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Christine Haderthauer

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Christine Haderthauer

Christine Haderthauer (geb. Cuntze; * 11. November 1962 in Neumünster) ist eine deutsche Politikerin (CSU). Sie war vom 30. Oktober 2008 bis zum 9. Oktober 2013 Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, danach wurde sie Leiterin der Bayerischen Staatskanzlei.

Leben und Beruf

1964 zog sie mit ihren Eltern vom schleswig-holsteinischen Neumünster nach Bayern, ihre Kindheit verbrachte sie in München.[1]

Im Anschluss an das Abitur am Theodor-Heuss-Gymnasium in Ludwigshafen am Rhein nahm Haderthauer 1981 an der Universität Würzburg ein Studium der Rechtswissenschaften auf. Nach dem Ersten Staatsexamen, das sie 1986 ablegte, verbrachte sie ihre Referendarzeit in Ansbach. 1990 legte sie das Zweite Juristische Staatsexamen ab, im Jahr darauf erhielt sie ihre Zulassung als Rechtsanwältin. 1991 zog sie mit ihrer Familie nach Ingolstadt. Nach Tätigkeiten als Rechtsanwältin in Ansbach und Ingolstadt gründete sie 2002 ihre eigene Rechtsanwaltskanzlei in Ingolstadt und erwarb zudem den Titel Fachanwältin für Arbeitsrecht. Ihre Zulassung ruht seit Beginn ihres Amtes als Staatsministerin im Oktober 2008.

Haderthauer ist römisch-katholischen Glaubens und seit 1985 mit Hubert Haderthauer verheiratet, dem Landgerichtsarzt in Ingolstadt. Das Paar hat zwei Kinder.

Politik

Haderthauer trat 1984 in die CSU ein. Sie übernahm im Jahr 2000 den Vorsitz der Frauen-Union im Kreisverband Ingolstadt, wurde später stellvertretende Bezirksvorsitzende der Frauen-Union in Oberbayern, Mitglied im Landesvorstand der Frauen-Union und Mitglied im Bezirksvorstand des CSU-Bezirksverbandes Oberbayern.

2002 übernahm sie im Stadtrat von Ingolstadt erstmals ein politisches Mandat. Bei den Landtagswahlen im September 2003 kam sie als Direktkandidatin in ihrem Stimmkreis Ingolstadt/Neuburg a.d. Donau auf 60,6 %[2] der Stimmen und zog als Abgeordnete in den Bayerischen Landtag ein. Dort wurde sie Mitglied im Wirtschaftsausschuss und im Petitionsausschuss. Seit November 2003 ist sie zudem Mitglied im Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Vorsitzende des Fernsehausschusses im Medienrat der BLM und Mitglied im Programmförderausschuss der BLM.

In der CSU gehört sie der Grundsatzkommission, der Familienkommission sowie der Medienkommission an. In ihrer politischen Tätigkeit setzte sie sich vor allem für eine stärkere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Dies war auch ihr Arbeitsschwerpunkt innerhalb der Grundsatzkommission. Ihre diesbezüglichen Thesen betonte Haderthauer in ihrem Positionspapier Keine Zukunft ohne Kinder.

Nach dem Wechsel von CSU-Generalsekretär Markus Söder in das Kabinett von Ministerpräsident Günther Beckstein wurde Haderthauer am 22. Oktober 2007 auf Vorschlag des CSU-Vorsitzenden Erwin Huber als Söders Nachfolgerin die erste Frau in diesem Amt. Angesichts des „katastrophalen Wahlergebnisses“ der CSU bei der Landtagswahl trat sie am 30. September 2008 als Generalsekretärin zurück. „Mit einer solchen Wahlniederlage geht automatisch einher, dass man sein Amt zur Verfügung stellt. Das ist eine berechtigte Erwartung der Menschen und der Parteibasis“, so Haderthauer. Am 30. Oktober 2008 berief Horst Seehofer sie zur Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in sein neu gebildetes Kabinett.

Im Oktober 2013 wurde Haderthauer im Kabinett Seehofer II Staatsministerin und Leiterin der Bayerischen Staatskanzlei.

Am 22. Oktober 2013 wurde sie als Vertreterin des Bayerischen Landtags in den Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks berufen.[3]

Positionen

Auf die Frage nach Vorbildpolitikern nannte Haderthauer im April 2009 neben Konrad Adenauer und Richard von Weizsäcker, beide CDU, mit Hildegard Hamm-Brücher auch eine FDP-Politikerin, welche sie „immer stark“ fand. Franz Josef Strauß hielt sie, auf eine entsprechende Nachfrage, als Vorbildpolitiker für ungeeignet.[4][5]

Asyl- und Integrationspolitik

Zum Thema Integration von Migranten äußerte sie sich mit Blick auf „Vorzeigeimmigranten“ wie den Nationalspieler Mesut Özil und andere Spieler mit ausländischen Wurzeln wie folgt: „Ich würde mir wünschen, dass jeder, der für Deutschland spielt, auch die Nationalhymne singt.“[6]

Haderthauer setzt sich in ihrer politischen Arbeit für eine Anhebung des Nachzugsalters für Ehegatten von Asylsuchenden von 18 auf 21 Jahren ein. Dies sei „das wirksamste Mittel gegen das Phänomen der ‚Importbräute‘“ und müsse „Bestandteil des Gesetzes gegen Zwangsheiraten werden“.[7] Zudem verlangt Haderthauer von Migranten, „binnen eines Jahres Deutsch zu lernen“.[7] Das gelte besonders auch für junge Mütter: „Kleine Kinder zu haben, darf keine Ausrede mehr sein, um Integrationskurse zu verweigern.“[7]

Im Mai 2013 führte der Besuch von Haderthauer in einem Asylheim in Würzburg zu einem Eklat. Nachdem sie sich geweigert hatte, mit Asylbewerbern persönlich zu sprechen, blockierten diese ihre Abfahrt. Die Grünen-Abgeordnete Simone Tol bezeichnete Haderthauers Besuch als eine „Visite der eiskalten Schneekönigin“.[8] Auch der SPD-Sozialpolitiker Hans-Ulrich Pfaffmann bescheinigte Haderthauer, sie sei „eine eiskalte Sozialministerin, wenn es um Flüchtlingspolitik in Bayern geht“.[9]

Gleichgeschlechtliche Ehe

Eine Gleichstellung von homosexuellen Paaren beim Ehegattensplitting lehnt Haderthauer ab: Das Grundgesetz räumt ihrer Meinung nach der Ehe zwischen Mann und Frau zu Recht eine besondere Stellung ein.[10]

Vertriebenenpolitik

Haderthauer setzt sich für die Einführung eines bundesweiten „Tags der Vertriebenen“ ein, den es in Bayern bereits gibt: Jeweils der zweite Sonntag im September.[11]

Modellauto-Affäre

In der sogenannten Modellauto-Affäre (in den Medien uneinheitlich auch Modellbau-Affäre genannt)[12][13][14] unterliegt das Ehepaar Christine und Hubert Haderthauer einer Reihe von ethischen, dienst-, straf- und steuerrechtlichen Beschuldigungen, die medial aufmerksam beobachtet werden. Sämtliche Vorwürfe werden von Seiten Haderthauers bestritten.

Nach einem Eintrag im Gewerberegister Ingolstadt war Christine Haderthauer ab 31. Mai 1990 eine von drei geschäftsführenden Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der Firma Sapor Modelltechnik, die am 2. Januar 1990 mit der „Konstruktion, Fertigung und Verkauf von hochwertigen Modellfahrzeugen“ begonnen hatte.[15] Die beiden anderen Teilhaber waren der Franzose Roger Ponton, der das Startkapital beisteuerte, und der Ingenieur Friedrich Sager.[16] Ende 1992 schied Sager wieder aus,[17][18] 1993 wurde der Unternehmenszweck allein auf den „Verkauf von hochwertigen Modellfahrzeugen“ beschränkt.[16]

Das Geschäftsmodell sah vor, dass psychisch kranke Straftäter zu den niedrigen Löhnen einer Justizvollzugsanstalt exklusive Mini-Modellautos fertigten.[18][anm 1] Eine besondere Bedeutung kam dabei einem Forensik-Patienten zunächst im Bezirkskrankenhaus Ansbach und später im Bezirkskrankenhaus Straubing zu, der die Modelle konstruiert hatte.[18] Die Modelle wurden den forensischen Kliniken von der Sapor-Modelltechnik zu Pauschalpreisen abgenommen und für ein Vielfaches weiterverkauft.[anm 1] An den Mini-Modellen arbeiteten bis zu zehn Häftlinge, teilweise offenbar unter harten Arbeitsbedingungen.[anm 2]

Haderthauer und ab 2003 ihr Ehemann führten das Unternehmen bald allein und verkauften es 2008, als sie Staatministerin wurde.[18][13] Nach ihrer Aussage sei Ponton nicht mehr erreichbar gewesen und erst 2011 wieder aufgetaucht. Man einigte sich auf eine Abfindung für den Geschäftsanteil,[19] doch fühlte sich Ponton bald betrogen und erstattete deshalb 2013 Strafanzeige. Es begannen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die sich 2014 zur „Modellauto-Affäre“ entwickelten. Während Christine Haderthauer erklärte, ihre Beteiligung an Sapor Modelltechnik sei ein „von Idealismus getragenes Engagement finanzieller Art“ gewesen,[19] widersprachen dem ihre früheren Geschäftspartner. Friedrich Sager erklärte gegenüber dem Bayerischen Fernsehen: „Es ging nur darum, möglichst schnell die Fahrzeuge fertigzustellen und sie zu verkaufen, dass die Investitionen wieder zurückkommen und dass Geld verdient wird.“ Roger Ponton sagte: „Eine billigere Arbeitskraft konnte man nicht bekommen.“[19]

Die Staatsanwaltschaft, die im Rahmen von Pontons Betrugsanzeige zunächst gegen Haderthausers Ehemann ermittelt hatte, beantragte am 29. Juli 2014 beim Bayerischen Landtag die Aufhebung ihrer Immunität. Der Landtag widersprach nicht,[17] sodass die Staatsanwaltschaft München II seit dem 1. August auch gegen Christine Haderthauer selbst ermittelt. Daraufhin erneuerte die Opposition im Landtag ihre Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss und Ihrem Rücktritt bzw. ihrer Entlassung als Staatsministerin.[20] Dienstherr und Ministerpräsident Seehofer äußerte zuletzt Kritik an Krisenmanagement und Kommunikation und erwartet eine zügige Aufklärung der Vorwürfe.[14]

Anfang August 2014 wurde bekannt, dass sich am 21. Mai 2014 auch die Steuerfahndung eingeschaltet und eine Durchsuchung in Haderthauers Privathaus durchgeführt hatte, um zu klären, ob die Gewinne der Sapor Modelltechnik gegenüber dem Finanzamt bzw. dem früheren Gesellschafter Roger Ponton bewusst geschmälert bzw. verschwiegen worden waren. Die eingezogenen Unterlagen ergaben den Verdacht, dass die Gewinne wesentlich höher waren, als dem Finanzamt angegeben wurde. So sollen 2007 mindestens 86.000 Euro und 2008 rund 57.500 Euro verschwiegen worden sein, insgesamt also etwa 143.500 Euro Einnahmen.[13][21]

Commons: Christine Haderthauer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. a b Auf Anfrage Ludwig Hartmanns antwortete das zuständige Ministerium: „Die im Rahmen des Maßregelvollzugs zur Arbeitstherapie eingesetzten Personen erhielten ein durchschnittliches Therapiegeld von 1,35 Euro pro Stunde.“ Es nannte Abgabepreise „im Jahr 2004 von ursprünglich (modellabhängig) 1.718 Euro bis 2.105 Euro“, die sich bis 2010 auf etwa das Doppelte erhöhten. (Siehe Drucksache 16/18289 vom 2. September 2013, Bayerischer Landtag).
    In einem Schreiben Hubert Haderthauers aus dem Jahre 1995 werden Verkaufspreise von bis zu 24.900 DM genannt, also 12.731 Euro. (Siehe Faksimile Brief von Hubert Haderthauer (29. Mai 1995). Bayerischer Rundfunk, 5. August 2014, abgerufen am 12. August 2014.)
  2. Laut Friedrich Sager arbeitete der Hauptkonstrukteur, ein Dreifachmörder, daran bis zu sieben Tage pro Woche und bis zu 15 Stunden am Tag. (In: br.de) Der Betroffene selbst sprach von acht und „manchmal“ bis zu 14 Stunden (8 bis 22 Uhr). (In: focus.de)

Einzelnachweise

  1. Die Zeit: Bayern: Haderthauer ist neue CSU-Generalsekretärin 22. Oktober 2007
  2. Ergebnis der Landtagswahl 2003 beim Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung
  3. Neue Mitglieder im BR-Rundfunkrat. Bayerischer Rundfunk, 5. Dezember 2013, abgerufen am 21. Mai 2014.
  4. sueddeutsche.de. Haderthauer: Strauß ist kein Vorbild
  5. spiegel.de. Haderthauer wagt Einspruch gegen Partei-Ikone Strauß
  6. Münchner Abendzeitung vom 8. Oktober 2010
  7. a b c http://www.merkur-online.de/aktuelles/politik/haderthauer-will-asyl-integrationspolitik-verschaerfen-1151562.html
  8. http://www.sueddeutsche.de/bayern/haderthauer-verweigert-gespraech-mit-asylbewerbern-eklat-in-wuerzburg-1.1625990
  9. http://www.br.de/nachrichten/unterfranken/haderthauer-journalistenverband-kritik-100.html
  10. Spiegel Online: Ehegattensplitting. Koalition streitet über Homo-Paare.
  11. http://www.br.de/nachrichten/sudetendeutsche-augsburg-treffen-100.html
  12. Dietrich Mittler: Haderthauers Modellbauaffäre weitet sich aus. In: Süddeutsche Zeitung. 27. Mai 2014, abgerufen am 11. August 2014.
  13. a b c Conny Neumann: Modellbauaffäre: Verdächtige Flüge, geheime Gewinne. In: Der Spiegel. 7. August 2014, abgerufen am 11. August 2014.
  14. a b Björn Hengst: Modellautoaffäre: Staatskanzleichefin auf Abruf. In: Der Spiegel. 10. August 2014, abgerufen Format invalid.
  15. Dietrich Mittler: Die Frage nach dem Wann. In: Süddeutsche Zeitung. 9. Juni 2014, abgerufen am 10. August 2014.
  16. a b Strafanzeige gegen Christine und Hubert Haderthauer. ingolstadt-today.de, 29. Mai 2013, abgerufen am 10. August 2014.
  17. a b Haderthauer vor dem Aus? Kleine Autos, große Krise. Bayerischer Rundfunk, 8. August 2014, abgerufen am 10. August 2014.
  18. a b c d Dietrich Mittler: Ehemalige Geschäftspartner kritisieren Haderthauer. Süddeutsche Zeitung, 7. August 2014, abgerufen am 11. August 2014.
  19. a b c Frühere Geschäftspartner widersprechen Haderthauer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 7. August 2014, abgerufen am 8. August 2014.
  20. Opposition fordert Unterschungsausschuss. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 31. Juli 2014, abgerufen am 10. August 2014.
  21. Steuerfahndung ermittelt gegen Haderthauer. In: Handelsblatt. 7. August 2014, abgerufen am 12. August 2014.
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