Kreis Habelschwerdt

Der Landkreis Habelschwerdt ist ein ehemaliger Landkreis in Schlesien und bestand als preußisch-deutscher Landkreis in der Zeit zwischen 1818 und 1945.
Der Landkreis Habelschwerdt umfasste am 1. Januar 1945:
- 3 Städte Habelschwerdt, Landeck und Mittelwalde
- sowie 87 weitere Gemeinden
- und 2 Gutsbezirke (Forsten).
Heute gehört das Territorium des ehemaligen Landkreises, das wie eine Halbinsel nach Böhmen hineinragt, zum polnischen Powiat Kłodzki in der südwestpolnischen Woiwodschaft Niederschlesien.
Verwaltungsgeschichte
Königreich Preußen
Am 24. Januar 1818 wurde aus den Distrikten Habelschwerdt und Landeck des bisherigen Kreises Glatz der neue Kreis Habelschwerdt in der preußischen Provinz Schlesien, Regierungsbezirk Reichenbach gebildet. Dieser umfasste meist ländliche Gebiete um die Städte Habelschwerdt, Landeck und Mittelwalde. Das Landratsamt war in Habelschwerdt.
Mit der Auflösung des Regierungsbezirks Reichenbach trat am 1. Mai 1820 der Kreis Habelschwerdt zum Regierungsbezirk Breslau.
Deutsches Reich
Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich.
Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet.
Zum 30. September 1929 fand im Kreis Habelschwerdt entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.
Am 1. Oktober 1932 wurde die Landgemeinde Neu Wilmsdorf aus dem Kreis Habelschwerdt in den Kreis Glatz eingegliedert.
Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien zur neuen Provinz Schlesien zusammengeschlossen.
Zum 1. Januar 1939 führte der Kreis Habelschwerdt entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis.
Zum 18. Januar 1941 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den bisherigen Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet.
Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und trat danach unter polnische Verwaltung.
Kommunalverfassung
Der Kreis Habelschwerdt gliederte sich zunächst in die Stadtgemeinden Habelschwerdt, Landeck und Mittelwalde, in Landgemeinden und selbstständige Gutsbezirke.
Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Die bisherigen Stadtgemeinden führten jetzt die Bezeichnung Stadt.
Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 im Deutschen Reich eine einheitliche Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden.
Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.
Ortsnamen
Abgesehen von der Abänderung der Bezeichnungen:
- Landeck: Bad Landeck i. Schl. und
- Mittelwalde: Mittelwalde (Schles.)
verblieb es bis 1945 bei den eingeführten deutschen Ortsnamen.
Geographische Lage
Der Landkreis entsprach (ungefähr) der südöstlichen Hälfte der ehemaligen Grafschaft Glatz und hat etwa geografische Breite 50.1°- 50.3° sowie Länge 16½°- 17°. Er bildet mit dem nördlicher gelegenen ehemaligen Landkreis Glatz den Südzipfel Schlesiens, der etwa die vierfache Größe des Gebiets um Berchtesgaden aufweist. Wie dieses ist das Gebiet ringsum von Bergen umgeben. Ihre deutschen Namen sind (im Uhrzeigersinn von Nord über Ost):
- Eulengebirge (zwischen dem Landkreis Glatz und der Oder-Ebene von Breslau) bis 1100 m Höhe
- Reichensteiner Gebirge mit Glatzenkuppe (765 m) und Gipfeln bis 1100 m
- Glatzer Schneegebirge (1425 m) an der Grenze Tschechiens
- Adlergebirge (cz. Orlicke hory) und Habelschwerdter Berge (bis etwa 1200 m), sowie
- Ausläufer des Riesengebirges.
Gebirgs- und Grenzlage
Diese Grenzlage und der Ring der Berge führ(t)en dazu, dass die Region noch immer eine der ärmsten von Südpolen ist - besonders im Vergleich zum östlicheren (oberschlesischen) Industriegebiet um Katowice (Kattowitz). Man hofft nun - durch den EU-Beitritt - auf größere Anteile am Fremdenverkehr (siehe 2. Weblink).
An der südlichen Grenze des Landkreises, zwischen den Schneebergen und dem Adlergebirge, entspringt die Glatzer Neiße. Sie durchfließt den Kreis in nördlicher Richtung auf die Stadt Glatz zu und mündet nahe bei Oppeln (poln. Opole) in die Oder (Odra).
Habelschwerdt und Umgebung
Siehe den eigenen Artikel zu Habelschwerdt
Ringsum Heilbäder
Der älteste Kurort ist 700 Jahre alt, was es in Mitteleuropa nicht oft gibt. Es ist Bad Landeck (offenbar gab es in österreichischer Zeit adlige Verbindungen zu Landeck in Tirol - siehe unten). Heute heißt es Lądek Zdrój und bewahrt Erinnerungen an einige Berühmtheiten (Friedrich der Große, Zar Alexander III. und andere). In der Nähe des Kurhauses von 1678 gibt es die - in böhmischer Nachbarschaft unvermeidliche - Nepomukbrücke. Sie wurde 1565 erbaut und gehört zu den ältesten in Europa.
Gleich sechs Heilquellen gibt es im nur wenig jüngeren Bad Kudowa (Kudowa Zdrój), deren Mineralgehalt seit 300 Jahren genützt wird. Wölfelsgrund ist als Luftkurort bekannt. Er begann im 16. Jahrhundert mit einer Waldsiedlung von Tiroler Gastarbeitern, die der 30 Meter hohe Wasserfall im ungewohnten "nur-Mittelgebirge" entzückt haben muß. Von dort steigt man zum Spitzberg (850 m) mit der Wallfahrtskirche "Maria Schnee".
Die frühere wirtschaftliche Blüte der jetzt verarmten Region stammt aber weniger von diesen Kurorten als vom Bergbau:
Zwar ist der Name von Bad Reinerz (Duszniki Zdrój) sehr sprechend, doch benötigte es natürlich trotzdem eine Eisenschmelze. Die jetzt noch vorhandene wurde etwa 150 Jahre nach der Verleihung des Stadtrechts (1324) errichtet. Um 1700 begann die Textilindustrie zu florieren, später der Kurbetrieb. Da hier 1826 Frederic Chopin zu Gast war, veranstaltet das Städtchen jeden August ein Musikfestival zu Ehren des "polnisch-deutsch-französischen" Musikers.
Zitat
Vor etwa 80 Jahren behauptete der Dichter Hermann Stehr (1864-1940) von seinen Landsleuten (wohl halb im Scherz) folgendes:
Der Schlesier legt sich schlafen wie ein Flame, springt wie ein draufgängerischer Franke in den Tag, arbeitet wie ein Pole und verliert sich, von einem sentimentalen Böhmen oder Wenden an der Linken, von einem verträumten Thüringer an der Rechten geführt, durch den Abend in die Nacht. Der Charakter der Schlesier ist wie eine Volksversammlung, die erregt debattiert, aber keine Resolution fasst ...
Persönlichkeiten
Michael Klahr d. Ä. (* 1693 in Bielendorf; † 1742 in Bad Landeck); Bildhauer des Barock.
Weblinks
- http://www.klodzko.pl/ klodzko.pl (polnische Webpräsenz)
- http://www.darodigital.de/kartenhabelschwerdt.htm (alte Postkarten)
- http://www.literad.de/geschichte/habelschwerdt.html (Geschichte 1871 - 1945, Wahlen 1933)
- http://www.germanvideo.com/travel/trav_desc_s-t.html (Reisen nach Schlesien [erstes Viertel des Files])