Kardinalsrat
Der Kardinalsrat ist ein päpstliches Beratergremium zur Reform der Leitung der römisch-katholischen Kirche, das von Papst Franziskus eingerichtet wurde.
Aufgabe
Im sogenannten „Vorkonklave“ der Papstwahl 2013 äußerten viele Kardinäle Kritik an der Arbeitsweise der Kurie und forderten eine Stärkung der Ortskirchen. Bald nach seiner Wahl griff der neu gewählte Papst Franziskus diese Anliegen auf und berief am 13. April 2013 acht Kardinäle, die ihn bei einer Kurienreform beraten sollten.[1]
Mit einem päpstlichen Schreiben vom 28. September 2013 wurde das Gremium zu einer dauerhaften Einrichtung erhoben, mit der Aufgabenstellung, „dem Heiligen Vater bei der Regierung der Weltkirche behilflich“ zu sein „und mit ihm ein Revisionsprojekt für die Apostolische Konstitution Pastor Bonus über die Römische Kurie“ auszuarbeiten. Im gleichen Schreiben erhielt das Gremium auch einen Namen: Consiglio di Cardinali. [2]
Der Sprecher des Heiligen Stuhls, Federico Lombardi, wies mehrfach darauf hin, dass der Kardinalsrat keine eigenen Dokumente erarbeiten werde, sondern ausschließlich eine beratende Funktion habe und der Papst sich alle Entscheidungen vorbehalte.[3]
Mitglieder
Mitglieder des Kardinalsrates sind die Kardinäle
- Giuseppe Bertello (Präsident der Päpstlichen Kommission für den Staat der Vatikanstadt),
- Francisco Javier Errázuriz Ossa (em. Erzbischof von Santiago de Chile, ehem. Präsident der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz),
- Oswald Gracias (Erzbischof von Bombay, Präsident der Föderation der Bischofskonferenzen in Asien),
- Seán Patrick O’Malley (Erzbischof von Boston),
- Óscar Rodríguez Maradiaga (Erzbischof von Tegucigalpa, Präsident von Caritas Internationalis)
- Reinhard Marx (Erzbischof von München-Freising, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft)
- Laurent Monsengwo Pasinya (Erzbischof von Kinshasa, ehem. Präsident der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar),
- Pietro Parolin (Kardinalstaatssekretär)
- George Pell (Präfekt des päpstlichen Wirtschaftssekretariats, em. Erzbischof von Sydney)
Als Sekretär des Kardinalsrates fungiert Marcello Semeraro, der Bischof von Albano.
Der Papst behielt sich nach Aussage seines Sprechers Federico Lombardi vor, die Zahl der Mitglieder zu vergrößern oder zu verändern.[2] Die Kardinäle „genießen die besondere Wertschätzung des Papstes“[3]; sie sind bis auf Bertello und Parolin allesamt nicht Mitglieder der Kurie, sondern Diözesanbischöfe aus allen Erdteilen, und gelten aufgrund ihrer vielfältigen Funktionen als gut vernetzt.
Arbeit
Noch vor der ersten Sitzung des Kardinalsrates machte Papst Franziskus deutlich, dass er angesichts der oftmaligen „Selbstbezogenheit“ der Kurie dringenden organisatorischen und inhaltlichen Reformbedarf der Weltkirche sehe.[4].
In der ersten Sitzungsperiode vom 1. bis 3. Oktober 2013 wurden auf Basis von etwa 80 Reformvorschlägen von Bischöfen und Kurienmitgliedern zum einen Fragen der Leitung der Weltkirche besprochen. So solle eine neue Kurienverfassung die bisherige Apostolische Konstitution Pastor Bonus ablösen und eine bessere Koordinierung der Kurialbehörden erreicht werden. Der Kardinalsrat stellte zudem „die Natur des ‚Dienstes‘ der Kurie an der Weltkirche und den Ortskirchen in den Vordergrund“ und widmete sich Fragen des Standes der Laien in der Kirche.[5]
Eine zweite Sitzungsperiode fand vom 3. bis 5. Dezember 2013 statt. Dabei wurde die Überprüfung der Kurie fortgesetzt, wobei sich der Rat dieses Mal auf die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung konzentrierte. In einer Presseaussendung wurde betont, dass die Überarbeitung der Konstitution Pastor Bonus möglicherweise so tiefgreifend ausfallen wird, dass man sie als neue Kurienverfassung ansehen könne.[6] Außerdem schlugen die Kardinäle vor, eine Kommission zum Schutz von Minderjährigen einzurichten, wozu der Papst zustimmte.[7]
Eine dritte Sitzungsperiode fand Mitte Februar 2014 statt. Dabei berieten sich die Kardinäle und Papst Franziskus unter anderem über die sogenannte Vatikanbank IOR.[8] Im Anschluss wurde das Wirtschaftsministerium des Vatikans gegründet, dem seitdem Kardinal Pell vorsteht.
Andere Verwendung des Begriffes
Der Begriff Kardinalsrat wird auch in Bezug auf andere Gremien verwendet. So gibt es den Kardinalsrat zur Untersuchung der organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhles und des Staates der Vatikanstadt (kurz Kardinalsrat für Wirtschaftsfragen).[9] Von verschiedenen Medien wird der hier beschriebene Kardinalsrat fälschlich auch als „Kardinalskommission“ bezeichnet. Allerdings gab es in den letzten Jahrzehnten verschiedene Kardinalskommissionen (die sich etwa mit dem Holländischen Katechismus, der Piusbruderschaft oder der Kodifizierung des Kanonischen Rechts beschäftigen).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Radio Vatikan: Kardinalsgruppe wird Papst für Kurienreform beraten, vom 13. April 2013.
- ↑ a b Radio Vatikan: Papst gründet Kardinalsrat als feste Einrichtung, vom 30. September 2013.
- ↑ a b Radio Vatikan: Kardinalsrat: Neuerungen beim Ablauf von Synoden, vom 2. Oktober 2013.
- ↑ Bayerischer Rundfunk: Reformen im Vatikan. Der Papst macht ernst, vom 1. Oktober 2013.
- ↑ Radio Vatikan: Vorschläge zur Kurienreform: Neue Aufgaben, neue Grundlage, vom 3. Oktober 2013.
- ↑ THE ROMAN CURIA: KEY THEME OF THE SECOND ROUND OF THE COUNCIL OF CARDINALS. Vatican Information Service, 3. Dezember 2013, abgerufen am 31. Dezember 2013.
- ↑ THE POPE TO CREATE A COMMISSION FOR THE PROTECTION OF MINORS, UPON REQUEST BY THE COUNCIL OF CARDINALS. Vatican Information Service, 5. Dezember 2013, abgerufen am 31. Dezember 2013.
- ↑ Papstberater sprachen über Reformen in der Vatikanbank, kath.net 19. Februar 2014.
- ↑ Apostolische Konstitution Pastor Bonus. I. Allgemeine Normen. Libreria Editrice Vaticana, abgerufen am 9. Oktober 2013 (Artikel 24-25).