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Kolorektales Karzinom

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Schema der Dickdarmanatomie:
(1) Aufsteigender Grimmdarm (Colon ascendens)
(2) Querverlaufender Grimmdarm (Colon transversum)
(3) Absteigender Grimmdarm (Colon descendens)
(4) Sigma (Colon sigmoideum)
(5) Mast- oder Enddarm (Rektum) und Anus.
Es fehlt die Markierung für den in der linken unteren Bildhälfte befindlichen Blinddarm (Zökum) mit anhängendem Wurmfortsatz (Appendix).

Als Darmkrebs bezeichnet man im weiteren Sinne einen bösartigen (malignen) Tumor des Darmes.

Tumorarten und Verteilung

In 98 % der Fälle handelt es sich um Adenokarzinome des Dickdarmes, welche sich aus den Drüsen der Darmschleimhaut ableiten. Häufig sind die Tumoren bei Entdeckung zentral ulzeriert und nekrotisch.

Daneben gibt es sehr selten auch Karzinoide, vor allem im Wurmfortsatz aber auch im Dünndarm und Leiomyosarkome sowie gastrointestinale Stroma Tumore, die sich aus der glatten Muskulatur bzw. dem Bindegewebe der Darmschleimhaut ableiten. Diese machen aber zusammen weniger als 2 % aller Darmkrebsfälle aus, deshalb wird im Folgenden nur auf Adenokarzinome des Zökums, Kolons und Rektums eingegangen (diese werden in der medizinischen Fachwelt als so genanntes kolorektales Karzinom bezeichnet).

Die Tumorlokalisation ist ungleich über den gesamten Dickdarm verteilt, 60% der Tumoren befinden sich im linken Anteil des Dickdarms (jenseits der linken Flexur), 25% befinden sich im Zäkum und im Rest des rechten Dickdarms. Von den linksseitigen bösartigen Dickdarmtumoren sind etwa 55% im Sigma und im Rektum lokalisiert.

Vorkommen

Die Inzidenz ist in den Industrieländern zunehmend: Darmkrebs ist eine der häufigsten bösartigen Erkrankungen in Mitteleuropa (30-35 Betroffene/100.000 Menschen/Jahr) und macht rund 15% der gesamten Krebssterberate aus. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. In Deutschland stellt Darmkrebs sowohl bei den Neuerkrankungen als auch beim Krebstod bei Männern wie Frauen die zweithäufigste Krebsform dar. 90 % der kolorektalen Karzinome treten nach dem 50. Lebensjahr auf. Das Durchschnittsalter bei Erstdiagnose liegt bei 65 Jahren. Weltweit erkranken etwa 875 000 Menschen jährlich an Darmkrebs und etwa 500 000 Menschen sterben daran. In Deutschland sterben etwa 24 000 Patienten pro Jahr an Darmkrebs.

Risikofaktoren

Die wichtigsten Risikofaktoren sind hohes Alter und das Vorkommen von Darmpolypen. Diese entarten häufig. 90 % der Darmkrebspatienten sind über 50 Jahre alt.

Krankheiten und Syndrome

Weitere, seltene Risikofaktoren sind genetische Vorbelastung (Familienmitglieder mit Darmkrebs in direkter Linie haben eine etwa dreifach erhöhtes Erkrankungsrisiko) sowie genetische Syndrome, die mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Darmkrebs einhergehen. Die familiäre adenomatöse Polyposis ist eine seltene obligate Präkanzerose (Erkrankung die zwangsläufig zur Krebsentstehung führt), bei der schon in jungen Jahren der Dickdarm mit Darmpolypen überwuchert wird. Diese Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Ursache für die Entstehung von bis zu 1 000 Polypen im Dickdarm ist eine Mutation des APC-Tumorsuppressorgens. Eine totale operative Entfernung des Dickdarmes (Kolektomie) wird bis zum 20. Lebensjahr empfohlen.

Weitere Syndrome mit deutlich erhöhtem Risiko sind das Gardner-Syndrom und das Turcot-Syndrom. Seltener entarten Polypen beim Peutz-Jeghers-Syndrom und bei der Juvenilen Polyposis.

Eine weitere erbliche Erkrankung, die mit einem deutlichen erhöhten Risiko für die Entwicklung von Darmkrebs einhergeht, ist das hereditäre non-polypöse kolorektale Karzinom (HNPCC). Hierbei handelt es sich um eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, bei der es neben der Entwicklung von bösartigen Darmtumoren auch zu einem gehäuften Auftreten von Brustkrebs, Endometriumkarzinomen und Ovarialkarzinomen kommt. Der Darmkrebs tritt bei den Patienten mit HNPCC bereits um das 45. Lebensjahr auf. Am häufigsten ist der Darmkrebs bei dieser Erkrankung im Colon ascendens lokalisiert.

Ebenfalls mit einem erhöhten Entartungsrisiko (fakultative Präkanzerose) behaftet ist die Colitis ulcerosa insbesondere bei Befall des gesamten Dickdarms. Auch der Morbus Crohn ist mit einem geringgradig erhöhten Risiko zur Entwicklung vom Dickdarmkrebs im Vergleich zur Gesamtbevölkerung behaftet.

Vorbeugung / Risikofaktoren

Außerhalb dieser seltenen Syndrome ist der wichtigste Risikofaktor eine Fehlernährung mit übermäßiger Kalorienzufuhr sowie eine fett- und fleischreiche Kost mit niedrigem Anteil an Ballaststoffen. Insbesondere der tägliche Genuss von rotem Fleisch oder Fleischprodukten erhöht das Darmkrebsrisiko um mindestens 50 %. Dagegen sinkt das Risiko an Darmkrebs zu erkranken bei täglichem Fischgenuss auf etwa die Hälfte(1). Bis vor kurzem stand auch der Mangel an ballaststoffreicher Kost im Verdacht, das Darmkrebsrisiko zu erhöhen, dies konnte aber nicht sicher erhärtet werden. Grundlage der Ernährungshypothese ist das erhöhte Darmkrebsrisiko von in die USA eingewanderten Japanern: Während das Darmkrebsrisiko in Japan, wo traditionell balaststoffreich und fleischarme Kost konsumiert wird, deutlich geringer ist, als in der westlichen Hemisspähre, steigt das Risiko von in die USA eingewanderten Japanern innerhalb von 20 Jahren auf den amerikanischen Durchschnitt. Dies würde – neben dem gestiegenen Altersdurchschnitt – auch die gestiegene Inzidenz des Darmkrebs erklären.

Andererseits steigt mit zunehmendem Lebensalter das Risiko für Darmkrebs. Aus diesem Grund könnte die gestiegene Inzidenz für Darmkrebs lediglich Folge der gestiegenen Lebenserwartung sein. 13 neuere Studien mit beinahe 750.000 Teilnehmern deuten darauf hin, dass die Ernährung mit Ballaststoffarmer Kost eher nicht mit einer höheren Inzidenz für Darmkrebs korreliert. (Meldung Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 2005 Nr. 50 S.69). Weitere Faktoren, wie zum Beispiel die Fischreiche Kost in Japan mit hohem Anteil an Omega-3-Fettsäuren oder der hohe Zink gehalt dieser Diät sind in weiteren Studien zu untersuchen. Möglicherweise gibt es andere noch nicht entdeckte Faktoren, die das Risiko einer Erkrankung mit Darmkrebs vermindern könnten.

Fragliche Risikofaktoren sind das Rauchen und Infektionen mit Streptokokkus bovis, sowie Übergewicht und Bewegungsmangel.

Vorangegangene operative Eingriffe

Eine seltener Risikofaktor für die Entstehung von Darmkrebs ist eine Ableitung der Harnwege in den Dickdarm (Uretersigmoidostomie), diese Operation ist eindeutig belegt mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Darmkrebs vergesellschaftet. Die Ursache hierfür ist das harnpflichtige Substanzen wie Phenole und Kresole mutagene Faktoren für die Dickdarmschleimhaut sind.

Pathogenese

Das molekularbiologische Wissen über die Entstehung des Darmkrebs hat in den letzten zwei Jahrzehnenten enorm zugenommen. In der meisten Zahl der Fälle entwickelt sich der Darmkrebs über gutartige Vorstufen die Dickdarmadenome (sog. Polypen). Für die Entwicklung eines bösartigen Tumors bedarf es mehrerer genetischer Veränderungen. Dieses Modell der Entwicklung von bösartigen Tumoren aus gutartigen Vorstufen nennt man Adenom-Karzinom-Sequenz nach Vogelstein. Ob sich aus einem Adenom ein bösartiger Tumor entwickelt, ist abhängig von 3 Faktoren :

  • Größe (Adenome mit einer Größe von kleiner 1 cm entarten praktisch nie)
  • histologischer Typ (bei der feingeweblichen Untersuchung werden 3 Arten von Adenomen des Dickdarms unterschieden: tubuläre Adenome, tubulovillöse Adenome und villöse Adenome; tubuläre Adenome haben das geringste Risiko zur bösartigen Entartung und villöse Adenome das höchste)
  • Grad der Entdifferenzierung (Dysplasie)

Das vermehrte Wissen über die Pathogenese des Darmkrebs hat zur Identifizierung neu spezifischer molekularer Zielstrukturen geführt, die zur Entwicklung neuer pharmakologischer Substanzen für Therapie und Prävention geführt haben.

Symptome

Darmkrebs ist häufig sehr lange symptomlos. Erst wenn der Tumor in größerem Maße anfängt zu bluten oder wenn er das Darmlumen signifikant einengt, kommt es zu Symptomen. Typische Symptome sind dann Blut oder Schleim im Stuhl, Darmkrämpfe, Bleistift- oder Ziegenköttelstühle, Durchfälle und Verstopfungen, sowie häufig quälende Flatulenz. Durch den Blutverlust kann es zur Anämie mit den dazugehörigen Symptomen Leistungsabfall, Müdigkeit und allgemeine Schwäche kommen. Infolge der Tumorerkrankung kommt es häufig auch zu einem Gewichtsverlust eventuell bis hin zur Entwicklung einer Kachexie.

Das einzige Frühsymptom sind okkulte Blutungen, also unsichtbare Blutungen, die mit Stuhltests (z. B. Hämoccult®) festgestellt werden können. In einigen Ländern wird dieser Test als Screening für Darmkrebs benutzt.

Komplikationen

Typische Komplikationen beim Darmkrebs sind der Ileus infolge Verlegung des Darmlumens durch den Tumor sowie die Perforation mit Entwicklung einer Peritonitis. Sowohl der Ileus als auch die Perforation sind Zeichen eines fortgeschrittenen Tumorleidens, dennoch können beide Symptome die Erstsymptome beim Darmkrebs sein. Weitere Komplikationen sind Fisteln oder Einbruch in Nachbarorgane, Zeichen des Leberversagens aufgrund von Lebermetastasen sowie Kompression von anderen Organen.

Diagnostik

Adenokarzinom des Colon ascendens während einer Koloskopie.

An erster Stelle stehen Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), eine allgemeine körperliche Untersuchung einschließlich einer digital-rektalen Untersuchung (Untersuchung des Enddarms mit dem Fingern) und ein Test auf verstecktes Blut im Stuhl. Bei Verdacht auf Darmtumoren wird als diagnostisches Mittel der Wahl eine Darmspiegelung (Koloskopie) mit Biopsien durchgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchung werden bei Verdacht auf das Vorliegen eines Dickdarmkrebs Biopsien entnommen, die dann feingeweblich von einem Pathologen untersucht werden. Die Koloskopie dient auch der Vorsorge, weil mit ihr gleich gutartige Polypen entfernt werden können, die ein Entartungsrisiko besitzen. Aus diesem Grund wird in Deutschland die regelmäßige Koloskopie ab dem 55. Lebensjahr zur Darmkrebsprophylaxe von den Krankenkassen bezahlt. In anderen europäischen Ländern wird die jährliche Untersuchung auf okkultes Blut als Darmkrebsscreening bevorzugt.

Weitere, inzwischen weniger gebräuchliche Untersuchungsmethoden sind die Rekto- oder Sigmoidoskopie, die Untersuchung des Enddarms mit einem starren oder flexiblen beziehungsweise die Untersuchung des End- und Grimmdarms mit einem flexiblen Endoskop, sowie die inzwischen durch die Computertomografie weitgehend verdrängte Röntgenkontrastmittelaufnahme. In Zukunft wird eventuell die auf einer Spiral-Computertomographie basierte Colonographie als nicht-invasive Methode die Koloskopie ersetzen, momentan ist diese Methode aber noch in der Entwicklungsphase und bei kleinen Polypen oder Karzinomen ist sie in ihrer Aussagekraft der Koloskopie noch unterlegen.

Sollten sich aus der Koloskopie Hinweise auf ein Darmkarzinom ergeben, werden in der Regel folgende Untersuchungen zur Bestimmung des Tumorstadiums (Tumorstaging) veranlasst:

  • Abdomensonografie zum Ausschluss von Lebermetastasen
  • Röntgen-Thorax im Stehen in zwei Ebenen
  • Computertomografie und/oder Magnetresonanztomografie der Bauchhöhle, der Brusthöhle und des Schädels zur Erfassung der Tumorgröße und zur Ausschluss von Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen der Leber, der Lunge und des Gehirns; eine Computertomographie des Abdomens oder des Thorax wird nur durchgeführt bei begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer Fernmetastasierung, in der Regel ist eine Sonographie des Abdomen sowie ein konventioneller Röntgen-Thorax zum Staging ausreichend und beide Methoden sind deutlicher geringer strahlenbelastend als die Computertomografie.
  • Skelettszintigrafie zum Ausschluss von Knochenmetastasen bei begründetem Verdacht
  • bei bösartigen Tumoren des Rektums Endosonographie zur Erfassung der Eindringtiefe des Tumors und zum Nachweis regionär vergrößerter Lymphknoten

Zur Verlaufskontrolle stehen Tumormarker (CEA und CA 19-9) zur Verfügung (diese eignen sich allerdings nicht zur Screening-Untersuchung, da sie bei vielen Tumoren negativ sind und es häufig falsch-positive Befunde gibt).

Differentialdiagnose

Unterschiedliche Erkrankungen können ein ähnliches Krankheitsbild wie Dickdarmkrebs besitzen. Neben den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind dies Resorptionsstörungen wie Zöliakie oder Milcheiweiß-Intoleranz. Erst wenn diese Erkrankungen und ein Tumor des Darmes ausgeschlossen ist darf die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt werden. Eine Koloskopie mit Gewinnung von histologischem Material dient der Sicherung der Diagnosen.

Pathologie

Makroskopische und mikroskopische Pathologie des Darmkrebs

Aus morphologischer Sicht werden 3 makroskopische Wachstumsformen beim Dickdarmkrebs unterschieden:

  • polypös-exophytischer Typ, dabei handelt es sich um einen blumenkohlartigen Tumor, der scharf begrenzt ist gegen die gesunde Darmschleimhaut
  • schüsselförmig-exulzerierter Typ mit zentraler Ulzeration und kraterartig aufgeworfenen Rändern
  • diffus-infiltrierender Typ

Histologisch liegt in 95 % der Darmkrebsfälle ein Adenokarzinom vor, das aus tubulären, kribiformen, azinären und papillären Strukturen besteht und abhängig von dem Differenzierungsgrad des Tumors auch eine Schleimsekretion aufweist. Zwei Sonderformen des Darmkrebs sind das muzinöse Adenokarzinom, das durch eine massive Schleimproduktion gekennzeichnet ist sowie das Siegelringkarzinom, das durch eine intrazelluläre Schleimansammlung in diffus aneinanderliegenden Zellen gekennzeichnet ist.

Metastasierung

Metastasen bezeichnen Absiedlungen eines Tumors in entfernte Gewebe. Es gibt verschiedene Wege über die Metastasen in andere Organe gelangen können.

Per continuitatem

Per continuitatem, d. h. direkt vom Primärtumor ausgehend infiltriert der Tumor das angrenzende perikolische (neben dem Colon liegende) beziehungsweise perirektale (neben dem Rektum liegende) Fettgewebe. Nur selten kommt es zu einer Infiltration in die Nachbarorgane

Lymphogene Metastasierung

Die lymphogene Metastasiserung bezeichnet die Ausbreitung des Erkrankung über das Lymphsystem. Beim Dickdarmkrebs findet man eine unipolare Metastasenstraße beim Colon ascendens und Colon transversum entlang der Arteria mesenterica superior und beim Colon descendens entlang der Arteria mesenterica inferior d. h. Lymphknotenmetastasen treten zunächst in den Lymphknoten entlang des Verlaufs dieser Arterien auf. Eine Ausnahme bildet der mittlere Bereich des Colon transversum, aufgrund einer zweifachen arteriellen Versorgung dieses Bereiches durch die Arteria mesenterica superior und die Arteria mesenterica inferior können Karzinome zu beiden Seiten metastasieren (Riolan-Anastomose, Cannon-Böhm-Punkt)

Hämatogene Metastasierung

Unter hämatogener Metasierung wird die die Absiedelung von Metastasen über die Blutbahn verstanden. Tiefsitzende Rektumkarzinome zeigen ein Metastasierungsverhalten vom Cavatyp, das bedeutet, hämatogene Metastasen treten hier zuerst in der Lunge auf, da der venöse Abfluss aus diesem Gebiet über die Vena cava inferior erfolgt. Die Tumorzellverschleppung erfolgt demzufolge über die Vena cava inferior zum rechten Herzen und von dort in die Lunge. Alle anderen kolorektalen Karzinome weisen ein Metastasierungsverhalten vom Pfortadertyp auf, hämatogene Metastasen treten hier zuerst in der Leber auf. Der Grund hierfür ist, daß der venöse Abfluss über die Pfortader erfolgt und die Tumorzellverschleppung daher primär in die Leber erfolgt. In einem zweiten Schritt können von der Leber aus Tumorzellen über die Lebervenen in die Vena cava inferior gelangen und von dort in die Lunge.

TNM-Klassifikation des Colonkarzinoms

Datei:Tnt classification.jpg
Histologisches Präparat mit Angabe der TNT-Klassifikation (links oben in der Abbildung Karzinom im T3 Stadium; rechts Normalgewebe)


Die TNM-Klassifikation dient der Charakterisierung des Tumors (sog. Staging). TNM ist eine Abkürzung für

  • T= Tumor, Ausdehnung des Primärtumors
  • N= Nodus = Lymphknoten, Fehlen bzw. Vorhandensein von regionalen Lymphknotenmetastasen
  • M= Metastasen, Fehlen bzw. Vorhandensein von Fernmetastasen
TNM-Klassifikation
T1 Infiltration der Tela submucosa
T2 Infiltration der Muscularis propria
T3 Infiltration der Subserosa
T4 Infiltration von Nachbarorganen oder des Bauchfells (Peritoneum viscerale)
N1 Metastasen in ein bis drei perikolischen (perirektalen) Lymphknoten
N2 Metastasen in mehr als drei perikolischen (perirektalen) Lymphknoten
N3 Metastasen entlang eines benannten Gefäßstamms und/oder apikale Lymphknotenmetastasen
M1 Fernmetastasen (meist Leber gefolgt von Peritoneum, Lunge, seltener Skelett, Nebennieren oder Gehirn)

UICC-Klassifikation des Colonkarzinoms

Aus diesen Angaben kann eine Stadieneinteilung vorgenommen werden. Diese wurde von der „Union internationale contre le cancer“ (UICC) eingeführt und basiert auf statistischen Untersuchungen, die zum Beispiel nachweisen, dass sich ab einer bestimmten Größe eines Tumors die Prognose der Erkrankung verschlechtert. Die Einstufung einer Tumorerkrankung erlaubt daher prognostische Aussagen und bestimmt häufig auch die weitere Therapie.

UICC-Klassifikation
Stadium Ia Beschränkung der Tumorinfiltration auf die Mukosa und Submucosa (Dukes A)
Stadium Ib Beschränkung der Tumorinfiltration bis in die Muscularis propria (Dukes A)
Stadium II T3 oder T4 ohne Lymphknotenmetastasierung (Dukes B)
Stadium III Lymphknotenmetastasierung (Dukes C)
Stadium IV Fernmetastasen (Dukes D)

Therapie

Die Therapie richtet sich wie bei vielen Krebserkrankungen vor allem nach der Tumorlokalisation und dem Tumorstadium. In der Regel wird eine vollständige Resektion des tumortragenden Darmabschnittes angestrebt. Das zugehörige Lymphabflussgebiet wird dabei mit entfernt. Die Heilungschancen sind hierbei in frühen Stadien sehr gut. Die Operation wird in der meisten Zahl der Fälle offen-chirurgisch durchgeführt, mittlerweile gibt es aber auch Techniken zur laparaskopischen beziehungsweise laparaskopisch-assistierten chirurgischen Therapie des Dickdarmkrebs.

Chirurgie

Die chirurgische Entfernung des Tumors ist bei Darmkrebs auch im fortgeschrittenem Stadium oder beim Vorliegen von Metastasen die Therapie der Wahl, schon um die Entstehung von quälenden Komplikationen wie beispielsweise eines Darmverschlusses (Ileus) zu vermeiden. In manchen Stadien wird noch vorher die Chemotherapie und die kombinierte Chemo-Strahlentherapie eingesetzt, um das Behandlungsergebniss zu verbessern (so genannte neoadjuvante Chemotherapie).

Als standardisierte Eingriffe werden Tumoren des Colon ascendens als rechtsseitige Hemikolektomie und des Colon descendens als linksseitige Hemikolektomie entfernt. Diese Eingriffe können bei Befall des Überganges auf andere Abschnitte auch als erweiterte Hemikolektomie vorgenommen werden. Die Notwendigkeit der Anlage eines künstlichen Darmausganges ergibt sich dabei normalerweise nicht.

Das Rektumkarzinom (Enddarmkrebs) war noch vor wenigen Jahren in der Regel mit dem Anlegen eines künstlichen Darmausgangs verbunden. Moderne Operationsverfahren wie z. B. die Transanale Endoskopische Mikrochirurgie (TEM) oder die Totale Mesorektale Exzision (TME) können bei Rektumkarzinom im Anfangsstadium diesen künstlichen Darmausgang oft verhindern. Besonders bei Enddarmkrebs ist die Wahl einer spezialisierten Klinik und eines erfahrenen Chirurgen wichtig, da der Operationserfolg entscheidend vom Geschick des Operateurs abhängt.

Beim Vorliegen der bereits oben erläuterten Präkanzerosen Familiäre adenomatöse Polyposis und Gardner-Syndrom sollte eine Kolektomie erfolgen.

Chemotherapie

Moderne Zytostatika werden heutzutage meist in Kombinationen verabreicht, was erlaubt, die einzelnen Wirkstoffe geringer zu dosieren und die Wirksamkeit zu erhöhen. Im Wesentlichen werden dabei drei Therapieziele unterschieden:

  • Bei der neoadjuvanten Behandlung wird die Chemotherapie genutzt, um einen großen Tumor oder Metastasen vor der Resektion zu verkleinern und so besser operieren zu können.
  • Bei einer adjuvanten (d. h. unterstützenden oder vorbeugenden) Behandlung wird die Chemotherapie eingesetzt, um nach einer Operation eventuell im Körper verbliebene Krebszellen abzutöten und so Rückfälle zu verhindern. Indikation für eine adjuvante Chemotherapie ist ein UICC Stadium III und IV. In der adjuvanten Situation wird in der meisten Zahl der Fälle eine Chemotherapie mit 5-Fluoruracil (5-FU) meist in Kombination mit Folinsäure durchgeführt. Neuere Studien belegen eine niedrigere Rezidivrate, wenn ein Kombinationstherapie aus 5-FU und Oxaliplatin durchgeführt wird. Jedoch ist die hohe Nebenwirkungsrate von Oxaliplatin zu beachten, das Medikament löst insbesondere Nebenwirkungen am Nervensystem in Form der Entwicklung einer Neuropathie aus. Der Einsatz von monoklonalen Antikörpern ist Gegenstand der aktuellen Forschung (klinische Studien, Phase III)
  • Die palliative (d. h. Beschwerden lindernde) Chemotherapie kann bei fortgeschrittenen Erkrankungen (z. B. inoperable Metastasen) eingesetzt werden, um die Lebensqualität zu erhalten und das Leben zu verlängern.

Häufige Behandlungsschemen sind unter anderem FOLFOX und FOLFIRI. Die Kombination mit dem VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) blockierendem monoklonalen Antikörper Bevacizumab (Avastin®) ist seit Frühjahr 2004 zugelassen. Weitere alternative Therapiemöglichkeiten bieten die Xelox und 5FUFS Schemen, sowie eine Kombinationtstherapie mit dem monoklonalen Antikörper Cetuximab (Erbitux®).

Die alleinige Strahlentherapie ist bei Darmkrebs in der Regel nicht indiziert. Allerdings hat die kombinierte Strahlen-Chemotherapie einen festen Platz in der palliativen, adjuvanten und neoadjuvanten Behandlung eines Rektumkarzinoms.

Prognose

Die Prognose ist von der Tiefe der Infiltration in die Darmwand und dem Vorhandensein von Lymphknoten- und Fernmetastasen abhängig; die 5-Jahres-Überlebensrate liegt im Mittel bei etwa 40-60 %.

5-Jahres-Überlebensraten nach UICC-Stadium
Stadium I ca. 85 %
Stadium II ca. 50-60 %
Stadium III ca. 30 %
Stadium IV ca. 5 %

Aufgrund dieser Zahlen werden Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung angeboten.

Vorsorgeuntersuchungen

Zur Prophylaxe von Darmkrebs besteht die Möglichkeit an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen. Dazu gehört die regelmäßige digital-rektale Untersuchung im Rahmen der allgemeinen körperlichen Untersuchung. Da über die Hälfte der Tumoren im Mast-/Enddarm lokalisiert sind, kann Darmkrebs oftmals über den After "ertastet" werden (rektale Untersuchung). Die Untersuchung des Stuhls auf verborgenes Blut alle ein bis zwei Jahre ist in vielen europäischen Ländern Screening-Methode der Wahl, da Darmkrebs vergleichsweise frühzeitig durch geringe, mit dem bloßen Auge nicht erkennbaren Blutungen auffallen kann.

In Deutschland werden seit 2002 die Kosten für eine Darmspiegelung als Vorsorgeuntersuchung für alle Personen ab dem 55. Lebensjahr, für Patienten aus Risikofamilien ab dem 35. Lebensjahr, von den Krankenkassen übernommen. Dem liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass Darmkrebs sich fast immer über einen längeren Zeitraum aus gutartigen Polypen entwickelt, die sogenannte Adenom-Karzinom-Sequenz.

Mittlerweile gibt es weltweit eine Reihe von Chemopräventionsstudien, bei denen getestet wird, ob verschiedene Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel das Auftreten Darmkrebs beziehungsweise seine Vorläuferstufen die Adenome verhindern können.

Literatur

  • (1) Heiner Boeing (Deutsches Institut für Ernährungsforschung in Potsdam) und Jakob Linseisen (Deutsches Krebsforschungszentrum in Heidelberg) et al.: Journal of the National Cancer Institute, Bd. 97, S. 906
  • (2) David P. Kelson et al. Gastrointestinal Oncology - Principles and Practice, Lippincott Williams and Wilkins 2002