Das Parfum
Das Parfum ist der Titel eines Romans von Patrick Süskind (* 26. März 1949). Der Untertitel lautet: Die Geschichte eines Mörders. Der Roman erschien 1985 (Zürich: Diogenes-Verlag), ca. 319 Seiten. ISBN 3257228007. Im Jahr 2005 wurde das literarische Werk von Tom Tykwer für das Kino verfilmt, siehe Das Parfum (Film).
Inhalt
Am 17. Juli 1738 wird Jean-Baptiste Grenouille in Paris geboren. Sein Leben beginnt in einem stinkigen Haufen von Fischabfällen. Dort überlässt ihn seine Mutter, wie schon ihre 4 Kinder zuvor, sich selbst und damit dem sicheren Tod. Grenouilles durchdringendes Schreien macht Passanten auf den Säugling aufmerksam, das Kind wird gerettet und die Mutter wegen vierfachen Kindsmordes hingerichtet. Das Baby wird von Amme zu Amme weitergereicht, denn niemand will das überaus gierige Kind ernähren, das „nicht riecht, wie Kinder riechen sollen“. Schließlich landet Grenouille bei Madame Gaillard, einer Frau, die sich ihr Geld mit Kinderaufziehen verdient. Sie verschmäht den Jungen nicht, da sie seit ihrer Kindheit keinen Geruchssinn mehr hat. Der Junge wächst gut auf, er kann ohne Liebe auskommen und auch schlechtes Essen macht ihm nichts aus. Bereits hier können in seinem Verhalten erste Ansätze seiner besonderen Begabung im Bereich der Düfte erkannt werden.
Mit acht Jahren kommt Grenouille zu einem Gerber. Er überlebt die Arbeit mit den giftigen Substanzen, was für seine Zähheit spricht. In seiner Freizeit sucht der Junge in der ganzen Stadt nach Düften. Einmal nimmt er einen ihm völlig unbekannten, anziehenden Duft war. Er geht ihm nach und findet schließlich ein Mädchen, welches ihn ausstößt. Er bringt das Mädchen um, um ihren Geruch in sich aufzusaugen und zu verwahren. Als er eines Abends Lederhäute zum Parfumeur Baldini bringen soll, demonstriert er diesem auf eindrückliche Weise seine Fähigkeiten im Umgang mit Düften. Baldini lässt sich überzeugen und nimmt Grenouille in die Lehre. Der Junge mischt immer neue, exzellentere Parfums zusammen und macht Baldini zu einem reichen Mann. Gleichzeitig lernt Grenouille viele Verfahren und Techniken kennen, die ihm beim Herstellen von Düften helfen. Doch als er versucht, die in seinem Innern existierenden Düfte real herzustellen, versagt die ihm bekannte Technik der Destillation. Diese Erfahrung trifft ihn sehr hart und er wird todkrank. Als er auf dem Sterbebett liegend erfährt, dass es noch andere Duftgewinnungsverfahren als das Destillieren gibt, wird er in kurzer Zeit wieder gesund.
Drei Jahre später erhält Grenouille den Gesellenbrief und verlässt Paris. Je mehr er aufs Land hinaus kommt, desto mehr ekelt ihn der Menschengeruch an. Schließlich findet er auf einem Vulkanberg, dem Plomb du Chantal, eine Höhle, wo ihm der Menschengeruch am entferntesten scheint. Sieben Jahre lebt er an diesem Ort, berauscht sich an den Düften, die er fest in seinem inneren „Palast der Düfte“ verschlossen hat. Eines Tages erwacht er aus einem Albtraum, in dem er sich selbst in seinem Duft ersticken sieht. Er stellt fest, dass er selbst keinen Eigengeruch hat und macht sich noch am selben Tag auf den Weg in bewohntes Gebiet. Als er eine Stadt erreicht, behauptet er, sieben Jahre von Räubern in einem Erdloch gefangen gehalten worden zu sein. Ein Forscher diagnostiziert eine Erdgasvergiftung und will seine Theorie vor der Öffentlichkeit präsentieren. Er macht mit Grenouille eine „Revitalisierungskur“. Dieser täuscht einen Ohnmachtsanfall vor, welcher angeblich vom Parfum des Marquis ausgelöst wurde. Daraufhin darf Grenouille sein eigenes Parfum mischen. Mit primitiven Mitteln immitiert er einen gewöhnlichen Menschenduft. Bald stellt er fest, dass das Parfum ihm zu Akzeptanz in der Gesellschaft verhilft. Aber er will nicht nur beachtet werden, er will Macht über die Menschen haben. Er macht sich aus der Stadt auf den Weg nach Grasse, seinem eigentlichen Ziel. Bei Madame Arnulfi und ihrem Gesellen lernt er neue Verfahren der Duftgewinnung kennen.
Nach einiger Zeit gibt es Aufregung in der Stadt. Ein Frauenmörder treibt sein Unwesen. Er mordet sogar in den Häusern und hinterlässt die Opfer nackt und mit geschorenen Köpfen. Nach 24 Morden tritt für einige Zeit Ruhe ein. Antoine Richis, ein reicher Kaufmann, durchschaut das System der Morde und erkennt, dass seine Tochter Laure die Nächste sein wird. Er flieht mit Laure, aber Grenouille nimmt die Witterung auf. Schließlich bringt er Laure in einem Gasthof um. Doch Grenouille kann aufgrund von Zeugenaussagen identifiziert werden. Als Motiv gibt er an, die Mädchen „gebraucht“ zu haben, mehr bringt man auch durch Folter nicht aus ihm heraus. Am Hinrichtungstag warten Tausende gespannt auf das Spektakel. Doch als Grenouille auftritt, wird er plötzlich von allen geliebt und verehrt,vergessen ist der vorherige Tag, an dem die Leute seinen Tod sehen wollten. Der Grund dafür ist das aus den Frauendüften hergestellte Parfum, welches ihn wie eine göttliche Aura umgibt. Grenouille wird begnadigt und Richis will ihn sogar adoptieren. Aber die Erfahrung der Macht hat Grenouille nicht glücklich gemacht und er beschließt, nach Paris zurückzukehren. In der Stadt wird er in einem kannibalischen Akt von einer Horde " ziehender Leute" aufgegessen, nachdem er sich mit seinem Duftdiadem über und über besprenkelt hat.
Stil und Interpretationen
Indem Süskind seine Hauptfigur alle möglichen Stationen durchlaufen lässt, bei denen er andere Menschen trifft und mit der Gesellschaft in allen ihren Varianten konfrontiert wird, schafft er einen spannenden Roman. Vor allem entwickelt Süskind durch den Kontrast von Grenouille gegen die übrige Welt eine ebenso amüsant zu lesende, wie beißende Kritik der Doppelmoral des modernen Lebens. Das Buch interessiert sich nicht nur für die Zustände im vorrevolutionären Frankreich, sondern ist auch eine Parodie auf die bürgerliche Gesellschaft von heute. Die verschiedenen angeführten wissenschaftlichen Arbeiten zur Extraktion der Düfte sind auch ein wesentlicher Teil des Romans, deshalb wirkt das Ganze wirklichkeitsnäher.
Anspielungen
- Die Szene, in welcher Grenouille sich in der Höhle seine eigene „Duftwelt“ erschafft, ist vom Textstil her eine starke Anspielung auf den biblischen Schöpfungsbericht und soll Grenouilles Grössenwahn (wird als Atheist mit Gott gleichgestellt) verdeutlichen.
- Als Grenouille vom Marquis de la Taillade-Espinasse dem (meist wissenschaftlichen) Publikum vorgestellt wird, geschieht dies in der gleichen Art, wie seinerzeit John Merrick (Der Elefantenmensch) einem ähnlichen Publikum vorgestellt wurde.
- Die Intention und teilweise auch die Ausführung seiner späteren Morde in Grasse erinnert stark an die Morde Buffallo Bills in Thomas Harris Das Schweigen der Lämmer. Auch hier möchte sich der Mörder aus der Haut junger Mädchen, ohne primär sexuelle Absicht an den Mädchen selbst, ein Gewand erschaffen – auf Grenouille bezogen ein rein olfaktorisches.
- Hinrichtungsszene: Grenouille soll hingerichtet werden, jedoch gelingt es ihm auf Grund des Parfums die Masse der Zuschauer zu verführen; Dies ist eine Anspielung auf den Propagandaminister der NS-Zeit Dr. Joseph Goebbels der in seinen Reden (Sportpalastrede) die deutschen Massen verführt hat, sodass er befiehlt und sie ihm folgen. So auch schafft es Grenouille in der Szene die Massen zu verführen. Um diese Theorie zu verstärken, weisen die Textseiten 299 (Und dann geschah ein Wunder) bis 314 darauf hin, dass die Massen, wie auch in damals in der Nachkriegszeit, nicht offen über das Thema sprachen, sondern sich im Kämmerlein für ihr Tun schämten.
Der Film
Im Jahr 2005 wurde Patrick Süskinds Roman für die Leinwand adaptiert. Für die Regie wurde der Deutsche Tom Tykwer verpflichtet, in der Hauptrolle des Grenouille agiert der eher unbekannte Brite Ben Whishaw. In weiteren Rollen sind u. a. Dustin Hoffman, Alan Rickman, Rachel Hurd-Wood und Corinna Harfouch zu sehen (siehe Das Parfum (Film)).
Anspielungen:
Der letzte Abschnitt des 26. Kapitels stellt eine deutliche Anspielung auf Eichendorffs "Mondnacht" dar. Dort heißt es: "Und meine Seele spannte / weit ihre Flügel aus / flog durch die stllen Lande / als flöge sie nach Haus". Die Stimmung, die in der erwähnten Passage bei Süskind beschrieben wird, sowie die Schlüsselwörter "weitausgespannte Flügel", "Seele", "nach Haus" erinnern sehr stark an das erwähnte Gedicht des Romantikers Eichendorff.
Sonstiges
Der sehr medienscheue Autor Patrick Süskind zögerte lange, die Filmrechte für Das Parfum zu verkaufen. Diese Thematik wird in Helmut Dietls Film Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief (1997), bei dem Süskind auch als Co-Autor beteiligt war, aufgegriffen.
Der Song „Scentless Apprentice“ der Grungeband Nirvana basiert zum Teil auf diesem Roman, ebenso wie "Du riechst so gut" der deutschen Band Rammstein.
Weiterhin war Süskind neben Dietl als Drehbuchautor für den Kinofilm „Vom Suchen und Finden der Liebe“ (2004/2005) tätig.