Sansibar-Archipel


Sansibar [arab.: al-Zandjibar) ist eine Inselgruppe vor der Ostküste Afrikas. Sie besteht aus der Hauptinsel Sansibar (Suaheli: Unguja, sprich: Unguudscha) mit einer Größe von 1.658 km² und Pemba mit einer Größe von 984 km² im Norden. Sansibar ist ein autonomer Teil des Unionsstaates Tansania (Der Landesname "Tansania" setzt sich aus den zwei föderalen Teilen: "Tanganjika" - das kontinentale Festland - und "Sansibar" zusammen). Hauptstadt und ökonomisches Zentrum ist Zanzibar City mit der weltberühmten Altstadt Stone Town auf Sansibar. Die Inselhauptstadt von Pemba ist Chake Chake.
] (auch Zanzibar;Bevölkerung
Die Sansibari, so nennt man die Inselbevölkerung, zählten im Jahre 2000 fast eine Million Menschen. Sie sind ein buntes Völkergemisch aus Afrikanern, Indern, Persern und Arabern. Die mit 98% überwiegende Religion ist der Islam. Die Nationalsprache ist Kisuaheli. Auf Sansibar lebt außerdem eine kleine Gruppe von etwa 10.000 Kharidjiten. Für die Integrität des Staates Tansania und das junge demokratische Mehrparteiensystem ist die Lage auf Sansibar problematisch, da islamisch-arabische Kräfte den Ausbau der Autonomie und letztlich die Unabhängigkeit als einen islamischen Staat anstreben.
Geschichte
Die frühesten Besucher der Insel waren bereits im 8. Jahrhundert arabische Händler. Sie nannten die Küste der Inseln bar des zandj (arab. Küste des Schwarzen Mannes). Mit ihnen kam die heute noch vorherrschende Religion, der Islam. Als Folge der Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Händlern und Küstenbewohnern entwickelte sich eine neue Sprache: Suaheli (sahil = arab: Küste), eine Mischung aus dem Arabischen und der Sprache der einheimischen Stämme, wobei die Struktur der Sprache afrikanisch blieb, allerdings viele Lehnwörter aus dem Arabischen und heute auch zunehmend aus dem Englischen übernimmt.
Schon im 10. Jahrhundert hatten Araber Niederlassungen in der Region gegründet, die sich zu blühenden Republiken entwickelten. Als Vasco da Gama am 28. Januar 1499 dieselben besuchte, fand er gut gebaute und reiche Städte, die lebhaften Handel mit Indien trieben.
1503 landeten Portugiesen auf Sansibar und bilden dort eine Handelsstation. Die Muslime erkannten auf der Insel Sansibar die portugiesische Oberherrschaft an und nun wurden bald die Küstenstädte erobert und ihr Handel vernichtet.
Zu Ende des 17. Jahrhunderts verloren die Portugiesen alle ihre Besitzungen nördlich von Mosambik an den Imam von Maskat, unter dessen Herrschaft das Land, in zahlreiche kleine Staaten und Gemeinwesen zerfallend, danach verblieb. Im 17. - 19. Jahrhundert bildete Sansibar unter der Herrschaft des Sultans von Oman ein Zentrum für den östlichen Sklavenhandel.

Ab 1698 bauten die Omanis die ersten steinernen Gebäude und das Fort, dessen Erweiterungen 80 Jahre später die heute noch sichtbare Form hinterließ.
Ab dem 18. Jahrhundert übten die Araber auf der strategisch wichtigen Insel ihren zunehmenden Einfluss aus. Das Hauptgeschäft bestand im Sklavenhandel, der als Transitgeschäft über die Inseln lief. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden 6.000 bis 10.000 Sklaven jährlich "umgesetzt". Man schätzte den Anteil der Sklaven an der Gesamtbevölkerung auf 75 %.
Zu Anfang des 19. Jahrhunderts standen in der Stadt Sansibar nur einige Hütten und eine Burg, 1842 erst fünf Magazine. 1832 entschied der Sultan Sayyid Sa‘îd, den omanischen Hof nach Sansibar zu verlegen. Mit dem Regenten zogen viele einflussreiche und wohlhabende Familien in die neue Hauptstadt und erhöhten die arabische Einwohnerzahl sprunghaft auf 5.000. Schon Mitte der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts zählte die Bevölkerung der Stadt 17.000 Menschen. In dieser Zeit erreichten europäische und amerikanische Händler Sansibar. Als erstes "westliches" Gebäude entstand 1837 das amerikanische Konsulat. 1841 folgte das Britische, 1844 das Französische. Damit wurde das Sultanat auch international anerkannt. Mit dem von den Deutschen gebauten Beit al-Ajaib (heute das House of Wonders) und dem Leuchtturm direkt neben dem Sultanspalast bekam die Stadt ihr erstes Elektrizitätswerk. Um 1888 zählte die Stadt über 3.000 Häuser und 80.000 Einwohner. 1829 legte der Sultan die erste Gewürznelkenplantage auf Sansibar an.
Nach dem Tode Sayyid Sa‘îds (Said-Dynastie) 1856 wurde das Reich geteilt. Sein Sohn Sayyid Mâdjid wurde Sultan von Sansibar. Nach dessen Tod am 7. Oktober 1870 wurde ein jüngerer Bruder des Sultans, Barghash ibn Sa‘îd, Souverän des Gebiets, und als dieser 1888 starb, folgte ihm sein zweiter Bruder, Sayyid Khalîfa ibn Sa‘îd.
Die duftende Nelkeninsel Sansibar wurde nicht, wie allgemein dargestellt, 1890 von Großbritannien gegen die Insel Helgoland eingetauscht (Sansibar-Vertrag); tatsächlich war Sansibar nie deutsche Kolonie, sondern wurde als bis dahin freies Sultanat dem englischen Kolonialreich als Protektorat einverleibt. Jahrhundertelang war die flache Insel Sansibar (neben Madagaskar die größte Insel vor Ostafrika) eine der wichtigsten Handelsmetropolen im Indischen Ozean, Gewürze (Nelken) und Sklavenhandel machten die Insel reich, berühmt, berüchtigt und begehrenswert.
Die Briten, die schon vor der Afrika-Konferenz auf der Insel Fuß fassten, beendeten 1873 endgültig den Sklavenhandel. Bis um 1870 hatte sich der Herrschaftsbereich des Sultanats Sansibar im Inland bis jenseits des Tanganjika-Sees ausgebreitet. Daraus entstand ein Interessenkonflikt mit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, die ab 1884 begann, Herrschaftsrechte auf dem Kontinent zu erwerben. Am 1. November 1886 legte eine deutsch-britische Kommission die Grenzen der sansibarischen Festlandsbesitzungen fest. Sie sollten demnach einen Küstenstreifen von 10 Seemeilen Breite von Kap Delgado (heute Mosambik) bis Kipini (heute Kenia) mit allen vorgelagerten Inseln und die Städte Kismaayo, Baraawe, Merka, Mogadischu und Warshiikh im heutigen Somalia umfassen. 1887/89 wurde die Küste des späteren Kenia an die Imperial East African Company verpachtet und bis zur Unabhängigkeit von den Briten verwaltet. Der südliche Küstenabschnitt wurde 1888 an die Deutschen verpachtet und am 28. Oktober 1890 an sie verkauft. Die nördlichen Städte wurden 1892 an Italien verpachtet, 1906 verkauft (Mogadischu erst 1924). Das britische Protektorat Sansibar (ab 1890) umfasste damit nur noch die Inseln Sansibar und Pemba.
1896 kam es zum kürzesten Krieg der Weltgeschichte, dem nur 38 Minuten dauernden Englisch-Sansibarischen Krieg. Der Krieg begann um 9:00 Uhr morgens, nachdem der Sultan von Sansibar gestorben war, reklamierte sein zweiter Sohn den Thron für sich (moralisch unterstützt von den Deutschen). Der britische Admiral Sir Harry Rowson ließ daraufhin nach einem Ultimatum den Palast des selbsternannten Sultans bombardieren. So lange, bis dieser die Flucht ergriff.
Am 10. Dezember 1963 erlangten Sansibar (444.000 Einwohner) und Pemba (314.000 Einwohner) die Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft. Der Sultan wurde jedoch schon nach wenigen Monaten 1964 gestürzt, es kam zu einem Massaker seitens der schwarzen Bevölkerungsmehrheit an der bis dahin regierenden arabischen Oberschicht. Nach kurzer Übergangszeit als "Volksrepublik" vereinigte sich Sansibar noch 1964 mit dem Festlandsstaat Tanganjika zu einem neuen Staat Tansania, dem es bis heute als Bundesstaat angehört.
Immer wieder kommen in Sansibar jedoch Autonomie- oder Sezessionsbestrebungen auf.
Die Sultane von Sansibar:
- Sayyid Sa‘îd ibn Sultân (1804–1856).
- Mâdjid ibn Sa‘id (1856–1870).
- Barghash ibn Sa‘îd (1870–1888).
- Khalîfa ibn Sa‘îd (1888–1890).
- ‘Alî ibn Sa‘îd (1890–1893).
- Hâmid ibn Thuwainî ibn Sa‘îd (1893–1896).
- Hammûd ibn Muhammad ibn Sa‘îd (1896–1902).
- ‘Alî ibn Hammûd (1902–1911).
- Khalîfa ibn Harûb ibn Thuwainî (1911–1960).
- ‘Abdallâh ibn Khalîfa (1960–1964) (Revolution).
Anm.: Thuwainî, der älteste Sohn Sayyid Sa'îds, erbte 1856 Oman mit der Hauptstadt Masqat (Said-Dynastie).
Nach der Revolution von 1964 wurde Sheikh Abeid Amani Karume zum Präsidenten des Bundesstaats gewählt. Er wurde am 7. April 1972 durch ein Attentat getötet. Aboud Jumbe Mwinyi wurde sein Nachfolger. Seit 2000 ist Karumes Sohn Amani Abeid Karume Präsident von Sansibar.
Flaggen
Historische Nationalflaggen des unabhängigen Sansibar 1963/1964

Nationalflagge der „Volksrepublik Pemba“ 1964
Wirtschaft
Sansibars Wirtschaft basiert auf Gewürzen (einschließlich Gewürznelken, Muskatnuss, Zimt und Pfeffer), Kokospalmen und dem Tourismus. Im 19. Jahrhundert war Sansibar einst weltgrößter Produzent von Gewürznelken. Darüber hinaus gibt es traditionellen Schiffbau.
Küsten- und Bodengestaltung
Die Westküste Sanisbars ist durch zahlreiche - teilweise atollartige - Buchten reich gegliedert, hat nur ein schmales Strandriff und große Wassertiefen nahe dem Ufer. Sansibar wird umsäumt von einem Wallriff, das in der Nähe der vorgelagerten Inseln (die größte ist Tumbatu) sich über den Meeresspiegel erhebt. Fast überall ist das Ufer der Westküste leicht zugänglich.
Die Ostküste ist dagegen fast ungegliedert und wird von einem mächtigen Strandriff mit hoher Brandung begleitet und fällt häufig steil ins Meer ab.
Das Innere der Insel zerfällt kulturgeographisch und physisch in zwei Hälften. Die Westhälfte trägt meridionale Hügelketten, so den Masinginiberg (135 m) und zeigt stellenweise sumpfige Niederungen. Zahlreiche fließende Gewässer zeigen sich hier, so der Zingwe-Zingwe und der Mwera. Der außerordentlich fruchtbare Boden besteht aus tiefgründigen Alluvialmassen aus verwittertem Korallenkalk.
Die Osthäflte ist dagegen unfruchtbar, flach und wasserarm, hat eher Karstcharakter mit Dolinen, Höhlen und unterirdischen Flüssen.
Klima
Das Klima von Sansibar steht zu Unrecht in schlechtem Ruf. Es ist insular, im Dezember und Januar wird es am heißesten, die jährlichen Durchschnittstemperaturen liegen bei 26,5 °C. Das Kulturgebiet ist tropisch.
Flora und Fauna
Sansibar ist die einzige Heimat des Sansibar-Stummelaffen (Piliocolobs kirkii). Die Inselstrände von Prison Island werden von Meeresschildkröten für ihr Brutgeschäft aufgesucht.
Sehenswürdigkeiten

Historische Touristenziele
Die Inseln bestehen zum größten Teil aus Korallen, die meisten Steinhäuser sind ebenfalls aus Korallengestein. Viele Häuser wurden bereits restauriert.
Alte arabische Holzschiffe verkehren auch heute noch auf den alten Handelsrouten. Sie haben weder Motor noch andere Metallteile und können ohne moderne Werkzeuge gebaut werden. Sie halten etwa 10 bis 20 Jahre, bis sie zerfallen.
Vor dem Hafen der Hauptstadt liegt im Norden die kleine Insel Prison Island mit dem bereits verfallenen britischen Kolonialgefängnis. In Stone Town befinden sich die ehemaligen Sklavengefängnisse. Das House of Wonders, direkt am Hafen gelegen, war auf der Insel das erste Gebäude mit elektrischem Licht.
Moderne Touristenziele
In den letzten Jahren hat sich Sansibar zu einem wahren Touristenjuwel für Aussteiger und Abenteurer entwickelt. In diesen Kreisen bekannt ist die „Cholo-Bar“ an der Westküste der Insel, gegründet von dem Abenteurer und ehemaligen arabischen Piraten Cholo. Bekannt sind auch die „Mondscheinfeste“, an welchen extra engagierte Motorboote bei Vollmond an Strand gehen und die Feierwütigen an geheime Orte bringen, an welchen (meist) die gesamte Nacht durch getanzt und getrunken wird.
Auf der gesamten Insel hat sich durch großzügige Investitionen ein hervorragendes Netz an Hotelanlagen und Reiseunterkünften entwickelt. An der Ostküste eher etwas für das gediegenere Publikum mit dem größeren Geldbeutel. An der West- und Südküste sind vorwiegend Ressorts für Studenten, Abenteurer und Aussteiger.
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Blick über die Dächer von Stone Town
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Das House of Wonders in Stone Town (ehem. Sultanspalast)
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Das alte Fort in Stone Town
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Beliebter Strandabschnitt, wenige Kilometer nördl. v. Stone Town
Exportierte Kunst
Am Eingang des berühmten Weingutes Cos d´Estournel in St. Estephe bei Bordeaux befindet sich eine gewaltige, über und über kunstvoll geschnitzte, dunkle Doppelflügel-Tür aus dem Sultanspalast von Sansibar.
Der Kaufmann Louis-Gaspard Estournel handelte im 19. Jahrhundert mit Araberpferden und bezahlte sie vor Ort in arabischen Ländern des öfteren mit Fässern Wein aus Bordeaux. Diese gewaltige Tür brachte er von einer seiner Reisen in die arabischen Länder aus Sansibar mit und ließ sie als Eingang in dem großen neuen Fasskeller-Gebäude seines Weingutes stirnseitig an prominenter Stelle einbauen, wo sie seit über 170 Jahren eine Touristen-Attraktion darstellt.
Nationale und internationale Hilfsorganisationen und Vereine
Die einzige Hilfsorganisationen welche auf Sansibar tätig ist, heißt „Jambo Zanzibar e.V.“ Dieser gemeinnützige Hilfsverein wurde am 6. Juni 2005 von der Lehrerin Jutta Nedorn in Deutschland (Köln) gegründet und ist trotz knapper Kassen schon recht erfolgreich auf Sansibar aktiv.
Dieser Verein hat sich unter anderem folgende Ziele gesetzt:
- Eigenverantwortung und Eigenaktivität fördern
- Projekte zur Vorbeugung gegen Malaria und HIV
- Beschaffung von Medikamenten
- Workshops für Lehrer und Erzieher zur praktischen Unterrichts- und Lerngestaltung
- Materialbeschaffung für die Schulen und Kindergärten
- Eltern und Familien in den Erziehungsprozess und Schulalltag mit einbeziehen
- Bau und Ausbesserung von Schulen
- Bau und Ausbesserung von Kindergärten
- Motorische Förderung und Freizeitgestaltung
- Wahrnehmungsförderung im Kleinkindalter
- Kommunikations- und Handlungskompetenzen fördern
Kulturelle Besonderheiten und Triviales
- Freddie Mercury wurde auf Sansibar geboren.
- Am 13. April 2004 erließ die Regierung von Sansibar ein Gesetz, mit dem homosexuelle Akte künftig mit Gefängnis bestraft werden. Männer können dafür bis zu 25 Jahre ins Gefängnis kommen, Frauen sieben Jahre. Als Begründung wird angegeben, man wolle die Bevölkerung vor der „zunehmenden Akzeptanz eines besorgniserregenden Verhaltens“ schützen.
- Im Januar 2005 wurde der deutsche Komiker Oliver Pocher zum Teamchef des sansibarischen Fußball-Nationalteams gewählt. Dies hat der Mannschaft jedoch nicht zum erhofften FIFA-Beitritt geholfen, da Sansibar kein international anerkannter, unabhängiger Staat ist. Die „Malindi Red Socks“ (die Spieler tragen wirklich rote Socken) sind seit Januar 2004 eigenständiges Mitglied der Afrikanischen Fußballkonföderation (CAF).
Literatur
- Ulla Ackermann: Tansania und Sansibar. Köln 2000. ISBN 3-7701-5303-0
- Andreas Birken: Das Sultanat Zanzibar im 19. Jahrhundert. Tübingen 1971.
- Reinhard Dippelreither: Tansania. Sansibar. Stuckum 2000. ISBN 3-89392-269-5
- John Gray: History of Zanzibar from the middle ages to 1856. London 1962.
- Sabine Heilig und Christina Gottschall: Sansibar. Das komplette Reisehandbuch. Singen 2000. ISBN 3-86112-114-X
Weblinks
- http://www.traditionsverband.de/helgo.html Der „Helgoland-Sansibar“-Vertrag
- http://www.zanzibar-hilfe.de Jambo Zanzibar e.V. – der einzige tätige Hilfsverein auf Sansibar