Otto Meissner
Otto Meißner (* 13. März 1880 in Bischweiler, heute Bischwiller im Elsass; † 27. Mai 1953 in München) war während der gesamten Weimarer Republik und darüber hinaus "Leiter des Büros des Reichspräsidenten", unter Friedrich Ebert, Paul von Hindenburg und schließlich Adolf Hitler.
Sein Sohn ist der bekannte deutsche Reiseschriftsteller Hans-Otto Meissner.
Leben
Meißner, Sohn eines Postbeamten, studierte von 1898 bis 1903 Jura in Straßburg, wo er auch Mitglied der Straßburger Burschenschaft Germania (heute "Alte Straßburger Burschenschaft Germania" zu Tübingen) wurde, und Berlin, promovierte 1902 zum Dr. jur., leistete 1903/04 seinen Militärdienst ab und trat 1906 als Gerichtsassessor in den elsass-lothringischen Justizdienst ein. Er ging 1908 in den Verwaltungsdienst als Regierungsassessor bei der Kaiserlichen Generaldirektion der Eisenbahnen in Elsass-Lothringen und Luxemburg über. In den Jahren 1915 bis 1917 nahm Meißner am Ersten Weltkrieg teil. Bis 1919 war er dann eher hinter der Front aktiv, zuerst in Bukarest, dann in Kiew und schließlich als deutscher Geschäftsträger bei der ukrainischen Regierung.
Dank seiner guten Kontakte wurde Meißner 1919 Vortragender Rat im Büro des Reichspräsidenten Friedrich Ebert und stieg 1920 zum Ministerialdirektor und Leiter des Büros des Reichspräsidenten auf. 1923 ernannte ihn Ebert zum Staatssekretär.
Diese Funktion bekleidete er auch unter Paul von Hindenburg.
Als Hitler nach Hindenburgs Tod 1934 auch die Funktionen des Staatsoberhaupts übernahm, wurde das Büro 1935 in "Präsidialkanzlei" umbenannt und auf Zuständigkeiten in repräsentativen und formellen Angelegenheiten beschränkt. Meißner wurde im Jahr 1937 zum "Staatsminister im Rang eines Reichsministers und Chef der Präsidialkanzlei des Führers und Reichskanzlers" ernannt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Meißner am 23. Mai 1945 von den Alliierten verhaftet und als Zeuge in den Nürnberger Prozessen vernommen. Im Juli 1947 trat er als Entlastungszeuge für den angeklagten früheren Staatssekretär Franz Schlegelberger auf.
1949 wurde er schließlich im so genannten "Wilhelmstraßen-Prozess" selbst angeklagt und am 14. April 1949 freigesprochen. Kurz darauf, im Mai 1949, wurde er im Münchener Spruchkammerverfahren angeklagt und als Belasteter eingestuft. Die Berufung wurde verworfen, das Verfahren im Januar 1952 eingestellt.
1950 veröffentlichte er seine Erinnerungen an seine ungewöhnliche Beamtenlaufbahn unter dem Titel "Staatssekretär unter Ebert, Hindenburg und Hitler".
Bedeutung
Meißner, der in den Jahren 1919 bis 1939 mit seiner Familie im Palais des Reichspräsidenten wohnte, hatte ohne Zweifel großen Einfluss auf die Reichspräsidenten, insbesondere auf Hindenburg. Zusammen mit Kurt von Schleicher und einigen anderen betrieb er in den Jahren 1929 und 1930 die Ablösung des parlamentarischen Systems durch ein bürgerliches Präsidialkabinett.
Seine Rolle bei der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler im Dezember 1932/Januar 1933 wird von Historikern in der Literatur kontrovers diskutiert. Als Mitglied der Kamarilla ist sein Einfluss als Staatssekretär durch die große Nähe zum Reichspräsidenten Paul von Hindenburg sicher nicht gering gewesen: Gemeinsam mit Oskar von Hindenburg und Franz von Papen organisierte er die Verhandlungen mit Hitler zur Absetzung Kurt von Schleichers und zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Auf der Seite der NSDAP wurden die Gespräche in die Wege geleitet durch den Bankier Kurt Freiherr von Schröder (ein ehemaliger Offizier, Leiter des Herrenklubs in dem auch Papen verkehrte), Wilhelm Keppler und Joachim von Ribbentrop. Weder Hitler noch Paul von Hindenburg wären Ende 1932 direkt aufeinander zugegangen - zu groß waren die persönlichen Abneigungen.
1933 bat er um seinen Abschied, dieser wurde ihm jedoch verweigert. Daraufhin übernahm er vor allem repräsentative Aufgaben. 1937 wurde er in den Rang eines Reichsminister erhoben, sein Titel lautet jetzt „Chef der Präsidialkanzlei des Führers und Reichskanzlers“. Politisch war sein Einfluss im NS-Regime eher unbedeutend.
Werke
- 1919 Die Reichsverfassung Das neue Reichstaatsrecht für den praktischen Gebrauch / dargest. von Otto Meissner / Berlin / Hobbing 1919
- 1921 Das neue Staatsrecht des Reichs und seiner Länder / Otto Meißner / Berlin / Reimar Hobbing 1921
- 1922 Grundriß der Verfassung und Verwaltung des Reichs und Preußens nebst Verzeichn. d. Behörden u. ihres Aufgabenkreises / Otto Meißner / Berlin / F. Vahlen 1922
- 1923 Das Staatsrecht des Reichs und seiner Länder / Systemat. dargest. von Otto Meißner / 2., neubearb. Aufl. / Berlin / Reimar Hobbing 1923
- 1935 Staats- und Verwaltungsrecht im Dritten Reich / Otto Meißner / Georg Kaisenberg / Berlin / Verl. f. Sozialpolitik, Wirtschaft u. Statistik 1935
- 1941 Deutsches Elsaß, deutsches Lothringen Ein Querschnitt aus Geschichte, Volkstum u. Kultur / Hrsg. v. Otto Meißner / Berlin / Stollberg 1941
- 1941 Elsaß und Lothringen deutsches Land / Hrsg. v. Otto Meißner / 1.-20. Tsd. / Berlin / O. Stollberg 1941 (3. Aufl. Berlin O. Stollberg 1942 und 4. Aufl. Berlin Stollberg 1943)
- 1950 Staatssekretär unter Ebert, Hindenburg Hitler Der Schicksalsweg d. deutschen Volkes von 1918 – 1945, wie ich ihn erlebte / Otto Meissner / Hamburg / Hoffmann & Campe 1950 (3. Aufl. Hamburg Hoffmann & Campe 1951)
- 1991 Ebert, Hindenburg, Hitler Erinnerungen eines Staatssekretärs 1918 - 1945 / Otto Meissner / Überarb. Neuaufl. Esslingen / München / Bechtle 1991 (Lizenzausg. des Hoffmann-und-Campe-Verl., Hamburg)
Literatur
Zur Rolle als Staatsekretär während der Weimarer Republik:
- Karl-Dietrich Bracher, „Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie“, ISBN 3-7610-7216-3
- Heinrich-August Winkler, „Weimar. 1918-1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie“, ISBN 3-4064-4037-1
Aus den zeitgeschichtlichen Werken seines Sohnes:
- 1956 Meissner, Hans-Otto: Völker, Länder und Regenten / 1. Aufl. / Gießen / Brühl 1956
- 1957 Meissner, Hans-Otto / Wilde, Harry: Die Machtergreifung / Stuttgart / Cotta 1957
- 1976 Meissner, Hans-Otto: 30. [Dreissigster] Januar '33 [dreiunddreissig] / Esslingen / Bechtle 1976
- 1988 Meissner, Hans-Otto: Junge Jahre im Reichspräsidentenpalais / Esslingen / Bechtle 1988
- 1990 Meissner, Hans-Otto: In stürmischer Zeit / Esslingen / Bechtle, 1990
Zur Biographie:
Weblinks
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- Achtung: Es gibt mehrere Autoren dieses Namens
Personendaten | |
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NAME | Meißner, Otto |
KURZBESCHREIBUNG | Leiter des Büros des Reichspräsidenten |
GEBURTSDATUM | 13. März 1880 |
GEBURTSORT | Bischweiler, Elsass |
STERBEDATUM | 27. Mai 1953 |
STERBEORT | München |