Islam
Der Islam (إسلام arabisch: Hingabe (an Gott), Ergebung in Gottes Willen; الإسلام der Islam, Zeitalter des Islam, die Muslime) ist nach dem Christentum die zweitgrößte Religionsgemeinschaft der Welt. Weltweit gehören ihm ca. 1,2 Milliarden Menschen an, diese bezeichnen sich als Muslime. Die früher im Westen verwendete Bezeichnung «Mohammedaner» wird von Muslimen abgelehnt, da sie den Religionsstifter Mohammed ins Zentrum des Glaubens rückt.
Der Islam ist eine monotheistische Religion, die auf der im Koran niedergelegte Offenbarung Allahs (Gottes) gründet. Anhänger des Islam lehnen nicht nur die Verehrung mehrerer Götter ab (Polytheismus), sondern sehen auch in der christlichen Anschauung, dass Christus der Sohn Gottes sei, einen Verstoß gegen die Lehre vom einen Gott, da Gott «nicht gezeugt hat und nicht gezeugt wurde» (Koran 112,3).
Die Entstehung des Islam
Religionsstifter ist Mohammed (محمد das heißt «der Hochgepriesene»), geboren 570 als Sohn eines Händlers in Mekka im heutigen Saudi-Arabien. Nach der Überlieferung hatte er 610 seine erste Vision, in der ihm der Erzengel Gabriel erschien und zum Propheten berief. Im Verlauf der folgenden Jahre wird ihm, dem muslimischen Glauben nach, der Koran offenbart, der auf den Grundlagen der jüdischen Thora, der Psalmen König Davids (arab. Zabur) und dem Evangelium der Christen aufbaut. Muslime sehen das Judentum und das Christentum als Vorläufer-Religionen an. Juden und Christen haben als «Schriftbesitzer» (اهل الكتاب ahl al-kitab) eine den Muslimen untergeordnete Stellung, werden aber nicht als Heiden betrachtet, wenn sie den Regeln ihrer Religion gemäß leben.
Glaubensgrundsätze
Die Grundsätze des Islam, die fünf Säulen, die zu erfüllen jeder Muslim verpflichtet ist, sind:
- Das Glaubensbekenntnis Schahada ( شهادة ): «Ich bekenne, dass es keinen Gott außer Gott gibt und Muhamad ist sein Prophet» ( اشهد ان لا اله الا الله و محمد رسول الله ). Die Schiiten fügen in der Regel noch den Satz: «und Ali ist der Freund Gottes» (وعلى ولى الله) hinzu. Wer sich einmal zum Islam bekannt hat, ist nach islamischem Recht bis zum Tode Muslim, weshalb in islamischen Ländern auf die Durchsetzung dieses Rechtsgrundsatzes geachtet wird.
- Das Gebet Salat ( الصلاة ) ist eine Pflicht. Zu festgelegten Zeiten - zu denen der Muezzin ruft - werden Gebete gesprochen: In der Morgendämmerung, mittags, nachmittags, abends und bei Einbruch der Nacht. Zuvor erfolgt unter fließendem Wasser die rituelle Reinigung. Das Zusammenlegen oder Nachholen von Gebeten ist unter bestimmten Bedingungen gestattet, z.B. auf Reisen.
- Die Almosensteuer Zakat ( زكاة ). Die Erträge werden für Bedürftige und Kranke verwendet oder zum Aufbau religiöser Schulen. Die Höhe ist unterschiedlich und variiert zwischen 2,5–10%.
- Das Fasten Saum ( صوم ). Im Ramadan wird von Beginn der Morgendämmerung, wenn man einen «weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden» kann (Koran 2:187), bis vollendetem Sonnenuntergang gefastet, nichts gegessen, nichts getrunken, nicht geraucht, kein ehelicher Verkehr und manche andere Enthaltsamkeit im Verhalten geübt. Der eigentliche Sinn des Fastens wird von den meisten Muslimen in der islamischem Welt dadurch unterlaufen, dass sie die Nacht zum Tage machen, was sowohl von Fundamentalisten wie auch aus Kreisen der Wirtschaft immer wieder kritisiert wird.
- Die Pilgerfahrt Hadsch ( حج ). Einmal in seinem Leben soll der Muslim die Pilgerfahrt nach Mekka antreten, die im letzten Mondmonat stattfindet, sobald er dazu in der Lage ist - denn dann wird es zur Pflicht. Zu den auszuführenden Riten gehört unter anderem das Umkreisen der Kaaba, das Verweilen auf dem Hügel Arafat, der Lauf zwischen den beiden Hügeln Safa und Marwa und die rituelle Steinigung des Satans.
Nach muslimischen Verständnis sandte Allah den Koran durch den Erzengel Gabriel als «göttliches Zeichen» an Mohammed, zur Verkündigung an die Menschen. Die «göttlichen Zeichen» seien für jeden Menschen erkennbar, sofern er «vernünftig» überlege. Um den Koran zu verstehen, müsse der Mensch sich von seinen «schlechten Eigenschaften» und seinen «falschen Ideen» befreien, damit sein Geist sich durchsetze. Dies erreiche man durch ständige Selbstüberwindung und den Kampf gegen die Ungerechtigkeit in der Welt. Die Menschen sollten «Stellvertreter Allahs auf Erden» sein, indem sie verantwortlich handelten und für Gerechtigkeit einträten.
Richtungen
Der Islam ist in mehrere Richtungen gespalten. Die Sunniten bilden mit etwa 90% die zahlenmäßig größte Gruppierung. Sie unterteilen sich wiederum in die sunnitischen Rechtsschulen der Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten und Schafiiten.
Die Schiiten sind die zweite große Richtung. Sie unterteilt sich in die so genannten Imamiten oder Zwölfer Schia. Sie sind vor allem in Iran, Irak, Bahrain und dem Libanon weit verbreitet. Die Anhänger der Siebener Schia (Ismailiten leben vor allem im indischen Subkontinent (Bombay, Karachi und Nordpakistan), Afghanistan und Tadschikistan. Die Zaiditen oder Fünfer Schia finden sich heute nur noch im Jemen. Daneben existieren einige andere kleine Gruppen, die zuweilen den Koran sehr unkonventionell auslegen oder gar Ali Ibn Abi Talib vergöttlichen.
Die Charidschiten sind heute die kleinste Richtung des Islams, bekannt unter dem Namen Ibaditen. Sie leben vor allem in Südalgerien, auf der tunesischen Insel Djerba und in Oman.
Der Wahhabismus ist eine äußerst strenge Auslegung der hanbalitischen Rechtsschule der Sunniten. Der Wahhabismus ist die Staatsreligion in Saudi Arabien, welches die Verbreitung dieser Strömung in anderen Ländern heute finanziell fördert.
Alle Religionen haben einen inneren (esoterischen) Aspekt und einen äußeren (exoterischen). Die mystische innere Dimension des Islam ist der Sufismus (auf Arabisch Tasawwuf تصوف). Siehe auch: Bektaschi, Halveti, Jerrahi, Derwischorden (Tariqa), Abdal, Naqschbandi.
Weitere Gruppen sind die Aleviten und die Ahmadiya. Aus dem schiitischen Islam haben sich auch die eigenständigen Religionen der Drusen, des Babismus und die Religion der Baha'i entwickelt.
Geschichte
Die politische Geschichte des Islam und des Kalifats wird in eigenen Artikeln behandelt. Eine Herrscherliste bietet die Liste der Kalifen.
Gegenwart
Heute ist der Islam in vielen Ländern des Nahen Ostens, Nordafrikas, Zentral- und Südostasiens verbreitet. Hauptverbreitungsgebiet ist dabei der Trockengürtel, der sich von der Sahara im Westen über den Nahen Osten und den Kaukasus bis nach Zentralasien im Osten zieht. Muslimisch geprägte Länder in Europa sind Bosnien, die Türkei und Albanien. Viele weitere Länder haben muslimische Minderheiten.
Der «Organisation der Islamischen Konferenz» gehören derzeit 57 Mitgliedsländer an: Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Azerbaijan, Bahrain, Bangladesh, Benin, Brunei, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Djibouti, Gabun, Gambia, Guinea, Guinea-Bissau, Guyana, Indonesien, Iran, Iraq, Jemen, Jordanien, Kamerun, Kasachstan, Kirgisistan, Komoren, Kuwait, Libanon, Libyen, Malaysia, Malediven, Mali, Mauretanien, Marokko, Mozambique, Niger, Nigeria, Oman, Pakistan, Palästina, Qatar, Saudi Arabien, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Sudan, Suriname, Syrien, Tadschikistan, Togo, Tschad, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Uganda, Usbekistan und Vereinigte Arabische Emirate.
Seit der «Kairiner Deklaration der Menschenrechte im Islam» 1990 ist die Scharia wieder Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern. Die praktische Umsetzung ist jedoch sehr unterschiedlich und reicht von «praktisch nicht erkennbar», wie in der Türkei, über die Umsetzung nur im zivilrechtlichen Bereich (Tunesien) bis zur vollständigen Geltung (Sudan). Zuweilen gilt die Scharia nur in islamisch dominierten Landesteilen (Nigeria). Besonders drakonische Strafen (Amputation, Steinigung), die oft international kritisiert werden, finden in relativ wenigen islamischen Ländern Anwendung. Es gibt allerdings hier eine Grauzone, da bei sogenannten «Ehrdelikten» (beispielsweise Tötungen wegen Ehebruchs), selbst in der laizistischen Türkei die Gerichte ein oder zwei Augen zudrücken. Ein Bereich der Scharia, der wohl nur noch im Sudan existiert, ist die Sklaverei.
Ab etwa 1500 begann der Westen, sich auf allen Bereichen immer rasanter zu entwickeln. Dieser Prozess wurde in der islamischen Welt erst spät durch die sich häufenden militärischen Niederlagen wahrgenommen. Die Folge waren im 19. Jahrhundert Versuche, das Militär nach westlichem Muster zu modernisieren, was erst einmal gründlich mislang. In Europa oder von Europäern ausgebildete Offiziere brachten aber westliches Gedankengut mit und sahen später oft im Nationalismus, nicht nur in der Technik, die eigentliche Ursache der europäischen Dominanz.
Eine Welle der intelektuellen Erregung brachte der Russisch-Japanische Krieg 1905. Ein asiatisches Land hatte es geschafft, eine scheinbar unbesiegbare europäische Macht zu bezwingen! Und dieses Land war nicht islamisch. Das war politischer Ansporn für diejenigen, die den Islam als bremsend ansahen und westliche Methoden einführen wollten; diejenigen, die in der Tradition Ibn Taimiyas (gestorben 1328) das Heil in der Rückkehr zu den verklärten Zuständen des «Urislam» sahen (z.B. Gruppen wie die 1928 gegründeten Muslimbrüder), warf es zurück. Die im 20. Jahrhundert im Nahen Osten gegründeten Staaten richteten sich folgerichtig nach europäischem Muster aus, wobei nur autokratische Systeme (Monarchie, Faschismus, Sozialismus) zur Anwendung kamen. Großer Erfolg war und ist ihnen nicht beschieden: weiterhin sind alle islamischen Staaten Entwicklungsländer. Ausnahmen wie der Tigerstaat Malaysia bestätigen eher die Regel, denn der dortige Boom wird hauptsächlich von der chinesischen Minderheit generiert.
Siehe auch: Liste islamischer Begriffe in Arabisch, Berühmte Muslime, Islamismus
Die Heiligen Städte des Islam
Im Islam gilt eine Vielzahl von Städten als heilig, wobei dreien eine besondere Bedeutung zukommt:
- Mekka – ist der Geburtsort Mohammeds mit der Kaaba als zentralem Heiligtum des Islam, dass die Gebetsrichtung (Qibla) bestimmt.
- Medina – nördlich von Mekka, ist der Ort, an dem der Islam erste politische Wirkungskraft entfaltete.
- Jerusalem - nach muslimischer Überlieferung die erste Qibla-Richtung und der Ort, den die Muslime als geographische Position der im Koran (Sure 17, «Die nächtliche Reise») erwähnten al-Aqsa-Moschee definiert haben.
Daneben gibt es eine große Zahl an Wallfahrtsorten unterschiedlicher Bedeutung. Meist handelt es sich dabei um Grabstätten, etwa von Gefährten Mohammeds, der Imame der Schia oder von Sufi-Scheichs.
Führend in der Zahl heiliger Orte ist vermutlich der nordafrikanische Volksislam mit unzähligen Grabstätten von Marabuts.
Abgesehen von den ersten drei heiligen Stätten, ist der Status solcher Orte – wie die Heiligenverehrung selbst – im Islam ein äußerst kontroverses Thema.
Jerusalem stellt in der Liste der heiligen Städte insofern einen Sonderfall dar, als sich der aus dem Koran hergeleitete Anspruch natürlich historisch nicht belegen lässt. Trotzdem ist er für Muslime einhellig eine Glaubenswahrheit, was ihn in der praktischen Auswirkung einer «historischen Wahrheit» gleichstellt.
Literatur
Primärliteratur
Primärliteratur zum Thema Islam sind der Koran und die Hadithe. Näheres dazu siehe auch in den entsprechenden Artikeln.
- Projekt Gutenberg: Der heilige Koran
- Hofmann, Murad (Übers.): Der Koran aus dem Arabischen von Max Henning - Überarbeitung und Einleitung von M. Hofmann Diederichs ISBN 3-424-01498-2
- Khoury, Adel Th. (Übers.): Der Koran Gütersloher Verlagshaus, mehrere Ausgaben, zum Beispiel ISBN 3579021540
- Paret, Rudi (Übers.) Der Koran. Stuttgart 1985. ISBN 3-17-008994-3
- v. Denffer, Ahmad (Übers.) Der Koran - Die Heilige Schrift des Islam in deutscher Übertragung ISBN 3-89263-787-3
- Die Bedeutung des Koran. SKD Bavaria Verlag, München, 2.Aufl. 1998 (5 Bände). ISBN 3-926575-40-9. (arabisch/deutscher Paralleltext mit deutschen Kommentaren zu jedem Vers)
Sekundärliteratur
- Bat Ye'or: Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam: 7.-20. Jahrhundert. Gräfeling 2002. ISBN 3-935197-19-5
- Binswanger, Karl: Untersuchungen zum Status der Nichtmuslime im Osmanischen Reich des 16. Jahrhunderts. Diss. phil. München 1977. ISBN 3-87828-108-0
- Endreß, Gerhard: Der Islam. Eine Einführung in seine Geschichte. München 31997 (C.H. Beck Studium)
- Haarmann, Ulrich (Hg.): Geschichte der arabischen Welt. München 31994 (Beck)
- Hartmann, Richard: Die Religion des Islam. Berlin 1944 (Nachdruck Wiss. Buchgesellschaft 1992)
- Hofmann, Murad: "Der Islam im 3. Jahrtausend" Diederichs ISBN 3-7205-2124-9
- Hofmann, Murad: "Islam" Diederichs ISBN 3-7205-2191-5
- Kettermann, Günter: Atlas zur Geschichte des Islam, Darmstadt 2001
- Khoury, Adel Th.: Mit Muslimen in Frieden leben Echter, ISBN 3429024552
- Khoury, Adel Th.: Der Islam und die westliche Welt Primus Verlag, ISBN 3896784374
- Le Gai Eaton, Charles: Der Islam und die Bestimmung des Menschen. Annäherung an eine Lebensform. München 1987
- Mez, Adam: Die Renaissance des Islams. Heidelberg 1922 (Nachdruck Olms 1968)
- Nagel, Tilman: Geschichte der islamischen Theologie. München 1994 (Beck)
- Nagel, Tilman: Die islamische Welt bis 1500. München 1998 (Oldenbourg-Grundriß der Geschichte 24)
- Noth, Albrecht und Jürgen Paul (Hgg.): Der islamische Orient: Grundzüge seiner Geschichte. Würzburg 1998 (Ergon)
- Schimmel, Annemarie: Der Islam. Eine Einführung. Stuttgart 1990 (Reclam)
- Tibi, Bassam: Der wahre Imam. Der Islam von Muhammad bis zur Gegenwart. München 1998
- Tibi, Bassam: Die fundamentalistische Herausforderung. Der Islam und die Weltpolitik. München 2003
- Watt, Montgomery W. unter anderem: Der Islam. 3 Bde. Stuttgart 1980-1990 (Kohlhammer)
Weblinks
- http://www.derislam.at/ Seite der «Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich», die als Körperschaft Öffentlichen Rechts die Belange der Muslime in Österreich vertritt.
- http://www.islam.de Seite des «Zentralrats der Muslime in Deutschland e.V.». Der «Zentralrat» vertritt nur eine Minderheit der Muslime in Deutschland. Er gibt sich dialogbereit, ist aber im Kern fundamentalistisch. Einige seiner Mitgliedsverbände werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Bekanntestes Mitglied war Annemarie Schimmel.
- http://www.islam.at Nicht etwa – wie die URI suggeriert – «Der Islam in Österreich» sondern eine private Seite des Grazer Künstlers Muhammad Abu Bakr Müller, bis 1980 Bernhard Müller. Umfangreich und kenntnisreich, aber als Quelle nicht zuverlässig, liefert sie immerhin einen guten Einblick in das «Innenleben» eines westlichen Sufi-Konvertiten.
Siehe auch:
Judentum, Christentum, Hinduismus, Buddhismus, Konfuzianismus, Taoismus