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Atlas wirft die Welt ab

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Atlas wirft die Welt ab (englischer Originaltitel Atlas Shrugged), jüngst auch unter dem Titel Wer ist John Galt? wieder veröffentlicht, ist ein 1957 erschienener Roman von Ayn Rand.

Das mit einfachen schriftstellerischen Mitteln arbeitende Buch ist eines der einflussreichsten politischen Bücher in den USA des 20. Jahrhunderts. Die Phrase »Wer ist John Galt?« durchzieht leitmotivisch den Roman und ist in den USA mittlerweile sprichwörtlich für Passivität und Mittelmäßigkeit. Außerhalb der USA wurde Rands Werk wie auch die objektivistische Philosophie, die es zu vermitteln sucht, kaum beachtet oder für die Verfechtung eines rücksichtslosen Libertarismus kritisiert.

Philosophie

Der Roman ist eine Streitschrift für Rands Auffassungen, dass unabhängiges Denken, und daraus folgend Kreativität und Erfindergeist, der Motor ist, der die Welt am laufen hält. Diese Tugenden sind nur bei bestimmten Menschen ausgeprägt. Das Thema von Atlas Shrugged ist Rands Vision, was passieren würde, wenn die Men of the mind streiken würden: die Welt würde antriebslos werden und die Zivilisation kollabieren.

Nach Rands Aussage in diesem Buch hängen der Erfolg und das Wohlergehen einer Gesellschaft einzig und allein davon ab, inwieweit unabhängigem Handeln und persönlichen Erfolgen Freiheit gegeben wird. Ihrer Auffassung nach geschieht dies am besten, wenn Eigentumsrechte strikt eingehalten werden und die Gesellschaft einen laissez-faire Kapitalismus zulässt.

Sozialistische und kommunistische Systeme werden im Buch als fundamental fehlerhaft dargestellt. Ebenso kritisiert sie im Buch das Christentum, Selbstaufopferung wird als besonders negative Eigenschaft betont, dem Buch zufolge sind persönliche Freiheit und Erfolgsstreben persönliche Tugenden.

Nach einer gemeinsamen 1991 durchgeführten Umfrage der Library of Congress und dem Book of the Month Club unter US-amerikanischen Autoren wird Atlas Shrugged von diesen als nach der Bibel einflussreichstes Buch für die heutige USA in der Kategorie "Books That Made a Difference in Readers' Lives anerkannt [1].

Inhalt

Rands Wer ist John Galt ist ein suggestiv angelegter Roman, der in der industriellen Pionierzeit der USA, vor der Kulisse von Eisenbahnlinien und Bohrtürmen, Hochöfen und Kupferminen spielt. Die Protagonistin des Romans, Dagny Taggart, ist dementsprechend die Erbin einer großen Eisenbahnlinie. Sie verkörpert den amerikanischen Pioniergeist, den auf sich selbst und der eigenen Tatkraft fußenden Individualismus:

»Sie saß mit zurückgeworfenem Kopf am Zugfenster. [...]. Ihr Gesicht war streng. Ihren sinnlichen Mund mit seinen scharfen Konturen hielt sie fest geschlossen. Ihre Hände steckten in den Manteltaschen. In ihrer Haltung drückte sich eine Untätigkeit hassende Spannung aus [...]«.

Dagnys Bruder James Taggart hingegen, der die ererbte Unternehmung leitet, ist hierzu im Gegensatz als ebenso dekadenter wie entscheidungsunfähiger Antitypus entworfen:

»James Taggart [...] sah wie ein Mann um die Fünfzig aus, der, ohne je jung gewesen zu sein, vom Kind gleich zum alten Mann geworden war. Er hatte schmale, heruntergezogene Lippen und dünnes, auf einer Halbglatze klebendes Haar. Seine Haltung war schlaff und von einer jede Bewegung erfassenden Nachlässigkeit [...] Er wirkte wie ein dümmlicher Flegel. Seine Haut war blass und weich. Seine Augen farblos und verhangen [...]«

Die in ihrer bis in die Beschreibung physischer Merkmale hinein reichende klischeehafte Kontrastierung der Figuren liefert eine Polarisierung von good guys (Schaffenden, Leistungswilligen etc.) zu bad guys (Schmarotzenden, Arglistigen etc.), die nicht nur über die Länge des Romanes erhalten bleibt, sondern dessen Inhalt auch maßgeblich bestimmt. So werden die Gewerkschaften zu institutionalisiertem Parasitentum:

»Wir sind fähig zu handeln; sie nicht. Darum werden wir schließlich siegen, ganz gleich, was sie uns antun.« .

Auch wenn, durch die Heldin bestimmt, Rands Roman eine bis in die Gegenwart reichende ambivalente Rezeption innerhalb der amerikanischen Frauenbewegung evozierte, gerät die story doch zu einer klischeehaften Liebesgeschichte, wenn mit Hank Rearden ein weiterer bis zur Selbstaufgabe seinem unternehmerischen Ziel verpflichteter Pionier eingeführt wird, der dann die selbstbewusste Dagny sogar zum Erröten zu bringen vermag. Während dies auf die Heldin als sexuelles Stimulans wirkt, bleibt Hank auch hier der ratio verpflichtet, entlarvt seine Begierde als »seelenlosen, körperlichen Trieb« und lehnt sich »gegen den Gedanken auf, dass sein Fleisch frei wählen konnte und diese Wahl über seinen Willen triumphierte«.

Die Phrase »Wer ist John Galt?« durchzieht leitmotivisch den Roman und ist in den USA sprichwörtlich für Passivität und Mittelmäßigkeit. Außerhalb der USA wurde Rands Werk wie auch die objektivistische Philosophie, die es zu vermitteln sucht, kaum beachtet oder für die Verfechtung eines rücksichtslosen Libertarismus kritisiert. Kritik am Kapitalismus erscheint im Roman als amoralische Tat. Die Skrupel eines Scrooge dürften unverständlich, wenn nicht abstoßend erscheinen auf der Folie Randschen Gedankengutes. Denn die ungebundene Tatkraft, die Unkonventionalität, der Kapitalismus ist letztlich gleichbedeutend mit der Freiheit.

Literatur