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Rundkirche

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Østerlarskirke auf Bornholm
Typische Rundkirche in Äthiopien

Die Rundkirche ist eine kirchenhistorisch besondere Anlagenart, bei der der Innenraum im Gegensatz zum Langbau oder Kreuzbau einen im Wesentlichen ungeteilten, kreisförmigen Grundriss aufweist.

Die Rundkirche ist eine besondere Form des einfachen Zentralbaus und diente als Tauf-, Grab- oder Wehrkirche. Etwaige Anbauten (z. B. in Dänemark das Karnhaus oder eine Apsis) sind nicht Bestandteil des eigentlichen Kirchenraumes.

Vorgeschichte und Geschichte

Europa

Die ältesten Rundbauten sind bereits neolithische Tempel, wie die vom Göbekli Tepe, von Jerf el Ahmar oder Nevali Cori in der Levante. Immer wieder verschwindet der Rundtempel jedoch um z.B. als Tholos wieder aufzutauchen. Vielfach sind, wie im Agrigento auf Sizilien oder auf Sardinien und Menorca nur noch die Fundamente zu finden. Ab der Bronzezeit werden die Überreste deutlicher. Radbauten wie die schottischen Wheelhouses belegen den Fortbestand der Idee. Während der Eisenzeit kommen die schwedischen Fornburgen hinzu. In Rom standen die Vestatempel am Tiber. Es ist davon auszugehen, dass die Rundkirche als formale Übernahme vorchristlicher Kultbauformen wie den Tholoi und Monopteroi entstand. Besonders in altchristlicher Zeit und im Mittelalter konnte sich diese Bauform gegenüber der christlichen Kreuzbasilika noch gelegentlich behaupten. Die offenbar älteste christliche Rundkirche soll die Grabeskirche in Jerusalem von 326 n. Chr. sein. Auch in der Folgezeit treten Rundkirchen häufig in Form von Tauf- und Grabkirchen oder Schlosskapellen auf.

Äthiopien

In Äthiopien hat sich seit dem 16. Jahrhundert die Rundkirche durchgesetzt und ist heute die charakteristische Form des Kirchenbaus. Äusserlich sehen diese Kirchen aus wie große Tukuls (klassische Rundhütten), im inneren sind sie meistens in drei Bereiche aufgeteilt: Das Kene Mahalet, das Mäkdas und das Kedus Kedusan.
Das Kene Mahalet ist ein Rundgang im äusseren Bereich und ist durch eine Wand von den beiden inneren Abschnitten getrennt. Es kann von jedem betreten werden, der Boden ist mit Teppichen ausgelegt und im Eingangsbereich befinden sich Stühle für die Alten und die Kinder (der äthiopisch-orthodoxe Gottesdienst wird stehend gefeiert). Durch Türen dürfen nur die Priester in den zweiten Bereich eintreten, das Mäkdas. Dort werden die Trommeln und Sistren für den Gottesdienst aufbewahrt und der Boden ist ebenfalls mit Teppichen ausgelegt. Das Kedus Kedusan ist das Allerheiligste. Es ist rechteckig und beinhaltet den Altar und den Tabot, eine Nachbildung der Bundeslade aus Holz. Alle Wände sind mit Ornamenten und Heiligenbildern bemalt.

Abgrenzung

Rotunden

Die Rotunde ist kein Kirchentypus, sondern ein architektonisches Element. Sie steht entweder alleine (Zentralbau mit kreisförmigem Grundriss) oder ist Teil eines unrunden Gesamtkonzepts (Petersdom) oder sogar ganz vom eigentlichen sakralen Bau separiert (Glockentürme irischer Klöster). Ihre besondere Bedeutung erhalten Rotunden durch vereinzelt sehr große Kuppeln. Große, insbesondere barocke Zentralbauten bezeichnet man nicht als Rundkirchen, weil sie eben nicht vom Typus Tauf-, Grab- oder Wehrkirche sind. Auch lassen sich kreisrunde Brunnen aus Parkanlagen nicht so bezeichnen, wohl aber als Brunnenrotunde. Wenigstens hat sich das so in der Tourismusliteratur so eingebürgert, auch wenn es in den eigentlichen Architekturlexika so gut wie nicht vorkommt.

Beispiele:

Oktogone

Oktogone von hohem Bekanntheitsgrad (wie etwa der Aachener Dom) werden kaum als Rundkirchen fehlbezeichnet. Wenn jedoch - wie z. B. bei einer Wehrkirche - die geometrische Anlage auf einer kleinen Fläche fast kreisrund wahrgenommen wird, dann kann die Zuordnung erfolgen. Es gibt Architekturlexika, die in diesen Fällen die Bezeichnung „Rundkirche“ - im touristischen Sprachgebrauch ohnehin fest eingebürgert - ausdrücklich zulassen. Beispiele dafür:

Sonstige Formen

Aufgrund des Typus stehen folgende Kirchen in der Tradition der Rundkirche, obwohl ihr Grundriss nicht kreisförmig ist:

Rundkirchen im engeren Sinne

Frühchristliche Zeit

Mittelalter

An den dänischen Beispielen, insbesondere auf Bornholm, ist der architektonische Grund-Typus sehr instruktiv zu illustrieren (siehe auch dänische Rundkirchen). Gut erhaltene Beispiele gibt es auch in Ungarn und Siebenbürgen, hier Körtemplom (aus ung. koer - Kreis/Rund und templom - Kirche/Tempel) genannt.

Häufig sind mittelalterliche Wehrkirchen nur noch als Ruinen erhalten:

Gute Beispiele für mittelalterliche Rundkirchen, die nicht in der Wehrkirchen-Tradition stehen, finden sich in England:

Spätere Epochen

Moderne

In den folgenden Bauten wird architektonisch, jedoch nicht funktional, an die alte Tradition angeknüpft:

Literatur