Nazi


Nazi ist ein Kurzwort für einen Anhänger des Nationalsozialismus und wird umgangssprachlich zumeist abwertend gebraucht.[1]
Begriffsgeschichte und -verwendung
„Nazi“ war ursprünglich eine Koseform des Vornamens Ignaz, der in Bayern und Österreich häufig war. Abwertend gebraucht wurde der Begriff für eine einfältige, törichte Person[2] und für Deutsch-Österreicher und Deutsch-Böhmen.[3]
Im Illustrierten Lexikon der deutschen Umgangssprache von Heinz Küpper steht 1984 – sinngemäß übereinstimmend mit dem Historical Dictionary of German Figurative Use von Keith Spalding (Oxford 1984): „Die Verkürzung ›Nazi‹ bezog sich 1903 auf die ›Nationalsozialen‹ unter Friedrich Naumann.“ Die erste bekannte Verwendung des Wortes Nationalsozialist ist laut Angaben der Sprachberatung der Universität Vechta noch älter; so wies Cornelia Berning in Vom »Abstammungsnachweis« zum »Zuchtwart«. Vokabular des Nationalsozialismus, Berlin 1964, S. 138 im Deutschen Adelsblatt 1887 unter der Überschrift Fürst Bismarck der erste Nationalsozialist nach. Für den Nationalsozialisten im gegenwärtigen Sinne wurde Nazi vermutlich erstmals belegt bei Kurt Tucholsky 1923.[4]
Ab etwa 1930 wurde der Ausdruck in Analogie zu Sozi (Sozialist oder SPD- bzw. SPÖ-Anhänger) schärfer distanzierend für die Anhänger Adolf Hitlers gebraucht. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand auch die Wortschöpfung Entnazifizierung, womit in erster Linie die systematische Entfernung von Nationalsozialisten aus öffentlichen Ämtern gemeint war.
Der amerikanische Journalist Ron Rosenbaum meint, dass Naso eine übliche Abkürzung für Nationalsozialist gewesen sei, bis der Journalist Konrad Heiden das Wort Nazi in seinen Artikeln popularisiert habe, wohl wissend um seine angeblich negative Konnotation in Bayern.[5] Der Begriff wurde auch von den Nationalsozialisten selbst als Trotzwort benutzt (und später unterbunden)[6], so veröffentlichte Joseph Goebbels 1927 in Elberfeld eine Schrift mit dem Titel Der Nazi-Sozi. Fragen und Antworten für den Nationalsozialisten[7].
In realsozialistischen Systemen, beispielsweise der DDR, wurden die Worte „Nazi“ und „Nazismus“ gegenüber den eigentlichen Selbstbezeichnungen „Nationalsozialist“ und „Nationalsozialismus“ bevorzugt, vermutlich um die Verwendung des Begriffs „Sozialismus“ im Zusammenhang mit dem ideologischen Feind zu vermeiden.[8]
Die Zusammensetzung Neonazi bezeichnet heute einen Anhänger nationalsozialistischen Gedankenguts, der die Zeit des Nationalsozialismus nicht selbst erlebt hat; Altnazis haben hingegen ihre Gesinnung nach 1945 nicht abgelegt.
Begriffsverwendung im nichtdeutschen Sprachraum
Im angelsächsischen (und internationalen) Sprachgebrauch findet sich die Kurzform Nazi wesentlich häufiger als die Herkunftswörter und wird auch zur Bezeichnung der damaligen Politik, Ideologie und Kriegsführung, teilweise auch zur Bezeichnung von Fanatikern anderer Art, gebraucht. So teilte die Sprachauskunft der Universität Vechta mit: „Einige wenige Nazi-Belege für die Zeit nach 1945, meist Hinweise darauf, dass das Wort als Fremdwort im Englischen, auch im Französischen oder im Türkischen zu finden ist, bietet das Archiv der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden.[...] In der Kölnischen Rundschau vom 18. September 1998 stand ein Artikel über deutsche Fremdwörter im US-Amerikanischen, der unter anderem folgenden Abschnitt enthielt: »Eine befremdliche Karriere hat [...] das Wort ›Nazi‹ gemacht. In den nördlichen US-Bundesstaaten versteht man darunter wertfrei jede Art von Fanatiker. Ein ›tobacco nazi‹ ist ein leidenschaftlicher Raucher, ein ›jazz nazi‹ ein Jazz-Fetischist.«[4]
Einzelnachweise
- ↑ Nazi, duden.de, abgerufen am 17. Juli 2013
- ↑ Eintrag zu „Nazi“ (engl.) im Etymologischen Wörterbuch etymonline.com: Vorlage:"-en, abgerufen am 9. August 2008
- ↑ Kurt Tucholsky: Die »Nazis«, in: Die Weltbühne, 8. Juni 1922
- ↑ a b Arbeitsstelle für Sprachauskunft und Sprachberatung der Universität Vechta, online, abgerufen am 18. Juli 2013
- ↑ Ron Rosenbaum: Explicar a Hitler: La búsqueda de los orígenes de su maldad, Siglo XXI Editores (Mexiko), 1999, Seite 179. Vorlage:"-es
- ↑ Friedrich Kluge, bearb. v. Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage. de Gruyter, Berlin/New York 2002, ISBN 3-11-017473-1, S. 647.
- ↑ Goebbels-Biographie von Ralf Georg Reuth, Piper-Verlag
- ↑ Eintrag zu „Nazi“ (engl.) im Etymologischen Wörterbuch etymonline.com: Vorlage:"-en, abgerufen am 9. August 2008