Netzhaut

Die Netzhaut (lateinisch Retina) ist die lichtempfindliche Schicht an der hinteren Innenseite des Auges von Wirbeltieren und einigen Tintenfischen. In ihr wird das auftreffende Licht, nachdem es die Hornhaut, die Linse und den Glaskörper durchquert hat, in Nervenimpulse umgewandelt.
Anatomie der Netzhaut des Menschen
Lage
Die Netzhaut liegt auf der Aderhaut (Choroidea) auf, welche die Netzhaut mit Nährstoffen versorgt. Die Netzhaut wird vom Glaskörper (Corpus vitreum) nach innen begrenzt, der zudem durch seinen Binnendruck für den Kontakt zwischen Ader- und Netzhaut sorgt. Direkt und fest verbunden mit der mittleren Augenhaut ist die Netzhaut nur in einer ringförmigen Region im Irisbereich und an der Eintrittsstelle des Sehnerven (Papille). Deshalb ist eine Netzhautablösung meist nur kurz lokal begrenzt und kann sich unbehandelt über große Bereiche des Sichtfeldes ausbreiten.
Zellen der Netzhaut
Die Netzhaut selber ist aus definierten Schichten aufgebaut, welche aus spezifischen Zelltypen oder subzellulären Kompartimenten dieser Zellen bestehen. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei den Fotorezeptorzellen zu. Die Fotorezeptorzellen sind hoch polare Zellen, welche aus einem Außensegment, einem Innensegment, dem Zellkörper und einem Axon mit einer spezialisierten Synapse am Ende bestehen. Grundsätzlich unterscheidet man in der Netzhaut zwischen zwei Fotorezeptorzell-Typen: Stäbchen und Zapfen („rods“ und „cones“). Die Stäbchen sind auf das Sehen bei schwacher Beleuchtung spezialisiert (skotopisches Sehen), die Zapfen sind für das Farbsehen (photopisches Sehen) verantwortlich.
Menschen sind Trichromaten, es existieren also drei Zapfenarten mit unterschiedlichen Absorptionsmaxima. Vereinfacht kann man sagen, dass es rotempfindliche, grünempfindliche und blauempfindliche Zapfen gibt. Das Nervensystem kombiniert den Reiz der drei Zapfenarten, um dem einfallenden Licht eine Farbe zuzuordnen. Die Zapfen sind weniger lichtsensitiv als die Stäbchen. Daher verändert sich das Farbempfinden bei Nacht, der so genannte Purkinje-Effekt. Daher stammt das Sprichwort: Nachts sind alle Katzen grau (Zum Merken: mit den Stäbchen sieht man schwarz/weiß, mit den Zapfen Farben).
Schon ein einziges Lichtphoton kann ein Stäbchen aktivieren. Allerdings müssen mehrere Stäbchen aktiviert werden, damit die Netzhaut die Anwesenheit von Licht signalisiert. Beim Auftreffen eines Photons auf das in Membranstapel der Fotorezeptoren eingelagerte Rhodopsin erfährt letzteres eine Konformationsänderung. Dadurch wird eine Enzymkaskade ausgelöst, die sogenannte visuelle Signaltransduktionskaskade, die schließlich zur Aktivitätsänderung der Nervenzelle (Zapfen wie Stäbchen) führt. Für die Aufklärung der Bedeutung des Retinals 1933-1958 bekam der amerikanische Biochemiker George Wald 1967 den Nobelpreis für Medizin.
Fotorezeptorzellen liegen in einem Abstand von 6µm voneinader entfernt, das ist vergleichbar mit dem Abstand der Dioden in einem CCD von 10µm.
Die Fotorezeptoren werden untereinander durch zwei unterschiedliche Typen von Horizontalzellen verschaltet. Sie dienen damit u. a. zur Kontrastverstärkung der optischen Wahrnehmung durch laterale Inhibition benachbarter Fotorezeptoren.
Des Weiteren werden die Bipolarzellen durch die Fotorezeptoren innerviert. In der Säugetierretina gibt es je nach Art acht bis elf Zapfen-gesteuerte Bipolarzellen und einen Typ von Stäbchen-gesteuerten Bipolarzellen.
Von den Bipolarzellen werden wiederum die Amakrinzellen innerviert. Amakrinzellen sorgen – ähnlich wie zuvor die Horizontalzellen – für eine sowohl laterale als auch vertikale Verschaltung des neuronalen Netzwerks in dieser Schicht der Netzhaut und tragen ebenfalls zur Modulation der Signalverarbeitung bei. Insgesamt gibt es über 30 verschiedene Amakrinzelltypen.
Die den Bipolar- und Amakrinzellen nachgeschalteten Zellen sind die Ganglien: diese Neurone leiten den Lichtreiz nun über den optischen Nerv (Nervus opticus) zum Gehirn weiter. Insgesamt lassen sich bis zu 20 Ganglienzelltypen unterscheiden. Darunter befindet sich eine dritte Gruppe von Lichtsinneszellen; diese enthält das Pigment Melanopsin. Solche Zellen wurden im Vergleich zu den übrigen Typen erst vor kurzer Zeit entdeckt und sind deshalb noch weitgehend unerforscht. Es wurde bereits bewiesen, dass die Melanopsin-Zellen als Fotorezeptoren wirken und bei der Funktion der "inneren Uhr" eine wichtige Rolle spielen.
Schichten der Netzhaut
Das Licht durchdringt die gesamte Netzhaut und wird erst von den Photorezeptorzellen detektiert. Vom Glaskörper hin zur Aderhaut kann man bei der gesunden Netzhaut folgende Schichtstruktur unterscheiden.
Epiretinale oder innere Grenzmembran (ERM / ILM epiretinal / internal limiting membrane)
Die innere Grenzschicht der Retina ist die Basal- und Plasmamembran der Müller'schen Zellen, sowie möglicherweise anderer Gliazellen. Sie besteht darüber hinaus aus Kollagenfasern und Proteoglykosiden.
Die innere Grenzmembran (Membrana limitans externa) Diese im Lichtmikroskop homogen erschienende Schicht bildet die innere Begrenzung gegen den Glaskörper. Sie bedeckt die gesamte Retina und geht vorne mit einer etwas vergröberten Struktur in die Zonulalamelle über.
Die älteren Histologen waren der Ansicht, dass die pinselartigen Endfüße Der Müllerschen Stützfasern fest in der Grenzmembran verankert sind, letztere also als gliöses Produkt zu werten sei. Das Elektronenmikroskop konnte jedoch zeigen, dass die innere Grenzmembran den Charakter einer modifizierten Basalmembran hat und von den Fußpunkten der Müllerschen Zellen klar abgegrenzt werden kann. Die klinisch nachweisbare starke Adhärenz der Membran an der Retina kommt wahrscheinlich durch die mit Kittsubstanz gefüllte Zwischenschicht zustande, welche die Gliafortsätze der Müllerschen Zellen mit der Grenzmembran verbindet.
GAERTNER fasst die Grenzmembran als periphere Verdichtung des Glaskörpergewebes auf, da sich ihre Faserlamellen schichtweise von der Retina abheben und in die Glaskörpermembran übergehen. Dicke der Grenzmembran beträgt ca. 2- 3 µm.
Nervenfaserschicht (NFL - nerve fiber layer)
Besteht aus Anhäufungen der Nervenfasern der ableitenden Nervenzellen. Sie tragen die Information aller Fotorezeptoren nach außen. Im Sehfleck (Makula) ist die Dichte am geringsten und die Fasern spannen sternförmig von der Makula ausgehend einen Bogen bis zum blinden Fleck (an dem der Sehnerv das Auge verläßt). Eine Zerstörung dieser Schicht hat eine zunächst teilweise, irreparable Erblindung zur Folge (grüner Star). In dieser Höhe befinden sich auch die inneren Blutgefäße der Retina (bis auf den gefäßfreien Bereich in der Nähe der Makula).
Diese vereint die etwa 1 Million Neuriten der Ganglienzellschicht, die zur Papille ziehen. Diese Nervenfasern sind marklos und erhalten ihre Markscheiden erst nach dem Austritt aus dem Bulbus. Auf dem Weg zur Papille zeigen die Sehnervenfasern einen charakteristischen Verlauf, indem nur die Fasern aus der Fovearegion den direkten Weg wählen, um so das sog. „makulo-papilläre Bündel“ zu bilden. Alle von weiter peripher herkommenden Fasern laufen um dieses Bündel bogenförmig herum. Hierbei überschreiten sie nie eine gedachte Grenzlinie (Rhaphe).
Die mehr peripheren Nervenfasern liegen am tiefsten in der Faserschicht, wenn sie zur Papille ziehen und nehmen deshalb eine mehr periphere Position im Sehnerv ein. Näher gelegene Fasern liegen oberflächlicher, dadurch kommen sie im Sehnerv auch mehr zentral zu liegen.
Auch zentrifugale Fasern – vom Gehirn zur Retina – sind verschiedentlich beschrieben worden, ihre Funktion und Bedeutung ist jedoch ungewiss. Einige Autoren ordnen ihnen Hemmfunktionen im Sehakt zu, andere bringen sie in Verbindung mit der Gefäßinnervation des retinalen Gefäßnetzes.
Außer den Sehnervenfasern sind in dieser Schicht noch Neuroglia, versprengte Ganglienzellen und die größeren Gefäße des retinalen Gefäßsystems vorhanden. Dicke dieser Schicht: ca. 20- 30 µm.
Ganglionzellschicht (GCL - ganglion cell layer)
Zellkörper mit Kernen der Nervenfaserschicht. Die Dendriten der Ganglienzellen erstrahlen in die angrenzende IPL und nehmen die Signale von den Bipolarzellen und den amakrinen Zellen auf. Weitergeleitet wird der Impuls über die Axone der Ganglienzellen, welche in der Nervenfaserschicht verlaufen und sich zum Nervus opticus bündeln.
Die Ganglienzellschicht baut sich aus den Zellkörpern des 3. Neurons auf. Die Zellgröße ist sehr verschieden, die Lage der Zellen in der peripheren Retina einschichtig, in mittleren und zentralen Zonen mehrschichtig. Neben den Ganglienzellen sind noch Neuroglia und Zweige der retinalen Gefäße anzutreffen. Dicke der Schicht: ca. 10 bis 20 µm
Innere plexiforme Schicht (IPL - inner plexiform layer)
Letzte Vorverarbeitungsstufe bevor das Signal zum Hirn weitergeleitet wird. Axone von Zellen der INL treffen hier auf die Dentriten der Ganglionzellen.
Die innere Faserschicht (innere plexiforme Schicht)
Diese Schicht weist die Neuriten der Bipolarzellen und die Dendriten der Ganglien- und amakrinen Zellen auf. Neben diesen Elementen sind gelegentlich auch deplazierte Horizontalzellen und Zellen der Neuroglia gefunden worden. Dicke dieser Schicht 20 bis 30 µm.
Innere Kernschicht (INL - inner nuclear layer)
Zellkörper und auch Kerne von funktional stark unterschiedlichen Zellen sind hier in variierender Höhe zusammengestellt. Vor allem Bipolarzellen, aber auch Amakrin- und Horizontalzellen, sowie die Zellkörper des neuronalen Stützgewebes, der Müller'schen Gliazellen, sind hier angesiedelt.
Die innere Körnerschicht (innere granuläre Schicht) Dies ist die variationsreichste Zellschicht der Retina, denn es finden sich in ihr vier verschiedene Zellarten:
Am weitesten außen liegen die Horizontalzellen, dann folgen die Zellkörper der Bipolarzellen und Müllerschen Stützfasern, an der inneren Begrenzung liegen die Amakrinen Zellen. Gesamthaft kann man von 10 bis 12 Zellschichten sprechen. Dicke der inneren Körnerschicht 30 µm.
Äußere plexiforme Schicht (OPL - outer plexiform layer)
Dendriten der Bipolar- und Horizontalzellen werden mit den synaptischen Enden der Fotorezeptoren verschaltet und bilden somit die erste Stufe der intraretinalen Informationsverarbeitung.
Die äußere Faserschicht (äußere plexiforme o. retikuläre Schicht) Diese Schicht stellt die Verbindung zwischen Rezeptoren und den Bipolarzellen her. Sie enthält die Fortsätze beider Zellarten, zudem noch Fortsätze der Horizontalzellen und der Müllerschen Stützfasern. Im mittleren Abschnitt dieser Schicht liegen die Synapsen die Umschaltstellen vom ersten zum zweiten Neuron. Dicke dieser Schicht ca. 20 µm.
In der Übergangszone zur nächsten Schicht liegt das tiefere Versorgungsnetz der retinalen Kapillaren, die Abkömmlinge der zentralen Netzhautarterie sind. Diese Gefäße verlaufen sehr konstant in einer Ebene und stoßen kaum in andere Schichten vor.
Äußere Kernschicht (ONL - outer nuclear layer)
Schicht der Zellkörper und Kerne der Photorezeptoren. Stäbchen und Zapfen sind parallel nebeneinander gruppiert und erstrecken ihre verdickten lichtsensitiven Fortsätze, die Außensegmente, in Richtung des RPE.
Die äußere Körnerschicht (äußere granuläre Schicht)
Diese wird von den Rezeptoren-Zellkörpern mit Kern gebildet. Die Kerne der Zapfen liegen in einer einzelnen Schicht nahe der Grenzmembran, die der Stäbchen bilden 4 bis 6 Lagen. Eine Ausnahme von dieser Anordnung besteht in der Fovearegion, wo die auch Zapfen mehrschichtig gelagert sind.
Besonders zu vermerken ist, dass in dieser Schicht wesentlich mehr Kerne anzutreffen sind, als in der Schicht der Bipolar- und Ganglienzellen. Dicke dieser Schicht beträgt ca. 40µm.
Externe Grenzmembran (ELM - external limiting membrane)
Wird durch Ausläufer der Müllerschen Zellen und Zelladhäsions-Verbindungen (Adhering junction) mit den Photorezeptorzellen gebildet.
Die äußere Grenzmembran (Membrana limitans externa) Die lichtmikroskopisch homogen erscheinende Grenzschicht zwischen äußerem und innerem Abschnitt der Rezeptoren, erwies sich elektronenmikroskopisch als eine Schicht horizontal verlaufender Fortsätze der Müllerschen Stützfasern.
Diese fibrilläre Netzwerk lässt punktförmige Öffnungen für den Durchtritt der Rezeptoren frei. In der Region der Ora serrata setzt sich die äußere Grenzmembran in der Substanz fort, die die beiden Schichten des Ziliarepithels verbindet.
Inneres Segment (IS - inner segment)
Das Innensegment ist der Bereich der Photorezeptorzellen, der Mitochondrien und endoplasmatische Retikulum (ER) enthält. Hier erfolgt unter anderem die Proteinbiosynthese und andere Stoffwechselaktivität. Getrennt werden die inneren von den äußeren Segmenten durch ein schmales Verbindungscilium, durch welche alle Stoffe für das Außensegment aktiv transportiert werden müssen.
Äußeres Segment (OS - outer segment)
Hier erstrecken sich die Außensegmente der Photorezeptoren vom Verbindungscilium bis zum RPE. Am Verbindungscilium entstehen neue Diskmembranen, Membranabschnürungen bepackt mit Rhodopsin. Rhodopsin ist in die Disks eingelagert und initiiert die visuelle Signaltransduktion. Durch die Neusynthese bewegen sich diese Disks zum RPE und werden dort phagocytiert.
Retinales Pigmentepithel (RPE - retinal pigment epithelium)
Ganz außen wird die Netzhaut vom retinalen Pigmentepithel (RPE), einem hexagonal aufgebauten, einschichtigen Epithel begrenzt, welches die Trennschicht zwischen der Netzhaut und der Aderhaut (Choroidea) bildet. Die Zellen des RPE enthalten durch Melanin schwarz gefärbte Melanosomen, welche funktionell Lichtfilter darstellen. Basal zeigen diese Zellen tiefe Furchen, die dem besseren Stoffaustausch mit den Blutgefäßen der Choroidea dienen. Apikal umgreifen fingerartige, mikrovilläre Fortsätze des RPE die Photorezeptorzellen. RPE-Zellen verhinderen ein Eintreten von Blut aus der stark vaskularisierten Choriocapillaris (die stark durchblutete Grenzschicht der Aderhaut). Sie stellen auch funktionell einen Lichtfilter dar (bedingt durch Melanineinlagerungen) und dienen der Ernährung der Photorezeptoren, dem Recyclen der alten Diskmembranen der Photorezeptoraußensegmente sowie der Regeneration des gebleichten Retinals aus aktiviertem Rhodopsin.
Das Pigmentepithel
Aufgrund der embryologischen Entwicklung wird das Pigment- epithel meist als äußerste Schicht der Retina bezeichnet, obwohl es mit dem eigentlichen Sehvorgang nur indirekt in Verbindung steht. Dies insofern, als es für die Regeneration des Sehpurpurs und für die Stoffwechselvorgänge in den Rezeptoren von großer Bedeutung ist. Versucht man beim Sezieren eines Auges die einzelnen Schichten der Bulbuswand zu trennen, so bleibt in der Regel das Pigmentepithel an der darunterliegenden Aderhaut haften, obwohl es aus dem gleichen Keimblatt wie die Retina entsteht, dem Ektoderm, während sich die Aderhaut aus dem Mesoderm bildet.
Besondere Regionen der Netzhaut
Die Stelle des schärfsten Sehens
Die Stelle das schärfsten Sehens ist der gelbe Fleck*, auch Makula oder Sehgrube. Deren Zentrum ist die Fovea, auch Fovea centralis genannt, weil sie genau dort liegt, wo ein senkrecht durch die Pupille einfallender Lichtstrahl auftrifft. Die Fovea hat einen Durchmesser von ca. 3mm. Nur mit der Makula wird die größte Sehschärfe, wie man sie etwa beim Lesen benötigt, erreicht. Die umgebende Netzhaut dient im Wesentlichen der Umfeldwahrnehmung, dem Erkennen von Dingen "aus den Augenwinkeln". Bei schwerer Schädigung der Makula, z.B. durch die altersbedingte Makuladegeneration (AMD), kann man nicht mehr Lesen oder Autofahren. Die Makula entspricht auch dem Bereich, in dem das Auge bei zentraler Fokussierung eine gleichermassen scharfe Abbildung wahrnehmen kann (ca. 1°). Darüberhinaus ist die Augenkrümmung beim normalsichtigen Auge zu stark und das Bild wird peripher verschwommen wahrgenommen.
- von Soemmering 1779 eingeführter Name sollte vermieden werden da er missverstänlich ist. Zudem stimmen die Bereiche bei Betrachtung mit dem Augenspiegel und beim Leichenauge in ihrer Ausdehnung nicht überein.
Der blinde Fleck
Als blinder Fleck wird die Stelle der Netzhaut bezeichnet, an der der Sehnerv (Nervus opticus) aus dem Auge austritt. Da die sensorischen Nerven, die die Information ableiten auf der Innenseite, also im Strahlengang liegen, ist an der Durchtrittstelle kein Platz für eine durchgehende Rezeptorschicht. An dieser Stelle befinden sich folglich keine Lichtrezeptoren, der Fleck ist also wirklich blind. Dass wir in unserer visuellen Wahrnehmung keinen blinden Fleck "im Bild" haben, liegt am Ergänzungseffekt. Das visuelle System verwendet Informationen, die die Rezeptoren in der Umgebung des blinden Fleckes liefern, um das visuelle Bild zu ergänzen.
Erkrankungen der Netzhaut
Die wichtigsten Erkrankungen der Netzhaut sind:
- Diabetische Retinopathie als Folgezustand einer (schlecht eingestellten) Zuckerkrankheit
- Makuladegeneration
- Netzhautablösung
- Gefäßverschlüsse (Ischämie, Infarkt)
- Retinitis pigmentosa
- Retinopathia centralis serosa (schwellungsbedingte Netzhautabhebung)
- Retinopathia pigmentosa (angeborene Erbkrankheit der Netzhaut)
- hypertensive Retinopathie (durch Bluthochdruck verursachte Netzhauterkrankung)
- eklamptische Retinopathie (bei Schwangeren im Rahmen von Eklampsie auftretende Netzhauterkrankung)
- Retinopathia praematurorum (Netzhauterkrankung bei Frühgeborenen)
- Azoor Akute zonale okkulte äußere Retinopathie
Untersuchungsverfahren (Diagnoseverfahren)

Neben der Standardmethode der Beleuchtung des Augenhintergrundes mit einer Spaltlichtlampe und der Betrachtung des reflektierten Lichtes mit einer Funduskamera, haben sich in den letzten Jahren mehrere unterschiedliche Verfahren zur Netzhautdiagnose etabliert.
Die herausragenste Methode ist die Optische Kohärenztomografie (OCT), die die Abbildung um die dritte Dimension erweitert. Dies ermöglicht die Anfertigung von hochauflösenden Schnittbildern oder auch 3D-Tomogrammen mit einer zum histologischen Bild vergleichbaren Qualität.

Hier können die einzelnen Schichten aufgelöst und in ihrer Dicke vermessen werden. Dadurch lassen sich feinste Unterschiede feststellen, die für die maßgeschneiderte Therapie im weiteren Behandlungsverlauf, oder auch beim Testen von Medikamenten maßgeblich sind.
Weitere Untersuchungs- und Beurteilungsmöglichkeiten bestehen auf elektrophysiologischer Ebene durch
- das Elektroretinogramm (ERG)
- das Elektrookulogramm (EOG)
sowie auf der Ebene der retinalen Durchblutung durch
- die Fluoreszenzangiographie (auch FLA, FAG oder Angio abgekürzt)
- die Indozyaningrünangiographie
Siehe auch
Aderhaut, Uvea, Bruch-Membran, Emmertsches Gesetz, visuelle Signaltransduktion