Zum Inhalt springen

Vorgesetztenverordnung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Mai 2004 um 00:38 Uhr durch Jotpe (Diskussion | Beiträge) (=Fachvorgesetzter=). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

In Deutschland regelt die Vorgesetztenverordnung (VorgV) als elementarer Bestandteil der Inneren Führung der Bundeswehr die Vorgesetztenverhältnisse nach denen sich das Prinzip von Befehl und Gehorsam in der Bundeswehr zu richten hat.

Nach § 1 Soldatengesetz (SG) ist Vorgesetzter, wer befugt ist, einem Soldaten Befehle zu erteilen. Das Grundgesetz regelt, dass der oberste militärische Vorgesetzte in Friedenszeiten der Bundesminister der Verteidigung (Art. 65 a GG) ist und dass im Verteidigungsfall die Befehls- und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler (Art. 115b GG) übergeht.

Die Verordnung über die Regelung des militärischen Vorgesetztenverhältnisses (Vorgesetztenverordnung - VorgV) wurde am 19. März 1956 erlassen und trat mit Verkündung am 7. Juni 1956 in Kraft. Zuletzt wurde sie durch Verordnung am 7. Oktober 1981 geändert.

Beschreibung
§ 1Unmittelbarer Vorgesetzter
§ 2Fachvorgesetzter
§ 3Vorgesetzter mit besonderem Aufgabenbereich
§ 4Vorgesetzter aufgrund des Dienstgrades
§ 5Vorgesetzter aufgrund besonderer Anordnung
§ 6Vorgesetzter aufgrund eigener Erklärung

Wie wird verhindert, dass Soldaten sich mit ständig widersprechenden Befehlen herumschlagen müssen?

Der Befehlsgeber hat auch die Folgen des Befehls zu tragen (Befehlsverantwortung).

Gibt ein Vorgesetzter einem Untergebenen einen Befehl, der einem an diesen bereits erteiltem Befehl widerspricht oder den zuerst erteilten Befehl in der Ausführung nicht unerheblich verzögert, so hat der Untergebene die Pflicht den Vorgesetzten darauf hinzuweisen (Teil der Befehlsprüfung), dass er bereits einen anderen Auftrag hat. Der Befehlsgeber muss nun seinerseits prüfen, ob sein Auftrag wichtiger ist und entsprechend den Befehl wiederholen oder den Auftrag einem anderen Soldaten übertragen. Der Untergebene muss immer dem zuletzt erfolgten Befehl Gehorsam leisten, es sei denn, dass dessen Ausführung eine Straftat beinhaltet oder gegen geltendes Völkerrecht verstösst.

Der Untergebene hat den Befehlsgeber über einen neuen Befehl zu unterrichten, wenn er nicht beide Befehle gleichzeitg ausführen kann. Entweder erledigt dies (in den meisten Fällen) der neue Befehlsgeber für ihn (Ich sage dem Hauptmann bescheid) oder der Untergebene teilt dies dem alten Befehlsgeber nach Erledigung des neuen Auftrags mit (Oberfeldwebel XXX hat mich mit YYY beauftragt). Der Untergebene ist hiermit aller Verantwortung entledigt, dass er den eigentlichen Befehl nicht ausgeführt hat. Im Jargon gibt es hierzu einen Spruch: Melden macht frei und dem Vorgesetzten Arbeit!


Nachfolgend findet sich hier keine Abschrift der Verordnung, sondern Beispiele zum jeweiligen Paragraphen. Die Sortierung der Beispiele spiegelt die §§ 1-6 der VorgV wider.

§1 VorgV "unmittelbare Vorgesetzte"

Wer?Führer eines Verdandes, Führer einer Einheit, Führer einer Teileinheit, Leiter einer mil. Dienststelle
Wem gegenüber?allen unterstellten Soldaten
Wann Vorgesetzt?im und außer Dienst
Wann Untergeben?
Wo?innerhalb und außerhalb militärisch umschlossener Anlagen
Was / Wozu?allgemeine Befehlsbefugnis
BeispieleGrpFhr, HsLtr, InChef, LehrGrpKdr, SchulKdr

Die Befehlsbefugnis besteht gegenüber direkt unterstellten Soldaten. Ist der STAN-Stelleninhaber "offiziel vom Dienst abwesend" (z.B. Krankheit, Urlaub, Kommandierung), gehen die Vorgesetzteneigenschaften nach §1 VorgV auf den Stellvertreter über.
Eine Einheit ist die unterste militärische Gliederungsform, deren Führer die Disziplinargewalt hat. Eine Teileinheit ist jede Gliederungsform unterhalb der Einheit deren Führer keine Disziplinargewalt hat.

§2 VorgV "Fachvorgesetzter"

Wer?Leiter eines Fachdienstes (nur MilGeo-Dienst, San-Dienst und Militärmusikdienst)
Wem gegenüber?allen fachdienstlich unterstellten Soldaten
Wann Vorgesetzt?im Dienst
Wann Untergeben?
Wo?innerhalb und außerhalb militärisch umschlossener Anlagen
Was / Wozu?spezielle Befehlsbefugnis (zu fachdienstlichen Zwecken)
BeispieleLeitender Sanitätsoffizier einer Division dem TrpArtzt

Vorgesetzter mit besonderem Aufgabenbereich

Das klassische Beispiel für einen solchen Vorgesetzten ist der Unteroffizier vom Dienst (UvD). Er ist vorgesetzt allen Soldaten seiner Dienstgradgruppe und niedriger in seinem Aufgabenbereich. Dazu gehören auch einheitsfremde Soldaten. Er ist jedoch nicht Vorgesetzter seiner eigenen Vorgesetzten nach § 1 VorgV und anderer Soldaten, die ihm selbst nach § 3 VorgV vorgesetzt sind (Wachsoldaten, Feldjäger, ...)

Beispiele:

  1. Unteroffizier A ist Stellvertretender Gruppenführer der Gruppe 1 und UvD. Damit ist er Vorgesetzter des Gruppenführers der Gruppe 3 Stabsunteroffizier B. Er ist jedoch nicht Vorgesetzter des Gruppenführers der Gruppe 1 Stabsunteroffizier C., da Unteroffizier A ihm bereits nach § 1 unterstellt ist.
  2. Hauptgefreiter A ist Mitglied der Gruppe 1 und UvD. Damit ist er Vorgesetzter aller Manschaftsdienstgrade seiner Einheit und einheitsfremden Soldaten in seinem Zuständigkeitsbereich.

Weitere Vorgesetzte (Beispiele):

  1. Wachsoldaten
  2. Feldjäger
  3. Feldwebel vom Wochendienst

§4 VorgV "Vorgesetzter aufgrund des Dienstgrades"

Es gibt 4 Laufbahnen und 7 Dienstgradgruppen, wie nachfolgend aufgelistet. Teilweise überscheiden sich diese.

Laufbahnen Offiziere Unteroffiziere mit Portepee Unteroffiziere ohne Portepee Mannschaften
Dienstgradgruppen Generäle Stabsoffiziere Hauptleute Leutnante

§4 (1) VorgV
Laufbahnhöhere können Laufbahnniedrigeren Soldaten der selben Einheit (Kompanie, Schiff) innerhalb militärisch umschlossener Anlagen im Dienst Befehle erteilen.

§4 (2) VorgV
In Stäben und anderen militärischen Dienststellen gilt Absatz 1 entsprechend.

§4 (3) VorgV
Innerhalb umschlossener militärischer Anlagen können Soldaten einer höheren Dienstgradgruppe den Soldaten einer niedrigeren Dienstgradgruppe im und außer Dienst Befehle erteilen.

Vorgesetzter aufgrund besonderer Anordnung

Berühmtes Beispiel: Der Bundesligafußballspieler Flieger X wird zum Wehrdienst eingezogen und leistet nun seinen Grundwehrdienst. Der Einheitsführer dieser Einheit nimmt diese Gelegenheit zum Anlass, um die Sportausbildung seiner Soldaten auszubauen. Über den Dienstplan wird der Flieger X zum Leitenden der Sportausbildung am <Datum> von/bis <Uhrzeit> erklärt und ist somit Vorgesetzter aller Soldaten, die aufgrund des Dienstplanes an dieser Ausbildung teilnehmen müssen. Dies schließt auch die Vorgesetzten des Fliegers X nach § 1 der VorgV ein.

Vorgesetzter aufgrund eigener Erklärung

Im Gegensatz zu Paragraph 4 wird hier eine einheitenübergreifende Regelung getroffen. Hintergrund hierzu: Dieses Vorgesetztenverhältnis findet Anwendung, um z.B. die Ordnung in Kasernen aufrecht zu erhalten oder wenn eine Notlage außerhalb von Kasernen eine einheitliche Befehlsgebung erfordert.

Es kann sich niemand zum Vorgesetzten nach § 6 VorgV gegenüber Soldaten erklären, die Befehlsbefugnisse nach §§ 1-3 und 5 über ihn haben oder Dienstgradhöher sind.