Abschiebungshaft
Abschiebehaft, rechtlich korrekter Begriff: "Abschiebungshaft", vgl. § 62 AufenthG, ist ein Begriff aus dem deutschen Ausländerrecht, ähnliche Regelungen gibt es aber auch in anderen Ländern. In Österreich heißt die Abschiebehaft Schubhaft.
Zum berechtigten langfristigen Aufenthalt in Deutschland muss man entweder Deutscher oder freizügigkeitsberechtigter EU-Bürger sein oder ein Aufenthaltsrecht in Form eines sog. Aufenthaltstitels besitzen. Davon zu unterscheiden sind kurzfristige Aufenthalte bis zu 3 Monaten Dauer. Diese sind für die Bürger der EU-Länder visumsfrei, für die Bürger anderer Länder grundsätzlich visumspflichtig. Es gibt jedoch eine Reihe von Ländern, für die die Visumspflicht für Kurzaufenthalte auf EU-Ebene im Schengen-Raum aufgehoben wurde (Liste in Anhang II der EU-VisumsVO).
Ausländer, die kein explizites Recht zum Aufenthalt haben sind auch ohne besondere Aufforderung verpflichtet, das Land zu verlassen. Eine Duldung stellt insofern kein Aufenthaltsrecht dar, sondern sichert einem Ausländer nur eine befristete Aussetzung der Abschiebung zu. Häufig erlässt die zuständige Ausländerbehörde zunächst eine Ausweisungsverfügung mit Abschiebungsandrohung, mit der dem Betroffenen eine letzte Frist zur freiwilligen Ausreise gesetzt wird. Wer innerhalb der ihm im Rahmen der Ausweisung gesetzten Frist das Land nicht verlässt, kann abgeschoben werden, d. h. zwangsweise und mit Zwangsmitteln außer Landes gebracht werden. Jedes Jahr werden über 50.000 Menschen von der Bundespolizei abgeschoben.
Umsetzung
Die Abschiebehaft gibt es in zwei Formen:
- Vorbereitungshaft
- Diese wird angewandt, wenn der betroffene Ausländer zur Vorbereitung der Ausweisung auf richterliche Anordnung in Haft genommen wird. Dies geschieht dann, wenn über die Ausweisung nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde.
- Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Wenn über die Ausweisung zum Nachteil des Betroffenen entschieden wurde, kann die Haft ohne neue richterliche Anordnung bis zum Ende der angeordneten Haftdauer fortgesetzt werden.
- Sicherungshaft
- Diese wird angewandt, wenn
- der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist,
- die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
- er aus von ihm zu vertretenden Gründen zu einem für die Abschiebung angekündigten Termin nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde,
- er sich in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen hat oder
- der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
- Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate verlängert werden.
Die verschiedenen zeitlichen Grenzen, die das Gesetz vorgibt werden aber oft unterlaufen, denn zur Sicherung der Abschiebung kann der betroffene Ausländer bis zur Vollziehung der Abschiebung in Haft genommen werden, d. h. insbesondere wenn die Behörde befürchtet, dass sich der Ausländer seine Abschiebung entziehen will.
Die Abschiebehäftlinge werden oft in speziellen Abschiebegefängnissen untergebracht. Teilweise wird sie aber auch in Gefängnissen für den Strafvollzug oder Untersuchungshaft oder auch in Polizeigewahrsam durchgeführt.
Das größte europäische Abschiebegefängnis ist die JVA Büren in der nähe von Paderborn. Hier befinden sich bis zu 560 männliche Abschiebegefangene. Ab dem Jahr 2007 sollen hier auch weibliche Abschiebegefangene untergebracht werden.
Abschiebehaft wird von den Ausländerbehörden bei den Amtsgerichten beantragt. Es gelten die Regeln des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FEVG). Häufig ist jedoch festzustellen, dass die zuständigen Behörden zunächst die Polizei bitten, einen Ausländer zu verhaften und erst nach der durchgeführten Verhaftung einen richterlichen Beschluss erwirken. Dieses Verhalten ist rechtswidrig.
Wird Abschiebehaft in Justizvollzugsanstalten vollzogen, so gilt bei der Unterbringung das Strafvollzugsgesetz als Regelung für die Unterbringung. Viele Bundesländer haben zusätzliche Regelungen in Form von Gesetzen und Erlassen erstellt.
Die Abschiebehaft gilt rechtlich nicht als Strafe. Wird zu Unrecht vom Mittel der Abschiebehaft Gebrauch gemacht, erhält der Betroffene daher auch keine Haftentschädigung nach dem StrEG. Allerdings ist es unter Umständen (mit einem entsprechend kenntnisreichen Anwalt) möglich, auf zivilrechtlichem Wege Schadensersatz im Wege der Amtshaftung oder nach Art. 5 EMRK zu erlangen.
Geschichte
Eine erste Abschiebehaft-Regelung wurde im Staat Bayern 1919 während den Nachkriegswirren verabschiedet. Am 25. Mai 1919 verabschiedeten die Ministerien für Inneres und militärische Angelegenheiten die „Bekanntmachungen über Aufenthalts- und Zuzugsbeschränkungen“, die das geltende Fremdenrecht unter der Maßgabe einer Revolutionsprävention (unmittelbar nach Ende der Münchner Räterepublik) verschärften. Mit diesen Änderungen wurde der Grundstein für die heutige Abschiebehaftpraxis und das heutige Ausländerecht gelegt.
In der 1938 verabschiedeten „Ausländerpolizeiverordnung“ fand die bayrische Regelung im § 7 Eingang: „Der Ausländer ist (...) durch Anwendung unmittelbaren Zwanges aus dem Reichsgebiet abzuschieben, wenn er das Reichsgebiet nicht freiwillig verlässt oder wenn die Anwendung unmittelbaren Zwanges aus anderen Gründen geboten erscheint. Zur Sicherung der Abschiebung kann der Ausländer in Abschiebehaft genommen werden.“ Diese Regelung der Ausländerpolizeiverordnung galt in Westdeutschland unverändert bis 1965.
Von 1965 bis 2004 regelten die beiden Ausländergesetze die Abschiebehaft. Das Gesetz von 1965 in § 16 und das Gesetz von 1990 in § 57. Seit 2005 gilt in der Bundesrepublik Deutschland das Aufenthaltsgesetz. Darin regelt § 62 die Abschiebehaft.
Weblinks
- www.gegenAbschiebehaft.de Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e. V.
- www.initiative-gegen-abschiebehaft.de Initiative gegen Abschiebehaft, mit praktischen Informationen und täglich aktualisierter Presseschau
- www.upb.de Gesetzestexte zur Abschiebehaft
- www.idash.org no lager
- www.no-racism.net Schwerpunkt zu Abschiebehaft
- www.aha-bueren.de Widerstand gegen die Abschiebehaftanstalt in Büren