Zum Inhalt springen

Evangelische Stadtkirche Monschau

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. August 2014 um 08:08 Uhr durch JPBentzin (Diskussion | Beiträge) (Ergänzungen zur Bau- und Instandsetzungsgeschichte mit Belegen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Ev. Stadtkirche

Name

Ihren Namen Evangelische Stadtkirche Monschau erhält die Kirche im Gottesdienst zur Wiedereröffnung am 23. August 2014. Mit dem Namen wird auf die besondere Rolle der Kirche als "Kirche für die Stadt" hingewiesen [1].

Baugeschichte

Turmspitze mit Schwan

Der heutigen Kirche gehen zwei Vorgängergebäude an anderem Ort voraus. Zum einen fanden in der Zeit der gemeinsamen Regentschaft über das Herzogtum Jülich durch das Fürstentum Pfalz-Neuburg und das Kurfürstentum Brandenburg von 1609 bis 1622 zunächst lutherische, dann reformierte Gottesdienste in der Kapelle der Burg Monschau statt. [2] 1683 konnte die lutherische Gemeinde Gemünd-Menzerath eine erste eigene Kirche im ungefähr 1,5 Kilometer nordöstlich von Monschau gelegenen Weiler Menzerath bauen. [3] Versuche, das "exerzitium religionis", d.h. das Recht am Ort Gottesdienste zu feiern, auch auf die Stadt Monschau auszudehnen, blieben zunächst erfolglos [4] Der Neubau der evangelischen Kirche in Monschau geht insbesondere auf die Initiative der Monschauer Theologen- und Tuchmacherfamilie Scheibler zurück. Bereits 1751 stiftete Johann Heinrich Scheibler einen Fonds in Höhe von 400 Talern zum Bau, bald folgten weitere Spenden in Höhe von rund 720 Taler[5]. Aber erst in Folge des Toleranzpatents Kaiser Joseph II. von 1781 wurde schließlich am 4. Januar 1787 die Baugenehmigung erteilt. Nachdem bereits am 25. Juli 1787 der Grundstein zum Bau gelegt worden war, wurde am 20. Dezember 1787 der Bauvertrag mit dem Mülheimer Baumeister Wilhelm Hellwig abgeschlossen. Mit einem festlichen Gottesdienst am 16. August 1789 wurde die Kirche eröffnet. Erster Pfarrer der Kirche war Maximilian Friedrich Scheibler (1759–1840), der zuvor Pfarrer in Düren und Menzerath gewesen war. Er war ein entfernter Vetter des inzwischen verstorbenen Tuchmachers[6]. Die Fertigstellung der Kirche konnte schließlich 1810 begangen werden.[7]

Die Kirche ist ein unverputzter Bruchstein-Saalbau mit Blausteineinfassungen und viergeschossigem Turm. Der Kircheninnenraum ist an der Decke und an den Wänden mit kostbaren Stuckaturen im Stil des Louis-seize ausgestattet. Nach der Instandsetzung 2014 präsentieren sie sich wieder in der rein weißen, ursprünglichen Fassung des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Weiterhin gibt es zwei Holzemporen und einen zweiteiligen, kunstvoll geschnitzten Kanzelaltar. Die in dieser Form sehr seltene Ausstattung einer evangelischen Kirche im Stil Louis-seize[8] hat dazu geführt, dass die Kirche 2012 durch den Deutschen Bundestag zu einem "Bauwerk von nationaler Bedeutung" ernannt wurde.[9]. Im Januar 2013 belegte die Kirche nach einer bundesweiten Abstimmung zur "Kirche des Jahres" der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (KiBa) den zweiten Platz und wurde als "Stadtkirche des Jahres 2012" in Schwerin ausgezeichnet.[10]

Der Turmhelm stammt aus dem Jahr 1684 und war ursprünglich Teil der lutherischen Kirche aus Mülheim am Rhein. Diese Kirche wurde im Februar 1784 durch ein Hochwasser zerstört, nur der Turm blieb stehen. Nachdem zunächst die Lieferung für die Wochen nach Pfingsten vertraglich vereinbart gewesen war, erfolgten die Anlieferung und der Aufbau einige Wochen nach Eröffnung der Kirche im Oktober 1789. [11] Der Helm mit dem Schwan ist also rund 100 Jahre älter als das übrige Bauwerk. Der Schwan verweist auf Martin Luther [12].

Renovierung

In den Jahren 1977 bis 1981 wurde die Kirche bereits schon einmal umfangreich renoviert. Die damalige Ausführung der Maßnahme stellte sich jedoch für die Instandsetzung 2005-2014 durch die Fehler, die damals gemacht wurden, als größter Kostenfaktor heraus. Fast alle Holzbauteile in Dach, Kirchturmhaube und im Kircheninnenraum wurden 1981 mit etwa 1,2 Tonnen Holzschutzmittel getränkt (Xylamon), welches heute als hochgiftig angesehen wird. Grenzwerte werden laut einer Laboranalyse um bis das 200fache überschritten. Die Renovierungsarbeiten nach 2011 konnten so nur unter strengen arbeitsschutzrechtlichen Auflagen durchgeführt werden. Die Arbeitsabläufe mussten streng nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip organisiert werden. Um den Kircheninnenraum vor dem Eindringen kontaminierter Luft aus dem Dachbereich zu schützen, wurden ein Kohlenstoff-Vlies zwischen Dachboden und Decke eingebracht sowie eine Entlüftungsanlage eingebaut.[13] Die Instandsetzung verteuerte sich dadurch um ca. 250.000 Euro[14]

Im Oktober 2005 musste aufgrund der festgestellten Baufälligkeit die 17 m hohe Kirchturmhaube entfernt und vor dem benachbarten Gemeindehaus abgestellt werden.[15] Innerhalb eines Jahres konnte sie instandgesetzt und wieder aufgesetzt werden werden.[16]

Empore mit leerem Orgelgehäuse
Kanzel

Wegen dringender Renovierungsarbeiten war die Kirche von 2011 bis 2014 geschlossen. Die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (KiBa) unterstützte die Instandhaltungsarbeiten mit 20.000 Euro. Auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, das Land Nordrhein-Westfalen, die Bundesrepublik Deutschland, die Evangelische Kirche im Rheinland und der Evangelische Kirchenkreis Aachen haben über Förderungen und Beihilfen die Maßnahmen unterstützt. Ungefähr 250.000 Euro brachten Spenden und Kollekten für die Instandsetzung ein. Die Gesamtkosten der Instandsetzung betrugen ca. zwei Millionen Euro. [17].

Orgel

Die Orgel stammt aus den Werkstätten der Firma Walcker. Sie ist die dritte Orgel der Kirche und stammt aus dem Jahr 1903, hatte zwei Manuale und Pedal mit anfangs 16 Registern. Ein Subbass wurde 1906 zugefügt. Zudem erhielt das Werk ein Organola, das die Firma Walcker ab 1904 als Patent entwickelt hatte. So konnte die Orgel auch genutzt werden, wenn kein Organist zur Verfügung stand. Die Orgel wurde zuletzt 1981 überholt durch den Orgelbauer Heinz Wilbrand in Übach-Palenberg.[18] Die erneute Restaurierung steht noch aus. Zur Zeit ist die Orgel ausgebaut und eingelagert. Bis dahin steht ein kleineres Werk der Firma Weimbs Orgelbau, das ehemals im St. Michaels-Gymnasium stand und aufbereitet wurde. [19]

Einzelnachweise

  1. Wiedereröffnung mit neuem Namen: "Evangelische Stadtkirche Monschau" http://www.kirchenkreis-aachen.de/4550.html
  2. Walter Scheibler, Geschichte der Evangelischen Gemeinde Monschau, Aachen 1939, Seite 44-50.
  3. Scheibler, Geschichte, Seite 63-67.
  4. Scheibler, Geschichte, Seite 92f..
  5. Scheibler, Geschichte, Seite 84.
  6. Gründung
  7. Scheibler, Geschichte, Seite 142f.
  8. Die evangelische Kirche in Monschau Zahn, W.; Quelle: Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege, 1985 ISBN 3-7927-0825-6 Standort in der IRB-Bibliothek: DERhAD 16Jahrb
  9. [http://www.aachener-zeitung.de/lokales/eifel/monschauer-gotteshaus-von-nationaler-bedeutung-1.422274
  10. [http://www.aachener-zeitung.de/lokales/eifel/kirche-des-jahres-anerkennung-fuer-monschauer-gotteshaus-1.501262
  11. Scheibler, Geschichte, S. 102-106
  12. Herkunft Turmhelm mit Schwan
  13. [http://www.aachener-zeitung.de/lokales/eifel/stadtkirche-laesst-das-herz-von-baushistorikern-hoeher-schlagen-1.527493
  14. [http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/eifel/kirche-will-am-platz-in-der-mitte-festhalten-1.390891 Schäden durch vorangegangene Renovierung
  15. [Turmspitze wird entfernt]
  16. [http://www.rundschau-online.de/euskirchen/der-schwan-strahlt-wieder-in-gold,15185862,15721554.html
  17. Stiftung KiBa unterstützt Renovierung
  18. Monschau nach Kirchengeschichte (Memento vom 18. Februar 2005 im Internet Archive)
  19. Weimbs-Orgel bei Facebook
Commons: Evangelische Kirche Monschau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 33′ 16,4″ N, 6° 14′ 27,6″ O