Wiener Zentralfriedhof
Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und ist mit einer Fläche von fast 2,5 Millionen Quadratmetern nach dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg die zweitgrößte Friedhofsanlage Europas, an der Zahl der Bestatteten mit Abstand der Größte.

Er zählt dank seiner vielen Ehrengräber und seiner großzügigen Anlage zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der Stadt Wien.
Er liegt - im Widerspruch zu seinem Namen - am südöstlichen Stadtrand im Bezirk Simmering, der zum Zeitpunkt des Baus noch gar nicht zum Stadtgebiet gehörte, erfüllt aber nach wie vor als größte Begräbnisstätte der Wiener eine zentrale Funktion, nicht zuletzt, da die Kosten für Bestattungen auf dem Zentralfriedhof erheblich geringer als für Bestattungen auf den Friedhöfen in anderen Bezirken sind. Gegenwärtig beherbergt der Friedhof etwa 330.000 Grabstellen mit drei Millionen Verstorbenen ( Friedhof Ohlsdorf: 1,4 Millionen).

Der Friedhof ist ein Produkt der so genannten Gründerzeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und wurde infolge der damals rasch anwachsenden Stadtbevölkerung vom Wiener Gemeinderat auf Kommunalkosten in einem groß angelegten Projekt am Stadtrand von Wien verwirklicht. Neu und anfangs sehr umstritten war u.a. die Tatsache, dass der Friedhof allen Konfessionen offen stehen sollte. Die Errichtung erfolgte durch das Frankfurter Architektenteam Karl Jonas Mylius und Alfred Friedrich Bluntschli, die als Sieger aus dem von der Gemeinde ausgeschriebenen Wettbewerb hervorgingen. Eröffnet wurde der Zentralfriedhof im Jahr 1874. Das Zentrum des Geländes bildet die Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus, besser bekannt als Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche (mit dem Sarkophag des Wiener Bürgermeisters Karl Lueger im Gruftraum). Dieser Zentralkuppelbau im Jugendstil wurde 1908-1910 von Max Hegele, einem Schüler Otto Wagners, erbaut. Von Hegele stammt auch das Hauptportal des Friedhofs.
Um den Friedhof für die Bevölkerung attraktiv zu machen, wurden in vielen Teilen Ehrengräber angelegt, die berühmten Persönlichkeiten gewidmet waren. Zu diesem Zweck wurden bereits vor Anlegung des Zentralfriedhofes verstorbene Berühmtheiten wie Ludwig van Beethoven und Franz Schubert hierher überführt und in Ehrengräbern bestattet oder erhielten wie Wolfgang Amadeus Mozart ihnen gewidmete Grabdenkmäler. Zurzeit gibt es 338 Ehrengräber und 571 ehrenhalber gewidmete Gräber. Die Straße zwischen dem Haupteingang (Tor 2) und der Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche, vor der sich unmittelbar die Gruft der österreichischen Bundespräsidenten befindet, ist Schauplatz der Trauerzüge bei Staatsbegräbnissen.
Der Zentralfriedhof wurde im Laufe seiner Geschichte mehrmals erweitert. Neben einer katholischen und einer evangelischen Sektion gibt es eine israelitische (deutsch-jüdische) Abteilung, wo u. a. Arthur Schnitzler und Friedrich Torberg beerdigt sind. Zusammen mit der "neuen israelitischen Abteilung" nehmen jüdische Grabstätten ein Drittel des gesamten Friedhofareals ein. Weitere Sektionen sind der russisch-orthodoxen Kirche und dem Widerstand zur Zeit des Nationalsozialismus gewidmet. Seit 2005 gibt es auch eine buddhistische Sektion, in deren Zentrum ein Stupa steht, der am Vesakhtag 2549 (23. Mai 2005) von buddhistischen Mönchen der Drei Fahrzeuge feierlich befüllt und eingeweiht wurde.
Österreichweite Bekanntheit erlangte der Wiener Zentralfriedhof durch ein Austropop-Lied von Wolfgang Ambros (Es lebe der Zentralfriedhof, 1975). Skurril ist auch eine eigene Buslinie, die das Friedhofsgelände erschließt (am Plan rechts als rote Linie eingezeichnet). Die Parkanlage 'Park der Ruhe und Kraft' lädt zum Entspannen ein.
Bemerkenswert ist auch die Simmeringer Hauptstraße, die zum Zentralfriedhof führt. Je mehr man sich dem Friedhof nähert, umso dichter werden die Blumengeschäfte, Steinmetzbetriebe und andere Betriebe, die mit dem laufenden Friedhofsbetrieb in Verbindung stehen.
In einem Atemzug mit dem Zentralfriedhof wird auch die traditionelle Straßenbahnlinie 71 (der 71er) genannt, die vom Schwarzenbergplatz direkt zum Friedhof fährt. Der 71er stellt so auch in zahlreichen Anekdoten oder Liedern den letzten Weg jeden Wieners dar.
1918 wurde erstmals damit begonnen, auf der 71er-Linie mit der Straßenbahn gesonderte Leichentransporte zum Zentralfriedhof durchzuführen, weil es an Pferden mangelte und gerade eine Grippe-Epidemie herrschte, die ein schnelles Abtransportieren erforderte [1]. Dieses Vorgehen entsprach zwar nicht den damaligen Anschauungen der Wiener Bevölkerung und wurde in der Zwischenkriegszeit darum auch eingestellt, musste jedoch im zweiten Weltkrieg wegen erneuten Engpässen fortgesetzt werden. 1942 verfügte die Wiener Straßenbahn deswegen bereits über drei eigene Leichentransportwagen. Nach Ende des Krieges wurde allerdings aus politischen Gründen endgültig von dieser Art des Totentransports Abstand genommen. [2]
Ehrengräber (Auswahl)
- Ludwig van Beethoven (1770-1827), Komponist
- Ludwig Boltzmann (1844-1906), Mathematiker und Physiker
- Willi Boskovsky (1909-1991), Geiger
- Johannes Brahms (1833-1897), Komponist
- Felix Braun (1885-1973), Schriftsteller
- Falco (Johann Hölzel) (1957-1998), Popmusiker
- Anton Dominik Fernkorn (1813-1878), Bildhauer
- Alexander Girardi (1850-1918), Schauspieler
- Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Komponist
- Karl Goldmark (1830-1915), Komponist
- Ludwig Gottsleben (1836-1911), Schriftsteller und Schauspieler
- Theophil Edvard Freiherr von Hansen (1813-1891), Architekt
- Johann von Herbeck (1831-1877), Komponist
- Curd Jürgens (1912-1982), Schauspieler
- Bruno Kreisky (1911-1990), Politiker
- Josef Kriehuber (1800-1876), Maler und Lithograph
- Joseph Lanner (1801-1843), Komponist
- Lotte Lehmann (1888-1976), Opernsängerin
- Theo Lingen (1903-1978), Schauspieler
- Siegfried Marcus (1831-1898), Automobilpionier
- Hans Moser (1880-1964), Schauspieler
- Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Komponist
- Karl Eugen Neumann (1865-1915), Wegbereiter des Buddhismus in Österreich
- Helen Odilon (1865-1939), Schauspielerin
- Georg Wilhelm Pabst (1885-1967), Regisseur
- Julius Payer, (1841-1915), Forscher
- Helmut Qualtinger (1928-1986), Schauspieler, Kabarettist und Autor
- Karl Renner (1870-1950), Politiker
- Leonie Rysanek (1926-1998), Opernsängerin
- Antonio Salieri (1750-1825), Komponist
- Arthur Schnitzler (1862-1931), Schriftsteller und Arzt
- Arnold Schönberg (1874-1951), Komponist
- Franz Schubert (1797-1828), Komponist
- Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000), Architektin
- Alma Seidler (1899-1977), Schauspielerin
- Matthias Sindelar (1903-1939), Fussballer
- Robert Stolz (1880-1975), Komponist
- Eduard Strauß (1835-1916), Komponist
- Johann Strauß (Vater) (1804-1849), Komponist
- Johann Strauß (Sohn) (1825-1899), Komponist
- Josef Strauß (1827-1870), Komponist
- Franz von Suppé (1819-1895), Komponist
- Friedrich Torberg (1908-1979), Schriftsteller
- Franz Werfel (1890-1945), Dichter
- Anton Wildgans (1881-1932), Dichter
- Hugo Wolf (1860-1903), Komponist
- Fritz Wotruba (1907-1975), Bildhauer
Weblinks
- Zentralfriedhof Website der Stadt Wien
- Zentralfriedhof - Informationen des Wiener Tourismusverbandes
- Park der Ruhe und Kraft
- Belle Epoque und Jugendstil: Zentralfriedhof und Lueger-Gedächtniskirche
- Der Zentralfriedhof
- Karl Borromäus Kirche (Karl Lueger Kirche) Fotos
- Ein Bericht aus 2005 mit vielen Fotos, vor allem von den Ehrengräbern
- Bestattungskalender der Bestattung Wien