Heroes (Projekte zur Gewaltprävention)
Heroes (auch HEROES ‚Helden‘) nennen sich Projekte zur Gewaltprävention in verschiedenen Städten Deutschlands, die sich an Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund aus sogenannten Ehrenkulturen richten. Sie werden von der World Childhood Foundation gefördert, die auch bei der Startfinanzierung im Jahr 2007 in Berlin half. Vorangegangen war die Unterstützung gleichnamiger Projekte durch die Foundation in Schweden.[1]
Hintergrund
Nach Aussagen des Diplom-Psychologen Ahmad Mansour, der unter anderem als Gruppenleiter beim Projekt Heroes in Berlin tätig ist, gebe es unter Jugendlichen mit familiärem Migrationshintergrund, auch in dritter oder vierter Generation, oft Risikofaktoren für einen gelebten Islamismus, der identitätsstiftend verstanden wird. Dies führe zur Entwertung anderer, die zur eigenen Identifikation als „Moslem“ als nicht zugehörig empfunden werden. „Solche meist männliche Jugendliche lehnen Gesellschaft und Demokratie ab, leben Macht durch Unterdrückung aus und pochen auf ein überzogenes Ehrempfinden.“
Die rasante Entwicklung der Radikalisierung in den letzten Jahren sei zudem, so Mansour, nicht nur islamistisch, sondern auch ultranationalistisch. Teile der gelebten Lebensvorstellungen widersprächen einem demokratischen Weltbild und dem rechtlich geschützten Individualismus in unserer Gesellschaft. Das Projekt Heroes wolle dem entgegenwirken, indem als Zielgruppe männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund aus sogenannten Ehrenkulturen zwischen 16 und 22 Jahren angesprochen werden, um diese nach Diskussionen über Themen wie Ehre, Partnerschaften, Jungfräulichkeit, Geschlechtsrollen sowie Demokratie, Menschenrechte, Diskriminierung und Ehrenkulturen dafür zu gewinnen, sich für andere einzusetzen und auf Gruppen einzuwirken.[2]
Aufbau
Das Projekt Heroes – gegen Unterdrückung im Namen der Ehre wurde 2007 durch die Soziologin Dagmar Riedel-Breidenstein, Leiterin des Berliner Vereins Strohhalm, nach schwedischem Vorbild in Berlin-Neukölln gegründet. Seitdem werden junge Männer mit ausländischen Wurzeln, vor allem aus der Türkei und der arabischen Welt, über mehrere Monate darin angeleitet, in Schulen und Freizeiteinrichtungen Vorträge zu halten und Workshops zu organisieren, in denen über Gleichberechtigung, Werte und Familie gesprochen wird und in Rollenspielen Vorurteile infrage gestellt werden. Sie lernen mit Widersprüchen umzugehen und diese im Gespräch aufzuklären.[3] Außerdem werden Seminare für Lehrerinnen und Lehrer bezüglich des Umgangs mit Schülern aus sogenannten Ehrenkulturen in „Multikulti-Klassen“ angeboten.[4]
Im März 2012 erhielt das Berliner Heroes-Projekt den Preis „Berliner Tulpe“ der Körber-Stiftung und am 23. Mai die Auszeichnung als „Botschafter für Demokratie und Toleranz“.[3][5][6] Im Dezember desselben Jahres widmete der Rabbiner Daniel Alter seinen Fernsehpreis Bambi in der Kategorie „Integration“ dem Neuköllner Projekt für sein Engagement gegen Hass und Gewalt.[7] Seit April 2011 existiert ein Heroes-Projekt auch in Duisburg[8] und seit November 2011 in München, hier unter dem Dach der Arbeiterwohlfahrt.[9] Weiteres Heroes gibt es seit 2012 über den Verein Brücke in Augsburg,[10] seit Anfang 2013 in Köln und seit Oktober 2014 in Nürnberg.[11]
Einzelnachweise
- ↑ HEROES – gegen Gewalt und Unterdrückung im Namen der Ehre. Zeitbild Stiftung, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Dorothee Dienstbühl: „Mich überrascht die Ahnungslosigkeit der Behörden“. Interview mit Ahmad Mansour. In: Deutsche Polizei. Januar 2015. Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei, Berlin Dezember 2014, S. 21/22.
- ↑ a b Im Namen der Ehre. Märkische Oderzeitung, 10. Mai 2012, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Marie Rövekamp: Mehr Respekt, Alter! Unterricht in Multikulti-Klassen. Der Tagesspiegel, 18. März 2014, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Hatice Akyün: Was hat der Ehrenmord mit Ehre zu tun? Kolumne „Meine Heimat“. Der Tagesspiegel, 23. März 2012, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Botschafter/-innen für Demokratie und Toleranz 2012. Bündnis für Demokratie und Toleranz, 2012, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Kerstin Hense: Integrationsprojekt erinnert an getötete Hatun Sürücü. Gedenkfeier für Deutsch-Kurdin. Der Tagesspiegel, 7. Februar 2013, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Alfons Winterseel: In Duisburg startet Heroes-Projekt für Migranten nach Vorbild aus Berlin. Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 21. April 2011, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Corinna Anton: „Am Anfang wollte keiner die Mädchenrolle spielen“. Projekt zur Gewaltprävention. Süddeutsche Zeitung, 25. November 2013, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- ↑ Sarah Ehrmann: „Baba, meine Freundin heißt Anna“. Schulprojekt. Süddeutsche Zeitung, 27. Dezember 2012, abgerufen am 31. Dezember 2014.
- ↑ HEROES – gegen Unterdrückung in Namen der Ehre – Ein Projekt für Gleichberechtigung von Strohhalm e.V. www.heroes-net.de, abgerufen am 30. Dezember 2014.
Weblinks
- HEROES – gegen Unterdrückung in Namen der Ehre – Ein Projekt für Gleichberechtigung von Strohhalm e.V. www.heroes-net.de, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- Regina Friedrich: Die „Heroes“ von Berlin-Neukölln. Goethe-Institut, Februar 2010, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- Mathias Hamann: Junge Muslime: Echte Helden gegen falsche Ehre. Der Spiegel, 25. März 2010, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- Annett Heide: Im Namen der Ehre. Muslime in Berlin. Berliner Zeitung, 7. Juli 2013, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- Jürgen Wiebicke, Michael Roehl: Im Namen der Ehre. Deutschlandfunk, 16. Oktober 2013, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- Unsere Helden 2013: Die Newcomer. Die Integrationsheldin. Zitty, abgerufen am 30. Dezember 2014.
- Junge Helden für Gleichberechtigung. ZDF, 25. Januar 2014, abgerufen am 30. Dezember 2014.