Islam
Grün: sunnitische Gebiete, rot: schiitische Gebiete
Der Islam (arabisch إسلام islām Hingabe an Gott; الإسلام al-islām der Islam) ist mit ca. 1,2 Milliarden Anhängern nach dem Christentum (ca. 2,0 Milliarden Anhänger) die zweitgrößte Religion der Welt. Seine Anhänger werden als Muslime oder (deutlich seltener und veraltet) als Mohammedaner bezeichnet; letzteres stößt indes als Fremdbezeichnung unter den meisten Muslimen auf Ablehnung, da die Muslime nicht - wie das Wort suggeriert - Mohammed, sondern einzig den einen Gott anbeten. In älterer Literatur finden sich für Muslime die Bezeichnungen Muselman (vom türkischen Musulman, das aus der persischen Pluralform Musliman gebildet wurde) sowie Moslem, was auf eine Transkription der arabischen Vokalzeichen u als o und i als e zurückgeht.
Der Islam ist eine monotheistische Religion, die sich streng vom Polytheismus und auch von der christlichen Vorstellung von Inkarnation und Trinität abgrenzt. Er gründet sich auf dem Koran, der für Muslime das unverfälschte Wort Gottes ist. Zweite Erkenntnisquelle sind die Worte und Handlungen (Sunna) des Propheten Mohammed.
Die Entstehung des Islam

Der Religionsstifter Mohammed (arabisch محمد: der Vielgelobte) wurde um 570 als Sohn eines Händlers in Mekka im heutigen Saudi-Arabien geboren. Nach der Überlieferung soll ihm 610 der Erzengel Gabriel erschienen sein, und ihm die ersten Verse (Ayāt) des Korans übermittelt haben. Im Verlauf der folgenden 23 Jahre soll ihm dann Vers für Vers davon offenbart worden sein.
Der Islam begreift sich als Fortsetzung göttlicher Offenbarung. Deshalb sehen sich Muslime in der Kontinuität von Judentum und dem Christentum. Mohammed wird deshalb auch als das „Siegel der Propheten“ bezeichnet. In diesem Sinne werden im Islam auch alle vorher von Gott gesandten Propheten, die in der Bibel genannt werden, als eigene Propheten verstanden. Nach islamischem Glauben ist Jesus ein Prophet, der jedoch weder am Kreuz gestorben noch auferstanden ist. Einige Personen, die im Juden- bzw. Christentum nicht als Propheten gesehen werden, werden im Islam als solche verehrt, zum Beispiel Adam.
Grundlagen des Islam
Die fünf Säulen
Die Grundsätze des Islam, die fünf Säulen, die zu erfüllen jeder Muslim verpflichtet ist, sind:
- Das Glaubensbekenntnis Schahada (شهادة): Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer (dem einzigen) Gott und Mohammed ist der Gesandte Gottes. (s.o.) Die Schiiten fügen in der Regel noch den Satz hinzu: und Ali ist der Freund Gottes. Gemeint ist hier Ali ibn Abi Talib.
Im Sufismus (islamische Mystik) wird der erste Teil der Schahada auch interpretiert mit: Ich bekenne, dass es nichts außer Gott gibt bzw. Es gibt nichts. Es gibt nur den Einen (die Einheit).
Das Aussprechen der Schahada in ehrlicher Absicht (niya) reicht aus, um Muslim zu werden. Sie ist auch das Erste, was einem Neugeborenem ins Ohr geflüstert wird, und der letzte Gruß an einen Sterbenden. In der heutigen islamischen Kultur verliert ein Moslem, der den Islam verlässt, häufig seine familiären und gesellschaftlichen Bindungen, seine Rechte und Erbansprüche. In der Rechtstheorie, in einigen Ländern auch in der Rechtspraxis, wird das Abfallen vom Islam mit dem Tode bestraft.(Siehe: ridda)
Es wird zu festgelegten Zeiten verrichtet, zu denen der Muezzin ruft: in der Morgendämmerung, mittags, nachmittags, abends und nach Einbruch der Nacht.
Zuvor erfolgt die rituelle Reinigung (arabisch: "wudu'" ;persisch: "âbdast") mit reinem Wasser. Sollte dieses nicht in ausreichender Menge zu Verfügung stehen oder als Trinkreserve benötigt werden, wird symbolisch Sand oder Staub verwendet (tayammum). Das Zusammenlegen oder Nachholen von Gebeten ist unter bestimmten Bedingungen gestattet, z. B. auf Reisen. Am Freitag wird das Mittagsgebet (Freitagsgebet) in der Gemeinschaft, meisten in der Hauptmoschee der Stadt oder des Viertels verrichtet. Es wird von der Predigt (khutba)begleitet, deren Grundlage der Koran und Aussprüche des Propheten ist und oft auch tagesaktuelle Fragen behandelt.
- Die Almosensteuer Zakât (زكاة).
Die Erträge werden für Bedürftige, Kranke, Befreiung Gefangener, den Dschihad oder zum Aufbau religiöser Schulen verwendet. Die Höhe variiert je nach Einkunftsart (Handel, Viehzucht, Anbau) zwischen 2,5-10% ebenso wie die Besteuerungsgrundlage (Einkommen oder Gesamtvermögen). Zakat stellt eine der drei nach islamischem Recht erlaubten Steuerformen dar; die anderen beiden sind die Grundsteuer (Charadsch) und die Kopfsteuer (Dschizya), die von Nichtmuslimen in islamischen Gesellschaften als Gegenleistung für ihre Duldung (siehe: Dhimmi) verlangt wird. Die Zakat ist eine fromme Handlung und religiöse Pflicht des Muslims und kann somit nur Muslimen zu Gute kommen.
Im Monat Ramadan, der sich jedes Jahr um 11 Tage verschiebt, wird von Beginn der Morgendämmerung - wenn man einen „weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden“ kann (Sure 2, Vers 187) - bis zum vollendeten Sonnenuntergang gefastet, nichts gegessen, nichts getrunken, nicht geraucht, kein ehelicher Verkehr und Enthaltsamkeit im Verhalten geübt.
Das Fasten wird nicht aus gesundheitlichen Gründen befolgt, sondern um Gottes Befehl während des Tages zu genügen. Insofern ist das oft praktizierte ausgiebige Fastenbrechen bei Nacht zwar nicht unbedingt ideal, verletzt jedoch auch nicht die religiöse Pflicht. Oft bricht man das Fasten mit einer Dattel und einem Glas Milch, wie dies der Prophet getan haben soll. Der Fastenmonat wird mit dem Fest des Fastenbrechens ('Īd al-fitr) beendet.
- Die Pilgerfahrt Haddsch (حج).
Einmal in seinem Leben soll der Muslim die Pilgerfahrt nach Mekka antreten, um dort u.a.die heilige Kaaba siebenmal zu umschreiten. Die Pilgerfahrt findet im letzten Mondmonat statt, und wird dann zur Pflicht für ihn, wenn er dazu in der Lage ist. Entscheidend dafür ob die Pilgerfahrt zur Pflicht wird, sind unter anderem seine finanziellen und gesundheitlichen Lebensumstände.Die Einschränkung der ritualrechtlichten Pflicht der Pilgerfahrt ist in Sure 3, Vers 97 begründet:
- "...und die Menschen sind Gott gegenüber verpflichtet, die Wallfahrt nach dem Haus (d.i. die Kaaba von Mekka) zu machen - soweit sie dazu eine Möglichkeit finden ".
Die Interpretation des hier verwendeten Ausdruckes "Möglichkeit finden" erfolgt in einem Prophetenspruch (Hadith), dessen Isnad allerdings als "schwach" eingestuft ist. Demnach ist der Besitz von Reiseproviant und Reittier (arabisch: al-zâd wa-'l-râhila) die Grundvoraussetzung für die Erfüllung dieser rituellen Pflicht.
Glaubensgrundsätze
Im Islam gibt es sechs Glaubensartikel, nämlich den Glauben an:
- Gott (Allah)
- seine Engel
- seine Offenbarung (heilige Bücher: Thora, die Evangelien, den Koran etc.)
- seine Gesandten, die Propheten Gottes: darunter Adam, Abraham, Moses, Jesus und zuletzt Mohammed
- den Tag des jüngsten Gerichts und das Leben nach dem Tod: Der Mensch werde eines Tages für seine Taten zur Verantwortung gezogen und mit dem Höllenfeuer bestraft bzw. mit dem Paradies belohnt
- die göttliche Vorsehung.
Erwähnt werden diese Glaubensartikel sowohl im Koran (z.B.Sure 4,Vers 136):
- Ihr Gläubigen! Glaubt an Gott und seinen Gesandten und die Schrift, die er auf seinen Gesandten herabgeschickt hat, und an die Schrift, die er schon (früher) herabgeschickt hat! Wer an Gott, seine Engel, seine Schriften, seine Gesandten und den jüngsten Tag nicht glaubt, ist (damit vom rechten Weg) weit abgeirrt.
Auch in Hadithen, wie folgendem Ausspruch des Propheten, heißt es:
- Der Glaube besteht darin, dass du an Gott glaubst und an seine Engel, an seine Bücher, an seine Propheten und an den Jüngsten Tag, sowie an die göttliche Vorsehung des Guten und des Bösen.
Der Islam ist eine ausgeprägt monotheistische Religion. Die christliche Vorstellung der Dreifaltigkeit wird ausdrücklich als polytheistisch abgelehnt, ebenso jede Personifizierung oder gar bildliche Darstellung Gottes. Gott wird durch seine 99 schönsten Namen (al-asmāʾu ʾl-ḥusnā) beschrieben, die nur ihm alleine zustehen. Die Menschen können über Gott nur wissen, was er ihnen selbst in seiner Gnade offenbart hat. Die Definierung der Attribute Gottes anhand der Koranauslegung führte im sunnitischen Islam zur Zeit der Abbasiden vor allem in den Lehren der Mu'tazila und ihrer Gegner zu heftigen Auseinandersetzungen
Neben der Eigenverantwortung steht die Verantwortung für andere: Jeder Muslim ist verpflichtet, zu „gebieten, was recht ist“ und zu „verbieten, was verwerflich ist: Al-amr bi'l ma'ruf wa n-nahy 'an al-munkar الأمر بالمعروف والنهي عن المنكر) (mehrfach im Koran, z. B. in Sure 7, Vers 157).
Die Scharia
Scharia (الشريعة (Šarīʿa), eig. »der Weg zur Wasserstelle«) ist das islamische Recht. Es regelt nicht nur das Leben der Muslime durch die oben erwähnten Grundsätze, sondern auch sämtliche zwischenmenschlichen Beziehungen durch Ehe-, Kauf-, Vertrags- und Strafrecht (ḥudūd / ʿuqūbāt), sowie die Beziehungen zu der nichtmuslimischen Welt durch das Kriegsrecht (siehe Dschihad).
Der Islam versteht sich als eine unauflösbare Einheit von Religion und Staat und von Religion und Recht. Alle Lebensverhältnisse der Muslime werden in einem islamischen Staat unter religiösen Gesichtspunkten gesehen und moralisch gewertet. Während im abendländischen Recht alles erlaubt ist, was das Gesetz nicht verbietet, verbietet das islamische Recht alles, was nicht gesetzlich erlaubt ist. Somit widerspricht der Islam den politischen und gesellschaftlichen Ordnungsprinzipien des Laizismus und des Pluralismus - beides notwenige Bestandteile der freiheitlich-demokratischen Grundordnung -, da alle Bereiche des täglichen Lebens ausschließlich gemäß Normen des islamischen religiösen Gesetzes reguliert werden. Somit ist das Recht eine religiöse Pflichtenlehre, die das Verhalten des Einzelnen sowohl zu Gott als auch zu seinen Mitmenschen regelt.
Im Sufismus (islamische Mystik) hat die Scharia den Stellenwert der Basis für den Weg des Gottessuchenden. Weitere Stationen sind in der Reihenfolge: Tariqa (der mystische Weg), Haqiqa (Wahrheit) und Ma'rifa (Erkenntnis).
Richtungen
Sunniten
Der Islam ist in mehrere Richtungen gespalten. Die Sunniten bilden mit etwa 90% die zahlenmäßig größte Gruppierung. Sie unterteilen sich wiederum in die sunnitischen Rechtsschulen der Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten und Schafiiten. Die Rechtsschulen sind häufig geographisch verteilt (z.B. Hanafiten in der Türkei, Malikiten in Nordafrika).
Schiiten
Die Schiiten sind die zweite große Richtung. Deren Hauptrichtung sind die so genannten Imamiten oder Zwölferschia, die vor allem im Iran, Irak, Aserbaidschan, Bahrain und dem Libanon weit verbreitet sind. Weiter gibt es die Anhänger der Siebenerschia (Ismailiten), die vorwiegend auf dem indischen Subkontinent (Mumbai, Karatschi und Nordpakistan) sowie in Afghanistan und Tadschikistan leben. Die Zaiditen oder Fünferschia finden sich heute nur noch im Jemen.
Charidschiten
Die Charidschiten, die sogenannten "Auszügler", die die Partei des vierten Kalifen Ali ibn Abi Talib verlassen haben sind die Anhänger der ältesten religiösen Sekte im Islam des 7. Jahrhunderts. Sie lehnten sowohl die Legitimation von Ali als auch von Uthman ibn Affan als Kalifen ab. Ihre Bewegung ist unter den ersten Kalifen der Abbasiden bereits erloschen. Ihr Hauptzweig ist heute die kleinste Richtung des Islams, die Ibaditen. Sie leben vor allem in Südalgerien (Mzab), auf der tunesischen Insel Djerba und in Oman.
Sufismus
Wie fast alle Religionen bzw. religiöse Richtungen besitzt auch der Islam einen inneren (esoterischen) und einen äußeren (exoterischen) Aspekt. Die mystische innere Dimension des Islam ist der Sufismus (arabisch tasawwuf تصوف). Der innere Aspekt wird auch Tariqa, der äußere Schari'a genannt. Nach Auffassung der Sufis gehören diese beiden Aspekte untrennbar zusammen, als Beispiel dient das Symbol einer Öllampe: Die Flamme der Lampe steht für Tariqa, also für die Essenz der Religion, die ohne das schützende Glas beim ersten Windhauch erlöschen würde. Das Glas, also die Hülle, steht für Schari'a, aber ohne eine Flamme hätte das Glas alleine als Lampe keinen Sinn.
Von puritanischen Gruppen wie den Wahhabiten werden die Sufis oft als Ketzer bezeichnet und deswegen abgelehnt.
Weitere Gruppen
Weitere Gruppen sind die Aleviten und die Ahmadiyya. Aus dem schiitischen Islam haben sich auch die eigenständigen Religionen der Drusen, der Jesiden, des Babismus und die Religion der Baha'i entwickelt.
Geschichte
Die politische Geschichte des Islam und des Kalifats wird in eigenen Artikeln behandelt. Eine Herrscherliste bietet die Liste der Kalifen.
Gegenwart

Heute ist der Islam in vielen Ländern des Nahen Ostens, Nordafrikas, Zentral- und Südostasiens verbreitet. Hauptverbreitungsgebiet ist dabei der Trockengürtel, der sich von der Sahara im Westen über den Nahen Osten und den Kaukasus bis nach Zentralasien im Osten zieht. Das bevölkerungsreichste muslimische Land ist Indonesien. Muslimisch geprägte Länder in Europa sind Bosnien und Herzegowina, der europäische Teil der Türkei und Albanien. Viele weitere Länder haben muslimische Minderheiten. Die Anhängerzahl des Islam wird auf zwischen 900 Millionen und 1,4 Milliarden geschätzt.
Islamische Konferenz
Die islamischen Länder sind in der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) organisiert, der auch einige Staaten mit größeren muslimischen Minderheiten angehören.
Umsetzung der Scharia
Seit der Kairiner Deklaration 1990 soll die Scharia wieder Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern sein. Die praktische Umsetzung ist jedoch sehr unterschiedlich. in Tunesien beschränkt sich die Umsetzung nur auf das Zivilrecht, in Saudi-Arabien und Sudan hingegen kommt sie vollständig zur Geltung.
In der Türkei wird die Scharia in der Rechtsprechung überhaupt nicht praktiziert. Allerdings sieht die soziale Realität in Teilen der Gesellschaft anders aus. So existiert z.B. die offiziell nicht anerkannte islamische Ehe; zumindest in ländlichen Gebieten wird auch Polygynie praktiziert.
Zuweilen gilt die Scharia nur in islamisch dominierten Landesteilen (Nigeria). Besonders drakonische Strafen (Amputation, Steinigung), die oft international kritisiert werden, finden in relativ wenigen islamischen Ländern Anwendung und werden auch innerhalb des Islams teilweise kritisiert, weil dabei meist die in der Scharia vorgeschriebenen strengen Schutzbedingungen für Angeklagte außer Acht gelassen werden, so zum Beispiel die Pflicht, mindestens vier erwachsene männliche Muslime als Zeugen vorzuführen, welche die Tat selbst mit eigenen Augen gesehen haben. Es gibt allerdings hier eine Grauzone, z. B. bei so genannten «Ehrendelikten» (beispielsweise Tötungen wegen Ehebruchs). Selbst in der laizistischen Türkei konnte bis vor kurzem noch bei solchen Delikten mit mildernden Umständen gerechnet werden. Erst 2004 wurde ein Gesetz durch das Parlament beschlossen, das so genannte „Ehrenmorde“ an Mädchen und Frauen wie vorsätzlichen Mord mit lebenslanger Haftstrafe ahndet. Ein Bereich der Scharia, der wohl nur noch im Sudan und in Mauretanien existiert, ist die Sklaverei.
Wirtschaftliche und soziale Situation
Fast alle islamischen Staaten gehören zu den Schwellenländern oder Entwicklungsländern. Nur die Länder Kuwait, Katar, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate haben den Sprung zu einem Industrieland geschafft. Obwohl die arabischen Länder, wo der Islam seinen Ursprung hat, für rund 40 Prozent der weltweiten Ölproduktion stehen, findet keine mit Europa oder Ostasien vergleichbare wirtschaftliche Entwicklung statt.
Eine mögliche Erklärung ist die Beschaffenheit der Region die im Wesentlichen aus Wüsten mit verhältnsmäßig wenigen fruchtbaren und bewohnbaren Flächen besteht. Dazu kommt der zunehmende Wassermangel. Im Wirtschaftsleben besteht durch das Verbot Zinsen zu nehmen ein grundlegender Unterschied zum Kapitalismus westlicher Prägung. Nicht zuletzt waren die meisten muslimischen Länder Afrikas und Asiens bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts von europäischen Kolonialmächten besetzt, dabei ist zu bedenken, dass die muslimische Türkei die einzige nichteuropäische Kolonialmacht war. Aber das derzeit mit Abstand größte Hindernis für einen wirtschaftlichen Aufstieg dieser Kernregion des Islam ist der Analphabetismus.
Laut dem Arab Human Development Report (AHDR) der UNO sind die Hälfte aller Frauen und ein Drittel aller Männer in der Arabischen Welt Analphabeten. 32 Millionen Menschen leiden an Unterernährung. Das Bruttosozialprodukt aller 22 Länder der Arabischen Liga (300 Millionen Einwohner) lag 1999 mit 531,2 Milliarden Dollar noch unter dem des christlichen Spanien (40 Millionen Einwohner) mit 595,5 Milliarden Dollar. Zehn Millionen Kinder unter 15 Jahren besuchen keine Schule. Fast 40 Prozent der 15- bis 24-Jährigen in Algerien sind arbeitslos, in Marokko und Ägypten jeweils 35 Prozent. In den meisten Staaten mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung sind autokratische Regierungen an der Macht. Die Reaktion auf diese Lage ist in manchen Ländern eine verstärkte Zuwendung der Bevölkerung zu islamistischen Gruppierungen, zumal diese sich stark im sozialen Bereich einsetzen. Der militante Islam (der Islamismus) spiegelt nach dem früheren deutschen Außenminister Klaus Kinkel, "die wirtschaftliche, politische und kulturelle Enttäuschung" der Muslime wider.
Die Heiligen Stätten des Islam

Im Islam gilt eine Vielzahl von Städten als heilig, wobei dreien eine besondere Bedeutung zukommt: Zuerst natürlich Mekka als Geburtsort Mohammeds mit der Kaaba als zentralem Heiligtum des Islam, das die Gebetsrichtung (Qibla) bestimmt. Darauf folgt mit Medina, nördlich von Mekka gelegen, der Ort, an dem der Islam erste politische Wirkungskraft entfaltete, und schließlich Jerusalem, das nach muslimischer Überlieferung die erste Qibla-Richtung vorgab und der Ort ist, den die Muslime als geographische Position der im Koran (Sure 17, „Die nächtliche Reise“) erwähnten al-Aqsa-Moschee definiert haben.
Daneben gibt es eine große Zahl an Wallfahrtsorten unterschiedlicher Bedeutung. Meist handelt es sich dabei um Grabstätten, etwa von Gefährten Mohammeds, der Imame der Schia oder von Sufi-Scheichs. Führend in der Zahl heiliger Orte ist vermutlich der nordafrikanische Volksislam mit unzähligen Grabstätten von Marabuts. Abgesehen von den ersten drei heiligen Stätten ist der Status der «heiligen» Städte - wie die Heiligenverehrung selbst - im Islam ein äußerst kontroverses Thema.
Jerusalem stellt in der Liste der heiligen Städte insofern einen Sonderfall dar, als sich der aus dem Koran hergeleitete Anspruch historisch nicht belegen lässt. Trotzdem ist er für Muslime einhellig eine Glaubenswahrheit, was ihn in der praktischen Auswirkung einer „historischen Wahrheit“ gleichstellt.
Der Islam und andere Religionen
Der Islam unterscheidet bei seiner Betrachtung Andersgläubiger zwischen monotheistischen und polytheistischen Religionen. Juden, Christen und Johanneschristen haben eine Sonderstellung als "Leute der Schrift", wie sie im Koran genannt werden. Im islamischen Staat haben sie die Stellung der sogenannten "Dhimmi", die eine Schutzsteuer entrichten müssen, dafür weder die gesetzliche Armensteuer zahlen müssen, noch in der Armee dienen müssen. Ihnen muss vom Staat gewährleistet werden, dass ihnen Gotteshäuser zur Verfügung gestellt werden und sie ihre Religion frei ausüben können. Trotz der Aussage "kein Zwang im Glauben" [Koran: Sure 2 Vers 256] werden nach der Scharia Polytheisten nicht geduldet, siehe dazu auch Glaubensfreiheit. Der Islam teilt die Welt in zwei Gebiete, zum einen das "Gebiet des Islam" (Dar al-Islam) in dem der Islam schon herrscht und das "Gebiet des Krieges" (Dar al-Harb).
Siehe auch: Geschichte des Begriffs Dschihad und Dschihad.
Siehe auch
- Euroislam
- Satanische Verse
- Liste islamischer Begriffe auf Arabisch
- Islamische Organisationen in Deutschland
- Islamische Organisationen in Österreich
- Islamische Organisationen in der Schweiz
- Kein Zwang im Glauben - zur Religionsfreiheit im Islam
- Islamischer Kalender
- Berühmte Muslime
- Islamismus
- Fiqh
Literatur
Übersetzungen und Literatur zum Koran und den Hadithen finden sich in den entsprechenden Artikeln und werden deshalb hier nicht aufgeführt.
Grundwissen
- Ralf Elger (Hrsg.): Kleines Islam-Lexikon. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47556-6
- Ralf Elger: Islam. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2002, ISBN 3-596-15368-9
- Gerhard Endreß: Der Islam. Eine Einführung in seine Geschichte. München 1997 (C.H. Beck Studium), ISBN 3-406-42884-3
- John L. Esposito: Von Kopftuch bis Scharia. Was man über den Islam wissen sollte. Leipzig 2004 (Reclam Leipzig), ISBN 3-379-20105-7
- Richard Hartmann: Die Religion des Islam. Berlin 1944 - Nachdruck Wiss. Buchgesellschaft 1992, ISBN 3-534-80132-6
- Malise Ruthven: Der Islam. Eine kurze Einführung. Reclam, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-018057-0
- Udo Schaefer: Glaubenswelt Islam. Eine Einführung. Religionswissenschaftliche Texte und Studien, Band 7. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2002, ISBN 3-48710-159-9
- Annemarie Schimmel: Die Religion des Islam. Eine Einführung. Reclam, Stuttgart 1990, ISBN 3-15-008639-6
- Anna Strobl/Walter Vogel: Islam - die CD-ROM. Andreas Schnider Verlags-Atelier, Graz 1999, ISBN: 3-900993-95-5
- Montgomery W. Watt: Der Islam. 3 Bände. Kohlhammer, Stuttgart 1980-1990 (Band 2: ISBN 3-17-005707-3)
- Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hrsg.): Was jeder vom Islam wissen muss. Gütersloher Verlagshaus, GTB 786, 5. Auflage 1996, ISBN 3579007866
Geschichte
- Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Springer, Berlin 1991-1995 (sechs Bände)
- Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47486-1
- Heinz Halm: Der Islam. Geschichte und Gegenwart. C.H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-519172
- Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam. Darmstadt 2001, ISBN 3-534-14118-0
- Marcel Rebiai: Islam, Israel und die Gemeinde Schleife 2004, ISBN 3-907-82742-2
- Hans Küng: Der Islam. Geschichte, Gegenwart, Zukunft. München/Zürich 2004, ISBN 3-492-04647-9
- Tilman Nagel: Geschichte der islamischen Theologie. Beck, München 1994, ISBN 3-406-37981-8
- Albrecht Noth, Jürgen Paul (Hrsg.): Der islamische Orient. Grundzüge seiner Geschichte. Ergon, Würzburg 1998, ISBN 3-932004-56-6
Verhältnis zum Westen und aktuelle Probleme
- Dan Diner: Versiegelte Zeit. Über den Stillstand in der islamischen Welt. Propyläen Verlag, ISBN 3-54907-2449
- Adel Theodor Khoury: Der Islam und die westliche Welt. Primus Verlag, ISBN 3-89678-437-4
- Navid Kermani: Strategie der Eskalation. Der Nahe Osten und die Politik des Westens, ISBN 3-89244-966-X
- Navid Kermani: Dynamit des Geistes. Martyrium, Islam und Nihilismus, ISBN 3-89244-622-9
- Samuel P. Huntington: Kampf der Kulturen. Goldmann-Verlag, 2002, ISBN 3-442-15190-2
- Mark A. Gabriel: Islam und Terrorismus. Resch, Lake Mary/Florida 2004, ISBN 3-935197-39-X
- Bat Ye'or: Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam. Resch-Verlag, Gräfelfing 2002, ISBN 3-935-19719-5