Smiřický von Smiřice
Smiřický von Smiřice (tschechisch Smiřičtí ze Smiřic) war eine böhmische Adelsfamilie im 15. bis 17. Jahrhundert, die zum Herrenstand gehörte.
Aufstieg
Die Smiřický nannten sich nach dem Ort Smiřice, der von 1406–1449 in ihrem Besitz war. Im 15. und 16. Jahrhundert erwarben sie mehrere Besitzungen, hauptsächlich in Mittel- und Nordost-Böhmen. Auf ihren Gütern führten sie landwirtschaftliche Verbesserungen ein und legten Manufakturen an. Mitte des 16. Jahrhunderts waren sie in die Hauptlinien Skal und Nachod geteilt und zählten zu den reichsten Adelsfamilien Böhmens. Ihr Eigentum bestand zum großen Teil aus Allodialgütern, die frei vererbt oder verkauft werden konnten, und dem Fideikommiss Kostelec nad Černymi Lesy (Schwarzkosteletz), das auf den jeweils Ältesten des Hauses überging. 1475 wurden die Smiřický zu Reichsfreiherren ernannt, 1554 stiegen sie in den Herrenstand auf.
Persönlichkeiten
Mitglieder der Familie Smiřický bekleideten zahlreiche Landes- und Hofämter. Zu den bekanntesten gehörten:
- Vaclav (Wenzel), der erste Besitzer von Smiřice. Er unterzeichnete 1415 den Protestbrief böhmischer Adeliger an das Konstanzer Konzil.
- Jan Smiřický war Hussitenhauptmann und Hauptmann des Bunzlauer Kreises. Er besaß die Güter Raudnitz (Roudnice), Bezděz, Houska und Helfenburk. In seinen letzten Lebensjahren wurde er ein überzeugter Katholik. 1453 wurde er des Verrats angeklagt und zum Tode verurteilt.
- Sein Enkel Zikmund (Sigmund) Smiřický (1468–1548) stand in Diensten des ungarischen Königs Matthias Corvinus.
- Jaroslav Smiřický (1513–1597), Sohn des vorstehenden Zikmund, war Hofmarschall der Habsburger Kaiser Ferdinand, Maximilian und Rudolf. Er vergrößerte den Familienbesitz um die Herrschaft Schwarzkosteletz.
- Sein Bruder Albrecht Smiřický (1528–1566) begründete die Nachoder Linie. Tochter Markéta (1557–1593) heiratete Wilhelm von Waldstein und wurde die Mutter Wallensteins (tschechisch: z Valdštejna).
- Albrecht Václav Smiřický wurde 1590 geboren. Sein Vater war der 1593 verstorbene Václav Smiřický aus der Nachoder Linie. Da er im Alter von 3 Jahren Halbwaise wurde, wurde Jaroslav Smiřický sein Vormund. Dieser ließ ihn an den an den Universitäten Heidelberg, Genf und Paris studieren. Nach einer großen Auslandsreise (Holland, England, Belgien, Frankreich, Italien, Deutschland) kehrte er 1610 nach Böhmen zurück. Zur Arrondierung seiner Besitzungen erwarb er die Güter Rýzmburk und Třebešov. Nachdem sein Vormund und Großonkel Jaroslav kinderlos gestorben war, fiel ihm Schwarzkosteletz zu. Er selbst starb ebenfalls kinderlos im Jahre 1614.
Albrecht Jan Smiřický von Smiřice
Zu den bedeutendsten Vertretern der Adelsfamilie gehörte Albrecht Jan. Seine Eltern waren Zikmund Smiřický (1557–1608) und Hedvika Zajícová z Házmburka. Albrecht Jan wurde 1594 in Großskal geboren, studierte an der kalvinistischen Universität in Genf und hat ein Jahr in Italien verbracht. Er unternahm mehrere Bildungsreisen. Auf einer dieser Reisen verlobte er sich mit der deutschen Prinzessin Elisabeth von Hanau. Nachdem die Nachoder Linie der Smiřický im Jahre 1614 mit Albrecht Václav ausgestorben und Albrecht Jan`s ältester Bruder Jindřich (Heinrich) geisteskrank war, gingen alle Smiřický-Besitzungen auf Albrecht Jan über.
Politisch hat sich Albrecht Jan den böhmischen Reichsständen angeschlossen, die nach größerer Macht und höheren Souveränitätsrechten strebten. Zur Verteidigung des Vaterlandes und der protestantischen Religion stellte er ein Regiment auf, das er selbst bezahlte. Mit nur 22 Jahren wurde er in die Direktionsregierung gewählt. Sein Ansehen war so groß, dass er als möglicher Kandidat für die böhmische Krone galt. Er zählte zu den Initiatoren und Führern des antihabsburgischen Ständeaufstandes. In seinem Palais auf der Prager Kleinseite wurde der zweite Prager Fenstersturz beschlossen; er selbst wirkte am 22. Mai 1618 an dem Attentat auf dem Hradschin mit. Zu einer Heirat mit Elisabeth von Hanau, durch die Albrecht Jan Mitglied des protestantischen Fürstenverbundes geworden wäre, kam es nicht, weil Albrecht Jan am 18. November in Prag an einer Lungenentzündung starb.
Zitat von Golo Mann
"... wenn überhaupt einer die böhmische Rebellion hätte zum Sieg führen können, so wäre es Albrecht Jan Smiřický gewesen." (Aus Wallenstein, vgl. Literaturangabe.)
Niedergang
Nach Albrecht Jan`s Tod gingen die Besitzungen auf seine Schwestern Elisabeth (Alžběta) und Margareta (Markéta), verh. Slavata, über. Während der Verhandlungen mit der kaiserlichen Kommission um das Erbe hat Elisabeth am 1. Februar 1620 das Jičiner Schloss in die Luft gesprengt und fand selbst den Tod dabei. Zu den rd. 50 Getöteten gehörte auch ihr Schwager Slavata. Infolge dieses Unglücks wurde die nun verwitwete 23-jährige Markéta Alleinerbin.
Wegen der politischen Aktivitäten des verstorbenen Albrecht Jan und weil auch Markéta eine überzeugte Protestantin und Anhängerin des Winterkönigs Friedrich von der Pfalz war, wurde der Besitz der Smiřicky nach der Schlacht am Weißen Berge vom Kaiser konfisziert. Markéta, die mit dem Winterkönig über Breslau ins Ausland geflohen war, wurde enteignet. Vormund des geistesschwachen Jindřich Smiřický (1592–1630) wurde Albrecht von Waldstein, dessen Mutter eine geborene Smiřický aus der Nachoder Linie war. Nach dem Tod seines Mündels hat er die meisten Smiřický-Besitzungen in seine Hand gebracht.
Besitzungen
- 1406–1449 Smiřice (Bezirk Königgrätz)
- 1432–? Raudnitz (Roudnice), Houska, Bezděz
- 1445–1474 Jestřebi u Česke Lípy
- 1446–1548 Lissa an der Elbe (Lysá nach Labem), Bezirk Nimburk
- 1475–1544 Lieblitz (Liblice), Bezirk Melnik
zu den in den Jahren 1621–1623 konfiszierten Gütern gehörten:
- seit 1542 Herrschaft Semil (Semily)
- seit etwa 1550 Hořitz (Hořice), Bezirk Jičin
- seit 1544 Nachod
- seit 1550 Großskal (Hrubá Skála) mit Turnau (Turnov), Bezirk Semil
- seit 1558 Schwarzkosteletz (Kostelec nach Černými Lesy), Bezirk Kolin
- seit 1580 Dimokur (Dymokury), Bezirk Nimburg
- seit 1591 Böhmisch Aicha (Český Dub)
- seit 1607 Herrschaft Welisch mit Jičin, das Albrecht von Waldstein nach der Konfiskation zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum seiner Herrschaft umgestalten ließ.
- seit 1608 Kumburg (Kumburk), Bezirk Semil
- seit 1615 Kleinskal (Mala Skála), Bezirk Jablonec nad Nisou
- das Smiřický-Palais auf der Prager Kleinseite (jetzt Malostranské náměsti 18)
Literatur
- Hrady, zámky a tvrze v Čechach, na Moravě a ve Slezsku
- Golo Mann, Wallenstein, S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 1971, ISBN 3-10-047903-3
- V. Pěšak, Panstvi rodu Smiřickych v letech 1609–1618, Prag 1940
- Joachim Bahlcke u. a., Historische Stätten Böhmen und Mähren, Kröner-Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8
- Baštecká, Lydia, Ebelová Ivana, 'Náchod', Nachod 2004
Weblinks
http://airborn.webz.cz/rudolf.html http://web.sten.cz/smirice/plsek/sm.htm http://www.smirice.cz/obory2.php?lang=cz&sekce=5&obor=24