Moritz Coschell
Moritz Coschell, (auch als Max Coschell und Moritz Kocheles bekannt; * 18. September 1872 in Wien; † 11. Juli 1943) war ein österreichischer Gesellschaftsmaler und Illustrator.
Leben
Moritz Coschell wurde als Sohn von Leo Coschell seiner Frau und Fany (geb. Stolzberg) in Wien geboren. Er begann sein Studium an der Staatsgewerbeschule Wien beim Bildhauer Anton Brenek und ab 1899 an der Akademie der Bildenden Künste Wien bei dem Genremaler Franz Rumpler sowie bei dem Historien- und Porträtmaler August Eisenmenger. Ab 1899 war er in Berlin ansässig wo er sich schnell in der Gesellschaft als Maler etablierte.
Im Ersten Weltkrieg diente er als Hauptmann im österreichischen Heer. Am 11. Januar 1921 heiratete er die Bankierstochter einer angesehenen Dortmunder Familie, Lucy Agnes Emma Wiskott. Aus dieser Ehe entstammt der Sohn Joachim Coschell (* 30. Dezember 1922 in Berlin-Charlottenburg, † 1944 in Frankreich).
Moritz Coschell war, wie seine Frau Lucy, evangelischen Glaubens. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wurde ihm jedoch 1933 die Berufserlaubnis entzogen. Er floh nach Wien wo er zeitweilig ein Atelier unterhalten konnte und wo er, laut dem Juristen Joachim Weichert, schnell zu einem der führenden Künstler wurde. Nach derm Anschluss Österreichs im Jahr 1938 war Coschell in derselben Situation wie vorher in Berlin. Das Verdienstzeichen des Ersten Weltkriegs verhindert die Deportation, aber das Überleben in Wien wurde für ihn und seine Familie zusehends schwieriger. Er war gezwungen den Beruf des Malers erneut aufzugeben und beklagte in einem Brief von 1939 an den 1938 bereits ausgewanderten Joachim Weichert, dass seine „trockenen Ölfarben keine Linderung des dauerhaften Hungers“ böten. Die tägliche Angst und die Diffamierungen brachten ihn und seine Familie Mitte 1939 so weit, Selbstmord in Betracht zu ziehen. Ab 1939 hatte er sich aktiv bemüht in die USA zu immigrieren. Coschell kannte eine Sekretärin von Thomas Mann persönlich aus Wien und versuchte mit ihrer Hilfe auszureisen, was nicht gelang. Andere Versuche wie z. B. über das American Cormittee for Christian German Refugees, die Art Associates oder über den Kunsthändler Karl Nierendorf schlugen ebenfalls fehl. Am 11. Juli 1943 starb Coschell verarmt und mittellos in Wien. Die Todesursache ist nicht bekannt. Seine Frau Lucy lebte zu dieser Zeit in Dortmund. Sein Sohn, Joachim Coschell, wurde nach Frankreich eingezogen und verstarb dort 1944.
Moritz Coschell wurde auf den Wiener Zentralfriedhof IV Tor (Gruppe 19k, Reihe 7, Grab Nr. 2) beigesetzt.
Werke








Coschell trat besonders als Chronist und Schilderer der Berliner und Wiener Gesellschaft hervor. Es entstanden zahlreiche Portraits von bekannten und berühmten Persönlichkeiten, wie beispielsweise in der Großen Berliner Kunstausstellung, die Halbstücke Dr. A. G. (Porträt Alfred Gold), 1904, Frau Dr. A. G. (Porträt Martha Gold, geb. Zadeck), 1910, die Zeichnung Arthur Nikisch am Dirigentenpult von 1906, das Porträt des Kritikes Alfred Kerr, des Schriftstellers Bernhard Kellermann, des Wiener Cellisten und Komponisten Heinrich Grünfeld, 1930, des Operetten-Komponisten und Mitbesitzers des Wiener Johann Strauß-Theaters Richard von Goldberger, 1903, des Bogumil Zepler, des Ferruccio Busoni, dem Adelsgeschlechts Baron von Prillwitz, Baron von Decken sowie den Afrika-Reisenden Graf d’Harnoncourt. Er fertigte auch Porträts von seiner Familie, den Schwiegervater und Bankier der Bank Wiskott & Co, Heinrich Paul Wiskott. Und aus seinen engen Freundeskreis in Wien die Nichte des bekannten Philosophen Edmund Husserl, Katharina Weichert deren ihre Familie Ihm sehr nahe stand und ihr eine liebevolle Widmung schrieb und signierte.
Coschell war Mitglied der Vereinigung Berliner Künstler und der Freien Vereinigung Graphiker zu Berlin.
Weitere Themen waren Interieurs, Landschaften, alttestamentarische Themen (Abigail vor David) und Themen des jüdischen Volkslebens, Skizzen aus dem galizischen Ghetto für den Band Galizien des Werkes und die Schilderungen vom Kriegsschauplatz (Feuertaufe meiner Kompanie) in der Kunstausstellung Galerie Arnot in Wien.
Neben der Malerei war Coschell als Grafiker und Illustrator aktiv. 1901 illustrierte er für den Fischer Verlag Anatol und Leutnant Gustl von Arthur Schnitzler sowie La rue à Berlin für das Journalheft Figaro Illustré in Paris 1907. Es war eine Sondernummer (Licht und Schattenseiten des Berliner Großstadtlebens) und war ihm gewidmet. Coschell fertigte auch Grafiken und Bilder für das Kronprinzenwerk an.
Die Welt berichtete 1999 über eine Ausstellung im Märkischen Museum mit Leihgaben des Axel Springer Verlages. Es wurden Gerichtszeichnungen (Spielerprozess Stallmann 1913) und Karikaturen von Coschell gezeigt.
Davor hatten viele deutsche Museen seine Werke ausgestellt unter anderen in Braunschweig, Dortmund, Wien, Brüssel sowie im Kupferstichkabinett in Berlin.
Weitere Werke (Auswahl):
- Renegatin, 1890
- Rabbiner im Gebet, 1890
- Blumenmädchen, 1894 Wien
- Landschaften aus der Umgebung des Gutes Eceka bei Groß-Beeskerek
- Alter Friedhof aus Südtirol
- Berglandschaften aus Österreich
- Graf d’Harnoncourt
- Jüdische Familienszene, 1900
- Die Abtrünnige, Berlin, 1900
- Abigat von Sunem, Berlin
- Königliche Oper in Berlin
- Die Berliner Friedrichstraße (La Rue a Berlin)
- Bierhalle mit Musikkapelle
- Pärchen im Zoologischen Garten
- Szene aus dem Wintergarten des Café National in Berlin
- Restaurant Kempinsky in Berlin
- Häusliches Interieur
- Richard von Goldberger, Berlin 1903
- Der Sohn des Wunderrabbi, 1904
- Porträt Dr. A. K., Berlin, 1904
- Studie Bildnis einer Frau, 1904
- Damenporträt mit schwarzen großen Hut in weißem Kleid, 1904
- Porträt junger Mann, 1904
- Dr. A. G. (Alfred Gold), Berlin 1904
- Abigail vor David , Berlin 1908
- Frau Dr. A. G (Martha Gold), Berlin 1910
- Porträt Mirit, Berlin
- Porträt Frau H.H. (Radierung)
- Porträt Baron von Prillwitz, Berlin
- Apachenbraut, Berlin
- Porträt Baron von Decken, Berlin
- Stickerin (Kreidezeichnung), Berlin
- Porträt Bernhard Kellermann, Berlin
- Selbstbildnis aus Tirol, Berlin
- Damenporträt, 1910
- Im Atelier, Berlin 1911
- Die Lesestunde, Berlin 1911
- Josef Giampietro, Berlin 1912
- Fräulein Ilse J., Berlin 1912
- Allfred Kerr, Berlin 1912
- Christus und die Sünderin, München 1913
- Porträt Annemarie, Berlin
- Im Atelier (Radierung), Berlin
- Porträt Damenbildnis (Radierung), Berlin
- Komponist Bogumil Zepler am Klavier, Berlin 1912
- A good Read, Lesendes Mädchen
- Die Frau des Komponisten Busoni
- Femme Fatale, 1916 (Lucy Coschell)
- Plantagenbesitzer in Indien, 1916
- General Habermann, 1916
- General der Kavallerie Ignaz Edler von Kordar, 1916
- Dorf Dorna Kandreni, 1917
- Paul Wiskott, 1921
- Inneres eines westfälischen Bauernhauses, 1922
- Hus i Positano, 1924
- Kommerzienrat Julius Glückert, 1925
- Mädchenkopf, 1925
- Oberbaurat Schüppel, 1925
- Joachim Coschell, 1927
- Junge im Matrosenanzug, 1927
- Bildnis eines Knaben
- Zigeuner in Scole
- Selbstporträt (Atelierinterieur und Lucy Coschell im Hintergrund)
- Mutter mit Kind, Berlin 1929
- Joachim Coschell, 1929 (Lucy mit Joachim)
- Selbstporträt, 1929
- Heinrich Grünfeld, Berlin 1930
- Selbstporträt mit Zigarette und Pinsel im Atelier, 1930
- Zigeunerin mit Stock, 1932
- Goldschmied Heinrich Frisse, 1934
- Lucy Coschell (Wiskott präsentiert Schmuck des Dortmunder Goldschmiedes Frisse, 1934)
- Selbstporträt im Atelier, 1936
- Selbstporträt, 1936
- Bauernhaus, 1936
- Wasserbecken im Park, 1936
- Porträt Katharina (Käthe) Weichert mit goldener Bluse und Schleier, Wien 1938
- Porträt Katharina (Käthe) Weichert mit Laube, Wien 1938
- Porträt Katharina (Käthe) Weichert mit Zeitschrift, Wien 1938, mit einer liebevollen Widmung
Ausstellungen (Auswahl)
- 1894 Kunstverein Wien,
- 1904 Düsseldorfer Kunstausstellung
- 1906 Große Berliner Kunstausstellung
- 1911 Große Berliner Kunstausstellung
- 1913 Internationale Kunstausstellung im Glaspalast München
- 1914 Große Berliner Kunstausstellung
- 1916 Galerie Arnot
- 1999 Ausstellung im Märkischen Museum mit Leihgaben des Axel Springer Verlages
Bedeutung
In einem Unterstützungsbrief an das New Yorker Büro von Thomas Mann vom 12. Juli 1939 schreibt Coschells Freund Joachim Weichert, dass Kaiser Wilhelm II. persönlich in sein Atelier gekommen sei und einige Gemälde gekauft hätte.
Rezensionen
„Moritz Coschell, der Maler des Bildes das auf der diesjährigen Großen Berliner Kunstausstellung eine starke Anziehungskraft auf viele ihrer Besucher ausübt, ist ein geborener Österreicher aber neuerdings nach Berlin übersiedelt. Hier hatte er bis zu jener Ausstellung die Aufmerksamkeit ausschließlich durch seine Bildnisse bekannter Persönlichkeiten auf sich gelenkt. Durch dies umfangreiche wirkungsvolle, tüchtig gezeichnete und gemalte Bild mit lebensgroßen Figuren hat er auch die überrascht, Leistungsfähigkeit zu kennen glaubten.“
„Er [Coschell] ist hier durch acht Ölgemälde, die zu seinen künstlichsten Werken von so grosser malerischer wie ergreifender seelischer Wirkung zählt und durch sechs Radierungen vertreten. Nächst diesem Grossen tritt besonders Coschell mit einer glänzenden malerischen Schöpfung aus der Menge heraus.“
„Stark vertreten ist das Portät. Vertieft man sich in Wesen und Ausdruck der Bildnisse dieses Künstlers, so entdeckt man, dass es ihm nicht genügt, lediglich die äußere Ähnlichkeit zu finden. Es kommt ihm vielmehr auf die geistige Tiefe an, auf das, was hinter dem Malerischen steht, auf die individuelle Seelenhaftigkeit, die man auf so vielen Bildern des konsequenten Impressionismus, der um seines optischen Effekts willen, auch ein menschliches Antlitz wie ein Stilleben oder eine Landschaft behandelt, vergebens sucht.“
Weblinks
- Gemälde und Grafiken von Moritz Coschell (1872–1943), 20. Jh.
- Suchergebnisse beu der Uni Frankfurt: Coschell
Quellen
- Jüdisches Museum Berlin, Foto/Bild Berlin 1911
- Stadt Dortmund – Kulturbetriebe Dortmund-Museum für Kunst und Kulturgeschichte: Auszug aus Saur Allgem. Künstlerlexikon
- Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Digitale Sammlungen Judaica: Foto/Bild, Berin 1904
- Journaux-Collection, 114 Rue Rene boisleve, Descartes – France
- Schaut auf diese Stadt! In: Die Welt (1999), Axel-Springer-Straße 65, Berlin
- Rudolf Schmidt: Österreichisches Künstlerlexikon von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 1, 1980
- Volmer Hans: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts, Bd. 1, 1953 (557)
- Sigilla veri. Lexikon der Juden…, (Ph. Stauff's Semi-Kürschner. 2 Aufl.), Bd.1. 1929 (367)
- Thieme-Becker (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler. Bd. 7, 1912,
- Westermanns Monatshefte, Braunschweig, 56. Jg.,112. Bd. 1. März - Mai. 1912
- Westermanns Monatshefte, Braunschweig, 55. Jg.,109. Bd. 1, Okt.–Dez. 1910
- Kunst für Alle (XIII 1906), S. 28. Ausstellungs-Kataloge Demmler
- Monatsschrift für das gesamte Judentum, Illustrierte Ost und West, 1904
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, Wien 1886–1902
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Coschell, Moritz |
| ALTERNATIVNAMEN | Kocheles, Moritz |
| KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Maler und Illustrator |
| GEBURTSDATUM | 18. September 1873 |
| GEBURTSORT | Wien |
| STERBEDATUM | 11. Juli 1943 |