Hypnose
Als Hypnose wird ein Verfahren zum Erreichen einer hypnotischen Trance bezeichnet, welche durch vorübergehend geänderte Aufmerksamkeit und meist tiefe Entspannung gekennzeichnet ist. Oftmals bezeichnet man mit dem Wort Hypnose auch den Zustand, der durch die hypnotische Induktion erreicht wird. Die Begriffe Hypnose und Trance werden häufig synonym verwendet, wobei Trance nur für einen Zustand steht; Hypnose kann sowohl den Zustand als auch das Verfahren bezeichnen.
In diesem Zustand sind sowohl die Ansprechbarkeit des Unbewussten als auch die Konzentration auf eine bestimmte Sache stark erhöht, die Kritikfähigkeit des Bewusstseins in gleichem Maße reduziert. Dadurch können bestimmte Phänomene verstärkt oder überhaupt erst wahrgenommen werden, wie beispielsweise Änderungen des Bewusstseins und des Gedächtnisses, Kontrolle des vegetativen Nervensystems, vermehrte Empfänglichkeit für Suggestionen sowie für normales Bewusstsein ungewöhnliche Reaktionen und Vorstellungen. Die Definition ist nur vage, da die physiologischen Vorgänge noch immer erforscht werden. Der Zustand der Hypnose ähnelt natürlichen, spontan auftretenden Zuständen, die man vor allem beim Einschlafen und Aufwachen sowie bei Tagträumen, konzentriertem Lesen eines Buches oder Schauen eines Films erleben kann: Die Wahrnehmung ist eingeengt und die Konzentration des Bewusstseins auf eine bestimmte Sache gerichtet (das Buch, der Film oder aber die Worte des Hypnotiseurs).
Das Wort Hypnose leitet sich von dem griechischen Wort „hypnos“ für „Schlaf“ ab und wurde 1843 von dem britischen Arzt James Braid zum ersten Mal für eine hypnotische Trance verwendet. Der Bewusstseinszustand unter Hypnose ist jedoch ein besonderer Wachzustand des Unbewussten während das Bewusstsein ruht und weder mit dem des Schlafes noch mit dem des normalen Wachseins gleichzusetzen.
Hypnose findet in der Hypnotherapie Anwendung. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich gut belegt. Insbesondere wurden mit den Methoden der Kernspinresonanztomographie (MRT) und der Elektroenzephalographie (EEG) hirnphysiologische Korrelate von Trance-Zuständen klar nachgewiesen. Der Einsatz der Hypnose in der Medizin und in der Psychotherapie ist gesetzlich geregelt. Sie gehört zu den von den deutschen Krankenkassen anerkannten Leistungen.
Zur Hypnose ist nur der Mensch befähigt, da er im Gegensatz zu Tieren ein dominantes Bewusstsein besitzt. Diesem Bewusstsein kann durch Hypnose die beherrschende Stellung zeitweise genommen werden bzw. eingeengt werden, so dass das Unbewusste dominant wird.
Als Hypnotiseur bezeichnet man dabei die hypnotisierende, als Hypnotisand (auch: Proband, in der Hypnotherapie Patient oder Klient) die hypnotisierte Person. Dabei kann eine Person auch beide Rollen übernehmen, das bezeichnet man als Auto- oder Selbsthypnose; in allen anderen Fällen nennt man es Fremd- oder Heterohypnose. Eine hypnotische Trance wird mittels Hypnose induziert, der Proband ist unter Hypnose oder in einer hypnotischen Trance. Zur Beendigung wird die Trance aufgelöst, der Proband wacht auf.
Generell ist jeder hypnotisierbar, der Suggestionen aufnehmen und verarbeiten kann. Die Suggestibilität, also die Fähigkeit, sich hypnotisieren zu lassen, ist nicht bei allen Menschen gleich. Etwa 10 Prozent der Menschen sind sehr leicht hypnotisierbar. Praktisch nicht hypnotisiert werden können oder dürfen nur rund 5 Prozent, diese Menschen leiden unter viel zu niedrigem Blutdruck, Herzschwäche, hirnorganischen Beeinträchtigungen, Geisteskrankheiten, schweren Persönlichkeits- oder Zwangsstörungen, Hysterie oder Psychosen oder stehen unter Schock, starkem Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholeinfluss. Blinde Menschen allerdings gelten als kaum, gehörlose Menschen als bedingt hypnotisierbar. Zur Hypnotisierbarkeit streitet sich die Fachwelt immer wieder: In jüngster Zeit propagieren einige Hypnotherapeuten (wie z.B. Agnes Kaiser-Rekkas) die Hypnotiserbarkeit von Menschen, die an einer Psychose erkrankt sind.
Erleben, Reaktionen und Wirkungen der Hypnose sind sehr individuell. Da sie immer nur dem Hypnotisanden zugesprochen werden kann, die Trance als solche also vom Hypnotiseur unabhängig ist, könnte alles und jeder hypnotisieren. Ob eine Hypnose die gewünschten Erfolge erzielt, ist immer von der inneren Einstellung des Hypnotisanden abhängig. Diese Tatsachen werden häufig mit „Jede Hypnose ist eine Selbsthypnose“ zusammengefasst. Jedoch sind Kompetenz des Hypnotiseurs und Vertrauen in ihn ebenfalls notwendig, im Falle einer Selbsthypnose also Selbstvertrauen.

Geschichte der Hypnose
Hypnose wurde wahrscheinlich schon in der Frühzeit des Menschen verwendet. Auch wenn es keine wissenschaftliche Belege dafür gibt, lassen sich Berichte über kultische Handlungen oder Dinge aus dem Schamanismus durchaus mit Hypnose in Form der Selbst- oder Fremdsuggestion erklären. Es ist davon auszugehen, dass Hypnose eher zufällig „erfunden“ wurde und seinen Ursprung in meditativen und kultischen Handlungen religiösen Hintergrundes haben dürfte. Spekulativ kann man davon ausgehen, dass aus massenpsychologischen Manipulationen bei religiösen oder kultischen Riten und aus den selbstmeditativen Erfahrungen von Priestern, Heilern und Schamanen sich die Hypnose entwickelt hat.
Wissenschaftlich jedoch wurde die Hypnose um 1770 von Franz Anton Mesmer (1734-1815) wiederentdeckt. Dieser experimentierte mit Magneten, welche er Patienten auflegte. Er nannte den Effekt 'Magnetismus animalis', schrieb jedoch die Heilkräfte den Magneten zu. Aufgrund von Mesmers Popularität nannte man den Vorgang des Hypnotisierens lange Zeit auch „Mesmerisieren“; ein Ausdruck, der im zeitgenössischen Englisch noch existiert.
Im 19. Jahrhundert war Frankreich mit den Schulen in Nancy (Ambroise-Auguste Liébeault, Hippolyte Bernheim) und Paris (Jean-Martin Charcot) führend in der Erforschung der Hypnose. Auch Sigmund Freud (1856-1939) wurde 1885 bei Jean-Martin Charcot in Paris auf die Experimente von Mesmer aufmerksam und versuchte selbst diese Methode um Patienten zu behandeln; dies wurde zum Ausgangspunkt seiner Studien über Hysterie. Später ließ er diese Methode jedoch wieder fallen und widmete sich seiner Technik der freien Assoziation. Über die Gründe, warum Freud sich von der Hypnose abwandte, kursieren nur Gerüchte: Einige Quellen berichten, sein (durch ein schlecht angepasstes Gebiss) unangenehm schlechter Atem hätte eine komfortable Nähe zu seinen Patienten verhindert (wodurch auch Freuds professionelles "Distanzdenken" erklärt wurde). Schriften zeigen jedoch, dass Freud auch nach seine vermeintlichen Abwenden von der Hypnose häufig noch mit der Technik gearbeitet hat.
Wesentlich weiterentwickelt wurde die Hypnose im 20. Jahrhundert im deutschen Sprachgebiet zunächst durch Oskar Vogt (1870-1959), dann durch dessen Schüler Johannes Heinrich Schultz, der daraus das autogene Training entwickelte, und später durch Klaus Thomas. Im amerikanischen Sprachgebiet wurde die Hypnose wesentlich weiter entwickelt durch Milton H. Erickson (indirekte Hypnose), Kroger und Dave Elman (autoritäre Hypnose). In England gilt John Hartland als einer der bekanntesten Hypnotiseure. Sein Buch "Dictionary of Medical and Dental Hypnosis" zählt auch heute noch zum offiziellen Ausbildungslehrwerk für britische Hypnoseärzte.
Milton H. Erickson begründete eine neue Form der Hypnotherapie, die heute als die modernste Form der Hypnose gilt und aus der sich weitere psychologische Methoden wie z.B. das NLP (Neurolinguistisches Programmieren) entwickelten.
Verlauf
Einleitung der hypnotischen Trance
Eine Hypnose besteht in der Regel aus einer hypnotischen Einleitung (Induktion), dem Zwischenteil (Suggestion, Analyse oder z.B. Arbeit mit Metaphern) und der hypnotischen Ausleitung (Exduktion).
Eine hypnotische Trance kann verschiedenartig induziert werden. Grundlegend wird zwischen direkten (autoritären, paternalen) und indirekten (permissiven, maternalen) Verfahren unterschieden. Bei der direkten Induktion wird meist mit befehlsänhlichen Suggestionen (Deine Augen werden schwer, schließe jetzt deine Augen) gearbeitet. Indirekte Induktionen haben dagegen eher erlaubenden Charakter (vielleicht spürst du, wie deine Augen jetzt wie von selbst schwer werden und sich schließen möchten).
Eine besondere Rolle spielen die Blitzinduktionen, die eine leichte Trance oftmals innerhalb von wenigen Sekunden induzieren können. Die Blitzinduktion lebt von einer hohen Erwartungshaltung und einem Überraschungsmoment. Beide Komponenten erlauben es dem Hypnotisanden, sehr schnell in eine Trance zu gehen. Die Blitzinduktion wird überwiegend im Showbereich und nur selten im therapeutischen Kontext genutzt.
Förderlich bis notwendig sind für die Induktion Sicherheit und Geborgenheit, beides kann notfalls auch suggeriert werden, Musik kann ebenfalls helfen. Die Suggestionen werden gern wiederholt oder enthalten selbst Wiederholungen, auch Monotonie wirkt. Die Körperhaltung ist eigentlich egal, jedoch sollte sich der Proband entspannen können.
Üblicherweise wird Entspannung suggeriert oder direkt durch progressive Muskelentspannung herbeigeführt. Eine andere Herangehensweise ist das Angleichen von normalerweise unbewusst ablaufenden Prozessen (z. B. Atmung oder Lidschlag) an die Suggestionen. Mithilfe passender Suggestionen kann sogar die Hypnose selbst eingeredet werden. Dabei werden gern Stufen von einer bestimmten Anzahl langsam abwärts gezählt; mit jeder Stufe entspannt man sich dabei mehr und mehr, bis mit der letzten Stufe die Hypnose induziert sein kann. Auch Kombinationen verschiedener Techniken sind denkbar. Ihnen ist allen gemeinsam, dass sie das Bewusstsein mit wenig aufmerksamkeitsfordernden Tätigkeiten beschäftigen, so dessen Kritik gezielt umgehen und ähnlich einer Salami-Taktik schrittweise ausschalten. Auf diese Weise verliert das Bewusstsein seine beherrschende Stellung, die Kritikfähigkeit wird eingeschränkt, das Unterbewusstsein wird wesentlich besser ansprechbar. Welche Suggestionen oder Methoden am besten geeignet sind, ist vom Probanden und von den näheren Umständen abhängig.
Körperliche Reaktionen
Die Induktion ruft einige messbare Veränderungen im Körper hervor. So verringert sich der Hautwiderstand und das Gehirnwellenmuster weist vermehrt Alphawellen auf; für gewöhnlich sinkt der Blutdruck, man fühlt sich entspannt. Wenn keine Suggestionen darauf Einfluss nehmen, verbleibt der Organismus in diesem Zustand.
Besonders eine leichte Trance ist kaum vom normalen Wachbewusstsein unterscheidbar; Körper und Geist scheinen nur sehr entspannt und man bekommt auch alles wie gewohnt mit. Hieraus entspringt zumeist der Glaube vieler Patienten nach der ersten Hypnosesitzung beim Psychotherapeuten, nicht hypnotisiert gewesen zu sein. Dennoch richten sich Wertvorstellungen und Reaktionen nach dem Unterbewusstsein, welches nun die Führung übernommen hat. Der Glaube wird dominant, der Wille spielt nunmehr eine untergeordnete Rolle und unterliegt immer, wenn er dem Glauben feindlich gegenübersteht.
Die Entspannung, die man in diesem Bewusstseinszustand erlebt, ist unter Umständen derart groß, dass Sprechen ohne weiteres nicht mehr möglich ist. Dazu muss erst suggeriert werden, dass es leicht fällt zu sprechen und dass sich nur die dazu nötigen Muskeln anspannen. Manchmal empfindet der Proband den Zustand der Trance auch so angenehm, dass dieser gar nicht mehr aufwachen möchte.
Das Unterbewusstsein nimmt Suggestionen wortwörtlich und überprüft sie auch nicht auf Realität. Lediglich moralisch verwerfliche Suggestionen führen zu einem inneren Konflikt, sie werden ignoriert oder lösen den Rapport sofort auf. Dieses Verhalten ähnelt dem bei Erleben von Träumen und Albträumen; trotzdem ist der Hypnotisand die ganze Zeit über anwesend. Diese Schutzfunktion garantiert jedoch nicht, dass bestimmte Handlungen und Tätigkeiten auch in Ausnahme- und Gefahrensituationen unterbunden bleiben, in diesen Fällen greift nach wie vor der Selbsterhaltungstrieb. So würden die meisten Menschen sogar Handfeuerwaffen benutzen, wenn es die Situation erfordert. Ob solche Situationen der Wirklichkeit entsprechen oder nur suggeriert werden, hat dabei keinen Einfluss, solange der Hypnotisand an diese Notsituation glaubt.
Die Trance kann nach Belieben vertieft werden. Meistens analog dazu nimmt die Kritikfähigkeit des Bewusstseins ab. Der Hypnotiseur sollte dabei immer auf die Reaktionen des Probanden eingehen und die Suggestionen nach ihm ausrichten. Das Unterbewusstsein reagiert entsprechend auf die Suggestionen; auch ein direkter Einfluss auf das vegetative Nervensystem ist möglich. Ein Satz wie „Sie spüren, wie ihre rechte Hand allmählich warm wird“ verstärkt sofort die Durchblutung der rechten Hand, sie wird warm. Auch eine Änderung des Zeitgefühls sowie Hypermnesie und Amnesie sind mit entsprechenden Suggestionen möglich.
Wörter mit mehreren sehr verschiedenen Bedeutungen sind unbedingt zu vermeiden: Der Satz „Der Damm bricht“ kann bei Menschen, die Hochwasser erlebt haben, Angst oder sogar Panik auslösen; Menschen jedoch, die „Damm“ im anatomischen Sinne erfassen, kann diese Suggestion Schmerzen bereiten.
Stadien der Trance
Die Hypnosetiefe wird üblicherweise durch verschiedene Tests bestimmt, wie z.B. der Armlevitation und negativen Halluzinationen. Es existieren verschiedene Tiefenskalen mit verschiedenen Abstufungen, von einer leichten Unterteilung in drei Tiefen bis hin zu einer fünfzigstufigen Skala. Im therapeutischen Kontext verzichten immer mehr Hypnotherapeuten auf eine Tiefenfeststellung, da sie ihren Behandlungserfolg nicht von der erreichten Tiefe abhängig machen.
Welche Phänomene auftreten können, ist von der Hypnosetiefe und vom Hypnotisanden selbst abhängig. In der Praxis unterscheidet man folgende Hypnosetiefen:
- Leichte Trance (Somnolenz)
- Die Aktivität des Bewusstseins unterscheidet sich hier noch kaum vom Wachzustand. Es werden einfache und logische Suggestionen angenommen und man kann eine beginnende Entspannung der Muskulatur beobachten. Regressions- und analytische Arbeit sind möglich.
- Mittlere Trance (Hypotaxie)
- Die Entspannung vertieft sich, der Körper wird partiell empfindungslos, das Wachbewusstsein ist kaum noch aktiv. Es werden alle Suggestionen angenommen, die nicht der Persönlichkeit des Probanden zuwiderlaufen, auch totale Schmerzlosigkeit ist möglich.
- Tiefe Trance (Somnambulanz)
- Dieser Zustand stellt sich als vollkommene Entspannung mit praktischem Verlust der Kritikfähigkeit des Wachbewusstseins dar. Es werden auch Suggestionen angenommen, die unlogisch und realitätsfremd sind, partielle Amnesie ist möglich. Es können Halluzinationen auftreten, sofern sie suggeriert werden. Bei so genannten positiven Halluzinationen nimmt der Hypnotisand irreale Dinge wahr, bei negativen Halluzinationen dagegen nimmt der Hypnotisand real vorhandene Dinge nicht mehr wahr.
Verschiedene Persönlichkeiten haben weitere Differenzierungen vorgenommen. So unterscheidet beispielsweise Ambroise-Auguste Liébeault zwischen sechs Stufen. Diese feineren Unterteilungen sind jedoch nur von theoretischer Bedeutung. Die Trance vertieft sich immer fließend, generell nimmt die Anzahl möglicher Phänomene mit der Hypnosetiefe zu, viele Phänomene sind aber auch im normalen Wachzustand möglich und treten lediglich verstärkt auf.
Auflösung der Trance
Allgemeines
Jede hypnotische Trance bedarf der Auflösung. Dazu wird mithilfe von Suggestionen der ursprüngliche Bewusstseinszustand wiederhergestellt. Sonstige gegebene Suggestionen müssen durch entsprechende Gegensuggestionen aufgehoben werden. Die Auflösung geht normalerweise schneller vonstatten als die Einleitung, sollte jedoch niemals überstürzt vorgenommen oder gar vernachlässigt werden. Wenn dem Organismus nicht genügend Zeit für die Umstellung gegeben wird, um etwa die Tätigkeit des Herz-Kreislauf-Systems wieder auf Normalwerte zu regulieren, kann es zu Kopfschmerzen kommen. Wenn keine Amnesie suggeriert wurde und man sich nicht in tiefer Trance befand, kann man sich an die Sitzung erinnern.
Wenn doch einmal die Trance nicht ordnungsgemäß aufgelöst worden ist, sollte sie nochmals kurz eingeleitet und danach komplett aufgelöst werden.
Posthypnotische Suggestionen
Wenn Suggestionen nicht zurückgenommen werden, behalten sie ihre Wirkung nach der Hypnose längerfristig oder so lange bei, bis sie wieder aufgehoben werden. Diese Suggestionen werden als posthypnotische Suggestionen bezeichnet. Wenn die Wirkung posthypnotischer Suggestionen nicht für unbestimmte Zeit anhalten soll, kann mittels Suggestionen auch ein Zeitpunkt oder ein bestimmtes Ereignis festgelegt werden, zu dem sie anschließend automatisch zurückgenommen werden.
Bestimmte posthypnotische Suggestionen wirken auch nach der Auflösung und Zurücknahme aller anderen Suggestionen. Dazu wird unter Hypnose suggeriert, dass zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis etwas ganz Bestimmtes passieren wird, ein Anker wird gesetzt. Zu genau diesem Zeitpunkt werden diese Suggestionen auch ihre Wirkung entfalten. Werner J. Meinhold verwendet für diese zuletzt genannte Art von Suggestion den Begriff „ephypnotische Suggestion“.
Spontane Auflösung
Wenn von außen Reize auf den Hypnotisanden einwirken, die einen Schock bei ihm auslösen (z. B. Feueralarm), wird dieser von selbst aus der Trance erwachen. Bei einer unabsichtlichen bzw. ungewollten Auflösung kann eine Nachbearbeitung des Hypnotiseurs indiziert sein, um leichteren Beschwerden wie z.B. Kopfschmerzen vorzubeugen. Nach einem unangekündigten längeren Zeitraum ohne Suggestionen wird die Trance automatisch in Schlaf übergehen; aus diesem wird der Hypnotisand auch ganz normal erwachen.
Selbsthypnose
Der Hypnotisand kann gleichzeitig auch der Hypnotiseur sein. Wenn man sich durch sich selbst eine hypnotische Trance induziert, spricht man von Selbsthypnose oder Autohypnose.
Sich selbst zu hypnotisieren ist meistens schwieriger als andere zu hypnotisieren, da man beide Rollen gleichzeitig übernehmen muss. Dafür kann man den Verlauf der Hypnose und die Auswahl an Suggestionen sehr genau steuern: Niemand kennt sowohl das, was man gerade erlebt, als auch eigene Wertvorstellungen und Bedürfnisse besser als man selbst.
Die Vorgehensweise unterscheidet sich kaum von der einer Fremdhypnose. Ob und wie man sich anspricht oder ob man die Suggestionen ausspricht, vor sich hinmurmelt oder nur denkt, hat dabei keinen Einfluss auf die Wirkung. Da die Suggestionen Konstrukte des eigenen Denkens sind, sind diese auch entsprechend gefärbt und von der unmittelbar erlebten Umwelt beeinflusst. So ist es normalerweise schwieriger, erst kürzlich aufgekommene abschweifende Gedanken zu ignorieren.
Bei einer Selbsthypnose werden meist weniger Phänomene wahrgenommen als bei einer Fremdhypnose. Das ist aber mit eigenen Zweifeln begründet, die während der Sitzung aufkommen und so Suggestionen unwirksam werden lassen. Zur Not können die Suggestionen auch auf CD oder Kassette aufgenommen werden. Wer dabei selbst spricht, sollte mit seiner Stimme vertraut sein; sie sollte in jedem Fall nicht als störend empfunden werden. Unabhängig vom Sprecher handelt es sich dann aber um Fremdhypnose und nicht mehr um Selbsthypnose.
Hilfreich ist es in jedem Fall, sich für eine Selbsthypnose einen möglichst ruhigen und vor allem ungestörten Ort auszusuchen oder zu konstruieren, indem zum Beispiel Telefone und Handys entschärft werden, Mitbewohner mögen für die nächste Zeit Ruhe geben. Ort und Zeit können als Anker dienen, indem sie für jede Sitzung gleich gewählt werden. Wenn man zu müde ist, schläft man ungewollt schon während der Einleitung ein; das ist nicht weiter problematisch. In diesem Fall sollte ein Zeitpunkt gewählt werden, zu dem man noch nicht müde ist.
Besonders in den ersten Sitzungen ist es schwierig, die Wirkungen der Suggestionen nicht zu bewerten. Jede Bewertung hat Einfluss auf den Gedanken- oder Redefluss. Wenn durch etwaige Bewertungen Zweifel am Wirken aufkommen, gibt man sich ungewollt Gegensuggestionen, die gegebenen Suggestionen werden nichtig. Es ist immer sinnvoll, Erwartungen an die Selbsthypnose zurückzunehmen und besonders zu Beginn mit wenig spektakulären Phänomenen zu arbeiten. Da man sich Dinge nicht nicht-vorstellen kann, sollte eine affirmative und möglichst bildliche Sprache wie auch bei Fremdhypnose und Suggestionen selbstverständlich sein.
Mit zunehmender Erfahrung fällt es leichter, die Trance vom normalen Wachsein zu unterscheiden und man kommt auch schneller in Trance. Erfahrungen mit Meditation oder autogenem Training erweisen sich ebenfalls als hilfreich.
Wichtig für den Erfolg bei der Selbsthypnose ist eine gesunde Erwartung: Ähnlich der Hypnose hat auch die Selbsthypnose nichts mit spektakulären Veränderungen oder extremen Bewusstseinszuständen zu tun. Subjektiv mag sich die Selbsthypnose vielleicht nur wie eine leichter Entspannung anfühlen. Deshalb ist es wichtig, sich auf die Zielsetzung in der Selbsthypnose zu konzentrieren - die Wirksamkeit sollte hier im Vordergrund stehen, nicht das Gefühl. Als Ausnahme muss hier das Entspannungstraining genannt werden; gerade bei Angstpatienten kann Selbsthypnose hier eine wunderbare Wirksamkeit zeigen.
Leerhypnose
Bei einer Leerhypnose werden nach der Einleitung keine Suggestionen mehr gegeben, bis die Trance aufgelöst werden soll oder von selbst in Schlaf übergegangen ist. Es wird lediglich der entspannende Zustand genossen. Eine Leerhypnose ist bei Fremd- wie bei Selbsthypnose gleichermaßen möglich und mit Meditation vergleichbar.
Ähnliche Geisteszustände
Es gibt viele Situationen, in denen das Unterbewusstsein wie in einer hypnotischen Trance wesentlich besser ansprechbar ist. Diese Zustände sind natürlich und treten meistens spontan ein. Besonders die Zeit direkt um den Schlaf herum ist dafür bekannt, aber auch Tagträume gehören dazu. Manchmal verliert sich der Träumende derart im Tagtraum, dass er sich mit Ende des Traumes sogar leicht erschreckt in der Realität wiederfindet. Aber auch lange und eintönige Autobahnfahrten induzieren genauso wie konzentriertes Lesen oder Fernsehen eine Trance. Spätestens mit der neurolinguistischen Programmierung ist bekannt, dass selbst intensive Gespräche oder Selbstgespräche direkt auf das Unterbewusstsein wirken können.
Der Zustand direkt vor dem Einschlafen kann mithilfe von Suggestionen beispielsweise dazu genutzt werden, die innere Uhr wie eine Art Wecker zu stellen, um so zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt aufzuwachen. Im Gegenzug dazu kann der Zustand direkt nach dem Aufwachen noch dazu genutzt werden, um die Träume der letzten Nacht in ein Traumtagebuch einzutragen, bevor die Erinnerungen (meist zusammen mit diesem Geisteszustand) verblassen. Eher peinlicherweise kommt dieser Zustand zum Einsatz, wenn unbewusst ein anderer Wochentag als der tatsächliche suggeriert wird: Wer beispielsweise direkt nach dem Aufwachen dem Glauben unterliegt, es sei Donnerstag, obwohl erst Mittwoch ist, wird trotz besseren Wissens ungewollt den gesamten Tagesablauf nach Donnerstag ausrichten.
Andere ähnliche Geisteszustände können Leben retten, wenn auch mit gravierenden Spätfolgen. Menschen, die z. B. Opfer eines Autounfalls sind, befinden sich über längere Zeit in Trance: Sie erleben ihre gesamte Umwelt wie in einer Art Zeitlupe, alles scheint sich langsamer zu bewegen. Dieser Trick des Unterbewusstseins gibt dem Opfer mehr Denkzeit, es kann schneller agieren und so in kürzester Zeit überlebensnotwendige Maßnahmen ergreifen. In Todesangst werden Menschen sogar komplett empfindungslos. In diesem Zustand können sie beispielsweise mit gebrochenen Beinen laufen, um so der Gefahr zu entfliehen. Erst wesentlich später bemerken sie die Schmerzen, deren Ursachen sich durch die Flucht wesentlich verschlimmert haben. Wegen der höheren Ansprechbarkeit des Unterbewusstseins in der Trance wird dieses auch wesentlich durch die Traumata geprägt, es kommt zu posttraumatischen Belastungsstörungen.
Hypnose in der Therapie
Vielfältige Anwendung
Heutzutage ist die Hypnose wissenschaftlich und klinisch anerkannt und wird als Ergänzung zu vielen herkömmlichen Methoden eingesetzt. Bereits wenige Sitzungen können deutliche Veränderung bewirken; entsprechend vielseitig werden die Hypnose und ihre Techniken in der Therapie verwendet. Man kann sie beispielsweise zur Behandlung von Depressionen, Suchtkrankheiten, Sprachstörungen, zur Steigerung des Selbstwertgefühls, zum Stressabbau oder bei Schlafstörungen einsetzen. Schwere psychische Störungen oder Traumata sollten aber grundsätzlich nie selbst sondern nur unter Hinzunahme eines Therapeuten behandelt werden.
Operationen unter Hypnose
Operationen unter Hypnose sind mit Einschränkungen möglich. So gibt es bereits praktizierende Zahnärzte, welche mit Hilfe von Hypnose Zahnoperationen durchführen. Im Allgemeinen verwendet man die Hypnose als Alternative für Patienten, die allergisch auf Narkotika reagieren. Dabei wird mittels Hypnose die Wahrnehmung des Patienten auf etwas Angenehmeres gelenkt, er vergisst den Schmerz. Für schwere Operationen wird weiterhin der Einsatz konventioneller Narkotika bevorzugt.
Gefahren und Missbrauch
Die Hypnose ist nicht ungefährlich, der falsche Einsatz oder sogar Missbrauch kann weitreichende, nicht absehbare Folgen haben. Hypnotisieren darf in Deutschland jeder, hierzu gibt es keine gesetzlichen Vorschriften.
Rapportverlust
Ungeschickt gewählte Suggestionen des Hypnotiseurs können die Kommunikation über den aufgebauten Rapport verhindern, ohne dass der Hypnotisand aufwacht.
- Beispiel: „Meine Sprache wird Ihnen unverständlich.“
Das kann unter Umständen Panik auf beiden Seiten auslösen: Der Hypnotisand fühlt sich „verloren“, der Hypnotiseur kann die Hypnose nicht mehr kontrollieren. Der Rapport kann auch vollständig abbrechen und die Suggestionen werden weder angenommen noch zurückgenommen. In dem Fall sollte der Hypnotiseur ähnlich einer Einleitung in Ruhe versuchen, die Aufmerksamkeit des Probanden wieder auf sich zu lenken und den Rapport wiederherzustellen. Wenn es die näheren Umstände zulassen, kann er auch darauf warten, dass die nunmehr Leerhypnose in Schlaf übergeht. Auf keinen Fall sollte der Hypnotiseur panisch oder gar verzweifelt mit meist unüberlegten Suggestionen reagieren, das würde die Situation nur verschlimmern. Einmal gegebene Suggestionen müssen danach unbedingt zurückgenommen werden.
Bei einer Selbsthypnose macht das Erreichen einer sehr tiefen Trance die Benutzung des Rapports zwangsläufig unmöglich, weil man sich aufgrund der Tiefe nicht mehr kontrollieren kann. Die Trance muss dann ausgeschlafen werden. Dieses Verhalten ist generell harmlos und unbedenklich, man sollte sich jedoch mental darauf vorbereiten. Allerdings ist nicht jedes Einschlafen unbedingt mit einer sehr tiefen Trance verbunden, man kann auch zufällig oder sogar gewollt einschlafen.
Überanstrengung
Bei normalem Bewusstsein ist es unmöglich, die eigenen Energiereserven voll auszuschöpfen, nur in Todesangst geht der dafür verantwortliche Schutzmechanismus verloren. Allerdings kann er auch durch Hypnose ausgehebelt werden. Der Einsatz der Hypnose bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten, um sich an eigene Belastungsgrenzen heranzuführen oder zu überschreiten, ist lebensgefährlich.
Missbrauch in der Medizin
Die Hypnose wird in Bezug auf medizinische Themen gern als allwirksames Heilmittel propagiert. Allerdings wird übersehen bis gänzlich verschwiegen, dass die Wirksamkeit der Hypnose auf der Einstellung des Patienten beruht. Wer sich einer Hypnosesitzung beim Therapeuten unterzieht, muss daher eingehend und wachsam die Qualifikation des Hypnotiseurs überprüfen. Es ist darauf hinzuweisen, dass in Deutschland lediglich der Begriff „psychologischer Psychotherapeut“ rechtlich geschützt ist. In Österreich gibt es zusätzlich einen gesetzlichen Schutz für Psychotherapeuten, allerdings wird hier nicht zwischen psychologischen und ärztlichen Therapeuten unterschieden.
Man sollte sich ausschließlich von Therapeuten hypnotisieren lassen, denen man volles Vertrauen schenkt. Wer an der Glaubwürdigkeit des Hypnotiseurs zweifelt, sollte unbedingt von einer derartigen Behandlung unter ihm absehen.
Siehe auch: Falsche Erinnerung, Vulnerabilität
Bühnen-, Varieté-, oder Showhypnose
Bühnen-, Varieté-, oder Showhypnose sind Veranstaltungen, bei denen ein Hypnotiseur zur Unterhaltung eines Publikums Freiwillige hypnotisiert. Für die meisten der vorgeführten Phänomene ist eigentlich eine tiefe Trance notwendig, obwohl sich bestimmte Umstände, z.B. ein großes Publikum, für den Hypnotiseur ebenfalls als hilfreich erweisen. Es ist aber auch durchaus möglich, dass die Phänomene von den Probanden nur gespielt werden und sie sich gar nicht wirklich in einer tiefen Trance befinden. Es ist von Hypnotiseur zu Hypnotiseur unterschiedlich, ob diese in der Show echte Hypnose oder nur Schauspielerei (evtl. auch durchmischt) vorführen.
Diese Vorführungen sind nicht unbedenklich, sie führen unter Umständen sogar zu schweren Verletzungen. Wenn die dabei auftretenden Schmerzen wegsuggeriert werden, kann das für den Probanden weitreichende Folgen haben, wenn sich dieser daraufhin erst verspätet in ärztliche Behandlung begibt. Auch psychische Schäden sind möglich, wenn beispielsweise durch Katalepsie traumatische verdrängte Erinnerungen an Krämpfe oder Lähmungen geweckt werden. Weitere Risikofaktoren sind Allergien und unbewusste Ängste bei den Probanden, durch welche die Suggestionen ungewollte und/oder schädliche Wirkungen hervorrufen können. Auch Suggestionen, die nach der Show nicht vollständig zurückgenommen werden - entweder, weil sie Vergessen wurden oder weil der Proband die Rücknahme aus irgendwelchen Gründen nicht verstanden oder angenommen haben, stellen ein erhebliches Risikopotential dar.
Die Showhypnose gilt vierlerorts als unverantwortlich und wurde deshalb in vielen Ländern bereits verboten (z. B. Israel, Schweden). In Deutschland und Österreich ist die Showhypnose allerdings weiterhin erlaubt.
Es gibt auch seriöse Hypnotiseure, die auch ernsthafte Hypnotherapie betreiben, die sich im Showhypnosefeld betätigen. Derartige Shows sind dann oftmals gekennzeichnet von einem eher nüchternem, aufklärerischem Charakter und versuchen ohne gesundheitsschädliche oder anstößige Suggestionen auszukommen.
Siehe auch
Sachartikel
- Suggestion, Autosuggestion, Affirmation, Positives Denken, Selbstvertrauen, Reflexion
- Killerphrase, Assoziation, Konnotation, Brainstorming, Kino im Kopf, Gehirngerechtes Arbeiten, Superlearning
- Klartraum, Außerkörperliche Erfahrung, Esoterik, Neurolinguistische Programmierung, Gehirnwäsche
- Tiefenpsychologie, Amnesie, Hypermnesie
- Hypnotherapie, Psychotherapie
- Portal:Psychotherapie
Personenartikel
- Franz Anton Mesmer
- James Braid
- Sigmund Freud
- Oskar Vogt, Johannes Heinrich Schultz
- Milton H. Erickson
Weblinks
- Linkkatalog zum Thema Hypnose bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- Weiterführende Informationen zu Hypnose und Selbsthypnose sowie kostenfreie Anleitungen
- Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose (MEG)
- Deutsche Gesellschaft für Hypnose (DGH)
- Gesellschaft für hypnotisch arbeitende Heilpraktiker (I-GTH)
- Hypnoseberatung der Assoziation für professionelle Hypnose und Psychotherapie (APHP)
- Klingenberger Institut für klinische Hypnose (KIKH)
- Freie Gesellschaft für Hypnose e.V. (FGH)
- Deutsche Gesellschaft für zahnärztliche Hypnose (DGZH)
- Infoseite von Hans-Peter Zimmermann
- Ein skeptischer Blick der GWUP auf die Showhypnose
- Institut für Angewandte Hypnose (IfAH)
- [1]Hypnotische Sprachmuster nach Milton Erickson