Bilanz
Die Bilanz (lat. bilanx, etwa 'Doppel-Waage') stellt eine Aufstellung von Herkunft und Verwendung des Kapitals eines Wirtschaftssubjektes - im weiteren Artikel zumeist an Hand eines Unternehmens erläutert - dar.
Gemeinsam mit der Gewinn- und Verlustrechnung stellt die Bilanz den wirtschaftlichen Erfolg eines Akteurs der Ökonomie dar und bildet einen wesentlichen Bestandteil des Rechnungswesens.
Bilanzarten
Eine Bilanz wird grundsätzlich auf einen definierten 'Zeitpunkt' erstellt (vgl. die Gewinn- und Erfolgsrechnung wird für einen definierten 'Zeitraum' erstellt). Der Zeitpunkt für die Erstellung der Bilanz heißt Bilanz-Stichtag. Die Bilanz hat alle zu diesem Zeitpunkt bekannten relevanten Daten zu berücksichtigen.
Bilanzen werden in der Regel zumindest zum Ende jedes Geschäftsjahres erstellt, beispielsweise auf den 31.12. eines Jahres.
Öffentlich notierte, d.h. an der Börse gehandelte Unternehmen, werden vermehrt auch zur Veröffentlichung von Zwischenbilanzen auf Endes jedes Quartals bewegt.
Neben der ordentlichen Bilanz gibt es auch ausserordentliche Bilanzen, die zu verschiedenen Zeitpunkten gesetzlich vorgeschrieben sind oder als Entscheidungsgrundlage sinnvoll sind: Hierzu zählen insbesondere die Gründungsbilanz und die Liquidationsbilanz sowie beispielsweise eine Fusionsbilanz.
Des weiteren unterscheidet die Betriebswirtschaftslehre üblicherweise die Handelsbilanz und die Steuerbilanz. Aus den Begriffen geht bereits hervor, dass es Unterschiede zwischen der Beurteilung des Firmenvermögens geben kann. Die Handelsbilanz soll dabei die tatsächlichen, für die Interessensgruppen relevanten Verhältnisse des Unternehmens darstellen. Auf Basis des Steuerrechts muss jedoch ebenfalls eine für die Besteuerung des Unternehmens geeignete Bilanz erstellt werden.
Aufbau der Bilanz
Die Bilanz wird in zwei Bereiche aufgeteilt dargestellt:
- Die Seite der Aktiva zeigt die Mittelverwendung
- Die Seite der Passiva führt die Herkunft der Mittel auf
Die Aktiva stellen dar, welche Ansprüche das Unternehmen mit den wirtschaftlichen Mitteln erworben hat. Diese Ansprüche können Geldmittel (z.B. Kasse, Bankkonten), Produktionsmittel (z.B. Immobilien, Maschinen), Rohstoffe, Vorprodukte und ähnliche materielle Güter sein. Daneben sind eine Reihe von immateriellen Gütern aufzuführen - diese sind nicht immer direkt finanziell messbar (siehe unten, 'Aktuelle Problemstellungen bei der Bilanzierung'), es gibt jedoch oftmals gute Anhaltspunkte für eine Schätzung.
Die Passiva zeigen auf, woher die Mittel stammen, mit denen das Unternehmen wirtschaftet. Dabei wird insbesondere zwischen Fremdkapital und Eigenkapital unterschieden. Das Eigenkapital umfasst die Mittel, über die das Unternehmen unbeschränkt verfügen kann, d.h. insbesondere das eingebrachte Stammkapital sowie aus dem Unternehmen selbst erwirtschaftete Reserven und nicht ausgeschüttete Gewinne der Vorjahre. Das Fremdkapital umfasst Mittel, die von Dritten zeitlich befristet zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise Hypotheken, Anleihen, Darleihen.
Grundsätze der Bilanzierung
Hauptgrundsatz bei der Erstellung einer Bilanz ist die ordnungsgemässe Buchhaltung (Details siehe Buchhaltung). Unter diesem Grundsatz soll die Bilanz ein gerechtes und möglichst zutreffendes Bild des Unternehmens zum Stichtag zeichnen. Daher müssen in der Bilanz alle Fakten einbezogen werden, die zum Zeitpunkt der Bilanz bekannt und für den Zeitraum zwischen zwei Bilanz-Stichtagen relevant sind.
Entsprechend genügt es nicht, einen zum jeweiligen Stichtag vorliegenden Kontostand in die Bilanz aufzunehmen. Zusätzlich müssen im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag bezogene, aber noch nicht bezahlte Leistungen bewertet werden. Es muss ebenfalls festgestellt werden, welche Zahlungen bereits geleistet wurden für eine Leistung, die erst im folgenden Jahr bezogen wird - beispielsweise eine Vorauszahlungen für Rohstofflieferungen.
Eine Schwierigkeit bei der Erstellung von Bilanzen ist daher, dass zu einem Zeitpunkt selten alle zu berücksichtigenden Fakten bereits bezifferbar sind. So ist zum Beispiel bekannt, dass ein Unternehmen für den Monat Dezember eine Telefonrechnung erhalten wird. Da auch die Nutzung dieser Leistung bereits im Dezember erfolgte, muss die berechtigte Forderung des Anbieters in die Bilanz einfliessen. Die entsprechende Rechnung liegt jedoch möglicherweise erst Ende Januar des Folgejahres vor. Somit ist es praktisch unmöglich, eine Bilanz sowohl präzise als auch zeitnahe zu erstellen. Entsprechend vergehen bei großen Unternehmen zumeist zwei bis vier Monate bis zur Bekanntgabe der ordentlichen Bilanz.
Des weiteren fordert die umfassende Darstellung des finanziellen Bildes eine tatsächliche Bestandesaufnahme zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung. Für vorhandene Waren erfolgt dies zumeist in Form einer Inventur, in der mögliche Differenzen zwischen den erfassten Lagerveränderungen und den tatsächlich vorhandenen Beständen festgehalten werden können.
Schließlich erfolgt die Bewertung der Anlagegüter eines Unternehmens. Hier müssen für die in der Produktion genutzten Mittel (z.B. Maschinen) sowie für die langfristigen Finanzanlagen (z.B. Immobilien und Unternehmensbeteiligungen) realistische Werte ermittelt werden. Dies kann über Abschreibungen erfolgen, so dass der Wert eines Firmenfahrzeuges über die geplante Nutzung von acht Jahren gleichmässig in jedem Jahr um ein Achtel des Kaufpreises herabgesetzt wird. Ein anderer Ansatz ist die Ermittlung des theoretischen Verkaufspreises, der insbesondere für Investitionen in öffentlich gehandelten Werte (Aktien anderer Unternehmen) angebracht ist. Hier können beispielsweise die im Besitz des Unternehmens befindlichen Aktien zum Kurs des letzten Handelstages vor dem Bilanzstichtag bewertet werden.
Aktuelle Problemstellungen bei der Bilanzierung
Spätestens seit dem Beginn des Informationszeitalters zeigt sich, dass der Wert von immateriellen Aktiva für die Bewertung eines Unternehmens eine wachsende Bedeutung erlangen. So können ausserordentliche Kenntnisse ('Unternehmenswissen', siehe Wissensmanagement) einen erst in Zukunft in finanziellen Erfolg umsetzbaren Marktvorteil erbringen. Ebenso gelten erfolgreich eingeführte Marken als wertvolles Eigentum, helfen sie doch bei der Schaffung von Kundenvertrauen.
Die Schwierigkeit bei der Präsentation einer realistischen wirtschaftlichen Darstellung liegt jedoch darin, diesen durchaus relevanten immateriellen Gütern einen angemessenen Wert zuzusprechen. Da der zukünftig aus diesen Gütern erwachsende Ertrag nicht realisistisch vorhersehbar ist, dürfte eine Unternehmen übergreifende Struktur für diese Darstellung noch einige Jahre auf sich warten lassen.
Einen Rückschlag haben die Verfechter der immateriellen Güter vermutlich durch die Übertreibungen der New Economy, in der die scheinbar zukünftig zu erzielenden Erträge gegenüber den finanziell messbaren Bilanzelementen deutlich überbewertet wurden.