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GSG 9 der Bundespolizei

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Die GSG 9 der Bundespolizei ist die Antiterroreinheit der deutschen Bundespolizei (früher Bundesgrenzschutz) mit Standort in Sankt Augustin-Hangelar. Auch nach der Umbenennung des Bundesgrenzschutzes trägt die GSG 9 ihren Namen weiter, jetzt aber nur noch in der Abkürzungsform.

Heute zählt die GSG 9 zu den professionellsten Antiterroreinheiten der Welt. Anders als die Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei, die für ähnliche Aufgaben gebildet wurden und den einzelnen Bundesländern unterstehen, ist die GSG 9 eine Einheit des Bundes und kann mit dem Einverständnis des Einsatzlandes auch außerhalb der Bundesrepublik eingesetzt werden. Kriegseinsätze können mangels Kombattantenstatus, der dem Bundesgrenzschutz 1994 entzogen wurde, durch die GSG 9 nicht mehr durchgeführt werden.

Als Antiterrortruppe gegründet, wird die GSG 9 heute vornehmlich im Bereich der Schwerstkriminalität eingesetzt, der für Beamte im Streifendienst oft zu gefährlich wäre. Angaben der Bundespolizei zufolge absolvierte die GSG 9 im Jahr 2000, so wörtlich, "26 erfolgreiche Einsatzmaßnahmen". Dazu zählt die Bundespolizei sowohl die der GSG 9 originär zugedachten Einsatzaufgaben als auch Einsätze, bei denen die GSG 9 andere Sicherheitsbehörden unterstützt hat. Seit ihrer Aufstellung, so weitere Bundespolizeiangaben, hat die GSG 9 mittlerweile mehr als 1.500 Einsätze wahrgenommen.

Geschichte

Auslöser Olympische Spiele 1972

Die GSG 9 wurde nach dem Olympia-Attentat bei den Olympischen Spielen in München (Anschlag am 5. September 1972) am 26. September 1972 gegründet. Während der Spiele nahm ein palästinensisches Terrorkommando israelische Sportler als Geiseln. Beim misslungenen Zugriff durch reguläre Polizeikräfte am Flugplatz Fürstenfeldbruck starben alle neun Geiseln und fünf der acht Terroristen. Ulrich Wegener wurde daraufhin von Innenminister Hans-Dietrich Genscher mit der Aufstellung einer schlagkräftigen Antiterroreinheit beauftragt.

Die Bezeichnung "GSG 9" erklärt sich aus der damaligen Struktur des Bundesgrenzschutzes, welcher zum Zeitpunkt der Gründung dieser Einheit aus 4 Grenzschutzkommandos mit insgesamt 8 Grenzschutzgruppen (GSG 1-8) bestand. Da die GSG 9 in keine der vorhandenen Strukturen eingegliedert wurde, erhielt sie folglich die Bezeichnung Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9), welche sie seitdem unverändert von Strukturreformen beibehielt.

Operation Feuerzauber

Der bisher größte Einsatz der GSG 9 war die Beendigung der Flugzeugentführung der Landshut. In der Nacht zum 18. Oktober 1977 wurden die Geiseln der von palästinensischen Terroristen der PFLP entführten Lufthansa-Maschine Landshut in Mogadischu befreit. Dieser Einsatz machte die GSG 9 weltbekannt und begründete erstmals ihr hohes Ansehen unter den Spezialeinheiten der Welt. Die Erstürmung von Flugzeugen gilt dabei als das schwierigste unter den möglichen Einsatzszenarien. Beachtlich dabei ist, dass laut Aussagen von ehemaligen GSG 9 Mitgliedern die entführte Boeing 737 diejenige ist, die der GSG 9 zuvor zu Trainingszwecken von der Lufthansa zur Verfügung gestellt wurde.

Tod von Wolfgang Grams

Bei der versuchten Festnahme der mutmaßlichen RAF-Terroristen Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld 1993 in Bad Kleinen wurde der Beamte Michael Newrzella erschossen. Er war der erste GSG-9-Beamte, der im Dienst getötet wurde. Er wurde nur 26 Jahre alt. Ein weiterer Beamter wurde schwer verletzt. Grams kam unter bisher ungeklärten Umständen ums Leben. Während das offizielle Urteil einen Suizid feststellte, wurde und wird von zahlreichen Kritikern (u.a. aufgrund von Zeugenaussagen) ein Tötungsdelikt seitens eines der Beamten vermutet. Der tatsächliche Ablauf lässt sich auch heute nicht widerspruchsfrei rekonstruieren. Der GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen hinterließ bei vielen Kritikern den Eindruck, dass hier der Rechtsstaat seinen Aufgaben nicht genüge tat und den gesamten Tathergang nicht aufklären wollte und auch Zeugenaussagen ignorierte, die zur vollständigen Aufklärung beigetragen hätten, aber einen GSG-9-Beamten als Totschläger bloßstellten.

Vermisste Beamte im Irak

Von den aufgrund der unsicheren Lage nach dem Krieg im Irak stationierten GSG-9-Beamten wurden seit dem 10. April 2004 zwei Beamte vermisst. Die beiden Beamten waren Objekt- und Personenschützer an der deutschen Botschaft in Bagdad.

Nach ARD-Informationen wurden die Männer in einem Fahrzeugkonvoi vom jordanischen Amman nach Bagdad überfallen. Der Überfall soll sich in der Nähe Falludschas ereignet haben. Die beiden vermissten Deutschen sind tot. Sprecher der irakischen Rebellen entschuldigen sich für diesen „Unfall“, insbesondere bei den Angehörigen der Beamten. Man sei von einem Konvoi einer US-Spezialeinheit ausgegangen. Weiter sagte einer der Sprecher, eine deutsche Flagge auf dem Auto hätte einen Angriff verhindert, denn die Deutschen seien keine Feinde des Irak.

In einem Untersuchungsbericht der Bundesregierung wurde außerdem festgestellt, dass die deutschen Beamten beim Überqueren der lokalen Grenze von entgegenkommenden Fahrzeugen gewarnt worden seien. Aus diesem Grund wurde Falludscha umfahren und eine Ausweichroute genommen, auf der es dann zu dem Angriff kam.

Am 1. Mai 2004, mehr als drei Wochen nach dem Überfall, ist die Leiche eines der beiden vermissten Beamten gefunden worden. Es handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Tobias Retterath. Der zweite Beamte gilt bis heute als vermisst. Es ist aber davon auszugehen, dass auch er ums Leben kam.

Einstellungsvoraussetzungen und Motivation

GSG-9-Anwärter können ausgebildete Polizeivollzugsbeamte in der Bundespolizei oder der Länderpolizeien sein. Sie werden einem harten Auswahlverfahren unterzogen. Als erstes gibt es ein dreitägiges Auswahltraining, bei dem Leistungsfähigkeit, Konzentration, Ausdauer, Motorik und der Umgang mit der Waffe getestet werden. In der Regel bestehen 15-20% der Bewerber und haben dann eine viermonatige Basisausbildung vor sich. Im Anschluss daran folgt eine speziellere Schulung, deren Inhalte sich nach der geplanten taktischen Verwendung des jeweiligen Beamten richtet. Erfolgreiche Absolventen der Ausbildung werden eingesetzt in den folgenden Einsatzeinheiten:

  1. Scharfschützen
  2. Kampfschwimmer
  3. Fallschirmspringer bzw. luftbewegliche Einsatzeinheit

Einsätze werden von allen Einheiten durchgeführt. Das PS Schießen, Tauchen und Fallschirmspringen sind nur "Zusatzqualifikationen", falls spezielle Einsatzlagen es erfordern.

Die Polizeivollzugsbeamten der GSG 9 sind zum Schweigen über den Inhalt ihrer Tätigkeit verpflichtet, ihre Dienstpläne Verschlusssachen.

Die Erschwerniszulage für Polizeibeamte der GSG 9 beträgt laut Deutscher Polizeigewerkschaft etwa Euro 225 monatlich (2002). Die Motivation von Polizeibeamten, dieser Sondereinheit anzugehören, dürfte daher nicht im finanziellen, sondern im ideellen Bereich (nämlich dem Eliteverband der Bundespolizei anzugehören) liegen. Außerdem werden nahezu 100% der Erschwerniszulage für zusätzliche Versicherungen bzw. erhöhte Versicherungsprämien benötigt (Quelle: SEK- Sprecher über alle deutschen Sondereinheiten).

Struktur (1980)

Die Antiterroreinheit gliederte sich 1989 nach offenen Quellen folgendermaßen in:

  • Führungsgruppe
  • vier Einsatzeinheiten mit je 32 Mann
  • Ausbildungseinheit
  • Hubschrauberkette
  • drei technische Gruppen
  • Versorgungseinheit

Gesamtstärke: 177 Mann; ohne Zivilbeschäftigte

Quelle: Militärwesen, Berlin (Ost) 1980, Heft 1, Seite 17

Einsatzeinheiten

  • Führungstrupp mit 5 Mann
  • 6 Spezialeinsatztrupps zu je 5 Mann

Ausbildungseinheit

  • Führungstrupp mit 4 Mann
  • 5 Ausbildungstrupps zu je 5 Mann

Unterstützungseinheiten

  • Kfz.-Wartungs- und Instandsetzungstrupp
  • Information, Kommunikation und Dokumentation
  • Technische Einheit (Sprengstoff, Ablenkungsmaßnahmen etc.)
  • Sanitäter
  • Waffenkammer, Waffentechnik

Vorbereitung und Durchführung von Einsätzen (Stand 1980)

Vorbereitung der Einsatzkräfte

  • Training des Eindringens in das Zielobjekt
  • intensives Vertrautmachen mit dem Zielobjekt (Modell, Baupläne usw.)
  • Training des zeitlichen Ablaufs in Varianten
  • Üben von Sprengungen an vergleichbaren Objekten bzw. möglichst Verhindern derselben
  • Üben des Verhaltens beim Eintritt veränderter Lagebedingungen

Einsatzablauf

  • Vorbereitungsphase
  • Heranführungsphase
  • Handlungsphase (ohne oder mit eingelegter Pause)
  • Rückführungsphase
  • Auswertung

Einsatzordnung

  • Aufklärungskräfte
  • Täuschungskräfte
  • Überfallkräfte
  • Sicherungskräfte
  • Sicherstellungskräfte

Auswärtige Trainingsgelegenheiten

Die GSG 9 übt auch im befreundeten Ausland, aufgrund dort teilweise geeigneterer Trainingsmöglichkeiten.

Einheiten in der DDR

In der DDR gab es als vergleichbare Einheit die 9. Volkspolizei-Kompanie der Kasernierten Einheiten des Ministeriums des Innern in Potsdam/Eiche (Kaserne der 3. und 20. VP-Bereitschaft). In Bezirksbehörden der DVP/BDVP gab es kleinere Antiterroreinheiten vergleichbar den SEKs aus Angehörigen der Dienstzweige der Volkspolizei. Das Ministerium für Staatssicherheit unterhielt ein Bataillon als Antiterroreinheit/Spezialaufklärungseinheit mit fünf dezentralen Einheiten über das Territorium verteilt.

Literatur

Filme

Regisseur Dietmar Noss