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Zweite Spanische Republik

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Die Zweite Republik bezeichnet in Spanien die Epoche von 1931 bis 1936/1939, in der eine neue demokratische Staatsform existierte, die aber die scharfen Konflikte des Landes nicht lösen konnte. Diese Situation führte in den Spanischen Bürgerkrieg, in dem die Republik vom Franco-Regime gewaltsam verdrängt wurde.

historische Fahne der Spanischen Republik

Vorgeschichte

Nach dem Abflauen der Konjunktur während der Weltwirtschaftskrise 1929 vermochte auch die Diktatur Primo de Riveras die oligarchischen Herrschaftsverhältnisse nicht länger aufrecht zu halten. Nach seinem Scheitern 1930 und einem kurzen Intermezzo unter General Berenguer war die Monarchie am Ende. Als die landesweiten Gemeindewahlen sich zu einem deutlichen Votum gegen das Ancien Régime entwickelten, verließ Alfons XIII. das Land. Am 14. April 1931 proklamierte der Großgrundbesitzer Niceto Alcalá Zamora die neue Republik. Sie wurde anfänglich vom Großteil der Bevölkerung überschwänglich begrüßt, da sie an die Demokratie große Hoffnungen knüpfte. Die Republik wurde als la niña bonita, „das schöne Mädchen“, bezeichnet. Es gab keinen Widerstand gegen den Umsturz; für spanische Verhältnisse verlief alles ungewohnt friedlich. So kam es zu einem Regierungsbündnis zwischen den linksrepublikanischen Parteien und den Sozialisten des PSOE, die allerdings auch unter Primo de Rivera in der Verantwortung gestanden hatten. Der Schriftsteller Manuel Azaña von der Republikanischen Aktion wurde zum ersten Ministerpräsidenten gewählt. Zamora besetzte das Amt des Staatspräsidenten.

Die Geburt der Republik fand in einer Phase statt, in der sich die liberale repräsentative Demokratie in Europa in der Defensive befand. 1922 hatten die italienischen Faschisten die Macht ergreifen und 1925 das parlamentarische System endgültig ausschalten können. Die Verhältnisse in Frankreich verschlechterten sich, die Spannungen und Übergriffe nahmen zu. Noch schärfer waren die Konflikte in Österreich. Und die deutsche Weimarer Republik, die für Spanien ein verfassungspolitischer Orientierungspunkt war, sollte 1933 praktisch schon nicht mehr existieren.

Sozioökonomische Struktur

Spanien blieb auch zu Zeiten der Zweiten Republik eine Zweidrittel-Gesellschaft mit stark agrarischer, semi-feudalistischer Struktur. Nur in den nördlichen Randgebieten der Iberischen Halbinsel, insbesondere den nach Unabhängigkeit strebenden Landesteilen Katalonien und Baskenland, hatte sich eine Industrie entwickelt, die mit westeuropäischen Standards vergleichbar war. Dennoch war in den industriellen Ballungsräumen wie auf dem Lande für große Bevölkerungsteile ein dauerhafter Einkommensausfall existenzbedrohend. Diese Situation barg hohes soziales Konfliktpotential, da die wirtschaftlichen Eliten zu sozialpolitischen Zugeständnisse nicht bereit waren. Die spanische Wirtschaft wurde von der globalen Krise von 1929 nicht unmittelbar berührt, da sie kaum exportfähig und stark binnenorientiert war. Sie war allerdings auf einen ständigen Zufluss ausländischer Investitionen angewiesen, die aufgrund der Krise und einer gewissen Abneigung gegenüber der Republik abnahmen. Ebenso häuften sich die Fälle von Kapitalflucht, was insgesamt zu steigender Arbeitslosigkeit und verschärfter Armut beitrug.

Träger der alten Ordnung

Der agrarischen Sektor war insbesondere südlichen Regionen Andalusiens und der Extremadura durch extreme Eigentumskonzentration in den Händen von Großgrundbesitzern geprägt. Diese Latifundisten trugen zur Wirtschafts- und Kaufkraftentwicklung wenig bei, da sie sich weitgehend darauf beschränkten, ihre ökonomische und politische Machtpositionen gegenüber der grossen Masse von Landarbeitern und Tagelöhnern (yunteros) zu verteidigen, anstatt eine produktive Entwicklung und effizientere Wirtschaftweisen zu unterstützen, von denen mehr Menschen hätten profitieren können. Sie handelten gemäß ihrem Ideal der sog. Hispanität, inspiriert von der imperialen Größe Spaniens während der Frühen Neuzeit, in der die Granden das Leben der Nation uneingeschränkt dominiert hatten. Die Großindustriellen und Bankiers standen dagegen noch im Verdacht, keine „echten Spanier“ zu sein.

Die Hispanität vertraten auch die Offiziere, die sich seit der Niederlage im Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 und den verlustreichen Marokko-Feldzügen zunehmend den Zuständen im Heimatland widmeten. Dabei sahen sie sich in einer Tradition, in der seit dem frühen 19. Jahrhundert die Armee immer wieder anlassbezogen in das politische Leben eingegriffen und amtierende Regierungen durch Staatsstreiche (span. pronunciamentos) gestürzt hatte. Mittlerweile war der Anteil der Offiziere im Gesamtkorps überproportional angestiegen und die Ausrüstung des Heeres in einem Zustand, in dem sie nur noch zur Niederwerfung innerer Unruhen zu gebrauchen war.

Die dritte Säule dieser traditionellen Machtstrukturen bildete die Katholische Kirche Spaniens. Ihre im Vergleich zum restlichen Europa sehr weitreichenden Vorrechte wollte sie von Säkularisierungstendenzen unangetastet wissen. Dabei ging es auch um erhebliche Besitztümer, denn die Mitglieder des Hohen Klerus gehörten zu den größten Grundbesitzern des Landes und den einflussreichsten Personen im Bankensektor.

Die Mittelschicht

Am Rande dieser oligarchischen Trias lebte die Mittelschicht, der gesellschaftliche Träger einer modernen demokratischen Republik. In ihr fanden sich eindeutig liberale und laizistische, aber auch katholisch-konservative bis nationalistische Tendenzen. Sie machte allerdings nicht einmal 20 % der Bevölkerung aus und war gespalten zwischen den autoritären Neigungen der alten Eliten und den teils gewalttätig vorgertragenen Forderungen der organisierten Arbeiterschaft.

Die organisierte Arbeiterschaft

Im Jahre 1869 waren die Abgesandten der divergierenden Strömungen der Ersten Internationale in kurzem Abstand über die Pyrenäen gereist, um ihre Ideen zu verbreiten. Zunächst war der Erfolg recht unterschiedlich gewesen, denn vor allem die mit den Sozialisten konkurrierenden Anarchisten hatten unter den spanischen Bauern rasch Anhänger gewinnen können. Nach dem Scheitern der Ersten Republik vertrat der Staat immer noch uneingeschränkt und mit Gewalt die Interessen der „oberen Zehntausend“, während die „soziale Frage“ im übrigen Westeuropa vor dem Ersten Weltkrieg durch sozialpolitische Konzessionen reformistisch gemildert worden waren.

Außerdem war die Mitgliedschaft in anarchistischen Organisationen im Gegensatz zu sozialistischen beitragsfrei; es gab dort so gut wie keine bezahlten Funktionäre. Doch im Laufe der Jahre konnte die 1888 gegründete sozialistische Gewerkschaft UGT an Boden gewinnen. Sie blieb ihrem reformistischen Kurs treu, woran auch die Russische Revolution nichts ändern konnte. Die Anarchisten, die ihre eigenen Vorstellungen von Revolution und einer kommunistischen Gesellschaft hatten, entwickelten Anfang des 20. Jahrhunderts eine neue, den industriellen Verhältnissen angepasste Organisationsform. Inspiriert vom französischen Syndikalismus, gründeten sie die Gewerkschaft CNT. In der Entwicklung der beiden genannten Gewerkschaften hatten sich regionale Schwerpunkte gebildet, die aber während der neuen Republik ein wenig durcheinander gerieten: Die Sozialisten waren vor allem in den kastilischen Gebieten León und La Mancha, der Extremadura und Asturien stark vertreten; die Anarchisten in Valencia, Katalonien, Andalusien und Aragonien. Beide Gewerkschaften besaßen eine Mitgliederschaft, die über die Milliongrenze hinausging.

Die Reformjahre 1931-33

Der neue Staat beanspruchte für sich, Spanien moderner und gerechter zu machen. Dabei mussten drei Problemkomplexe von der Regierung bewältigt werden: Die Kompetenzen des Madrider Zentralstaates sollten zugunsten der historischen Regionen neu definiert, die Dominanz der traditionellen Eliten zurückgedrängt und die Eigentumsfrage auf dem Lande neu gestellt werden.
Neben diesen Grundsatzfragen war die Konsolidierung des Staatshaushalts von unmittelbarer Bedeutung. Während der vorausgehenden Diktatur hatte sich die Staatsschuld nahezu verdoppelt. Trotz der schwierigen Lage gelang es dem neuen Schatzmeister bei Beibehaltung des Steuersystems den Schuldenstand um 50% zu reduzieren, womit zumindest eine relative Haushaltskonsolidierung erreicht wurde.

Soziales

Die „soziale Frage“ bedeutete die größte Herausforderung für die Republik. Erst eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der marginalisierten Land- und Industriearbeiterschaft hätte diese befrieden und so eine verbreiterte Akzeptanz für die Republik schaffen können. Die in dieser Hinsicht zentrale Bodenreform, die zudem eine lange Vorlaufzeit gebraucht hätte, wurde nur sehr zögerlich angegangen, und keine der neuen Maßnahmen wollte man ohne die Auswirkung auf die politische Konkurrenz ins Auge fassen.

Das Agrarstatut vom September 1932 hatte zum Ziel, vor allem die südlichen Latifundien mit ihren brachliegenden Flächen der Gesellschaft nutzbar zu machen. Obwohl man sich über die Notwendigkeit einer Reform prinzipiell einig war, kam es zwischen Republikanern und Sozialisten zum Zerwürfnis darüber, wie man mit den konfiszierten Großdomänen verfahren sollte: PSOE und UGT forderten eine kollektive Bewirtschaftung, die Liberalen eine Aufteilung des Bodens unter den Bauern. Dahinter standen strategische Überlegungen: Die Liberalen strebten das Entstehen einer kleinbürgerlichen Schicht an, die Linken wollten sie verhindern. Den Linken lieferten die ökologischen Bedingungen ein zusätzliches Argument, da sie eine Einzelbewirtschaftung der Flächen ungemein erschwerten.

In der politischen Praxis vermieden es die Republikaner jedoch, die Agrarfrage wirklich zu einem zentralen politischen Thema zu machen und beschäftigten sich mehr mit den politischen Fragen, die ihre eigenen Lebensumstände berührten. In zwei Jahren wurde nur ein geringer Teil der Felder veräussert, und diese zu ungünstigen Bedingungen: Die neuen Eigentümer mussten das Land zum vollen Preis kaufen, da den Vorbesitzern Entschädigungen zugestanden wurden. Zudem weigerten sich die Banken systematisch, Kredite zu vergeben, was an sich bereits zur Stagnation in der Landwirtschaft beitrug. Zwei Drittel der nach 1931 neu hinzugekommenen Arbeitslosen stammten aus dem Agrarsektor, wo auch 40 % der Streiks stattfanden. Die Kleinbauern, die verstärkte Konkurrenz durch zusätzliche Anbieter befürchten mussten, gehörten zum Wählerreservoir der Republikaner und machten ihren Einfluss geltend, die Reform zu verschleppen. Auch für das ziemlich harte Schicksal der Pachtbauern im Norden und in Kastilien suchte man keine greifbare Regelung.

Der sozialistische Arbeitsminister Francisco Largo Caballero, der schon unter Primo de Rivera als Staatssekretär gearbeitet hatte, erließ seit Dezember 1931 zahlreiche Gesetze, um die rechtliche Situation der Lohnabhängigen im industriellen Sektor zu verbessern sowie den Ablauf von Streiks zu regeln. Dies lief wiederum der anarchosyndikalistischen Strategie völlig zuwider.

Bildung und Kultur

Die Politik der neuen Regierung in Kultus- und Bildungsangelegenheiten erwies sich als besonders streitbar. Die Republikaner waren die ersten Regierenden Spaniens, die sich um die Bildungskompetenz kümmerten. Bei Ausrufung der Republik konnte ein Drittel der Spanier über 10 Jahre nicht lesen und schreiben. Die Regierung strebte an, die Einschulungsrate der Kinder zu erhöhen, richtete Kommissionen zur Förderung der Berufsausbildung ein, installierte Abendkurse für Erwachsene und entsandte Wanderbüchereien in die abgelegeneren Regionen. Ähnliche Anstrengungen hatte es bislang nur von den linken Gewerkschaften gegeben.

Diese Politik musste unweigerlich die Stellung der katholischen Kirche berühren, die auch in anderen zivilen Angelegenheiten immer noch ein gewichtiges Wort mitredete. Die Liberalen verachteten den Katholizismus nicht weniger als die Linken. Ein Verfassungsentwurf, welcher der Kirche einen besonderen Status eingeräumt, aber weite Teile ihrer Privilegien reduziert hätte, wurde von der Mehrheit in den Cortes als unzureichend angesehen und abgelehnt. Der Ausspruch Azañas, Spanien habe „aufgehört, katholisch zu sein“, und die von ihm tolerierte „Nacht der brennenden Konvente“, in der dutzende religiöse Einrichtungen in Brand gesteckt wurden, lösten eine Welle der Empörung und eine Regierungskrise aus. Der vermögende Hohe Klerus, der die Republik als eine Agentur Moskaus diffamierte und stets treu zu Diktatur und Monarchie gestanden hatte, gab sich ebenso unversöhnlich. Ein Lehrverbot für religiöse Orden wurde erlassen. Dies riss eine große Lücke, da weder die geistlichen Bildungsträger schnell und gleichwertig ersetzt werden konnten noch die finanziellen Mittel dazu verfügbar waren. Der einflussreiche Jesuitenorden wurde für illegal erklärt; seine umfangreichen Besitztümer konnten aber durch Überschreibungen dem Zugriff des Staates entzogen werden.

Die ziemlich armen Ortspfarrer hatten überwiegend für die Republik gestimmt, schreckten aber wegen der harten Haltung der parlamentarischen Linken vor einer weiteren Unterstützung zurück, zumal die Arbeiterschaft sich nicht scheute, die gegenseitige Feindschaft weiter zu pflegen und bei nächster Gelegenheit Kirchen und Klöster im ganzen Land in Brand zu setzen.

Militär

Die republikanisch Regierung verfolgte das Ziel, auch die Armee der zivilen Autorität zu unterstellen. Sie versuchte, die in den Offiziersrängen aufgeblähten Struktur zu straffen, indem viele Offiziere gegen ihren Willen in die Reserve versetzt wurden, während die im aktiven Dienst Verbliebenen die Kürzungen im Personalbestand mit wachsendem Unmut verfolgten. Die Regierung bot den Befehlshabern, die den Eid auf die Republik nicht ablegen wollten, die Möglichkeit an, in Pension zu gehen. Die Abneigung der Verbliebenen gegen die von Intellektuellen, Juristen und Gewerkschaftlern regierte Republik wuchs. Die Abschaffung der privilegierten Militärrechtssprechung und der Academia General Militar betrachtete man als Affront. Im August 1932 brach in Sevilla eine Revolte los. Angeführt wurde sie von General José Sanjurjo, der sich im Vorjahr noch geweigert hatte, dem König Gefolgschaft zu leisten. Mittlerweile war er aber wegen seiner Attacken gegen die Arbeiterbewegung als Kommandant der Guardia Civil abgelöst worden. Somit wusste die CNT, mit wem sie es zu tun hatte, als sie allein den relativ schwachen Aufstand mit dem von ihr ausgerufenen Generalstreik abwürgte. Eine ihrer katalanischen Sektionen hatte im Januar desselben Jahres die Niederwerfung einer eigenen Revolte im Llobregat erleben müssen.

Autonomie

Trotz dieser kritischen Ereignisse konnte der Staat im Jahre 1932 eine gewisse Stabilität gewinnen. Im September war Katalonien die Autonomie zugesprochen worden. (1931 war in Barcelona die Republik eher ausgerufen worden als in Madrid). Es bekam eine eigene Regierung, die Generalitat, und ein eigenes Parlament. Die stärkste katalanische Partei war die linksliberale Esquerra (ERC), die mit dem Juristen Lluís Companys den Präsidenten Kataloniens stellte. Der Esquerra stand die Gewerkschaft der katalanischen Weinbauern, die Union de Rabassaires (UdR), nahe. Der Autonomiestatus der katholischen Basken scheiterte zunächst am Laizismus der Regierung und den Konflikten mit der Nachbarprovinz Navarra.

Das Ende der Hoffnungen

Im Januar 1933 versuchte in dem andalusischen Dorf Casas Viejas eine Gruppe anarchistischer Bauern ihre gesellschaftlichen Vorstellungen durchzusetzen. Dies wurde von einem massiven Aufgebot an Militärs und Zivilgarden rasch und brutal niedergeschlagen. Zwölf Zivilisten wurden getötet. Im ganzen Land kam es zu Protesten, die selbst von den antirepublikanischen Rechten getragen wurden. Ein Untersuchungsausschuss bestätigte die Mitschuld der Regierung und die Verantwortung der Behörden vor Ort. Regierungschef Azaña hatte den Zivilgardisten die Anweisung gegeben, den Aufrührern auf den Bauch zu schießen. Die Republik war prompt diskreditiert, denn die alten repressiven Reflexe waren wieder zum Leben erweckt worden. Die Anarchisten sahen sich in ihrer ablehnenden Haltung der neuen Staatsform gegenüber bestätigt, während die Sozialisten, die an dem Vorfall mitbeteiligt waren, in einige Verlegenheit gerieten.

Das Klima im Land verschlechterte sich rapide, eine Streikwelle erfasste das Land, die parlamentarische Rechte wandte sich nun gegen weitere Reformvorhaben der Regierung. Unter dem Einfluss der Ereignisse von Casas Viejas und den kaum spürbaren Ergebnissen der bisherigen Reformen gewannen diejenigen Flügel der linken Gewerkschaften an Zulauf, die in der Republik keine Lösung der sozialen Probleme mehr sahen. Im Jahr 1933 fanden fast doppelt so viel Streiks wie 1932 und 1934 zusammen statt. Angeführt von der FAI, forcierten die Anarchisten ihren Konfrontationskurs gegen die Republik, der von den Ordnungshütern mit skrupelloser Härte beantwortet wurde. Die FAI war 1927 gegründet worden, um die subversiven Strömungen des spanischen Anarchismus zu stärken. Mittlerweile hatte sie sehr großen Einfluss in der anarchosyndikalistischen Bewegung erlangt. Die Opposition gegen ihre militanten Aktionen führte zu einer Kontroverse innerhalb der CNT. Eine kleine Gruppe, die Treinistas, spaltete sich von der Gewerkschaft ab.

Die Regierung setzte nicht auf Überzeugung, sondern auf Macht. Der liberale Regierungschef Azaña gründete eine neue paramilitärische Polizeitruppe, die Guardia de Asalto (Sturmgarde), aus treuen Anhängern der Republik, um sie gegen ihre Feinde verteidigen zu können. Ihr Oberbefehlshaber wurde General Emilio Mola. Im Oktober trat das ungemein weitreichende neue Gesetz zur Verteidigung der Republik in Kraft sowie eine neue Zensurrichtlinie, die Monarchisten und Anarchisten gleichermaßen in Rage brachte.

Im September war die amtierende Regierung schließlich am Ende. Zwischen den Liberalen und den Sozialisten war es zum Bruch gekommen. Die Lage erinnerte wieder an die Zustände zur Zeiten der Diktatur. Die Unruhen verprellten die Mittelschicht, und die Arbeiterschaft sah nicht ein, warum dieser neue bürgerliche Staat so viel besser sein sollte als der vorherige.

Die „zwei schwarzen Jahre“ 1934 und 1935

Der Begriff bienio negro („schwarzes Doppeljahr“) bezieht sich auf die Folgen der Politik der bürgerlichen Regierung, die von ihren politischen Gegnern so bezeichnet und von der Historiographie auch übernommen wurde.

Triumph der Rechten

Die Neuwahlen im November endeten für die linksrepublikanischen Parteien mit einem Debakel. Ironischerweise kam diese Niederlage auch dadurch zustande, dass die anarchistische Arbeiterschaft, die 1931 ihre Zustimmung für die neue Demokratie mit der Stimmabgabe an die Republikaner verknüpft hatte, sich nun der Stimmabgabe enthielt, nachdem die CNT-FAI eine gegen die Sozialisten gerichtete Antiwahl-Kampagne geführt hatte. Die Wahlbeteiligung sank auf gerade einmal 60 %. Im Gegensatz zur zerstrittenen Linken war es dem rechten Lager gelungen, ein Wahlbündnis zu schließen. Es nutzte geschickt das von Großbritannien übernommene Mehrheitswahlrecht und profitierte auch von der Einführung des Wahlrechtes für Frauen, welche mehrheitlich eher konservativ wählten. Das Mehrheitswahlrecht führte zur paradoxen Situation, dass die rechten Parteien doppelt so viele Sitze erhielten wie die linken, die mehr Wählerstimmen hatten gewinnen können. Obwohl der PSOE sein Stimmenvolumen gehalten hatte, verlor er die Hälfte seiner Sitze in den Cortes.

Wahlsieger war das heterogene rechte Wahlbündnis bestehend aus der CEDA – einer Vereinigung katholizistischer Parteien –, den Monarchisten der Renovación Española, den baskischen Nationalisten, einer karlistischen Partei, und einer Fraktion der Großgrundbesitzer. Anführer der CEDA war José María Gil-Robles, ein bürgerlicher Katholik, der eine Adlige geheiratet hatte. Während seiner Flitterwochen in Deutschland hatte er angefangen, Hitler zu bewundern, wandte sich aber aufgrund der Haltung der Nationalsozialisten zur katholischen Kirche stärker Österreich zu, dessen Bundeskanzler Engelbert Dollfuß einen rechtsautoritären Ständestaat anstrebte. Die politischen Ziele Gil-Robles' waren, die CEDA zur katholischen Massenpartei hranreifen zu lassen und nach der gelungenen Machtübernahme zuerst die laizistischen Verfassungsartikel abzuschaffen. Über die Demokratie wollte man zwar die Macht erringen, mit der gewonnen Macht aber auch die Demokratie abschaffen: „Wir müssen vorwärts gehen zu einem Neuen Staat. Wen interessiert es schon, wenn dabei Blut vergossen wird? Wir müssen endlich Nägel mit Köpfen machen, darauf kommt es an. Um dieses Ideal zu erreichen, werden wir uns nicht von überlieferten Vorstellungen zurückhalten lassen. Die Demokratie ist für uns nicht das Ziel, sondern ein Mittel zur Eroberung eines neuen Staates. Wenn die Zeit kommt, werden sich die Cortes fügen - oder wir werden sie verschwinden lassen.“ Hier waren ihm die Ereignisse in Italien und dem Deutschen Reich ein Vorbild.

Die CEDA hatte im Wahlkampf einen für rechte Parteien in Spanien ungewohnt großen propagandistischen Aufwand betrieben, der zu ihrem Sieg beitrug. Finanziert wurde der Wahlkampf von Großgrundbesitzern; ihr Geld half auch dabei, Daten über die Wähler zu sammeln.

Allerdings reichte der Anteil der CEDA an den Parlamamentsitzen nicht zur alleinigen Regierungsbildung aus. Staatspräsident Zamora weigerte sich, Gil-Robles den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen, aber auch, entsprechend Azañas und Largo Caballeros Vorstoß die Cortes gleich wieder aufzulösen. So wurde der bürgerliche Partido Radical zur regierungsbildenden Partei, die darüber entscheiden konnte, von wem sie toleriert werden wollte. Sie entschied sich für die CEDA, worauf sich ein kleiner Teil der Radikalenfraktion unter Martínez Barrio abspaltete. Die katalanische Rechte (Lliga) und die Großgrundbesitzer-Partei traten ebenfalls der Regierung bei. Premierminister wurde Alejandro Lerroux. Die neue Regierung hatte seine komfortable Mehrheit und konnte frei agieren.

Maßnahmen der Regierung und Gegenreaktionen

Die neue Regierung nahm zunächst die Sozialgesetzgebung und die Kirchengesetze ihrer Vorgängerin zurück. Auch der Etat für das Bildungswesen wurde gekürzt. (Dies vor dem Hintergrund, dass die Radikale Partei sich als laizistsich ausgegeben hatte). Die Latifundisten wurden nochmals entschädigt und konnten wieder uneingeschränkt ihre Territorien beherrschen. Genauso konsequent verfuhr man mit den Löhnen, die alsbald gesenkt wurden. Entlassungen häuften sich. Trotz Widerständen im Parlament und von Seiten des Staatspräsidenten wurde ein Gesetz erlassen, das die putschenden Offiziere von 1932 amnestierte und in ihre alten Kommandostellen zurückbeorderte.

Die Reaktionen im Land waren heftig. Die Unruheherde wuchsen. Die Wirtschaft stagnierte. In Aragonien mit der anarchistischen Hochburg Saragossa kam es schon am 8. Dezember 1933 zum Aufstand einer CNT-Sektion. In Andalusien und Valencia (nicht aber in Katalonien) demonstrierte man seine Solidarität mit Streiks und dem obligatorischen Abbrennen der Kirchen. Zu einer landesweiten Aktion waren die Anarchisten allerdings zu schwach. Nach vier Tagen war alles vorbei. Rechte Militärs und republikanische Polizei gingen geschlossen gegen die Anarchisten vor, die die Soziale Revolution probten. Aber im März 1934 erlebte Saragossa wieder einen Generalstreik.

Wichtig war, dass nun auch die UGT, zuvor republiktreu und seit ihrem Bestehen reformistisch orientiert, einen deutlichen Schwenk nach links machte. Seit ihrem Regierungsantritt hatte sich die Zahl ihrer Mitglieder fast vervierfacht. Personifiziert wurde das neue Selbstvertrauen von Largo Caballero, dem populären Ex-Minister, der sich von den Republikanern betrogen fühlte. Aufgrund seiner Erfahrungen im Amt gab er an, dass es schier unmöglich sei, „im Rahmen der bürgerlichen Demokatie auch nur ein Quentchen Sozialismus zu verwirklichen“. Seine Mitarbeiter im Ministerium hatten all seine Anweisungen sabotiert. Das Gros der Gewerkschaftsmitglieder empfand in gleicher Weise eine Abneigung gegen die bürgerlichen Liberalen. Den Sieg der Rechten interpretierte man als Aufstieg des Faschismus, was nicht zuletzt mit Blick auf das europäische Ausland geschah. Der 65jährige Largo Caballero orientierte sich um: „Die einzige Hoffnung der Massen ist jetzt noch die soziale Revolution.“ Für die Anarchisten war dieser Kurswechsel allerdings nicht nachvollziehbar; sie lehnten ein Bündnis mit der UGT vorläufig ab.

Die Radikalisierung der sozialistischen Gewerkschaft stieß bei Teilen der mit ihr verbundenen Partei, dem PSOE, auf Widerstand. Starker Mann des PSOE war der Verleger und Bankier Indalecio Prieto, der schon zu Zeiten der Diktatur einen konträren Kurs zu seinem Intimfeind Largo Caballero vertreten hatte. Prieto war immer gut mit den Republikanern ausgekommen und sah in ihnen den natürlichen Bündnispartner für die Sozialisten. (Bei den Wahlen hatte er Manuel Azaña einen Parlamentssitz verschafft, obschon die offiziellen Beziehungen mit den Liberalen beendet waren.) Prieto war prinzipiell gegen eine Revolution und verstand den PSOE als Interessenvertreter der Arbeiter im friedlichen Konsens mit dem Bürgertum.

Währenddessen versuchte die neue Regierung, die Lage mit wirtschaftsliberalen Methoden wieder zu beleben. Zumindest auf dem Land war aber eher eine Verschlechterung der Situation zu beobachten. Manche Kollektivierungen wurden hingenommen (z. B. in den Provinzen Toledo oder Jaén), um das Fass nicht zum Überlaufen zu bringen. Ein Generalstreik im Juni 1934, an dem sich CNT und UGT beteiligt und der in 15 Provinzen stattgefunden hatte, wurde nach neun Tagen mit Hilfe durch Kompromisses beendet.

Im April erließ die neue linksliberale, mit anarchistischer Hilfe gewählte Generalitat von Katalonien neue Gesetze, mit denen sie die Kleinbauern zu schützen versuchten. Das brachte sie in Konflikt mit der Zentralregierung in Madrid, da das katalanische Gesetz ausdrücklich gegen jenes aus Madrid verstieß, das die Interessen der Verpächter in den Vordergrund rückte. Es kam zum Eklat. Lluís Companys kündigte an, in dieser Sache einen eigenen Weg einzuschlagen. Die katalanische Rechte, die an der Zentralregierung beteiligt war, zog aus dem katalanischen Parlament aus. Im Gegenzug verließ die Fraktion der in Katalonien regierenden Esquerra die Cortes.

Auch im Baskenland schuf sich die Zentralregierung Feinde. Das Baskenkand hatte mehrheitlich die CEDA gewählt. Aber die Zentralregierung wollte der Region eine neue Steuer auferlegen, die ihre historischen Sonderrechte weiter beschnitten hätte. Die von gemäßigten baskischen Nationalisten geführte Regierung im Baskenland rief baskische Sonderwahlen aus, die von Madrid verboten wurden. In der monarchistischen Zeitung A.B.C. hieß es: „Lieber Kommunisten als Basken!“. Im September 1934 verließen auch die baskischen Abgeordneten das Madrider Parlament. Spanien steckte damit erneut in einer innenpolitischen Krise.

Der „spanische Oktober“

Die CEDA gab sich nun immer offensiver. Sie kündigte Veränderungen an; Liberale und Sozialisten waren alarmiert. Sie befürchteten, Gil-Robles könne die Verfassung revidieren, wenn er an die Macht gelangte. Das Beispiel Österreich stand allen vor Augen. In einer internen Abstimmung sprachen sich die Sozialisten für einen Aufstand aus. Vor der Neukonstituierung der Cortes warnten die parlamentarischen Linken den Staatspräsidenten davor, auch nur ein Mitglied der CEDA in die Regierung zu lassen. Zamora entschied sich dafür, zumindest drei nachrangige Mitglieder der Sammlungsbewegung Kabinettsposten zuzugestehen. Die Sozialisten reagierten mit der Ausrufung eines Generalstreiks. Die Partei Azañas verließ das Parlament und erklärte den Staatspräsidenten zur Unperson.

Die Insurrektion hatte verschiedene Ausgangspunkte. In Barcelona proklamierte die Generalitat ihre Unabhängigkeit. Dabei kam alles auf die Unterstützung der Anarchisten an. Aber CNT-FAI hielten sich aus allen Aufstandsplänen raus. Die Erhebung scheiterte. In Madrid, wo Largo Caballero den Aufstand koordinierte, war die UGT chancenlos. Die Stadt hatte starke Garnisonen und die Arbeiter verfügten über keinerlei Waffen. Diese waren stattdessen über Umwege in Asturien angekommen.

Die Eisenbahner und Bergarbeiter aus Gijón, Oviedo und Umgebung lieferten der Staatsmacht erbitterten Widerstand. Hier wurde die Allianza Obrera aus der Taufe gehoben, die Arbeiterallianz aus UGT, den anarchosyndikalistsichen Treinistas und den wenigen Kommunisten des PCE, die sich in letzter Minute dem Aufstand anschlossen. Es war ein Vorläufer der späteren Volksfront. In manchen Städten wurde die Soziale Revolution ausgerufen. Aber letztendlich waren die Arbeiter den Armeeeinheiten völlig unterlegen.

Um den Aufstand niederzuschlagen, setzte man das Dritte Regiment der Fremdenlegion (Tercio) ein sowie die besonders berüchtigten maurischen Einheiten (Mauro). Diese nicht-spanischen Truppenverbände waren für ihre Stärke und Grausamkeit bekannt. Sie schlugen die Arbeiter in zwölf Tagen kompromisslos nieder. Traditionsgemäß machten sie keine Gefangenen, verschonten niemanden, egal ob Frauen oder Kinder. Geleitet wurden sie auch von Offizieren, die an dem Sanjurjo-Putsch teilgenommen hatten. Der Oberkommandierende der Aktion war Francisco Franco.

Die Präsenz der Mauren in Asturien war ein Novum in der spanischen Geschichte. Diese Region war während des spanischen Mittelalters nie unter muslimischer Herrschaft gekommen und war vor Beginn der Reconquista eine Art Rückzugsgebiet der christlichen „Rechtgläubigkeit“. Die Vertreter der Hispanität sahen darin aber kein Problem.

Man zählte rund 3.000 Tote, hauptsächlich Aufständische. Der historische Stadtkern von Oviedo erlitt schwere Schäden. Die rechte Presse kolportierte veritable Horrorgeschichten über die angeblichen Exzesse der Arbeiter an Nonnen, Mönchen, Priester und kleinen Kindern. Sie erwiesen sich allesamt als erfunden.

Nach der Ausrufung des Kriegsrechts durch den neuen zuständigen Minister Diego Hidalgo war dagegen der staatlichen Willkür Tür und Tor geöffnet. Hidalgo hatte Franco das Oberkommando zugeteilt, welcher bewies, wozu er imstande war. Arbeiter, die sich hatten ergeben können, wurden gruppenweise ohne irgendeine Verhandlung exekutiert. Andere wurden in speziellen Lagern gefoltert, damit sie verrieten, wo die Waffen, die man nicht hatte finden können, versteckt waren. Erst spät griff die Regierung ein und beendete den Rachefeldzug.

Den Rest besorgten Kriegsgerichte, die über 40.000 Menschen inhaftierten, meistens ohne konkrete Beweise. Ins Gefängnis gingen auch Manuel Azaña, Largo Caballero und Lluis Companys, wobei man allerdings nur letzterem eine aktive Teilnahme nachweisen konnte.

Das Ende der Regierung und Neuwahlen

Im März 1935 kam es zu einer Regierungskrise, da die CEDA und die Agrarier den Sozialisten Gonzáles Peña unbedingt als Rädelsführer des asturischen Aufstandes hingerichtet sehen wollten. Auf Anraten des Ministerpräsidenten wandelte der Staatspräsident das Urteil aber um.

Im April wurde die Regierung neu gebildet. Die CEDA nahm nun fünf Ministerposten ein; Gil-Robles wurde Kriegsminister. Er nutzte das Amt, um mit General Franco etwaige Sympathisanten der Linken endgültig aus der Armee zu drängen. Um Madrid wurden erste logistische Maßnahmen getroffen, die den Putschisten im Bürgerkrieg gute Dienste leisten sollten.

Die soziale Lage wurde immer prekärer. Diejenigen, die Verbesserungen einführen wollten, hatten in der Regierung keinen Rückhalt. Mit dem Universitätsprofessor Manuel Jiménez Fernandéz hatte die CEDA einen Gemäßigten als Landwirtschaftsminister ins Kabinett beordert, der sich auf die katholische Soziallehre und die Enzyklen Leos XIII. berief. Schon die wenigen kleinen Maßnahmen, die er zugunsten der yunteros unternehmen wollte, riefen den erbitterten Widerstand der Latifundisten hervor: „Wenn ihr uns mit euren Enzykliken unser Land nehmt, werden wir Schismatiker werden“, rief ihm ein monarchistischer Cortes-Abgeordneter zu.

Der neue Finanzminister legte ein Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Effektivierung des maroden Staatsdienstes vor, das zwar verabschiedet, faktisch aber nie umgesetzt wurde. Die Radikalenpartei und die CEDA verhedderten sich in permanente Streitereien.

Die Linken dagegen lebten wieder auf. Der Widerstand der asturischen Arbeiter hatte viele beeindruckt, die Repressalien der Regierung noch mehr abgestoßen. Largo Caballero und Azaña wurden wieder freigelassen; Companys, der den Aufstand eigentlich nicht gewollt hatte, zeigte sich unkooperativ und wurde zu 30 Jahren Haft verurteilt. Alle drei wurden von einer Woge der Sympathie getragen. Von der Basis der sozialistischen und anarchistischen Gewerkschaften ging die Forderung an die Parteiführer, eine dauerhafte Kooperation anzustreben, um dadurch endlich die Revolution möglich zu machen.

Wieder wurde eine neue Regierung gestellt, nachdem die Forderungen von Gil-Robles nach mehr Kompetenzen zu Zerwürfnissen geführt hatte. In der Zeit, als der neue Premierminister Joaquín Chapaprieta einen neuen Haushalt vorzulegen versuchte, wurde ein Finanzskandal publik, in den der Partido Radical verwickelt war. Das Ansehen der Bürgerlichen war nachhaltig beschädigt. Das nutzten die Großagrarier aus, die eine Erhöhung der Erbschaftssteuer von 1 auf 3,5 % und die Kürzung von Beamtengelder nicht hinnehmen wollten. Die Koalition zerfiel.

So sah Gil-Robles im Dezember 1935 erneut die Gelegenheit gekommen, endlich Premierminister zu werden. Doch Staatspräsident Zamora hielt betraute stattdessen den Bürgerlichen Manuel Portela Valladares mit dem Amt. Dieser aber fand keine Mehrheit in den Cortes, löste sie auf und schrieb Neuwahlen aus.

Volksfront und Verschwörung 1936

Die Atmosphäre hatte sich inzwischen so zugespitzt, dass sich offen zwei feindliche Blöcke bildeten. Die Linken hatten aus ihren Erfahrungen der Wahlen von 1933 gelernt und formierten sich zur Volksfront (Frente Popular); die Rechten zur Nationalen Front (Frente Nacional). Dazwischen stand ein nahezu unbedeutendes Zentrum.

Am 17. Februar 1936 endeten die Wahlen mit einer knappen, aber eindeutigen Mehrheit der Volksfront. Daraufhin überstürzten sich die Ereignisse im Land und führten am 17. Juli zu Putsch und Bürgerkrieg.

Sieg der Linken

Am 15. Januar 1936 schlossen die Parteien Azañas und Barríos, der PSOE und die UGT, eine syndikalistische Partei, der PCE und der neue POUM ein Wahlbündnis. Der POUM war eine linkskommunistische Partei, die aus anti-stalinistischen Gruppierungen hervorgegangen war. Zwei ihrer Hauptfiguren waren die Lehrer und ehemalige Anarchisten Andreu Nin und Joaquín Maurín, die wegen der Russischen Revolution die marxistischen und leninistischen Theorien angenommen hatten, mit der aktuellen sowjetischen Politik aber nicht einverstanden waren. So wurde sie zur Intimfeindin des PCE, von dem sie fälschlicherweise als „trotzkistisch“ tituliert wurde. Auch die CNT-FAI besah die neue Linkspartei mit einiger Skepsis, war Katalonien doch die einzige Region, in der sie eine breiter Anhängerschaft besaß. Die Anarchisten unterstützten indirekt die Frente Popular, indem sie bewusst keinen Wahlboykott formulierten.

Das Wahlmanifest der Volksfront kündigte ein Konjunkturprogramm und eine Landreform an, eine Bildungsreform und eine Finanzreform. Es sollte aber keine staatliche Arbeitslosenversicherung geben. Dementsprechend war auch keine Verstaatlichung des Bodens oder der Banken und keine Sozialisierung von Betrieben vorgesehen. Die Republikaner bestimmten den Programmentwurf maßgeblich. Die Mittelschicht sollte für den Linksblock gewonnen werden. Einer der Unterzeichner des Abkommens war Largo Caballero, der jedoch ganz andere Vorstellungen entwickelt hatte und diese mit Hilfe seiner Mitarbeiter auch öffentlich kundtat. Aber die Befürworter der Revolution von UGT, POUM und der CNT-FAI stellten den zentralen gemeinsamen Nenner des Abkommens heraus, nämlich die pauschale Amnestie und Entschädigung für alle im Zuge des Oktober-Aufstandes Inhaftierten. Eine linksrepublikanische Regierung sollte ruhig gewählt werden: die dringende Notwendigkeit einer Revolution und der Wille sie durchzuführen blieben weiterhin bestehen. Die Beteiligten machten im Vorfeld einen Proporz der Sitzverteilung aus, bei der die Republikaner und der PCE begünstigt wurden. Die stärkste Fraktion allerdings sollte der PSOE werden.

Am 17. Februar wurden die neuen Cortes gewählt. Der Lagerwahlkampf hielt das Land in Atem. Jeder wusste, was auf dem Spiel stand. Die CEDA intensivierte ihre Propaganda. Riesige Plakate mit dem Konterfei des „Chefs“ Gil-Robles hingen in den Straßen Spaniens. Dort hieß es: „Alle Macht dem Führer!“, „Die Führer haben niemals Unrecht!“ und „Gil-Robles fordert vom Volk das Kriegsministerium und alle Macht“.

Zwar konnte die CEDA ihren Stimmenanteil vergrößern, aber der Sieg der Volksfront war nicht zu verhindern. Bei einer Steigerung der Wahlbeteiligung um 12 Prozentpunkte siegte das linke Lager mit einem Stimmenvorsprung von 150.000 Stimmen vor den Rechten und gewann insgesamt 47,17% der Stimmen. (Viele Anarchisten nahmen nicht an den Wahlen teil, was zu zahlreichen Stimmenthaltungen in den andalusischen Provinzen führte). Das Zentrum blieb unbedeutend. Wegen der Wahlgesetzgebung war die Sitzverteilung in den Cortes freilich noch deutlicher. Von beiden Seiten gab es Proteste gegen angebliche Wählereinschüchterungen und Betrügereien.

Am 20. Februar wurde die sogenannte comisión de actas einberufen, ein Ausschuss, der sich mit Beschwerden über etwaige Unregelmäßigkeiten befasste und in dem die Frente Popular auf Grund der neuen Mehrheiten in der Überzahl war. Am Ende des Wirkens der Kommission war der Vorsprung der Frente Popular auf 392.000 Stimmen angewachsen, was nunmher einen Anteil von 52% bedeutete. Viele rechte Parlamentarier, darunter der Monarchist Antonio Goicoechea, verloren durch unlautere Methoden ihren Sitz, so dass sich die Volksfront trotz des Protestes von Prieto eine Zweitdrittel-Mehrheit im Parlament sicherte.

Trotzdem war der Sieg der Linken nicht von der Hand zu weisen. Die CEDA und Gil-Robles waren wie vor dem Kopf gestoßen. Der Sitzanteil des Partido Radical war auf ein Minimum geschmolzen. Die CEDA stellte nach dem PSOE nur noch die zweitstärkste Fraktion. Die Partei der Monarchisten, die Renovación Española („spanische Erneuerung“) unter Goicoechea und Calvo Sotelo, hatte ebenfalls kein gutes Wahlergebnis erzielt. Doch die Niederlage brachte eine gewisse inhaltliche Veränderung. Calvo Sotelo, der ehemalige Finanzminister zu Zeiten der Diktatur, steuerte die Partei allmählich weg von der restaurativen Politik hin zu ständestaatlichen Vorstellungen. Er pflegte gute Kontakte zum faschistischen Duce-Regime, die schon bald Früchte trugen. Am 31. März 1934 hatten Goicoechea, Vertreter der Karlisten und der katalanischen Rechten ein Abkommen mit Mussolini zum Sturz der Republik gettroffen. Nach der Niederlage der Nationalen Front übernahm Calvo Sotelo die Rolle von Gil-Robles und verschärfte die rhetorischen Angriffe gegen die Republik.

Der Erfolg der Volksfront brachte die Massen in Bewegung. Noch am Wahltag konnte die CNT in Valencia die Befreiung der politischen Gefangenen durchsetzen. Danach wurden überall im Lande die Verurteilten zu Tausenden wieder aus der Haft befreit (darunter Lluis Companys). Streiks mit neuen Forderungen überzogen das Land: Lohnerhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen, keine Wächter mehr bei der Arbeit. Dazu kam es zu weiteren Solidaritätsstreiks, um die Entschlossenheit der Gewerkschaften zu demonstrieren.

Auf dem Land brach sich die revolutionäre Energie Bahn. Ohne entsprechende Erlasse aus Madrid abzuwarten, kollektivierten Agrararbeiter Ländereien, darunter diejenigen von Präsident Alcalá Zamora. Die Zivilgarde schritt oft mit Gewalt ein. In der Nähe von Alicante kamen 18 Bauern ums Leben. Kirchen und Klöster wurden in zahlreichen Orten in Brand gesetzt; Gerüchte über Verschwörungen, die von Mönchen ausgeheckt worden seien, machten die Runde.

Die republikanischen Parteien stellten alle Minister. Die Sozialisten wirkten gemäß ihrer neuen Linie an der Regierung nicht mit. Manuel Azaña wurde neuer Staatspräsident: Zamora hatte weder bei den Linken noch bei der Nationalen Front noch Unterstützung. Bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten Santiago Casares Quiroga gaben die Rechten weiße Zettel ab, um zu demonstrieren, dass die Republik für sie keine Gültigkeit mehr hatte.

Revolution und Reaktion

Largo Caballero und die Seinen propagierten in der Zeitschrift Claridad und auf Massenveranstaltungen die Folgerichtigkeit und Unausweichlichkeit einer Revolution und der „Diktatur des Proletariats“. Das Gros der UGT-Mitglieder war ihrer Meinung. Die Kommunisten sahen die Angelegenheit differenzierter, obwohl sie sich gezielt den Sozialisten annäherten und Largo Caballero als „spanischen Lenin“ rühmten. Gemäß den Anweisungen aus der Sowjetunion sollten die revolutionären Arbeiter aber ausgerechnet den bürgerlich-liberalen Staat festigen – nicht eliminieren! Offene Ablehnung kam vom PSOE selbst, den Largo Caballero ja als Vollzugsorgan der Revolution ausersehen hatte. Hier waren Indalecio Prieto und seine Anhänger bestimmend. Von einer sozialistischen Revolution wollten sie nichts hören. Für sie kam dies einer „Sozialisierung der Armut“ gleich: die zu erwartende Landflucht könne durch eine sozialistische Wirtschaftsordnung niemals kompensiert werden. Vor allem aber sollte alles vermieden werden, das einen Militärputsch hervorrufen könne.

Dass ein Putsch sich ankündigte, war kaum noch zu ignorieren. Largo Caballero schien regelrecht darauf zu warten, denn die UGT tat nichts, um die Revolution selbst in Gang zu bringen. Stattdessen kamen Prieto und Gonzáles Peña bei einem Attentatsversuch eines UGT-Militanten nur knapp mit dem Leben davon.

Auch die Anarchisten rechneten mit einem Staatsstreich der Offiziere. Sie machten klar, dass sie sich wehren würden. Doch sie würden ganz bestimmt nicht für die bürgerliche Demokratie ihr Leben aufs Spiel setzen, sondern sogleich die Soziale Revolution, auf die sie so lange gewartet und für die so oft gekämpft hatten, initiieren. Man fühlte sich gewappnet. Auf dem Nationalen Kongress der CNT in Saragossa im Mai 1936, dem über 300.000 Menschen beiwohnten, wiedervereinigte sich die Gewerkschaft mit ihren dissidenten Sektionen und formulierte ihre Vorstellungen vom Comunísmo Libertario (dt. Libertärer Kommunismus). Die Diktatur des Proletariats lehnte sie indes strikt ab. Die Stimmung war euphorisch. Die internen Meinungsverschiedenheiten wurden vorläufig beigelegt. Largo Caballero wurde als Gastredner freundlich empfangen, aber auf Distanz gehalten.

Kommunisten und Faschisten

Die letzten Monate vor Ausbruch des Bürgerkrieges zeigten den allmählichen Aufstieg zweier Gruppierungen, die mit den europäischen Verhältnissen enger verknüpft waren als die traditionellen Größen der spanischen Politik.

Im Jahr 1934 war der zuvor unbedeutende PCE ins Rampenlicht der politischen Szene getreten. Stalin hatte den Kommunisten aller Länder eine Kooperation mit den Bürgerlichen verordnet. Die Teilnahme an der Alianza Obrera und der Frente Popular hatte den Kommunisten Vorteile gebracht. Hinzu kam die revolutionäre Stimmung unter den Arbeitern und der propagandistische Rückhalt aus der Sowjetunion. Ihre Aufmerksamkeit galt den Sozialisten. Dem PCE gelang es, sich in die Reihen des PSOE einzunisten. Der Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Santiago Carrillo, vollzog im April 1936 die Fusion mit der Kommunistischen Jugend zur JSUC, der Vereinigung der Jungsozialisten. (Einige Monate nach Ausbruch des Bürgerkrieges trat der gesamte Verband zum PCE über). Dies war auf Vermittlung des Stellvertreters Largo Caballeros geschehn, der gute Kontakte zum PCE pflegte. Spiegelbildliches fand auf Seiten der Rechten statt, als die Jugendorganisation der CEDA sich den Faschisten anschloss.

Im Februar 1934 war hatten sich in Sevilla die radikal-nationalistischen Gruppierungen Falange und JONS zur Falange Española de las JONS zusammengeschlossen. Vorbild war Italien. Eine dieser Gruppierungen war von Joan March finanziert worden. March war bürgerlicher Tabakhändler und Bankier, Vertrauter britischer Finanziers, Verfassungsrichter und Verschwörer gegen die Republik, die ihn wegen Verrates und Betrugs inhaftiert, dann aber amnestiert hatte. Geleitet wurde die Partei von José Antonio Primo de Rivera, dem Sohn des einstigen Diktators. Äußerlich näherte man sich den italienischen Schwarzhemden an, entlehnte aber auch einiges von den Anarchosyndikalisten, deren schwarz-rote Fahne man einfach kopierte.

Programmatisch gab man sich anti-bürgerlich und militant anti-sozialistisch. Hauptfeind waren „die Marxisten“ von UGT und PSOE. Imperialistische Träume von einem neuen großen Spanien machte man zum Programm. Für die oligarchische Elite ware die F.E. de las JONS vorläufig nichts weiter als eine willkommene Hilfstruppe, um die Lage im Land zu destabilisieren. Darin waren sie freilich sehr effektiv. Nach dem Wahlsieg der Linkskoalition führten sie politische Attentate im ganzen Land aus. Teilweise bedienten sie sich jener gedungenen Mörder, der pistoleros, die einst sowohl von militanten Anarchisten als auch Unternehmern rekrutiert worden waren. Mit Maschinengewehren belandene Lastwagen kreisten durch die Arbeiterviertel Madrids und schossen um sich. Journalisten, Funktionäre, Polizeibeamte und Richter wurden ermordet. Der Staat vermochte weder sie zu schützen noch die Mörder zu ergreifen, obschon im März die Partei für illegal erklärt wurde. Ein Bombenattentat auf Largo Caballero misslang. Am 12. Juli wurde der Sturmgardist Leutnant José del Castillo auf offener Straße erschossen. Dieser Anschlag sollte besondere Folgen haben.

Militär und Regierung

Während im ganzen Land die Situation eskalierte und die Gewalt zunahm, planten die Militärs den Staatsstreich. Der Monarchist Calvo Sotelo hatte noch am 17. Februar den Staatspräsidenten und den amtierenden Premierminister gedrängt, die Wahlen einfach für ungültig zu erklären. Als dies scheiterte, trat die Unión Militar Española zusammen, um der Republik ein Ende zu setzen. Nach dem Sieg der Volksfront, der die revolutionären Erwartungen schürte, war die republikanische Ordnung in den Augen der Oligarchen definitv hinfällig geworden.

Die Unión war ein von Sanjurjo 1934 gegründeter Zirkel ranghoher Offiziere. Aus Italien flossen Gelder und Waffen an die Verschwörer. Während des Sommermanövers in Asturien 1935 wurden „erste Vorbereitungen“ für einen Putsch getroffen. Nun sah man den Zeitpunkt gekommen, die Pläne in die Tat umzusetzen. Im Kriegsministerium hatten die Konspirateure einen Kontaktmann. Sanjurjo, der seit 1934 im Exil in Portugal lebte, unternahm Reisen ins Deutsche Reich, um dort Unterstützer zu finden.

Der Regierung entging das konspirative Treiben nicht. Aber sie beschränkte sich darauf, die Verantwortlichen zu versetzen. Francisco Franco durfte auf den Kanarischen Inseln weiter kommandieren; General Manuel Goded wurde von Nordspanien auf die Balearen beordert. General Emilio Mola wurde von Nordafrika nach Navarra versetzt, wo er als "El Director" ungehindert schalten und walten konnte. Die Versetzungen konnten die Verschwörer nicht abhalten. Der Plan wurde lediglich modifiziert. Franco sollte von den Kanaren nach Spanisch-Marokko fliegen, eine Kolonie, in der die republikanischen Politiker fast überhaupt keine Macht ausübten.

Der Plan, den Putsch am 20. April durchzuführen, musste wegen der Kenntnis der Regierung abgebrochen werden. Aber die Regierung ergriff keine weiteren Gegenmaßnahmen. Stattdessen kamen zwei neue Offiziere zu den Verschwörern, die zuvor als loyal gegolten hatten: General Gonzalo Queipo de Llano und General Miguel Cabanellas. Das Koordinationszentrum ging mit Mola nach Navarra. Dort musste mit den ultra-katholizistischen Karlisten ein Kompromiss gefunden werden; schließlich strebte Mola noch immer einen säkularen Staat an. Man erreichte die Unterstützung der paramilitärischen karlistischen Verbände, die Requétes, für die regulären Armeeverbände der Unión.

Währenddessen versuchte die Regierung das Ansehen der Offiziere zu verteidigen. Am 18. März verwahrte sie sich offiziell gegen die „ungerechten Angriffe“ gegen die Militärs, als Teile der Presse über die Putsch-Absichten berichteten. (Die Linken hatten im Militär zahlreiche Informanten.) Die Regierung wollte alles tun, um die Offiziere nicht gegen sich aufzubringen. Dies hätte bedeutet, dass man im Gegenzug die Arbeiter bewaffnet und ihnen mit den Gewehren auch das Schicksal der Republik ausliefert hätte. Ministerpräsident Casares Quiroga wußte zwar von den Vorgängen, die Regierung zu stürzen, entschied sich aber gegen ein Eingreifen. Er war der Aufassung, dass er über nicht genügend Informationen verfügte und hielt einen Putsch ohnehin für aussichtslos. Auch Staatspräsident Azaña gab sich entsprechenden Warnungen gegenüber abweisend.

Am 16. Juli konnte General Mola den seit März inhaftierten Führer der Falange, José Antonio Primo de Rivera, über die Absicht der Offiziere informieren, am 18. Juli loszuschlagen. Primo de Rivera im Mai – unter liberalen Haftbedingungen – den gewaltsamen Sturz der Republik fordern können. (Nach Ausbruch des Bürgerkrieges wurde er allerdings hingerichtet).

Gewalt und Putsch

Mittlerweile gehörten gewaltsame Demonstrationen und politische Morde zur Tagesordnung, nicht zuletzt auf dem Land. Selbst die Abgeordneten der Cortes mussten sich vor Betreten des Gebäudes einer Leibesvisitation unterziehen, um zu verhindern, dass Schusswaffen eingeschmuggelt wurden. In Valencia stürmten Falangisten die Rundfunkstation. Die Gegendemonstration der Linken endete mit einem Überfall auf die Parteizentrale der CEDA.

Zur selben Zeit führten in Madrid UGT und CNT gemeinsam einen wochenlangen Bauarbeiter-Streik durch, an dem 70.000 Menschen teilnahmen. Das bedeutete Lohnausfall (es gab keine Streikkassen) und Hunger. Die Falange überfiel gezielt die Streikenden. Die Anarchisten wollten das nicht länger hinnehmen. Sie wollten die Arbeiter endlich bewaffnet sehen.

Eine staatliche Schiedskommission kam den Lohnforderungen entgegen; die Sozialisten erklärten die Aktion für beendet. Aber die CNT-Sektion wollte unbedingt weiter machen und berifen sich auf die bestehende Vereinbarung zwischen den Gewerkschaften. Sozialisten und Anarchisten gerieten aneinander; es gab fünf Tote.

Als die Anarchisten auf eine weitere Provokation der Falange mit einem Maschinengewehr-Angriff antworteten, bei dem drei Leibwächter José Antonio Primo de Riveras umkamen, griff die Regierung durch. Sie verhaftete die CNT-Aktivisten und schloss das Bezirksbüro der Gewerkschaft. Doch die Anarchisten machten einfach weiter; sie kämpfte gegen UGT-Mitglieder, die Polizei und die Falange.

Die Situation spitzte sich immer mehr zu. Führende Militärs konspirierten in der Ferne; in der Hauptstadt traten vor allem die militanten Arbeiter als Problem in Erscheinung.

Aber auch die Republikaner zeigten, dass sie imstande waren, Gewalt anzuwenden. Nach der Ermordung Leutnant Castillos antworteten Sturmgardisten und Mitglieder der Guardia Civil prompt mit einem Gegenschlag. Sie wählten Calvo Sotelo zum Opfer. In ihm sahen sie das Haupt antirepublikanischer Aktivitäten und, allerdings zu Unrecht, den Drahtzieher bei der Ermordung ihres Kameraden. Sie erschossen ihn am Morgen des 13. Juli in Madrid.

Die Beerdigungen der beiden Mordopfer wurden zu Demonstrationen der Unversöhnlichkeit. Goicoechea und Gil-Robles forderten unverholen Rache und den Kampf gegen die Regierung. Die asturischen Arbeiter fingen an, die versteckten Waffen auszugraben. Die Regierung setzte ein paar Militärs ab, schickte die Wehrpflichtigen nach Hause und verhaftete einige Falangisten erneut. Prieto warnte die Putschisten, dass sie definitiv auf Gegenwehr stoßen würden. Allein der Ministerpräsident gab sich optimistisch. Er zählte ausgerechnet auf Mola. Beweise für eine Verschwörung ließ er nicht gelten.

Mit der Ermordung Calvo Sotelos hatten die Militärs den Anlass gefunden, mit dem sie ihren Putsch rechtfertigen konnten. Am 17. Juli 1936 begann der Aufstand im marokkanischen Melilla. Er setzte sich in Tétouan fort. Jeglicher Widerstand wurde sofort gewaltsam unterdrückt. Das gleiche geschah in Ceuta. Die africanistas, die Offiziere der Kolonialarmee, machten sich daran, das Mutterland ihren Vorstellungen unterzuordnen.

Als Casares Quiroga davon hörte, sagte er nur:

Was, sie erheben sich? Nun gut, dann kann ich mich hinlegen!

Der Putsch führte jedoch nicht zum schnellen Erfolg seiner Protagonisten, sondern entwickelte sich zum Spanischen Bürgerkrieg.

Literatur

  • Gerald Brenan: Die Geschichte Spaniens. Über die sozialen und politischen Hintergründe des Spanischen Bürgerkrieges, Karin Kramer Verlag, Berlin 1978, ISBN 3-87956-034-X
  • Pierre Broué, Émile Témime: Revolution und Krieg in Spanien (Erster Teil), Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-518-27718-9
  • Walther L. Bernecker: Sozialgeschichte Spaniens im 19. und 20. Jahrhundert. Vom Ancien Régime zur Parlamentarischen Monarchie, Neue Historische Bibliothek - edition suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-11540-5
  • Heleno Saña: Die libertäre Revolution. Die Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg, Edition Nautilus, Hamburg 2001, ISBN 3-89491-378-8
  • Peer Schmidt: Kleine Geschichte Spaniens, Reclam, Dietzingen. ISBN 3-15017-039-7
  • Manuel Tuñón de Lara u.a.: Der Spanische Bürgerkrieg. Eine Bestandaufnahme, edition suhrkamp, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-518-11401-8