Vaterlosigkeit
Vaterlosigkeit ist das Phänomen der Aufzucht eines Kindes nur durch die Mutter und ohne einen Vater bzw. Stiefvater. Wächst ein Kind ohne beide Elternteile auf, so spricht man von Waisen bzw. Sozialwaisen. Rund 1,8 Millionen Kinder wachsen zur Zeit in Deutschland ohne Vater auf.
Infolge der beiden Weltkriege war Vaterlosigkeit durch die gefallenen oder in Kriegsgefangenscháft geratenen Soldaten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein weit verbreitetes Phänomen. In den folgenden Jahrzenten änderten sich die Gründe und der Tod des Vaters wurde als Hauptursache von Vaterlosigkeit durch die Trennung der Eltern abgelöst.
Psychosoziale Folgen
Vater- bzw. mutterlos aufgewachsene Kinder zeigten in verschiedenen Studien auch nach Jahrzenten noch psychosoziale Belastungen. Die konkrete Auswirkung der Vater- bzw. Mutterlosigkeit zeigte sich abhängig von der allgemeinen psychischen Stabilität eines Kindes und dem weiteren Umfeld an festen Bezugspersonen. Wegen ihres tendenziell im Vergleich zum jeweils anderen Geschlecht unterschiedlichen Umgangs sowohl hinsichtlicher ihrer Erwartungen an ihre Kinder, als auch hinsichtlich ihres körperlichen Umgangs mit ihren Kinder, werden Väter und Mütter als wichtig für die Erziehung von Kindern angesehen. Vater- bzw. Mutterlosigkeit wird heute auch als ein Problem für die Entwicklung der Geschlechtsidentität betrachtet.
Vaterlosigkeit während und nach den Weltkriegen
Sowohl der 1. als auch der 2. Weltkrieg führten mit ihren Opferzahlen in Millionenhöhe zu hohen Raten von Halb- und Vollwaisen. Viele gefallene Soldaten liesen Familien zurück. Nach dem 2. Weltkrieg war etwa ein Viertel der Kinder vaterlos, da ihre Väter getötet oder vermisst wurden oder in Kriefgefangenschaft gerieten. Die Anteil der Kinder die während und nach des Krieges durch Kriegsdient oder Kriegsgefangenschaft zumindest zeitweise ohne Vater aufwuchsen wird auf weitere 25 bis 30% geschätzt.
Literatur
- Söhne ohne Väter – Erfahrungen der Kriegsgeneration, Ch. Links Verlag, Berlin, ISBN 3-86153-320-0
- Alexander Mitscherlich - Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft. Ideen zur Sozialpsychologie; 1963
- Frank Dammasch, Die innere Erlebniswelt von Kindern alleinerziehender Mütter, Brandes + Apsel, ISBN 3-86099-298-8
- Matthias Franz, Wenn der Vater fehlt, in Psychologie Heute, März 2004, S. 20-25
- Shmuel Shulman und Inge Seiffge-Krenke, Fathers and Adolescents, Routledge, ISBN 0-41511-792-5