Ideologie
Eine Ideologie (griechisch "Ideenlehre") ist ein Weltbild, das von einer Hauptidee beherrscht wird. Diese Hauptidee wird in verschiedenster Weise begründet und gegenüber anderen Ideologien abgegrenzt. Ideologien haben die Bildung oder die Behauptung einer Wertegemeinschaft zum Ziel.
Der Begriff wurde 1796 von dem französischen Philosophen Destutt de Tracy geprägt. Die Schule der Ideologen verstand sich als Gegenströmung zum Rationalismus von René Descartes. Die Ideologen versuchten den Ursprung von Ideen als biologischen Prozess zu erklären, der nicht ohne sinnliche Erfahrungen auskommt. Die französischen Ideologen standen in der Tradition der Aufklärung und waren demokratisch orientiert. Unter Napoleon verloren die Ideologen an Einfluss in der französischen Geisteswelt. [1]
Mitte des 19. Jahrhunderts griffen Marx und Engels den von der Propaganda Napoleons stigmatisierten Begriff wieder auf und suchten, die bürgerliche Wirtschaftswissenschaft und Philosophie als Ideologie zu denunzieren und den Kommunismus als Wissenschaft dagegen zu setzen. In ihrer praktischen Konsequenz entwickelte sich die marxistische Methode selbst zur - im ursprünglichen Sinn kritisierten - Ideologie für bestimmte Parteien und Staaten.
Dem Marxismus zufolge manifestiert sich die Ideologie im Überbau in Gestalt von Philosophie, Religion und Recht. Diese tritt als "falsches Bewusstsein" sowohl bei Beherrschten wie bei Herrschenden zu Tage. Sie verschleiert das gesellschaftliche Sein und führt zu dem Fetischcharakter der kapitalistischen Ware. Insofern dient schon in der marxistischen Kritik die Ideologie dazu, einen Staatsapparat oder [[Machtapparat zu stützen.
Veränderung beginnt demnach mit Ideologiekritik. [2]
Durch die marxistische Ideologiekritik wurde der Begriff endgültig negativ besetzt. Die Abwertung einer Ideologie richtet sich heute jedoch nicht mehr ausschließlich gegen den Kapitalismus. Eine wertneutrale Verwendung ist aber weiterhin selten.
Allgemein wird inzwischen mit Ideologie Einseitigkeit, Intoleranz, Manipulation und Herrschaft über andere Menschen verbunden. Eine Ideologie nimmt grundsätzlich Bezug auf das Zusammenleben von Menschen und trägt daher schon im Ansatz die mögliche Tendenz in sich, anderen eine bestimmte Sichtweise aufzudrängen.
Viele Ideologien neigen dazu, die Freiräume der Mitmenschen dem eigenen Idealbild unter zu ordnen und durch Dogmatisierung die Individualität der Gemeinschaftsmitglieder zu verletzen.
Andererseits kann das "anything goes" einer individualistischen Ideologie von Menschen als bedrohlich angesehen werden, die eine möglichst umfassende Reglementierung des Zusammenlebens (auch für sich selbst) für notwendig halten und sich durch den empfundenen Mangel an verbindlichen Regeln verunsichert fühlen.
Beispiele für Ideologien der Neuzeit sind:
- der Kommunismus mit der Hauptidee der Abschaffung des PrivatEigentums an Produktionsmitteln
- der Nationalismus mit der Hauptidee der Überlegenheit des eigenen Volkes gegenüber anderen Völkern
- Neoliberalismus als dominierende Ideologie der heutigen Marktwirtschaften mit der Hauptidee, dass sowenig wie möglich in den Markt eingegriffen werden solle.
Religionen sind der Ursprung verschiedener Weltbilder, die oft die Vorstellung eines Gottes sowie ein Weiterleben nach dem Tode (etwa als unsterbliche Seele, in einer Reinkarnation oder in einer Wiederauferstehung) beinhalten. Damit ist die Religion der Ideologieanfälligkeit nicht enthoben, wie es sich z.B. im religiösen Fundamentalismus dokumentiert.
Weitere oft oder teilweise als Ideologien bezeichnete Lehren/Weltbilder in vereinfachter Gliederung:
Philosophische Ideologien
- Materialismus -- Rationalismus -- Idealismus -- Marxismus -- Szientismus -- Fortschrittsideologie -- Pazifismus
Soziale Ideologien
- Kollektivismus -- Individualismus -- Demokratie -- Imperialismus -- Liberalismus -- Konservatismus -- Anarchismus -- Faschismus
Ethnische und/oder religiöse Ideologien (siehe auch Fundamentalismus):
- Nationalismus -- Rassismus -- Blut-und-Boden -- Islamismus -- Panarabismus -- Panslawismus -- Zionismus -- Kreationismus
Wesentlich durch bestimmte Personen geprägte Ideologien
- Kemalismus -- Leninismus -- Maoismus -- Stalinismus
Ideologien oder Weltbilder schließen einander nicht notwendigerweise aus. Beispielsweise finden sich Pazifisten in verschiedenen Religionen sowie bei Sozialisten. Auch kann man feststellen, das kommunistische Staaten nationalistische Tendenzen entwickeln.
Externe Links
[1] http://www.uni-kassel.de/fb8/privat/noeth/handbuch/VII/VII5IDEO.DOC
[2] http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/hermeneutik/ideologiekritik.htm