Wilhelm I. von Neuenahr
Wilhelm I. Graf von Neuenahr (Nuenar, a Nvenar, Novaquila,[1] van Nievenaar), Herr von Bedburg (Bedbur), Rösberg und Limburg (* um 1447; † 12. Mai 1497) war ein deutscher Adeliger.
Leben
Wilhelm I. von Neuenahr war der Sohn von Graf Gumprecht II. von Neuenahr (um 1400–1484), Erbvogt zu Köln, Herr zu Alpen, und (∞ 1425) Margareta Gräfin von Limburg (1406−um 1459), Herrin zu Bedburg und Hackenbroich.
→ Zu weiteren Vorfahren siehe den Artikel zu seinem Sohn Hermann von Neuenahr der Ältere (1492–1530).
Noch zu Lebzeiten von Hermanns Bruder Friedrich von Neuenahr-Alpen, der 1468 fiel, verfügte ihr Vater Gumprecht II. eine Herrschafts- und Güterteilung zwischen seinen beiden Söhnen.[2] Junggraf Wilhelm I. trat 1482 in den Dienst des Herzogs Wilhelm von Jülich-Berg (1455–1511), der dafür dessen Herrschaft Bedbur unter seinen Schutz stellte.[3] Nach dem Tod seines Vaters Gumprecht II. wurde er im Erzstift Köln mit Bedburg, Garsdorf, Hof Morken, Rösberg und dem Erbhofmeisteramt des Kurfürstentums belehnt. 1484 nannte sich Wilhelm I. in einer Urkunde, die er zusammen mit seinem Neffen Gumprecht I. von Neuenahr-Alpen (1465–1505), Erbvogt von Köln, für das Stift Mariengraden in Köln ausstellte, „Graf zu Neuenahr und Limburg, Herr zu Bedburg“.[4]
Er heiratete 1484 Gräfin Walburga von Manderscheid (* 1468; † nach 1530), Herrin zu Schleiden, die Tochter von Graf Kuno (Konrad) I. von Manderscheid (um 1444−1489), Herr zu Schleiden, Neuenstein und Kasselburg[5] und (∞ 1459) Gräfin Walpurga von Horn (um 1443−1476), Herrin von Altena. Das Hofgut der Familie in Köln, der „Neuenahrer Hof“, stand an der Ecke Langgasse (heute: Neven-DuMont-Straße) / Schwalbengasse-Kupfergasse. Es wurde im 17. Jh. niedergelegt, der Treppenturm ist wahrscheinlich in der Kirche St. Maria in der Kupfergasse erhalten.
1486 nahm Wilhelm I. von Neuenahr in Frankfurt am Main im Gefolge des Kölner Erzbischofs Hermann IV. von Hessen († 1508) an der Wahl von Maximilian I. (1459-1519) zum römisch-deutschen König teil.[6] 1487 war Wilhelm I. von Neuenahr auf dem Reichstag Kaiser Friedrichs III. (1415-1493) in Nürnberg.[7] 1488 wird er als Drost von Erkelenz erwähnt.[8]
Wilhelm I. war im Pfandbesitz eines Turnosen am Kurkölner Bonner Rheinzoll.[9] 1489 stellte er einen Teil der Einnahmen aus dem Zoll als Sicherheit für die Mitgift seiner Nichte Margarete von Sombreffe († 1518) - einer Tochter seiner Schwester Elisabeth von Neuenahr († 1484) - bei ihrer Heirat mit Heinrich II. von Reichenstein († 1506), Herr zu Kerpen und Reckheim.[10]
1490 verpfändeten Wilhelms I. von Neuenahr und seine Frau Walburgis mit Genehmigung des Kurkölner Lehnsherrn Hermann IV. von Hessen den Hof Morken im Amt Kaster an den Jülicher Erbkämmerer und Amtmann von Nörvenich Johann van dem Bongart (* um 1446; † 1520) und seine Frau Elisabeth von Argenteau († nach 1520).[11] Erzbischof Hermann IV. von Hessen verpfändete 1490 das Amt Hülchrath für 6000 Gulden an Wilhelm I. von Neuenahr.[12] 1493 verkaufte Wilhelm I. von Neuenahr für 700 Oberländische Rheinische Goldgulden eine Erbrente von 42 Gulden aus dem Zehnten von Holzheim in der Herrschaft Helpenstein an Heinrich von Salm-Reifferscheid.[13] 1494 erhielt Wilhelm I. für 5000 Guldgulden von den Grafen Everwin II. von Bentheim-Steinfurt (1461–1530) und Johann von Holstein-Pinneberg-Gemen (1449–1527) die Pfandschaft über die benachbarte Herrschaft Wevelinghoven.[14]
Von Kaiser Maximilian I. erhielt Wilhelm I. auf dem Reichstag zu Worms 1495 den Auftrag zur Beilegung eines Streites in der Abtei Werden.
Nach seinem Tod wurde er in der Familiengruft in der Kirche des Zisterzienserinnen-Klosters zum Mariengarten St. Maria ad Ortum (1805 niedergelegt) neben seinen Eltern beigesetzt. Sein Sohn Hermann, der etwa fünf Jahre alt war, als sein Vater starb, und von seiner Mutter überlebt wurde, ließ ihm um 1505/08 eine Grabinschrift setzen, nach der Graf Wilhelm I. von Neuenahr „ad annum redemptionis humanae M. CCCC. XCVII. IV. Idus Maias“ (= im Jahr 1497 der menschlichen Erlösung am 12. Mai) starb und „annos circiter quinquaginta“ (= ungefähr fünfzig Jahre) alt wurde.[15] Der Humanist Hermann von dem Busche (1468–1534) schrieb für die beiden Söhne eine Würdigung von Graf Wilhelm I. von Neuenahr in Gedichtform: De illvstris et Generosi Nouaquilae Comitis Guilhelmi obitu, ad Hermannum & Guilhelmu[m] filios … hendecasyllabi.[16]
Familie
Die Kinder Wilhelms I. von Neuenahr aus einer außerehelichen Beziehung (1) und mit seiner Frau Walpurg von Manderscheid (2-4)[17] waren:
- Agnes († nach 1516), natürliche Tochter, verheiratet mit Wilhelm Duytsch († zwischen 1510 und 1516), Sohn von Godert Duytze von der Kuylen;[18] vermutlich identisch mit dem Drost von Hülchrath 1512,[19] deren Kinder:[20]
- Wilhelm,
- Goedert; vermutlich identisch mit Gardart Duytzsche (Duitsch) van der Kuylen (Chuelen) († nach 1565), seit etwa 1549 Drost zu Hülchrath (Hulkerode) und Wevelinghoven,[21]
- Wilhelm II. von Neuenahr (* zwischen 1485 und 1491[22]; † 1552), verheiratet mit der Erbtochter der Grafschaft Moers, Gräfin Anna von Wied (um 1500–1528), einer Nichte des späteren Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Hermann V. von Wied (1477–1552),
- Anna von Neuenahr (* um 1490; † 1535),[23] seit etwa 1508 verheiratet mit Walraven II. van Brederode (1462–1531), Herr von Vianen und Ameide, Burggraf von Utrecht, Sohn von Reinoud II. van Brederode (1415–1473) und Yolanda van Lalaing,
- Hermann von Neuenahr (1492–1530), humanistischer Theologe, Staatsmann, Naturwissenschaftler, Kölner Dompropst und erzbischöflicher Kanzler der alten Universität Köln,[24]
Dietrich I. von Neuenahr (* um 1445/55; † 1471), seit 1459 bzw. 1470 Domherr in Köln, der in der Literatur teilweise für einen Bruder des Kölner Dompropstes gehalten wurde, war ein Bruder, kein weiterer Sohn von Wilhelm I. von Neuenahr.[25]
Stefan II. von Siegenhoven genannt Anstel (Anxtel) zu Oberembt wird um 1530 als „Schwager“ des Wilhelm II. von Neuenahr bezeichnet.[26]
Nach dem Tod von Wilhelm I. von Neuenahr wurden Goedart Dutsche (Goedert Duytzsche, Deutz, Dütsch) von Außem[27] (Aushem, Onssem) genannt van der Kulen (Kuylen, Kaulen),[28][10] Lehnsträger von Bucke bei Kaster,[29] und Conrad Roß von Laach († 1508),[30] Jülicher Landrentmeister und Rentmeister des Amtes Kaster, als Vormünder für seine Kinder bestellt.[17][31]
Wilhelms I. Witwe Walburga von Manderscheid-Schleiden heiratete 1502 in zweiter Ehe Frederik van Egmond, Graf zu Büren und Leerdam (1440−1521), Herr zu IJsselstein. Nach Frederik van Egmonds Tod lebte sie in Haus IJsselstein in ’s-Hertogenbosch.[32]
Darstellung in der Kunst
Eine Darstellung von Wilhelm I. von Neuenahr im Kreis der Familie seiner Eltern befindet sich auf dem Familienaltar Maria auf der Mondsichel von Meister der Heiligen Sippe der Jüngere (* um 1450; † um 1516) im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud (Inventar-Nr. WRM 0853).
Literatur
- Carl Hirschberg: Geschichte der Grafschaft Moers. 2. Aufl August Steiger, Moers 1892, S. 69f (Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
- Neuenahr, Grafen von: Hugo Altmann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 106–108 (Digitalisat).
Einzelnachweise
- ↑ Lateinisch nova bedeutet „neu“, aquila ist der „Aar“ (Adler).
- ↑ Vgl. Urkunde vom 24. Februar 1484; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Franziskaner-Augustinerkloster Frauweiler, Urkunde 15).
- ↑ Vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Jülich-Berg I Nr. 634), Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Münster (Grafschaft Tecklenburg - Rheinische Urkunden, Nr. 76).
- ↑ Vgl. Urkunde vom 9. August 1494; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 250 Mariengarten, U 3/101).
- ↑ Kuno I. von Manderscheid heiratete 1476 in zweiter Ehe Mechthild von Virneburg († nach 1506), Herrin von Kronenburg und Neuerburg.
- ↑ Vgl. Marquard Freher, Burkhard Gotthelf Struve: Rerum Germanicarum scriptores, Bd. III. Johann Reinhold Dulßecker, Straßburg 1717, S. 26.
- ↑ Vgl. Johann Jakob Fugger: Spiegel der Ehren Des Hochlöblichsten Keyserlichen Erzhauses OESTERREICH, Bd. V. Michael und Johann Friderich Endtern, o. O. [Nürnberg] 1668, S. 964 (Google-Books).
- ↑ Vgl. Gottfried Eckertz (Bearb.): Die Chronik der Stadt Erkelenz. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 5 (1858), S. 1–89, bes. S. 36.
- ↑ Vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Kurköln, Urkunden Nr. 3303 und 3223).
- ↑ a b Vgl. Johann Schultze: Die Walpoden von der Neuerburg und Herren von Reichenstein. In: Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 38 (1908), S. 104–197, bes. S. 167f (Digitalisat bei OpenLibrary).
- ↑ Vgl. Urkunden vom 30. September 1490 und 27. Januar 1502; Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Münster (Grafschaft Tecklenburg - Rheinische Urkunden, Nr. 83 und 90).
- ↑ Vgl. Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 210 Domstift, U 2/1882 und U S/1887), auch Urkunde vom 28. April 1491; Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Münster (Grafschaft Tecklenburg - Rheinische Urkunden, Nr. 87).
- ↑ Urkunde vom 8. Februar 1493; Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr (Bestand 1010 Herrschaft Broich / Amt Broich-Styrum, Nr. 246).
- ↑ Vgl. Urkunde vom 12. November 1494; Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Münster (Grafschaft Tecklenburg - Rheinische Urkunden, Nr. 87; Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.), Gemen - Urkunden, Nr. 355).
- ↑ Vgl. Aegidius Gelenius: De admiranda Sacra et civili magnitudine Coloniae Claudiae. Jodocus Calcovius (Kalkofen), Köln 1645, S. 544 (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek München).
- ↑ Nikolaus Caesar, Köln o. J. [1518]; Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (Signatur A: 63 Quod. (6)); Digitalisat der Österreichische Nationalbibliothek Wien (Signatur 74.T.70).
- ↑ a b Erbteilungsvertrag der Walburg von Manderscheid und ihrer Verwandten vom 24. Juli 1499; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (110.28.00 Reichsgrafschaft Schleiden, Urkunden Nr. 86).
- ↑ Vgl. Philipp Freiherr von Blittersdorff: Archivalien des freiherrlich von Blittersdorffschen Archivs, derzeit in Ottensheim, Oberösterreich. In: Mitteilungen der Badischen Historischen Kommission Nr. 35. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 67 (1913), S. M-112–M-127, bes. S. M-119; Leonhard Korth (Bearb.): Das gräflich von Mirbach'sche Archiv zu Harff, Bd. II. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 57 (1894), bes. S. 232f (Google-Books, eingeschränkte Vorschau).
- ↑ Vgl. Heinrich Schäfer (Bearb.): Das Pfarrarchiv von St. Aposteln. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 71 (1901), S. 130–183, bes. S. 161.
- ↑ Vgl. Urkunde vom 16. August 1516; Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Paffendorf, Urkunden Nr. 593).
- ↑ Vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Münster (Gesamtarchiv von Landsberg-Velen (Dep.) - Akten, Nr. 31709); Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 2/17282).
- ↑ Urkundlich wird Wilhelm als älterer Sohn stets vor Hermann genannt.
- ↑ Ein um 1528 verfasster Brief der Anna van Nieuwenaar (Nuwenair), vrouwe van Brederode an einen Neffen ist erhalten; vgl. Nationaal Archief Den Haag (3.22.01.02 - 423).
- ↑ Ahnenproben vom 18. April 1505; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 210 Domstift, U 1/1933 und 1934).
- ↑ Vgl. Wilhelm Kisky: Die Domkapitel der geistlichen Kurfürsten in ihrer persönlichen Zusammensetzung im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert. (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit I/3). Hermann Böhlau Nachf., Weimar 1906, S. 33, 48, 58 und 67.
- ↑ Vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Reichskammergericht, 2005 - Az. G 508/1604); 1485 ist er noch, 1488 nicht mehr minderjährig, vgl. Historisches Archiv der Stadt Köln (Best. 228 Karmeliter, Altsignatur 241 und 251).
- ↑ In Oberaußem befand sich der adelige Sitz Deutzer (Deutscher) Hof, ein Lehen des Abts von Kornelimünster.
- ↑ Hof zur Kaulen bei Neurath im Amt Liedberg; vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Kurköln Lehen, Specialia, 115). Das Geschlecht von der Kuhlen führte wie die Grafen von Neuenahr (von Are) einen rechtssehenden Adler im Wappen.
- ↑ Vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Kurköln Lehen, Specialia, 28 Bucke zwischen Kaster und der Kuylen). Paul von der Kuylen (Pauwel van der Kuilen) war 1540 und 1559/60 Keller zu Kaster; vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland Duisburg (Jülich, Lehen, Spezialia Nr. 116 Urk. 6).
- ↑ Vgl. Ernst von Oidtman: Haus Laach im Kreise Bergheim und seine Besitzer. In: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde 1 (1913–1917), S. 228–234.
- ↑ Vgl. Urkunde vom 17. Juni 1505; Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Münster (Grafschaft Tecklenburg - Rheinische Urkunden, Nr. 91).
- ↑ Vgl. Alexander Frederik Oscar van Sasse van Ysselt: De voorname huizen en gebouwen van 's-Hertogenbosch … Aantekeningen uit de Bossche schepen-protocollen, Bd. I. 's-Hertogenbosch 1911, S. 127.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Gumprecht II. von Neuenahr | Graf von Limburg im Kondominium 1484–1497 | — |
Personendaten | |
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NAME | Wilhelm I. von Neuenahr |
ALTERNATIVNAMEN | Nuenar, Wilhelm von; Newnar, Wilhelm vonn; Neuenar, Wilhelm Graf von; Nvenar, Guilelmus a; Nieuwenar, Willem Grave van; Niuwenar, Guilhelmus Comes à; Nuenarius, Gulielmus Comes; Nievenaar, Wilhelm von; Nouaquila, Comes Guilhelmus |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Adeliger |
GEBURTSDATUM | um 1447 |
STERBEDATUM | 12. Mai 1497 |