Krieg
Krieg ist ein Konflikt zwischen Staaten, Völkern sowie anderen Gruppen, der durch organisierten Einsatz von Waffen ausgetragen wird. Krieg bezeichnet somit eine Situation, in der zumindest eine der beteiligten Kriegsparteien ihre Machtansprüche gegenüber der anderen durch eine massive Anwendung von physischer Gewalt, insbesondere Tötung von Menschen, geltend zu machen sucht. Krieg ist stets auch von großen Zerstörungen begleitet.
Kriege haben die gesamte menschliche Kulturgeschichte begleitet. Dennoch wird ein Krieg als das Besondere, nicht Normale, empfunden, wohingegen der Frieden als der wünschenswerte Normalzustand angesehen wird.
Mögliche Ursachen
Kriege können auf zwei Arten entstehen:
- Entweder sie bauen sich aus einer zunehmenden Eskalation von nicht eingedämmten Konfliktsituationen heraus auf oder
- sie sind bewusst geplante, in aller Konsequenz herbeigeführte Situationen.
Die erste These lässt darauf schließen, dass Kriege wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst sind, vermutlich viel älter. Das nötige aggressive Erbe dürften wir dann von unseren tierischen Vorfahren übernommen haben: Im Tierreich ist nämlich der Einsatz von individueller Aggression zur Durchsetzung der eigenen Interessen der Normalfall. Gewaltsame Konflikte zwischen Gruppen treten ebenfalls häufig auf, wenn Ressourcen knapp werden. Krieg zu führen erscheint aus dieser Perspektive zunächst als nichts "Unnatürliches", sondern als eine Weiterentwicklung der tierischen Aggression unter Zuhilfenahme der nur dem Menschen eigenen Werkzeuge (Waffen).
Nach anderer Auffassung kann die Tendenz zu Kriegen so nicht hergeleitet werden, weil unsere Vorfahren, wie auch die Tiere heute noch, keine "Interessen", sondern nur Instinkte besaßen. Sie setzen diese nicht durch, sondern sind diesen unterworfen. Dieser Ansicht zufolge erscheint der Krieg nicht als notwendige Komponente in der menschlichen Entwicklung. Er lässt sich weder als anthropologische noch als vor-anthropologische Seinskonstante verstehen. Auch meinen manche Anthropologen, so Michael Tomasello, dass die Entwicklung des Menschen vorrangig durch die Kultur bestimmt würde. Weil dabei auch das Begreifen des Anderen als intentionales Wesen mit im Spiel ist, kommt der Aggression eine geringere Bedeutung zu als der Durchsetzung der Interessen.
Nun ist aber auf der anderen Seite gerade die Fähigkeit des Menschen, seine Aggressionen zu unterdrücken und durch Diplomatie Krieg zu vermeiden, etwas, das den Menschen vom Tierreich abhebt. Als weitere Fähigkeit neben der Aggressionsbeherrschung hat der Mensch aber auch das planende Verhalten den Tieren voraus. Das Vorhandensein gerade dieser Fähigkeit zeigt, wie sehr zumindest Kriege, die mit voller Intention "vom Zaun gebrochen" werden (siehe These 2 oben) als "Erfindung" des Menschen gelten können, da nur er in der Lage ist, die dazu notwendigen Schritte zu planen.
Kriegsführung
Die Kriegsführung selbst hat in Geschichte und Gegenwart unterschiedliche Phasen durchgemacht. Die Ursachen waren und sind in der Einstellung der jeweiligen Zeitgenossen zur "Normalität" des Krieges und in der Waffentechnologie zu suchen.
Die Frühzeit der Kriege dürfte dem entsprochen haben, was heute unter "bewaffneter Konflikt" subsummiert wird: Kleinere lokale Gruppen befehdeten sich in oft schlecht organisierter Form und in wechselseitigen Allianzen.
Solche bewaffneten Auseinandersetzungen wurden später abgelöst von Kriegen, die mit Hilfe von Armeen ausgetragen wurden. Gewissermaßen kann diese Art von Krieg als "Duell" der Machthaber der jeweiligen Kriegsparteien verstanden werden, die sich der "Waffe" eines Heers bedienen.
Im Zuge immer größerer Armeen und der von ihnen ausgehenden Plünderungen entwickelte sich die Idee des "gehegten" Krieges. Wenn schon Krieg, so die Grundaussage, dann bitte im zivilisierten Rahmen: In Europa findet der Umdenkungsprozess am Ende des Dreißigjährigen Krieges statt: Der Westfälische Frieden 1648 bringt zum ersten Mal das Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten in die Diskussion. Es entwickelt sich das kodifizierte Kriegsrecht und das Kriegsvölkerrecht. Am bedeutsamsten wurden diesbezüglich die Genfer Konvention von 1864, die Haager Landkriegsordnung von 1907 (mit ihrer strikten Trennung zwischen Zivilisten und Kombattanten) sowie das Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen von 1949.
Weiterhin wurde versucht, bestimmte als unnötig grausam verstandene Waffen zu verbieten. Dies gelang zum Beispiel bei den Dum-Dum-Geschossen. Über das Verbot anderer Waffen, zum Beispiel der Anti-Personen-Minen, wird zur Zeit diskutiert, doch sind die Ansichten über die Grausamkeit solcher Waffen in der Welt geteilt [1].
Die Sinnlosigkeit des Versuches, Krieg in zivilierten Bahnen führen zu können, wurde jedoch im ersten und insbesondere im zweiten Weltkrieg deutlich, die sich als Kriege zwischen ganzen Völkern verstehen lassen: Da die gesamten Reserven der jeweiligen Nationen für Kriegszwecke mobilisiert wurden, erwies sich zum Beispiel die Trennung zwischen Zivilisten und Kombattanten als Makulatur. Stattdessen kam es in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zur Strategie der "verbrannten Erde", die die Deutschen im Osten Europas anwandten, zum englischen Bombenkrieg gegen deutsche Städte, zu kollektiven Selbstmorden in Japan und zu den amerikanischen Atombombenabwürfen.
Aufgrund dieser negativen Erfahrungen entwickelte sich nach 1945 - zum Teil auch unter kritischer Berücksichtigung des Wettrüstens im Rahmen der Abschreckungsstrategien des Kalten Krieges - die Einstellung, dass Kriege generell vermieden werden sollten.
Erst nach dem Ende des kalten Krieges werden heiße Kriege wieder zunehmend als erlaubtes Mittel zur Erreichung politischer Ziele angesehen. Dabei ist die Tendenz festzustellen, die Doktrin der Nichteinmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten aufzugeben zugunsten einer militärischen Durchsetzung von Menschenrechten. (Wie weit im konkreten Fall andere Motive bei den Kriegsursachen mitspielen, oder wie weit ein Krieg dieser Durchsetzung tatsächlich nützt, sei dahingestellt). Offenbar aber entwickelt sich - zumindest in der westlichen Welt - die Einstellung zum Krieg wieder weg von der Idee "Volk gegen Volk", und hin zu der Vorstellung, dass Kriege eine Art Polizeiaktion "Welt gegen ausscherendes Mitglied" seien. Auch durch die Weiterentwicklung der Waffentechnologie ("smart bombs") wird eine solche Denkweise wieder möglich.
Zerstörungen
Jeder Krieg ist, neben dem Verlust von Menschenleben, immer mit Zerstörungen verbunden. Diese entstehen einerseits als zwangsläufige "Nebenfolgen" des Waffeneinsatzes gegen Menschen, andererseits aus strategischen Gründen (zum Beispiel beim Sprengen von Brücken), zum Teil wird die Zerstörung von Gebäuden, ja der totalen Infrastruktur des Kriegsgegners aber auch bewusst herbeigeführt, um die Zerstörungskraft einer Armee zu demonstrieren und den Gegner einzuschüchtern (z.B. "Shock and awe"-Doktrin des dritten Golfkriegs. Von dieser Taktik können natürlich bisweilen bestimmte Objekte verschont bleiben (z.B. Prag oder Fürth (Bayern) im 2. Weltkrieg).
Krieg und Politik
Der Kriegstheoretiker Clausewitz beschreibt den Krieg wie folgt: "... Jeder sucht den anderen durch physische Gewalt zur Erfüllung seines Willens zu zwingen; sein nächster Zweck ist, den Gegner niederzuwerfen und dadurch zu jedem ferneren Widerstand unfähig zu machen".
Seine Definition des Krieges als "ein wahres politisches Instrument" und als "eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln" wird bei genauerem Hinsehen den Gegebenheiten der realen Kriegführung in Geschichte und Gegenwart nicht gerecht. Krieg ist nicht nur ein Mittel staatlich organisierter und gelenkter Politik. Neben den Staaten, die als kriegführende Seite ein Heer hatten, spielten offenbar zu allen Zeiten die ,nicht regulären' Gruppen im Krieg eine erhebliche Rolle: Kosaken, Jäger, Husaren, Samurai, Partisanen, in der neuerer Zeit die Guerilla, Freischärler, Milizen und Taliban. Was nicht regulär ist, wird politisch diskutiert.
Somit scheitert auch der Versuch, zwischen einem Konflikt und einem formal erklärten Krieg zu unterscheiden und die Bezeichnung "Krieg" auf jene Konflikte einzuschränken, die mit einer formalen Kriegserklärung einhergehen.
Zu diesen kleinen Kriegen zählen Krawalle, Aufstände, der Staatsstreich, Bürgerkriege usw.
In ihnen zeigt sich die eigentliche, ungehemmte Art eines Krieges. Sie bilden die überwältigende Mehrzahl aller Kriege; die "regulären" Kriege zwischen Staaten und regulären Truppen bilden demgegenüber die Ausnahme.
In der Fühzeit des Kriegsrechts galt dieses bemerkenswerterweise nur in Europa, nicht aber für die Kolonien oder nichteuropäische Völker.
Kriege werden geführt
- um Rohstoffquellen,
- aus religiösen oder kulturellen Gründen (die Kreuzzüge, der Dreißigjährige Krieg, der Jihad)
- um die Vormachtstellung,
- um bestimmten Gesetzen Gültigkeit zu verschaffen,
- aus ökonomischen und territorialen Interessen
- um eine ideologische Vormachtstellung zu sichern oder zu festigen (sog. Hinterhof-Politik der USA)
- oder auch aus psychologischen Gründen, weil der den Krieg erklärende Machthaber glaubt, seine Ziele nur kriegerisch erreichen zu können, oder schlimmer noch, weil die kriegerische Auseinandersetzung seiner Persönlichkeit mehr entspricht als das diplomatische Geschick.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bestimmt im Artikel 26 (1):
"Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen."
Beim Umgang mit dem Begriff Krieg zeigen heutige kriegführende Staaten eine gewisse verbale Verunsicherung. Zuweilen gibt ein Land vor, seine Truppen in das andere zu schicken, um die gestörte Ordnung wiederherzustellen, oder um Völkermord, Verbrechen gegen Menschlichkeit oder den Sturz einer legitimen Regierung durch einen Aufstand zu verhindern. Dann bezeichnet das betreffende Land diesen Einsatz als Polizeiaktion, um Werte wie Menschenrechte durchzusetzten, oder als Friedensmission; andere nennen den Truppeneinsatz Angriff und Intervention.
Auch versuchen einige Leute Krieg und Terrorismus zu unterscheiden, obwohl man Krieg als eine gut organisierte Form des Terrors sehen kann. Andere versuchen auf der Suche nach neuen Feindbildern Krieg gegen Terroristen zu führen.
Im übertragenen Sinn unterscheidet man auch den bewaffneten "heißen" Krieg vom Kalten Krieg.
Claudia von Werlhof setzt den Beginn der Geschichte des Krieges zum Zeitpunkt des Übergangs vom Matriarchat zum Patriarchat an und nennt eine Zeitpanne von nur maximal 7000 Jahren, in der es kriegerische Auseinandersetzungen gibt. Dies wäre im Vergleich zur Dauer der Existenz der Menschen recht kurz.
Andere, wie Michael Tomasello sehen in der kulturellen Entwicklung, in der Entwicklung des Denken in sozialen Dimensionen, den grundlegenden Unterschied des Menschen zum Tier, wenn er auch keinen scharfen Schnitt machen will.
Siehe auch: Kriegsursachen -- Friedensbewegung -- Friendly fire -- Liste von aktuellen und historischen Kriegen -- Eroberungskrieg -- Bewaffneter Konflikt -- Bürgerkrieg -- Kriegszerstörung -- Bundeswehr -- Heer -- Luftwaffe -- Marine - Soldat -- Kriegsdienstverweigerung
Weblinks:
- http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege_archiv.htm Kriege 1945- 2001 (Universität Hamburg)
- http://www.regis-net.de/krieg/kriegframe.html
- http://gutenberg.spiegel.de/clausewz/krieg/inhalt.htm Carl von Clausewitz, Vom Kriege