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Faltrad

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Klassisches Klapprad der 70er Jahre

Ein Faltrad, auch bekannt als Klapprad, ist ein Fahrrad mit meist kleinen Rädern, das über konstruktive Vorrichtungen wie Scharniere, Kupplungen und/oder Schnellspanner verfügt, die es erlauben, das Rad schnell und einfach auf ein so geringes Packmaß zusammenzufalten oder zu zerlegen, dass es als Gepäckstück in einem anderen Verkehrsmittel mitgenommen werden kann. Mit dem Faltrad kann der Benutzer also Mobilitätslücken auf dem Weg von und zu öffentlichen Verkehrsmitteln (wie z.B. der Bahn) überbrücken.

Der Gebrauch des Begriffs "Faltrad" anstelle von "Klapprad", der sich seit den 80er-Jahren zunehmend durchgesetzt hat, dokumentiert vor allem den Versuch der Hersteller, sich mit höherwertigen Produkten von den "Klapprädern" der 1960er und 1970er Jahre zu distanzieren, die oft schlecht zu fahren und unhandlich waren. Unter modernen Falträdern gibt es dagegen Modelle, die sich in ihren Fahreigenschaften mit Touren- und Sporträdern vergleichen lassen.

Technische Aspekte

Scharnier mit senkrechter Achse

Für den Faltvorgang kommen verschiedene Verfahren infrage:

  • Scharnier mit meist senkrechter Achse etwa in der Mitte des Rahmens
  • Zerlegen des Rahmens etwa in der Mitte
  • parallelogram- oder schirmartiges Zusammenfalten des Rahmens
  • Umklappen des Hinterbaus nach vorne
  • Zusammenschieben von Teilen wie Sattelstütze/Sattelrohr
  • Umklappen von Teilen wie Sattelstütze und Lenker

In der Regel werden mehrere dieser Verfahren bei einem Modell kombiniert.

Um die Nachteile des Rollverhaltens kleiner Räder auszugleichen, verfügen einige moderne Falträder über eine Federung des Hinterbaus oder eine Vollfederung.

Geschichte

Der Brite William Grout entwickelte das erste Falt- bzw. Zerlegerad und ließ es 1878 patentieren. Es war ein Hochrad mit Vollgummireifen, dessen Vorderrad sich in vier radiale Segmente zerlegen ließ, die mit dem gefalteten Rahmen Platz in einem dreieckigen Koffer fanden.

1896 wurde das "Faun" patentiert, ein Sicherheitsrad mit Diamantrahmen (die Urform des modernen Fahrrads), dessen Rahmen in der Mitte um eine senkrechte Achse gefaltet werden konnte - bis heute das am weitesten verbreitete Verfahren bei Falträdern.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts zeigte das europäische Militär Interesse an Falträdern und veranlaßte die Entwicklung verschiedener Modelle. Beispiele sind die zerlegbare Variante des "Dursley Pedersen", Schweizer Armeefalträder oder das holländische "Fongers" von 1909, dessen Besonderheit die erstmalige Verwendung kleiner Laufräder (ca. 16") ist. Im Zweiten Weltkrieg entwickelte BSA das "Folding Military Bicycle" für die britische Armee, das zeitweise auch Fallschirmspringer mit sich führten, um schneller den Landeplatz verlassen zu können. Aus diesem Rad entstand das heute wieder gebaute "Galaxe" für zivile Fahrer.

Klapprad Panther

Im zivilen Bereich gab es in den 1920er bis 1940er Jahren diverse kleinrädrige Falträder wie das französische "Petit Bi", das in seiner letzten Bauform schon große Ähnlichkeiten mit den Falträdern der 1970er Jahre aufwies.

Eine herausragende Rolle in der Entwicklung von Falt- und Zerlegerädern spielt das "Moulton Stowaway" vom Beginn der 1960er Jahre. Ursprünglich weniger als Faltrad sondern vor allem als bessere Alternative zum mittlerweile traditionellen Fahrrad mit Diamantrahmen und 28"-Rädern gedacht, verfügte es über einen steifen, teilbaren Einrohrrahmen mit tiefem Durchstieg, 16"-Felgen mit schmalen Hochdruckreifen und als erstes Fahrrad über eine Vollfederung mit Gummielementen (Alex Moulton hatte auch die Gummifederung des "Austin Mini" entwickelt). Auf diese Weise verband es Schnelligkeit, Wendigkeit und Fahrkomfort in bis dahin unbekannter Weise.

Das "Moulton Stowaway" und seine Nachfolgemodelle waren international sehr erfolgreich und stilprägend und lösten damit die "Klappradwelle" aus, in deren Folge praktisch jeder Hersteller ein Faltrad im Programm hatte. Dabei handelte es sich in der Regel aus Kostengründen um sehr einfache Nachahmungen mit zu kurzem Radstand und instabiler Rahmenkonstruktion, ohne Federung, aber mit breiten Niederdruckreifen als Ersatz. Das daraus resultierende schlechte Fahrverhalten dieser Nachahmermodelle brachte schließlich alle Falträder und kleinrädrigen Fahrräder derart in Verruf, dass die "Klappradwelle" schon Ende der 1970er Jahre zusammenbrach. Auch die Herstellung des mittlerweile von Raleigh hergestellten "Moulton" wurde 1974 eingestellt.

Dennoch gab es auch in den 1970er Jahren Neuentwicklungen wie das besonders leichte "Bickerton" des Flugzeugingenieurs Harry Bickerton, das 1970 mit einem Aluminiumrahmen ohne Schweißstellen auf den Markt kam und bis 1992 gebaut wurde.

Ebenfalls in den 1970er Jahren begann die Entwicklung des "Brompton" durch Andrew Ritchie, das seit 1986 hergestellt wird. Es zeichnet sich vor allem durch eine sehr kurze Faltzeit und ein sehr geringes Faltmaß aus. Das Gelenk des ähnlich wie beim Moulton gefederten Hinterbaus wird dabei auch für den Faltvorgang genutzt.

Alex Moulton konstruierte seit 1976 ein Nachfolgemodell des "Moulton", das 1983 unter dem Namen "Moulton AM" auf den Markt kam. Ebenso wie die Vorgängermodelle verfügt es über Hochdruckreifen und Vollfederung. Wirklich neu war die Rahmenkonstruktion, ein kompliziertes, in der Mitte teilbares, aus Dreiecken zusammengesetztes Rohrgitter von größter Steifheit (Space Frame).

Seit Ende der 1980er Jahre hat sich die in den USA von David Hon gegründete Firma Dahon zum größten Anbieter von Falträdern entwickelt - sowohl was die Anzahl der Modelle, als auch was die Stückzahl betrifft.

Mitte der 1990er Jahre entwarfen Heiko Müller und Markus Riese das "Birdy", ein vollgefedertes Faltrad mit Aluminiumrahmen, dessen Federungsgelenke an Vorder- und Hintergabel gleichzeitig als Faltgelenke dienen.

Die Faltrad-Benutzer

Falträder waren bisher noch kein Modetrend (wie etwa Kickboards oder Microscooter). Die Benutzer und Benutzerinnen von Falrädern sind kaum einer bestimmten Gesellschafts- oder Altersgruppe zuzuordnen. Jugendliche sind eher unterrepräsentiert, wohl auch wegen den teilweise hohen Preisen und dem eher geringen Bekanntheitsgrad. Die meisten Faltradfahrer haben sich schon lange mit Fahrrädern beschäftigt. Meist sind es passionierte Radfahrer, die das Fahrrad als Hobby und Transportmittel im Alltag betrachten und auch beim Pendeln mit Bus und Bahn nicht darauf verzichten wollen. Viele sind auch an anderen Spezialrädern interessiert und besitzen mehrere Fahrräder (Liegeräder, Tandems usw.), weshalb die Spezialradmesse in Germersheim auch ein großer Treffpunkt für Faltrad-interessierte ist. Radsportler sind dagegen eher selten, zwischen der Mountainbike- bzw. Rennradszene und der Faltradszene scheint es praktisch keine Überlappungen zu geben.

Preiswerte Falt- und Klappräder finden ihre Käufer dagegen oft bei Campern und Seglern, die ein kompaktes und leicht zu transportierendes Fahrrad für Kurzstrecken wollen und zugunsten eines niedrigen Preises auf Komfort verzichten.

Seit 2003 gibt es in Deutschland in mehreren Städten organisierte Faltrad-Touren, in Anlehnung an den britischen "Origami Ride" Origami-Tour genannt. Außerdem gibt es ein jährliches Treffen auf der Spezialradmesse, siehe http://www.bromptonauten.de/treffen/germersheim.html .

Siehe auch

Literatur