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Hövelsenne

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Hövelsenne
Gemeinde Hövelhof
Koordinaten: 51° 50′ N, 8° 43′ OKoordinaten: 51° 50′ 12″ N, 8° 43′ 12″ O
Höhe: 137 m ü. NN
Postleitzahl: 33161
Vorwahl: 05257

Hövelsenne ist ein Ortsteil der Gemeinde Hövelhof im Kreis Paderborn, Nordrhein-Westfalen, Deutschland der bis 1974 fast vollständig der Erweiterung des Truppenübungsplatzes Senne weichen musste. Die Entfernung vom ehemaligen Hövelsenner Ortskern bis zum Hövelhofer Ortskern betrug etwa 5,0 Kilometer. Die Gemarkung Hövelsenne war nie eine politisch eigenständige Gemeinde, sondern gehörte seit der Entstehung im 17ten Jahrhundert, zur Gemeinde Hövelhof.

Geschichte

Die Entstehung

Hövelhof um 1805

Besiedelt wurde Hövelsenne ab 1659 durch Bauern aus dem Delbrücker Land. Die Bauern siedelten sich zuerst entlang der Bachläufe vom Krollbach, Knochenbach und Haustenbach in Form von Riegen an, es entstand ein so genanntes Reihendorf. Die damalige Bevölkerung gehörte vollständig der Katholischen Kirche an. Im Jahr 1800 wurde in Hövelsenne eine eigene Schule, die sogenannte „Pannkaukenschule“ errichtet. Die Hövelsenner Kirche wurde erst 1923 gebaut, bis dahin mußte die fünf bis acht Kilometer entfernte Kirche in Hövelhof besucht werden. Das neue Gotteshaus war dem hl. Josef geweiht und wurde fast vollständig durch Spenden finanziert und in Eigenleistung errichtet. Die Sonntagsgottesdienste wurden fünfzig Jahre, bis zur Auflösung im Jahre 1974, von den Patres des Salvator-Kollegs in Klausheide gefeiert. Mittwochs kamen die jeweiligen Hövelhofer Vikare zum Gottesdienst und zum Religionsunterricht in die Schule. Im Ortskern um Kirche und Schule siedelten sich später noch kleine Handwerker sowie ein Kolonialwarenladen mit Gaststätte an. Am sonnsten war Hövelsenne eine sogenannte Streusiedlung, die sich über die gesamte Gemarkung verteilte.

Der langsame Untergang

Im Zuge der Erweiterung des Truppenübungsplatzes Senne musste ab 1939 wie zuvor schon der weiter östlich in der Mitte des Übungsplatzes gelegene Ort Haustenbeck fast der gesamte im Osten von Hövelhof gelegene Ortsteil Hövelsenne geräumt werden. Einschließlich der aus dem Jahr 1800 stammenden Schule (1966) und der erst 1923 errichteten St. Josefskirche (1974) mussten 135 Häuser und Höfe geräumt werden.

Es begann der Umsiedlung erster Teil:

Für die etwa 800 Hövelsenner bedeutete die Umsiedlung den Verlust der angestammten Heimat. Eine Umsiedlungskommission der Reichsumsiedlungsgesellschaft bot ihnen u.a. Hofstellen weit weg von der Heimat an. Wer sich nach mehreren Angeboten nicht entscheiden konnte oder mit dem Preis nicht einverstanden war, wurde zwangsumgesiedelt. Dies geschah besonders im Osten von Hövelsenne, weil man dort schnell Schussbahnen schaffen wollte.

So zogen 20 Familien nach Mecklenburg, sechs ins Rheinland, vier ins Delbrücker Land, sechs ins Münsterland, sieben nach Lippe, zwei nach Heddinghausen, vier nach Schloß Holte-Stukenbrock und einzelne u.a. nach Bielefeld, Fulda, Lipperode, Sennestadt, Oerlinghausen; aber 56 Familien, überwiegend die kleineren Nebenerwerbsstellen, konnten in Hövelhof ein Baugrundstück erwerben. Die Umsiedlung der Bewohner geriet aufgrund des Fortschreitens des Zweiten Weltkriegs und der damit verbundenen Wohnungsnot 1942 ins Stocken und konnte nicht mehr abgeschlossen werden. Zu diesen Zeitpunkt war die Umsiedlung mit etwa 65 verkauften Eigentümern erst etwa zur Hälfte abgeschlossen, so dass ein Großteil der Bewohner in Hövelsenne vorläufig wohnen bleiben konnte. Auch zwei Familien aus Haustenbeck, in der Mitte des Truppenübungsplatzes gelegen, die bis dahin keine neue Wohnung fanden, wurden 1939 in bereits geräumte Häuser in Hövelsenne einquartiert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fanden in den etwa 50 noch bewohnbaren, aber leerstehenden Häusern auch zeitweilig Ost-Vertriebene und Ausgebombte eine neue Bleibe in Hövelsenne, wobei oft zwei bis drei Familien auf engstem Raum in einem Gebäude untergebracht wurden.

Die lange Ungewissheit

Nachdem Westdeutschland 1949 ein demokratischer Staat wurde, glaubte in Hövelsenne niemand mehr an eine endgültige Räumung des Dorfes. So entstand 1951 sogar auf einer ehemaligen Hofstelle am oberen Krollbach ein Landschulheim des Paderborner Gymnasiums Theodorianum, das später sogar noch um einen Neubau erweitert wurde. Ebenso wurde auch die Volksschule (Pannkaukenschule) nach 1950 grundlegend renoviert.

Ab 1959 plante man die endgültige Räumung des Dorfes und Festlegung der Grenzen des Truppenübungsplatzes. In Hövelsenne hoffte man, dass als Truppenübungsplatz-Westgrenze die sogenannte Brunnenreihe in der Nähe des Mittwegs als Platzgrenze bestimmt würde. Dann hätte der größte Teil des Dorfes weiterbestehen können. Doch es sollte die noch zu Kriegszeiten geplante Grenze endgültig festgelegt werden, dessen Grenze vom Mittweg aus gesehen in westliche Richtung am Furlbach entlang bis zur ehemaligen B 68, diese in südlicher Richtung bis etwa zur heutigen A 33 Anschlussstelle Nr. 23 Stukenbrock-Senne folgend, von dort aus weiter in südöstlicher Richtung in einer Linie, in etwa der heutigen A 33 bis zur Sennestraße und von dort weiter entlang des Lippspringer Postwegs bis zum Mergelweg geführt hätte, um dort wieder auf die heutige Platzgrenze (Barzel-Linie) zu stoßen. Dies führte zu großem Protest der Hövelsenner wie auch der Stukenbrock-Senner Bewohner, die ja auch betroffen waren. Die Hövelsenner schalteten einen Rechtsanwalt ein. Jede Familie beteiligte sich an den Kosten, um gegen die in der Zeit des Nationalsozialismus geschlossenen Verträge zu protestieren. Da kamen schließlich am 20. Juli 1960 der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß mit dem heimischen Bundestagsabgeordneten Rainer Barzel und dem damaligen Detmolder Regierungspräsidenten Gustav Galle zu Verhandlungen in die Senne, wobei man sich schließlich als Kompromiss auf die sogenannte „Barzel-Linie“, benannt nach dem damaligen Paderborner Bundestagsabgeordneten Rainer Barzel, etwa einen Kilometer westlich des Mittweges/der Brunnenreihe gelegen, entlang des westlichen Abschnitts der heutigen Panzerringstraße, als Westgrenze einigte. Damit lagen fast der gesamte nordwestlich gelegene Nachbarort Stukenbrock-Senne sowie der sich dort befindende sowjetische Ehrenfriedhof und die nahe gelegenen Emsquellen außerhalb, Hövelsenne aber fast vollständig innerhalb des Truppenübungsplatzes.

Das endgültige Aus

Es begann der Umsiedlung zweiter Teil:

Die Bewohner von Hövelsenne, deren Gebäude sich ja schon seit 1939 bis 1942 im Staatsbesitz befanden, erhielten 1962 ihre Kündigung und mussten ihre Häuser räumen. Verträge, die in der Zeit des Nationalsozialismus geschlossen, aber nicht mehr zum Abschluss gekommen waren, wurden für rechtens erklärt. Die Besitzer wurden nach dem von 1939 festgelegten Wert entschädigt. Besitztümer, die 1939 noch nicht verkauft wurden, wurden ab 1962 zum aktuellen Wert entschädigt. Die Hövelsenner Volksschule (Pannkaukenschule) wurde zu Ostern 1966 geschlossen, die 27 verbliebenen Schüler wurden danach in der Hövelhofer Mühlenschule unterrichtet. Im Jahre 1973, zu einem Zeitpunkt, als Hövelsenne schon fasst vollständig geräumt war, wurde in Hövelsenne noch das 50-jährige Kirchen-Jubiläum der St.-Josefs-Kirche gefeiert. Die letzte Familie verließ Hövelsenne Anfang 1974. Am 3. November 1974 konnte unter großer Anteilnahme in der St.-Josefs-Kirche noch einmal eine Hubertusmesse gefeiert werden.

Danach wurde im Bereich Hövelsenne die Schießbahn F gebaut. Am 11. September 1985 wurde die inzwischen zur Ruine zerschossene Kirche von Hövelsenne gesprengt.

Hövelsenne heute

Heute befindet sich nur noch ein kleiner bewohnter Bereich der ehemaligen Hövelsenner Gemarkung außerhalb des Truppenübungsplatzes. Hier befinden sich unter anderem die Heidschnuckenschäferei und im ehemaligen Haus Menning (Nr. 68) die Geländebetreuungsstelle der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit ihrem Bauhof. Innerhalb des Truppenübungsplatzes stehen im Bereich Hövelsenne nur noch hier und da ein paar Mauerreste. Dort, wo einst die Kirche stand, erinnert heute ein Gedenkstein an sie. Die ehemaligen Hofstellen sind aber auf Grund der dort stehenden Eichen noch gut erkennbar, soweit diese nicht in der Schussbahn liegen. Der Zugang dorthin ist auf eigene Faust nicht gestattet. Es werden aber mehrmals pro Jahr von der Biologischen Station Kreis Paderborn-Senne e. V. ab der bekannten Heidschnuckenschäferei anmeldepflichtige Führungen zu Fuß und per Fahrrad auf den Truppenübungsplatz angeboten[1], die in der Regel auch durch den Bereich Hövelsenne führen. Außerdem befindet sich im Heimatzentrum OWL in Hövelhof eine kleine Ausstellung über Hövelsenne, in der die Geschichte Hövelsennes nachzulesen ist und alte Fotos und einige Einrichtungsgegenstände aus der Kirche ausgestellt sind. Darüber hinaus befinden sich heute an der A33 in der Moosheide auf Hövelhofer Gemeindegebiet in beiden Fahrtrichtungen jeweils ein nach der ehemaligen Ortschaft Hövelsenne benannter Parkplatz mit WC. Diese sollen später einmal zu vollwertigen Raststätten ausgebaut werden.

Hövelsenner Kapelle

Etwa 1,4 Kilometer "Luftlinie etwa ein Kilometer", westlich des ehemaligen Hövelsenner Ortskerns wird zur Zeit an der Truppenübungsplatzgrenze an der Kreuzung Sennestraße / Panzerringstraße eine kleine Kapelle errichtet. Am 19. März 2014 fand dazu der erste Spatenstich statt. Von der Bauart her soll die Hövelsenner Kapelle im Maßstab 1 zu 3 der ehemaligen St.-Josefs-Kirche, die weiter oben genauer beschrieben ist, ähneln. Die Kapelle soll damit nur ein Drittel groß werden, wie die ehemalige Hövelsenner St. Josefs Kirche war. Diese Kapelle soll ein Ort der Erinnerung und des Gedenkens sein, hier sollen aber keine kirchlichen Veranstaltungen wie z. B. Gottesdienste stattfinden. Hövelhofs Bürgermeister Michael Berens kann es sich aber durchaus vorstellen, dass dort standesamtliche Trauungen stattfinden. Am 20. September 2014 konnte das Richtfest gefeiert werden. An der Feierstunde nahmen neben dem Hövelhofer Bürgermeister Michael Berens auch der stellvertretende Landrat des Kreises Paderborn Wolfgang Weigel sowie der heimische Europa-Abgeordnete Elmar Brok teil.[2] Der Termin der Fertigstellung steht noch nicht fest, da der Bau der Kapelle, wie schon der Bau der St. Josefs Kirche vor 91 Jahren vollständig in Eigenleistung stattfindet und durch Spenden finanziert wird. Laut Herrn Fortmeier kommt es jetzt nach langem warten auf 3 Monate mehr oder weniger auch nicht mehr an.[3]

Literatur

  • Hövelsenne: Geschichte e. Kirche u. ihrer Gemeinde Kath. Filialkirchengemeinde St. Joseph, 1974
  • Johannes Buschmeier u. Carsten Tegethoff: Hövelhof: Bilder zur Geschichte Regionalverlag Thomas P. Kiper, 2007, ISBN 3-936359-24-5
  • Johannes Buschmeier: Straßen und Wege in Hövelhof Bonifatius Paderborn, 1995
  • Truppenübungsplatz Senne. Zeitzeuge einer hundertjährigen Militärgeschichte. Chronik, Bilder, Dokumente im Auftr. des Vereins Freunde der Senne und des Truppenübungsplatzes Sennelager e.V. herausgegeben von Uwe Piesczek 1992 Bonifatius GmbH Druck Buch Verlag Paderborn. ISBN 3-87088-741-9.
  • Hövelsenner Erinnerungen: Herausgegeben von Heinrich Fortmeier im Jahr 2012

Webpräsenz

Einzelnachweise

  1. Veranstaltungen
  2. http://bilder.nw-news.de/hoevelhof/richtfest_der_hoevelsenner_kapelle/1312937.html
  3. http://www.nw-news.de/owl/kreis_paderborn/hoevelhof/hoevelhof/10778359_Eine_Kapelle_fuer_Hoevelsenne.html