Wahlsystem
Unter einem Wahlsystem ist der Modus zu verstehen, nach welchem die Wähler bei einer Wahl ihre Partei- und/oder Kandidatenpräferenz in Stimmen ausdrücken und diese in Mandate übertragen werden. Siehe auch Wahlrecht und Wahlverfahren
Heute basieren praktisch alle Wahlverfahren auf Varianten der Mehrheitswahl oder der Verhältniswahl.
Unterscheidung zwischen Mehrheits- und Verhältniswahl
Traditionell unterscheidet man zwischen beiden Verfahren in etwa wie folgt:
- Bei der Mehrheitswahl werde das Wahlgebiet in so viele Wahlkreise eingeteilt, wie Mandate zu vergeben sind. Gewählt sei der Kandidat, der die meisten Stimmen erhält.
- Bei der Verhältniswahl werde dagegen die Sitzverteilung so durchgeführt, daß jede Partei so viele Mandate bekommt, wie es ihrem Stimmenanteil im Wahlgebiet entspricht.
Diese Definitionen sind nicht unbedingt falsch - gleichwohl können sie irreführend sein.
Zum einen beschreiben sie jeweils nur eine ganz bestimmte Form der Mehrheitswahl (nämlich die relative Mehrheitswahl im Einpersonenwahlkreis) bzw. der Verhältniswahl (reine Verhältniswahl im Einheitswahlkreis). All die anderen vielfältigen Wahlsysteme, die in der Praxis angewendet werden oder die zumindest theoretisch denkbar sind, werden von der o. a. Definition also gar nicht erfaßt.
Zum anderen stellen die beiden Definitionen auf unterschiedliche Kriterien ab: Bei der Beschreibung der Mehrheitswahl steht die technische Ausgestaltung des Wahlverfahrens im Vordergrund, während die Definition der Verhältniswahl das zu erreichende Ziel hervorhebt.
Repräsentations- und Verteilungsprinzip
Um daher zu einer sinnvollen Klassifizierung von Wahlsystemen zu kommen, ist strikt zwischen zwei Prinzipien zu unterscheiden - dem Repräsentationsprinzip, das sich auf das gesamte Wahlgebiet bezieht, und dem Verteilungsprinzip (Entscheidungsregel), das sich auf den einzelnen Wahlkreis beschränkt. Dabei wird jeweils zwischen Majorz und Proporz unterschieden:
Majorz | Proporz | |
Verteilungsprinzip | alle im Wahlkreis zu vergebenden Mandate werden der stärksten Partei zugesprochen | die Mandate in den Wahlkreisen werden jeweils entsprechend dem Stimmenverhältnis auf alle Parteien und Einzelkandidaten verteilt |
Repräsentationsprinzip | die Wahl soll zu einer parlamentarischen Regierungsmehrheit einer Partei oder eines Parteienbündnisses führen (Mehrheitswahl) | die in der Bevölkerung bestehenden sozialen Kräfte und politischen Gruppen sollen weitgehend getreu im Parlament widergespiegelt werden (Verhältniswahl) |
Während das Repräsentationsprinzip also die Auswirkungen eines Wahlverfahrens beschreibt, gibt das Verteilungsprinzip (lediglich) die Technik der Mandatsverteilung wider. Eine sinnvolle Unterscheidung von Wahlsystemen sollte sich nach dem Repräsentationsprinzip richten, ist doch die Klassifizierung nach dem Verteilungsprinzip weitgehend formaler Natur und verstellt somit den Blick auf das Wesentliche. Denn für die Bewertung eines Wahlsystems kommt es entscheidend darauf an, welche Auswirkungen auf das politische System von ihm zu erwarten sind. Mit welchen technischen Details diese Auswirkungen erzielt werden, ist dagegen nur von sekundärem Interesse.
Weblinks
- http://www.wahlrecht.de/systeme/index.htm - eine recht ausführliche Abhandlung über die verschiedenen Wahlsysteme und ihre Vor- und Nachteile
Text teilweise übernommen aus einer Textspende von [wahlrecht.de]