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Kastrat

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In der Musik bezeichnet man als Kastraten einen Sänger, dem zur Erhaltung seiner Sopran- oder Alt-Stimme vor dem Stimmbruch die Keimdrüsen, also beide Hoden, entfernt wurden, so dass in der Pubertät die Hormone fehlten, die beim unverstümmelten Heranwachsenden den Stimmwechsel herbeiführen. So erlangt der junge Mensch zwar die Größe eines Erwachsenen, behält aber seine Knabenstimme, mit der er später so kräftig singen kann wie ein Mann.

Kastraten waren im europäischen Musikleben des 17. und 18. Jahrhunderts weit verbreitet und genossen oft hohes Ansehen. Zu den berühmtesten Kastraten des 18. Jahrhunderts zählen Senesino, Farinelli, Caffarelli und Antonio Bernacchi. Die Praxis wurde zwar immer wieder verboten, wurde jedoch noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder angewendet. 1922 starb mit Alessandro Moreschi einer letzten Kastraten.

Seit der Abschaffung der Kastrationspraxis stellt die Besetzung von Männerrollen in Sopran- oder Altlage ein besonderes Problem für die Aufführung Alter Musik dar. Im 20. Jahrhundert war es lange üblich, solche Rollen in typische Männerlagen zu transponieren, um den von Werken des 19. Jahrhunderts geprägten Hörerwartungen zu entsprechen (→ Heldentenor). Mit der Entwicklung der Historischen Aufführungspraxis hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass eine Änderung der Stimmlage die Struktur der Musik beeinträchtigt – insbesondere etwa bei Liebesduetten in Barockopern, bei denen die beiden Stimmen oft in der gleichen Lage miteinander verwoben sind. Deshalb behilft man sich mit Frauenstimmen oder Countertenören, die aber mit ihrer Falsetttechnik sicherlich einen anderen Klang aufweisen als ein echter Kastrat.

Siehe auch: Eunuch, Kastration