 1922 folgte dann – während er weiter in der Seelsorge vor allem für Jugendliche tätig war – die Habilitation für Theologie in Bonn, erneut mit einer Arbeit über Bonaventura.
Er arbeitete in der katholischen Jugendbewegung mit, ab 1920 vor allem im Quickborn, deren geistlicher Zentrum die Burg Rothenfels am Main war. Alsbald wurde er zum geistlichem Mentor der Quickborner.
1923 wurde er auf den Lehrstuhl für Religionsphilosophie und christliche Weltanschauung in Berlin berufen, den er bis zur erzwungenen Emeritierung 1939 durch die Nationalsozialisten innehatte.
1927 übernahm er zudem die Leitung des Quickborn und der Burg und damit gemeinsam mit einem Leiterkreis die Verantwortung für die gesamte Bildungsarbeit. Auch die Burg wurde 1939 durch die Nationalsozialisten konfisziert.
1943 bis 1945 zog er sich nach Mooshausen zurück, wo sein Freund Josef Weiger Pfarrer war und sich schon seit 1917 ein Freundeskreis gebildet hatte.
1945 wurde Guardini an die Philosophische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen berufen und lehrte dort wieder über Religionsphilosophie und christliche Weltanschauung.
1948 folgte er schließlich einem Ruf der Ludwig-Maximilians-Universität nach München, wo er bis zur Emeritierung erneut Christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie lehrte.
1962 beendete Guardini die Vorlesungstätigkeit an der Universität München aus gesundheitlichen Gründen.
Die letzten Lebensjahre war der ohnehin von Schwermut geplagte Guardini häufig krank. Dadurch konnte er auch nicht wie vorgesehen als Theologe in der Liturgie-Kommission des II. Vatikanischen Konzils eintreten.
Am 1. Oktober 1968 starb Romano Guardini in München. Er wurde auf dem Priesterfriedhof des Oratoriums des Hl. Philipp Neri in München (St. Laurentius) beigesetzt. 1997 wurde der Leichnam Romano Guardinis durch Weihbischof Tewes in die Münchner Universitätskirche St. Ludwig übertragen im Angedenken an seine Tätigkeit an der Münchner Universität und seine große Predigttätigkeit in dieser Kirche.
Den Nachlass verwaltet die von Guardini selbst mitbegründeten Katholische Akademie in Bayern.
Interdisziplinäre Leistung
Guardini gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der katholischen Weltanschauung des 20. Jahrhunderts, besonders in den Bereichen der Liturgie, der Religionsphilosophie, der Pädagogik, der Ökumene und der allgemeinen Geistesgeschichte.
Seine christlich-existentiellen Auslegungen kirchlicher und weltlicher Philosophen und Dichter wie Rilke, Raabe und Dostojewski wurden und werden sowohl von Katholiken wie von Protestanten geschätzt.
Die Eindringlichkeit und anschauliche Differenziertheit seiner existentiellen Darstellungen des Denkens und Lebens eines Sokrates, Platon, Augustinus, Pascal, Kierkegaard oder Friedrich Nietzsche waren und sind überzeugende Beispiele für seine Fähigkeit, den Zusammenhang zwischen Denken und Dasein zu erkennen und diesen philosophisch und theologisch analysierend dem Leser nahe zu bringen.
Dieser lebendige Zusammenhang verbunden mit einer dem Menschen dienenden Philosophie und Theologie bestimmen auch seine eigenen Schriften.
Seine gesamtes Werk ruht auf einer eigenständige Gegensatz-Lehre, im Rahmen derer er versuchte, die Dialektik Hegels durch eine unhegelianische Dialogik zu ersetzen. Er kommt dabei interessanterweise stärker von Georg Simmel und Heinrich Rickert, denn von Max Scheler her. Anknüpfungen an die Dialogphilosophie Martin Bubers sind nachweisbar, wenn Guardini auch immer wieder die Eigenständigkeit seiner Lehre betont.
Mit seiner ersten größeren Schrift Vom Geist der Liturgie (1917) hat er Maßstäbe für die Liturgische Bewegung und Liturgische Erneuerung gesetzt und damit die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils wesentlich geprägt. Er stellte darin unter anderem den relativen Primat des Logos vor dem Ethos wieder her, das heißt einen Primat der Ordnung, nicht aber der Würde.
Ohne seine augustinische und platonische Ader zu verleugnen betonte er immer wieder auch den thomistischen Gegenpol und versuchte in seiner Dissertation und in seiner Habilitationsschrift Bonaventura, später aber auch John Henry Newman als Denker der Spannungseinheit herauszustellen.
Das gleiche gilt für seine Vorliebe für das Mittelalter, die aber keinen restaurativen Charakter annahm. Sein 1950 veröffentlichtes Buch Das Ende der Neuzeit wurde von einigen Autoren zwar dahingehend interpretiert, doch Guardni setzte sich gegen diesen Vorwurf zur Wehr. Insgesamt gilt Guardini heute gleichermaßen als Konservativer mit Blick nach vorn und als Renovativer mit Blick zurück.
Im Bereich der Politischen Theologie versuchte er zunächst zwischen Carl Schmitt und den Katholischen Sozialisten Ernst Michel, Walter Dirks und Heinrich Mertens zu vermitteln, was ihm aber letztlich von beiden Seiten verübelt worden ist. Sein Selbstbildungsbrief Staat in uns erreichte einen für damalige Zeit hohen Bekanntheitsgrad, während andere Aufsätze zu politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen in den Schildgenossen weitgehend unbeachtet geblieben sind.
In der Pädagogik betonte er in Briefen an die Jugendlichen die Notwendigkeit der Selbstbildung und den Ausgleich von Autorität und Freiheit in einem „schöpferischen Gehorsam“ des Gewissens. Er versuchte dabei, aus der Burg eine „Akademie“ zu machen, eine Idee, die ihn später auch zum Mitgründer der Katholischen Akademie in Bayern und der Akademie für politische Bildung in Tutzing werden lässt. Immer wieder verweist er dabei auch auf Friedrich Wilhelm Foerster als Impulsgeber.
Während des Nationalsozialismus versuchte er die geschützte Sphäre der Burg so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und musste dazu einige Kompromisse mit den Machthabern schließen, die ihn ab 1934 bespitzeln ließen. Seinen passiven Widerstand ließ er in seinen Schriften Der Herr und Welt und Person einfließen, die seinen Lesern bereits damals als durchgängige Widerlegung der nationalsozialistischen Ideologie erschienen.
Nach dem Krieg veröffentlichte er die während seines Exils in Mooshausen entstandene theologisch-politische Besinnung Der Heilsbringer, in der er wie schon zu Beginn des dritten Reichs Hitlers Versuch, sich als Heilsbringer zu stilisieren, als totalitaristisch brandmarkte. Er bemühte sich daher in der Folgezeit insbesondere um ein „Ethos der Macht“ sowohl gegenüber anonymen „Es-Mächten“ (Medien, Bürokratie, Wirtschaft) als auch gegenüber den totalen Machtansprüchen politischer Ideologien.
Aufgrund seiner Leistungen wurde vielfach geehrt sowie in München sein Lehrstuhl nach ihm benannt (siehe Guardini-Lehrstuhl), auf dem nach seinem Tod Karl Rahner, Eugen Biser und Hans Maier lehrten. In Berlin wurde jüngst ebenfalls ein Guardini-Lehrstuhl eingerichtet. Dort hat auch die Guardini-Stiftung ihren Sitz.
Die Katholische Akademie in Bayern vergibt den renommierten Romano-Guardini-Preis.
Werke
- Vom Geist der Liturgie (1918)
- Die Lehre des heiligen Bonaventura über die Erlösung (1921)
- Vom Sinn der Kirche (1922)
- Der Gegensatz, Versuche zu einer Philosophie des Lebendig-Konkreten (1925)
- Der Ausgangspunkt der Denkbewegung Søren Kierkegaards (1927) ISBN 3-7867-1073-2
- Das Gute, das Gewissen und die Sammlung (1929)
- Der Mensch und der Glaube, Versuch über die religiöse Existenz in Dostojewskis großen Romanen (1933)
- Die Bekehrung des hl. Augustinus (1935)
- Christliches Bewusstsein, Versuche über Pascal (1935)
- Die Engel in Dantes Göttlicher Komödie (1937)
- Der Herr, Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (1937)
- Hölderlin, Weltbild und Frömmigkeit (1939)
- Zu Rainer Maria Rilkes Deutung des Daseins (1941)
- Der Tod des Sokrates (1943)
- Der Heilbringer in Mythos, Offenbarung und Politik. Eine theologisch-politische Besinnung (1946)
- Freiheit, Gnade, Schicksal (1948)
- Das Ende der Neuzeit (1950)
- Die Macht (1951)
- Religion und Offenbarung (1958)
- Unterscheidung des Christlichen, Ges. Studien 1923–63
- Tugenden, Meditationen und Gestalten des sittlichen Lebens (1963)
- Stationen und Rückblicke (1965)
- Sorge um den Menschen, 2 Bände (1962–66)
- Liturgie und liturgische Bildung (1966)
- Vorlage:PND
Auszeichnungen
- 1952 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
- 1952 Ernennung zum Päpstlichen Hausprälaten
- 1954 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau
- 1955 Goldene Ehrenmünze der Stadt München
- 1956 Ehrenbürger von Verona
- 1958 Bayerischer Verdienstorden
- 1958 Mitglied der Friedensklasse des Ordens Pour le Mérite
- 1959 Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
- 1962 Verleihung des Erasmuspreis in Brüssel
- 1963 San Zeno Preis der Stadt Verona
- 1963 Ehrenbürger von Isola Vicentina
- 1965 Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland
- 1965 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Padua
- 1965 Ehrung durch die Stadt München mit der Medaille München leuchtet in Gold
Literatur
- Karl-Heinz Wiesemann: Zerspringender Akkord: das Zusammenspiel von Theologie und Mystik bei Karl Adam, Romano Guardini und Erich Przywara als theologische Fuge. Würzburg 1999, ISBN 3429021839
- Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Romano Guardini: Konturen des Lebens und Spuren des Denkens. Kevelaer 2005, ISBN 3786785538
Weblinks
- Romano Guardini. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Romano Guardini im Internet (mit Schwerpunkt auf Romano Guardinis politischer Ethik)
- Guardinis Erbe für die Kirche der Gegenwart
- Guardini-Stiftung
- Italienische Seite zur Philosophie Guardinis
- Romano Guardini präsentiert durch die Katholische Akademie Bayern
- Guardini -Werkausgaben
- Detaillierte Biographie auf einer Verlagsseite
- Ein Vortrag über Guardini von 2003.
- Ein Text Guardinis: The humanity of Christ. (Die menschliche Wirklichkeit Jesu.)
Personendaten | |
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NAME | Guardini, Romano |
KURZBESCHREIBUNG | Philosoph und katholischer Theologe |
GEBURTSDATUM | 17. Februar 1885 |
GEBURTSORT | Verona |
STERBEDATUM | 1. Oktober 1968 |
STERBEORT | München |