Popmusik
Popmusik ist eine Abkürzung von "populäre Musik" und bezeichnet Unterhaltungsmusik. Der Begriff bezeichnet einerseits
- bei der breiten Masse sehr beliebte und somit kommerziell sehr erfolgreiche Musik.
- einen eingängigen, harmonisch und melodiösen Stil, in Abgrenzung zur Rockmusik mit ihren raueren, wilderen Ausdruckformen.
Popmusik ist durch Einfachheit und Wohlklang gekennzeichnet:
- Harmonien in als angenehm empfundenen Abfolgen
- eingängige Melodien, die oft auf der Diatonik beruhen
- simple, durchgehende Rhythmen
- einfacher, klassischer Songaufbau (Strophe/Refrain)
- sanfter, melodischer Gesang
Popmusik als Mainstream
Die für den Mainstream produzierte Popmusik bezieht sich nicht nur auf ihre eigene ursprüngliche Tradition aus dem Vaudeville, dem Volkslied und dem Kunstlied, sondern inkorporiert verschiedene gerade aktuelle Musikstile. Dabei nimmt sie den ursprünglichen Musikformen meist die Komplexität, entfernt für die gängigen Hörgewohnheiten Ungewohntes und Irritierendes, um sie für eine breite Masse zugänglicher und konsumierbarer zu machen. Das trifft sowohl auf die Vereinnahmung von Volksmusikelementen in der volkstümlichen Musik zu als auch auf modifizierte, "gezähmte" Anleihen bei ursprünglichen afro-amerikanischen Musikstilen wie Jazz, aber auch Rap und Hip Hop.
Da der Begriff "Popmusik" aus der US-amerikanischen Kultur stammt, ist ein Großteil der Musikstücke englischsprachig. Heute werden aber auch hin und wieder deutsche Schlager dazugezählt und es gibt deutschsprachige Popinterpret/innen, die sich musikalisch auf die US-amerikanische Tradition beziehen.
Der Erfolg der kommerziell ausgerichteten Popmusik misst sich in den Pop-Charts bzw. der Hitparade. Popmusik ist der lukrativste Zweig der Musikindustrie.
Popmusik als Teil der Popkultur
Die Eingängigkeit und Wohlgefälligkeit von Popmusik wird auch in der Popkultur als ästhetisches Mittel bzw. Stilmittel benutzt. Hier geht es allerdings nur bedingt oder gar nicht darum, die breite Masse per se zu erreichen, sondern Menschen mit einem bestimmten Lebensstil anzusprechen. Schon The Beatles wandten sich gezielt an die junge Generation, was vorher nur in der Rockmusik üblich war. Anfang der 1980er Jahre wurden von Musiker/innen des New Wave kritische Texte mit einschmeichelnden Melodien transportiert, um ein größeres Publikum zu erreichen. Andererseits besteht in Nischenkulturen auch ein Bedürfnis nach schönen Melodien. Diese stimmen jedoch nicht unbedingt mit der Gefühlsstruktur eines Massengeschmacks und einer gezielt für den leichten Konsum gefertigter musikalischer Ware überein.
Geschichte der Popmusik
Der Begriff "populäre Musik" und seine Vorgeschichte
Der Begriff "populär" läßt sich in der Musikgeschichte schon wesentlich früher nachweisen als in den 1950ern und 1960er Jahre des 20. Jahrhunderts, als der Begriff "Popmusik" im Rahmen der Entwicklung der Popkultur bekannt wurde. Der deutsche Begriff "Volkslied", als Übersetzung der englischen Bezeichnung "popular song", stammt aus einer 1773 erschienenen Rezension von Johann Gottfried Herder über eine 1765 in England erschienene Sammlung von englischen und schottischen Balladen.
Populäre Musik im Mittelalter
Schon zu Zeiten feudaler Herrschaftssysteme hatte Musik zwei Hauptaufgaben: für die Regenten bzw. Adligen war die bei Hofe gespielte, als anspruchsvoll und vollendet geltende Musik nicht nur Unterhaltung, sondern auch Statussymbol, da zumindest im Mittelalter nur wohlhabende Adlige bzw. Fürsten sich professionelle Musiker und teure Instrumente wie Violinen leisten konnten, während bei der noch zumeist eher separiert über die Dörfer verteilt lebenden Bevölkerung die Musik überhaupt seltener und nur zu bestimmten Anlässen wie Erntedankfesten o.ä. von musikalisch gering qualifizierten Gemeindemitgliedern gespielt wurde und nur die Funktion erfüllen musste, "tanzbar" zu sein. Dabei war die Trennung zwischen den (musikalischen) Schichten durchaus durchlässig, denn um die strenge Etikette bei Hof umgehen zu können, erfand der Adel die berühmten Maskenbälle, bei denen sich die vornehme Gesellschaft als einfache Leute verkleidete und ungeniert deren ausgelassene Feste einschließlich der Musik imitierte.
Die schnelle Verbreitung von Musikstücken oder gar die Entwicklung von neuen Musikrichtungen wurde jedoch durch mehrere Faktoren behindert: die Menschen waren durch die dörfliche Siedlungsstruktur relativ isoliert, Austausch fand eher selten statt; fahrende Musikanten kamen selten und blieben nicht lang genug, um von ihnen neue Stücke auswendig zu lernen; die meisten Menschen konnten nicht lesen und schreiben und damit nicht ihre eigenen Lieder aufzeichnen, die Fähigkeit, Töne in Form von Noten aufzuzeichnen, war noch viel seltener. In Deutschland kam noch erschwerend hinzu, daß es bis vor wenigen hundert Jahren z.T. enorme Sprachbarrieren gab, da Personen, die von weit her kamen, manchen regionalen Dialekt kaum verstehen konnten. Dadurch war auch nach der Erfindung des Druckens die Verbreitung von Liedtexten in Form von Textflugblättern zusätzlich eingeschränkt.
Das 19. Jahrhundert
Die Verbreitung der Musik an sich war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf das Abschreiben von Notenblättern beschränkt, da das Notensystem zu kompliziert zum Letter-Druck war; es konnten (auch in Ermangelung von zum Noten lesen fähiger Schreiber) lediglich im mechanischen Verfahren des Notenstichs einzelne Kopien von Notenblättern hergestellt werden. Dies änderte sich erst, als Alois Senefelder das Verfahren des Steinplattendrucks (die Lithographie) erfand. Dadurch gelang es zum erstenmal im Jahre 1796 in München eine auf Spezialpapier geschriebene Partitur als Negativ aufzutragen und originalgetreu abzudrucken. Zwar waren mit diesem Verfahren zuerst nur wenige Kopien möglich, doch die Erfindung der Dampfmaschine und die Verbesserung der Technik ermöglichten schon Anfang des 19. Jahrhunderts größere Auflagen von Notenblättern. Durch die Industrialisierung des Notenblattdruckes ergaben sich bedeutende Konsequenzen für die Entwicklung der populären Musik: die Musik des "einfachen" Volkes konnte nun erstmals günstig in Massen reproduziert werden, was eine Vereinheitlichung der Versionen klassischer Volkslieder in Bezug auf Text und Tonfolge zur Folge hatte, ähnlich der "Standardisierung" der deutschen Märchen durch die Zusammenstellung der Brüder Grimm; bei der klassischen Konzert- und Opernmusik setzte außerdem ein Trend ein, der dem heutigen "covern" von Popsongs nicht unähnlich ist, so wurden z.B. ganze Opern für wenige oder nur ein Instrument umarrangiert - mit teilweise kuriosen Ergebnissen wie z.B. Mozarts "Zauberflöte" als reines Flötensolo. Damit entstand auch ein ganz neuer Berufszweig: der "Arrangeur", der quasi aus altbekanntem Material klassischer Komponisten "frische" Versionen bastelte.
Die bedeutenden gesellschaftlichen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts hatten natürlich auch Auswirkungen auf die populäre Musik. Die Urbanisierung z.B. führte zu einer Anpassung der Dialekte innerhalb der großen Stadtgemeinschaften, die Städte übernahmen die Funktion kultureller "Schmelztiegel", in denen sich Menschen aus verschiedenen Regionen auch musikalisch austauschten. Die kleinen bäuerlichen Gemeinden verwandelten sich im urbanen in die große Berufsklasse der Industriearbeiter, die nach wie vor viel arbeiten mussten, ihre gelegentlichen Feste nun aber im großen Rahmen feierten (das Oktoberfest in München dürfte ein bekanntes Beispiel sein). Aber auch das an Einfluß und Wohlhaben immer mehr gewinnende Bürgertum fand in Salons und Varietés einen gemeinsamen Ort und Stil von Musik. Die zunehmende Geschwindigkeit, mit der Personen und Waren sich durch ganz Europa bewegen konnten, erleichterte auch die Verbreitung neuer Stile, im Bereich der Tanzmusik sei hier der Walzer als Beispiel angeführt.
Die Entwicklung in den USA
Dass die USA in der Musikgeschichte bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts praktisch kaum eine Rolle spielten, hat im wesentlichen zwei Gründe: erstens waren die gesellschaftlichen Verhältnisse anders als in Europa, vor der Gründung der USA existierten nur einzelne Kolonien europäischer Nationen, die keine eigenständige kulturelle Identität besaßen, sondern einfach das Kulturgut bzw. die Musik der Mutternationen importierten; zweitens musste erst der Prozess der Erschließung des Westens vollendet sein, damit sich eine stabile Gesellschaftsstruktur und eine eigenständige kulturelle Identität entwickeln konnte.
Die afroamerikanische Musiktradition
Besonders bedeutend für die Entwicklung der populären Musik war jedoch der Unterschied zwischen den Rassen: während die europäischstämmige Bevölkerung trotz eines amerikanischen Selbstbewusstseins in kultureller Hinsicht weitestgehend an ihren zumeist europäischen Wurzeln verhaftet blieb, waren die Afroamerikaner als Sklaven aus Afrika verschleppt und in den USA oft absichtlich von Menschen ihrer eigenen ethnischen Gruppe getrennt worden. Da die Siedlungsstruktur in Afrika dezentral war bzw. einige Stämme auch nomadisch lebten, standen die Verschleppten in den USA nicht nur vor einer Sprachbarriere (fast jeder sprach eine andere Sprache bzw. Dialekt), sondern auch vor einem kulturellen Problem, da es kein "nationales" Liedgut gab, das allen bekannt war. Zudem war ihnen die Ausübung ihrer kulturellen Traditionen, so auch der Musik, verboten. So mussten die Sklaven nicht nur die Sprache ihrer "Besitzer" lernen (das Sprechen oder Singen in der Heimatsprache stand auf den Baumwollplantagen oft unter Strafe), sondern sich auch auf gemeinsame Inhalte verständigen, die zumeist auch noch von christlichen Missionaren beeinflusst wurden. Andererseits entwickelte sich durch diese Unterdrückung und gewaltsame Abtrennung von der Heimatkultur unter den Afroamerikanern als ersten US-Amerikanern so etwas wie eine gemeinsame neue Kultur, die aus übernommenen Elementen der europäischen Kultur in Verbindung mit afrikanischen Traditionen beruhte. Diese spielte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgrund ihres Status und ihrer sozialen Situation erst einmal keine besondere Rolle.
Nach dem US-amerikanischen Bürgerkrieg, der den Sklaven zumindest formal die Freiheit der Berufswahl brachte, strömten viele der ehemaligen Sklaven von den Plantagen im Süden in die Industriezentren im Norden, um dort ihr Geld zu verdienen, ein nicht unbedeutender Teil aber ergriff auch andere "einfache" Berufe, die bei den Weißen nicht auf besonderes Interesse stießen, dazu zählte z. B. auch der Beruf des Salonmusikers, der zumeist verschiedene populäre musikalische Stile beherrschte. So mischten sich auch immer mehr Schwarze unter die zuvor rein weißen Minstrels. Einige ehemalige Plantagenarbeiter gründeten aber auch gleich nach dem Bürgerkrieg eigene kleine Bands und kauften u.a. die ausgemusterten Instrumentenbestände der recht zahlreichen Militärkapellen auf. Daraus entwickelte sich in den ersten 20 Jahren nach dem Bürgerkrieg eine fortschreitende Dominanz von Schwarzen im Berufsmusikertum, während die weißen Musiker vornehmlich Bereiche wie die "vornehmen" klassischen Orchester besetzten. Von den Zentren wie New Orleans, das sich schon aufgrund vergleichsweise größerer Freiheiten für Afroamerikaner im 19. Jahrhundert zu einem musikalischen Zentrum entwickelt hatte, und Chicago aus gewannen die schwarzen Musiker so einen bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung der populären Musik in den USA. Zu erkennen ist dies z.B. an den zunehmenden Imitationen von "schwarzen" Kompositionen durch weiße Komponisten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schließlich entwickelte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts der erste von Schwarzen geprägte Musikstil, der quasi zum nationalen "Trend" wurde: der Ragtime. Die entstehende Jazz-Musik gilt als erste eigenständige US-amerikanische Form der populären Musik.
Ragtime
Der Ragtime (zu deutsch etwa "Fetzentakt") entstand in den 1890er Jahren aus, der europäischen Kulturtradition entlehnten, auf die eigene Art interpretierten, Tänzen der Afroamerikaner wie dem Cakewalk, dem Jig oder dem Strut und war ursprünglich eher als Tanzmusik konzipiert, viele frühe Ragtimes tragen auch die Taktbezeichnung "march time", sind also auch verwandt mit dem aus Europa stammenden Marsch - nicht zuletzt deshalb entstanden bereits um 1885 herum erste Ragtimes weißer Komponisten. Als der bedeutendste Komponist des Ragtime gilt Scott Joplin, dessen erste Stücke 1895 erschienen. Ihm gelang es, aus einer Musik der Bordelle und Kneipen einen allgemein anerkannten, konzertfähigen Stil zu machen, nicht zuletzt durch seine mit dem Genie von Mozart, Chopin und Brahms verglichenen Fähigkeiten am Klavier, dem Instrument des Ragtime und überhaupt dieser Zeit. Ein besonderer Meilenstein in der Musikgeschichte gelang ihm 1899, als er seinen "Maple Leaf Rag" veröffentlichte, dessen "sheet of music" (engl. für "Notenblatt" - man nannte die populäre Musik dieser Zeit daher auch "sheet music") sich innerhalb kürzester Zeit eine Millionen mal verkaufte - ein bis dahin nie gesehener Erfolg eines kurzen Unterhaltungsmusikstückes. Der Ragtime ging schließlich ab ca. 1916 im Blues bzw. Jazz auf.
Der Beginn der Schallplattenaufnahmen und die Herausbildung der Musikindustrie
Medien und Musikverlage
In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhundert hatte sich die Technik zur Aufzeichnung und Reproduktion von Tonaufnahmen soweit entwickelt, dass sie voll kommerziell nutzbar war; abgesehen von der mangelnden Tonqualität war der 1877 entwickelte Phonograph bis dahin noch so teuer, dass sich nur reichere US-Amerikaner ein solches Gerät leisten konnten. 1902 wurden die Caruso-Arien zum ersten weltweiten Schallplatten-"Hit".
Das Geschäft mit der Musik bzw. den Notenblättern wurde von der sogenannten "Tin Pan Alley" in New York aus gesteuert, wo die meisten großen Musikverlage dieser Zeit ansässig waren. Deren Aufstieg begann mit der zunehmenden Nachfrage nach den song sheets (Notenblätter) bzw. song books (Liederbücher) ab den 1890ern, speziell durch die beliebten "Rags", den Schlagern der Ragtime-Zeit, die jedoch musikalisch nur wenig mit dem instrumentalen Ragtime zu tun hatten.
Die Tin Pan Alley trug entscheidend zur verstärkten Kommerzialisierung der populären Musik in den USA bei: hier wurde nur das herausgebracht, was mit großer Sicherheit den Massengeschmack eines möglich großen Marktes treffen würde. Wollten Komponisten eher klassische Stücke veröffentlichen, wurden sie hier meist abgewiesen und mussten den Umweg über Europa nehmen oder im Eigenverlag veröffentlichen. Neben den Faktoren der zunehmenden Verbreitung von Phonographen und der wachsenden Beliebtheit der Broadway-Musicals in den 1920ern war die Einführung des Tonfilms in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ein besonders wichtiger Wendepunkt, da nun die Film- und die Musikindustrie zu verschmelzen begannen (z.B. wurde der Musikverlag Warner Brothers als Filmstudio aktiv).
Als die "Erfolgsproduzenten" der Tin Pan Alley gelten trotz prominenter Konkurrenz wie Irving Berlin und George Gershwin die Produzenten und Komponisten Richard Rodgers und Oscar Hammerstein, die nicht nur mit dem kommerziellen Erfolg ihres Musicals "Oklahoma!", das noch heute ausverkaufte Häuser bringt und als LP zum ersten mal die Millionen-Absatzmarke übersprang (sowie als Partitur in wenigen Jahren weltweit zwei Millionen mal verkauft wurde), einen Meilenstein setzten, sondern auch als erste Künstler ein selbst beim inflationsbereinigten Vergleich mit heutigen Gagen nur als exorbitant zu bezeichnendes Einkommen von 15 bis 20 Millionen Dollar jährlich erreichten.
Blues und Country
Ab ca. 1920 ließen sich auch für die einfache Bevölkerung erschwingliche in der Tonqualität für die damalige Zeit akzeptable Schallplatten und die entsprechenden Abspielgeräte herstellen. Diese Schallplatten wurden in Drogerien und Gemischtwarenläden für einige Cent verkauft, die Abspielgeräte gab es beim Möbelhändler. Besonders interessant für die nicht an das Stromnetz angeschlossenen Landbevölkerung waren Kurbelplattenspieler, die in dieser Zeit populär wurden.
Um den neuen Mart zu erschließen, wurden auch Aufnahmen von Minderheitenmusik wie die bald so bezeichnete Race Music der Afroamerikaner und den Hillbilly der weißen südstaatlichen Landbevölkerung gemacht. Im Februar 1920 erschien die erste Blues-Schallplatte, aufgenommen von Mamie Smith. Sie verkaufte so gut, daß die Musikindustrie plötzlich ein großes Interesse an den schwarzen Blues-Sängerinnen bekam, die bisher nur in den sogenannten Vaudeville-Theatern zu hören waren (man nennt den Blues der "Roaring Twenties" daher auch Vaudeville-Blues). Wie nah auch der Blues noch an den Wurzeln aus der Zeit der Sklaverei war, zeigt der neben dem "klassischen" Blues in dieser Zeit ebenfalls sehr populäre "Country Blues", der textlich und musikalisch deutlich den "work songs" bzw. "field hollers" der Plantagenarbeiter ähnelte. Um den Bedarf an Blues-Schallplatten zu decken wurden spezielle Labels von den Plattenfirmen gegründet, die zu Anfang ausschließlich schwarze Sängerinnen unter Vertrag nahmen - die bekannteste dürfte Bessie Smith sein, bei den männlichen Interpreten hat John Lee Hooker wohl den größten Ruf.
Auch die (erst später so bezeichnete) Country-Musik, die sich aus verschiedenen volksmusikalischen Stilen der europäischen Einwanderer, besonders der irischen und englischen, entwickelt hatte, wurde ab ca. 1923 als Absatzmarkt entdeckt. Die Geschäftsleute Polk Brookmann und besonders erfolgreich Ralph Peer entdeckten das kommerzielle Potential der Musik der abgelegenen Bergregionen der Appalachen. Aufgrund seiner Popularität wurde die Musik z.T. auch gefördert, um der landesweiten Begeisterung auch vieler Weißer für Ragtime Einhalt zu gebieten. Während der Großen Depression in den 1930er Jahren wurde der Country, der auch bei den Schwarzen der Südstaaten beliebt war, als vereinigende US-amerikanische Musik von staatlicher Seite popularisiert.
Swing und Rock'n'Roll
Der Swing, der seine Blütezeit (den sog. "Swing Craze") etwa zwischen 1935 und 1945 hatte, war der erste Stil der populären Musik, der die gesamte amerikanische Gesellschaft ohne Unterschiede zwischen schwarz und weiß oder arm und reich erreichte. Dies lag nicht zuletzt an dem auf Tanzbarkeit statt auf "Aussage" ausgerichteten Charakter dieses Stils. Im gewissen Sinn ist diese Musik außerdem ein Bekenntnis der US-Amerikaner zu Größe und Aufwand, manifestiert durch die Big Bands, die aus doppelt oder dreimal so vielen Musikern bestehen wie übliche Jazz-Formationen. Bei Big Bands mit 14 oder mehr Mitgliedern war die Jazz-typische Kollektivimprovisation praktisch ausgeschlossen, an ihre Stelle traten Soli einzelner Musiker, meist von bekannten "Star-Solisten". Der Swing enthält gut hörbar Elemente des Jazz, aber auch von "weißen" Musikstilen, wobei der Anteil der schwarzen Musik am Swing oft unterschätzt wird, da viele der bekannten Big Bands auch aufgrund rassistischer Beschränkungen stark weiß besetzt waren. Der bekannteste schwarze Band-Leader dürfte Duke Ellington sein, mehr bekannte Namen finden sich bei den Weißen wie z.B. Benny Goodman, Jimmy und Tommy Dorsey, Les Brown und natürlich Glenn Miller. Nicht zuletzt bedingt durch den Zweiten Weltkrieg blieb der Swing ein fast ausschließlich US-amerikanisches Phänomen, das lediglich in Großbritannien noch als "Import" gewisse Verbreitung fand.
Der Rock'n'Roll als Musikstil ist eine Synthese aus verschiedenen, unabhängig voneinander entstandenen (regionalen) Stilen, die wichtigsten sind der Rhythm and Blues und die Country-Unterstile Western Swing und der Honky Tonk. Der R&B ist im Prinzip ein Blues-Stil, der aber auch Elemente aus speziellen Jazz- und Swing-Stilen enthält und von "Vocal Groups" mit nur geringfügiger instrumentaler Begleitung (meist nur Gitarre) geprägt wurde. Die bedeutendsten regionalen Formen waren der R&B aus Chicago, der z.B. Chuck Berry beeinflusste, und die New-Orleans-Variante, deren bekanntester Vertreter Fats Domino wurde.
Der Western Swing ist eine Spielart der von der weißen Landbevölkerung der US-Südstaaten geprägten Country-Musik mit Elementen des Swing, die Ende der 1930er bekannt wurde, besonderen Auftrieb aber erst durch den ASCAP-Streit 1944 bekam. Er beeinflusste bekannte Interpreten wie Bing Crosby oder Bill Haley.
Nicht zuletzt durch den bis dahin in seinem Ausmaß ungekannten Starkult um den "King" wurde der Rock'n'Roll zum weltweiten Trend, der auch das mittlerweile vom Zweiten Weltkrieg etwas erholte Europa bzw. Deutschland ergriff, wo man sich wieder nach Unterhaltung und ("unschuldigen") Idolen sehnte. Außerdem prägte er den Jugendkult in der Popmusik entscheidend mit, da beim Rock'n'Roll die Interpreten von den Plattenfirmen erstmals hauptsächlich nach dem Kriterium der Altersnähe zum Zielpublikum ausgesucht wurden und oft nur Amateurmusiker waren. Die Entstehung des Rock'n'Roll steht in engem Zusammenhang mit den massiven gesellschaftlichen Umbrüchen dieser Zeit und markiert gemeinsam mit den Beats auch die beginnende Entwicklung der Popkultur.
Zum Rock'n'Roll zählte als kurzlebiger Trend der "Twist" Anfang der 1960er, und schließlich folgten die unter der Begriffsabspaltung "Rock" zusammengefassten Musikstile. Rock'n'Roll und nachfolgende Stile haben seitdem vorangehende Stile wie Entertainer und Schlager in der Popularität stark zurückgedrängt und bestimmen die Popmusik-Hitparaden. Seit der Kommerzialisierung des Rock'n'Roll (und somit auch der Abschwächung seines widerständigen Potentials) in den späten 1950er Jahren wurden Trends der Popmusik in Europa, aber auch der restlichen Welt nicht nur aus ästhetischen, sondern auch ökonomischen Gründen von den USA aus geprägt.
Die Funktionen der modernen Popmusik und die Zukunft
In den letzten 50 Jahren entwickelten sich unzählige neuen Stile und Unterstile der Popmusik. Die Funktion der Stile besteht vor allem im Unterhaltungsaspekt. Trotzdem gelang es aber auch Musikern wie Bob Dylan eine populäre Synthese aus Musik und politischen Inhalten zu schaffen bzw. wie zum Beispiel John Lennon in seinem Song "Imagine" eine philosophische Idee zu verbreiten.
Beispiele für die Kommerzialisierung neuer Trends
Popmusik war und ist auch stets ein Ausdrucksmittel einer Generation oder eines Milieus und dient zur Vermittlung eines gemeinschaftlichen Lebensgefühls und einer gemeinsamen Ästhetik, die sich z.B. in der Form der Musik und in der Kleidung ausdrückt.
Als Beispiel für einen Milieu-Stil sei hier der Rap genannt, der ursprünglich nur die Musik der schwarzen Jugendlichen in den US-amerikanischen Großstadt-Ghettos war und dessen Wurzeln bis zum Rhythm&Blues zurückreichen. Erst in den letzten 20 Jahren wurde der Rap von den stets nach neuen Trends suchenden Medienkonzernen zum global populären Musikstil "hochpromotet", wobei diese Entwicklung nicht nur auf die Musik beschränkt blieb, denn auch der Kleidungsstil der Hip Hop-Bewegung wurde in den 1990ern zum allgemeinen Modetrend und ist heute fast schon fester Bestandteil unseres Modebewusstseins. Als Beispiele für Generationen erfassende Stile seien hier die Flower Power-Bewegung und die Disco-Musik der 1970er genannt. Allerdings unterstützen die Musikproduzenten mittlerweile nicht nur Massenbewegungen, sondern auch zwar global verbreitete, aber im Gegensatz zur Musik einer Britney Spears oder Madonna nur von einer kleineren Zielgruppe in kulturellen Nischen nachgefragte Musikstile wie z.B. den Gothic Rock. Dies resultiert aus dem enorm harten Wettbewerb unter den Produzenten, der diese geradezu dazu zwingt, jeden irgendwie Absatz versprechenden Trend auszunutzen oder gar selbst neue, "unverbrauchte" Trends zu schaffen.
Im Gegensatz dazu ist bei einer anderen Funktion, die die populäre Musik seit je her abdeckt, der individuelle Zuschnitt überhaupt nicht gefragt, sondern hauptsächlich der Rhythmus und die Genussbefriedigung der breiten Masse, Mainstream. Ziel ist hier kein differenzierter ästhetischer Anspruch, sondern die Anregung und Begleitung zum Tanzen. Die bekanntesten Nachfolger des Swing als Tanzmusik dürften neben dem Twist der frühen 1960er vor allem die Disco-Musik, die seit Mitte der 1970er zum großen Teil ihren Underground-Charakter verloren hatte, und Teile des heute populäre Techno.
Anfang der 1980er Jahre erlebt die deutschsprachige Popmusik im Zuge der Neuen Deutschen Welle einen großen Aufschwung in Deutschland. In Österreich existierte der Austropop, der sich großer Beliebtheit erfreute.
Film und populäre Musik
Im Zusammenhang mit der Disco-Musik wird außerdem der Aspekt der Wechselbeziehung zwischen Film und Musik noch einmal interessant, da in der Rock'n'Roll-Ära die Musikfilme noch eher die Folge des bereits populären Stils waren, während die Disco-Musik ihren weltweiten Siegeszug infolge des Films "Saturday Night Fever" 1978 antrat. Nicht zuletzt durch diesen Film und seine Nachfolger wurde der Trend verstärkt, zur Musik auch Bilder zu liefern (Musik und dazugehörige Bilder gab es bereits seit den Nickelodeons). Das bedeutendste Datum in diesem Zusammenhang ist der 1. August 1981, als in den USA der erste Spartenfernsehkanal nur für Musikvideos auf Sendung ging: MTV. Ab sofort wurde kaum ein Popmusiker zum Star, zu dessen Songs es nicht ein Video gab. Entsprechend bedingen sich der größte Popstar und der größte Videokünstler der Achtziger gegenseitig - jeweils Michael Jackson. Dabei sind die Videos keineswegs notwendige Bestandteile der Popmusik - sie kommt auch ohne sie aus - sondern vielmehr so etwas wie Werbespots, die mit möglichst intensiven, ungewöhnlichen oder spektakulären Bildern auf den Künstler und sein Produkt aufmerksam machen sollen.
Ausblick
Auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, die Popmusik stagniere langsam aber sicher in ihrer Entwicklung, so bahnen sich doch im Zusammenhang mit dem Fortschritt der Kommunikations- und Computertechnologie bedeutende Veränderungen für die Zukunft an. So wie die Entwicklung der elektronischen Verstärkung bzw. Nachbearbeitung, des Synthesizers, der digitalen Aufnahme usw. den Klang der Musik veränderte, so werden sicherlich auch die neuen Verbreitungsmöglichkeiten durch das Internet die gegenwärtige Form der Musikproduktion entscheidend verändern. Die nun schon seit fast hundert Jahren bekannten Singles bzw. später Alben könnten bald Geschichte sein, da niemand mehr Geld für einen Datenträger ausgibt, auf dem nur die Musik einzelner Interpreten gespeichert ist und von der einen nur einzelne Stücke interessieren, wenn man dieses Stück einfach kostenlos über Musiktauschbörsen wie Peer-to-Peer-Netzwerke oder gegen Entgelt bei kommerziellen Anbietern aus dem Internet herunterladen kann.
Begriffe aus der Popmusik
Brit-Pop, Europop, Coverband, Cover-Version, Austropop, Italopop, Synthie Pop, Elektropop, Future Pop, Eurotrash, Popstar, Hit
Aus folgenden Musikgenres gibt es Lieder, die der Popmusik zuzurechnen sind:
- angewandte Musik: Marschmusik, Tanzmusik
- Unterhaltungsmusik: Barmusik Blasmusik, Beat, Blues, Country, elektronische Musik, Folk, Soul, Jazz, Drum'n'Bass, Hip Hop (Musik), „populäre Klassik”, Reggae, Rock, Salonmusik
- unterhaltendes Musiktheater: Operette, Musical
- Genremischformen: Revue, Vaudeville, Varieté, Kabarett
- selbständig gewordene Liedformen: Couplet, Chanson, Schlager
- volkstümliche Lieder der 19. Jahrhunderts: Gassenhauer, Bänkellieder, Moritaten
- politische Lieder: Topical Songs, Protestsongs
- Filmmusik
- Jazz
Musik, die sich aus rein kommerziellen Gesichtspunkten heraus aus den Genres der populären Musik synkretistisch bedient (vor allem Blasmusik, populäre Klassik und Musical) und dies mit Volkstümlicher Schlagern anreichert, nennt man Volkstümliche Musik.