Heimcomputer
"Heimcomputer" war eine in den 1980er Jahren gebräuchliche Bezeichnung für Computer, die vor allem privat genutzt wurden. Obwohl Heimcomputer als persönliche Rechner der Definition eines Personal-Computers entsprachen und von den Herstellern teils auch als solche bezeichnet wurden, waren sie in Preis und Ausstattung vor allem auf den privaten Anwender und auf die Verwendung für Unterhaltungszwecke zugeschnitten. Der Begriff Heimcomputer wurde in den 1980er Jahren daher vorwiegend zur Unterscheidung vom teureren, vorwiegend geschäftlich eingesetzten Personal-Computer gebraucht.
Die Entwicklung der Heimcomputer ging dabei einher mit der Entwicklung der Spielkonsolen und Computerspiele. Zu einigen Heimcomputermodellen gab es sogar technisch fast identische Geräte als Spielkonsole, welchen nur die Tastatur fehlte.
Die Anfänge
Die Anfänge der Heimcomputer liegen in den 1970er Jahren, als von einigen kalifornischen Firmen Bausätze für kleine Computer an Hobby-Elektronikbastler vertrieben wurden (zum Beispiel für den Altair 8800). Die drei ersten Computer für Heimanwender und Kleinbetriebe, die nicht als Bausatz vertrieben wurden, waren der TRS-80 von Radio Shack, einer Ladenkette für Radios und Fernseher in den USA, der Apple II und der Commodore PET 2001. Alle drei wurden im April 1977 auf der Consumer Electronics Show, einer Handelsmesse in Las Vegas, vorgestellt. Als einer der ersten Heimcomputer kam 1980 der ZX-80 von Sinclair in den Handel, 1981, der Nachfolger ZX-81, bald darauf der ZX-Spectrum. Alle drei basierten auf dem Z80 Prozessor von Zilog. Ein weiterer früher Heimcomputer, aber mit dem 6502-Prozessor von MOS Technologies, war der VC20 von Commodore.
Die Technik der ersten Jahre
Als Massenspeicher wurden außerhalb der USA vor allem handelsübliche Compact Cassetten (Audiokassetten) genutzt, teilweise mit speziellen einfachen Kassettenrekordern, im Falle des C64 Datasette genannt, teilweise über gewöhnliche Musik-Kassettenrekorder. Diskettenlaufwerke, gewöhnlich im Format 5¼ Zoll, gab es meist als Zubehör, wobei diese oft den Preis des Grundgeräts erreichten oder übertrafen. In den USA waren sie dennoch verbreiteter als die langsamen und fehleranfälligen Datasetten. Als Bildschirm diente meist der Fernseher statt eines speziellen Computermonitors, weshalb auch von den meisten Heimcomputer-Modellen leicht unterschiedliche PAL- und NTSC-Modelle existierten, je nach der Fernsehnorm des Verkaufslandes. Die Heimcomputer waren meist mit einem Grafikchip und einem Soundchip bestückt und dadurch in der Lage, einfache Grafiken darzustellen sowie Klänge zu erzeugen. Die ersten Heimcomputer nutzten 8-Bit-Prozessoren, zum Beispiel den Z80 oder 6502-Derivate, gegen Mitte bis Ende der 80er Jahre wurden diese von 16-bit-Typen wie dem Motorola 68000 verdrängt. Die Grafik- und Soundfähigkeiten wurden komplexer und der Anschluss von Festplatten und anderer PC-Peripherie wurde möglich.
Betriebssystem und BASIC als Programmiersprache waren oft im ROM gespeichert und bildeten eine Einheit, mussten also nicht beim Start geladen werden, weshalb die meisten Heimcomputer nach dem Einschalten innerhalb weniger Sekunden einsatzbereit sind. Mit MSX wurde der Versuch unternommen, Betriebssystem und BASIC zu standardisieren und einen Programmaustausch zwischen Computern unterschiedlicher Hersteller zu ermöglichen. Der MSX-Standard war unter anderem in Südamerika und Japan erfolgreich, konnte sich in Deutschland aber nicht durchsetzen.
Die 80er-Jahre
In den Jahren von 1977 bis 1980 beherrschte der Apple II den Markt der so genannten Mikrocomputer in den USA. Sowohl im Büroeinsatz als auch als Heimcomputer war er der führende "Personal Computer". Außerhalb der USA war der Markt für Mikrocomputer damals noch sehr klein, was auch mit den viel höheren Preisen für solche Geräte außerhalb der USA zusammenhing.
IBM dagegen beherrschte den Markt der Großrechner und Abteilungsrechner; lange Zeit hatte die Unternehmensführung den neuen Markt der "Personal Computer" für nicht lukrativ gehalten und vernachlässigt. 1981 änderte sich dies: Innerhalb kürzester Zeit entwickelte IBM auf Grundlage von Standard-Elektronikelementen einen eigenen Personal Computer und warf diesen auf den Markt, den IBM-PC. Nachdem ein Vertrag mit dem damals führenden Anbieter von Mikrocomputer-Betriebssystemen Digital Research scheiterte, wurde auf ein Angebot von Microsoft zurückgegriffen, das MS-DOS.
Die Marktposition von IBM sorgte dafür, dass sich der IBM-PC im Bürobereich schnell durchsetzte - viele Unternehmen wollten ihre Rechnersysteme aus einer Hand beziehen und bestellten ihre PCs daher bei demselben Anbieter, von dem auch ihre größeren Systeme kamen.
Ende 1982 brachte Commodore den C64 als Nachfolger des VC20 auf den Markt. Aufgrund seines im Vergleich mit den "professionellen" Computern wie dem Apple II und dem IBM PC wesentlich günstigeren Preises wurde dieser "Brotkasten" schnell zum meistverkauften Homecomputer aller Zeiten.
Apple konzentrierte sich mittlerweile nach einigen Misserfolgen mit neuen Modellen auf den avantgardistischen Apple Macintosh und errang mit diesem im High-End-Bereich und insbesondere beim Desktop Publishing eine führende Position.
1985 kam mit dem Commodore Amiga und dem Atari ST jedoch bereits eine neue Generation von Heimcomputern auf den Markt, die in der damaligen technologischen Spitzenklasse mitspielte. Beide verwendeten Prozessoren aus der Motorola 68xxx-Serie, die auch im Macintosh eingesetzt wurden, und boten bisher im Heimbereich unbekannte grafische Möglichkeiten. Prozessor- und Speicheraustattung konnten locker mit dem Spitzenmodell der IBM-PC-Serie, dem IBM AT, mithalten. Neu war auch die grafische Benutzeroberfläche. Beim Atari ST lehnte sich das "Look & Feel" stark an den Apple Macintosh an, der Amiga zeigte hier mehr Eigenständigkeit. Windows dagegen steckte damals noch in den Kinderschuhen; kein IBM-PC-Benutzer kam ohne DOS-Kenntnisse aus.
Insbesondere der Atari ST erreichte aufgrund dieser Vorteile in Verbindung mit dem günstigen Preis in Europa bald hohe Verkaufszahlen und wurde auch im professionellen Bereich eingesetzt (Desktop Publishing, Buchhaltung, Sekretariat, Kassencomputer). Durch die eingebauten MIDI-Schnittstellen eroberte er sich aber vor allem eine führende Stellung im Musikbereich.
Etwa zur selben Zeit erschienen auch der erste Archimedes-Computer des britischen Herstellers Acorn, der auf 32-Bit-RISC-Prozessoren beruhte und damit technologisch seiner Zeit weit voraus war. Er erreichte aber nie eine ausreichende Marktdurchdringung, das Software-Angebot blieb klein. Bereits 1990 musste der Hersteller aufgeben.
Konsolidierung des Marktes
Der Markt für Heimcomputer war Ende der 1980er-Jahre in viele nicht zueinander kompatible Systeme zersplittert. Von Anfang bis etwa Mitte der 1990er Jahre folgte eine Konsolidierungsphase, nach der außer den unter Microsofts Windows-Betriebssystemen laufenden, zum IBM-PC kompatiblen Geräten keine Heimcomputer im engeren Sinne mehr angeboten wurden.
Schon Ende der 80er verschwanden die älteren Systeme vom Markt, die noch auf einer 8-Bit-Architektur beruhten und den neuen 16-Bit Prozessoren mit ihrem größerem Adressraum unterlegen waren.
Klare Sieger waren zunächst die Atari- und Amiga-Systeme. Den beteiligten Firmen unterliefen jedoch einige unternehmerische Fehler - unter anderem durch Vernachlässigung des US-Markts und erfolglose Konzentration auf den europäischen Markt -, die sie letztlich in die Verlustzone führten und eine Weiterentwicklung der Technologie verhinderten.
Damit hatte sich der IBM-PC durchgesetzt, der
- vom Apple II Heimcomputer die Idee des offenen Systems übernommen hatte, d.h. man konnte diese Systeme dank vorhandener freier Slots durch Erweiterungskarten (z.B. Grafikkarten, Soundkarten) aufrüsten. Die Konkurrenzprodukte setzten dagegen meist auf Komplettsysteme mit nur wenigen Erweiterungsmöglichkeiten.
- dank offener technischer Spezifikationen von vielen Drittherstellern günstig und/oder besser nachgebaut wurde, wie schon vorher beim Apple II auch; im Gegensatz zum Apple II waren diese Nachbauten auch legal, was den Einsatz der Nachbauten auch in Unternehmen förderte.
- durch die Marktmacht von IBM schnell einen großen Marktanteil im Office-Anwendungsbereich erzielt hatte; dadurch waren viele Software-Hersteller daran interessiert, professionelle Software für dieses System anzubieten. Das breite Angebot von Anwendungen für Büro und Heim war auch schon beim Apple II Grundlage des Erfolgs gewesen.
Nachdem Microsoft Anfang der 1990er nicht nur den Rückstand der Windows-Oberfläche gegenüber den Betriebssystemen der Atari- und Amiga-Systeme aufholen konnte, sondern gleichzeitig offensiv die Entwicklung von Spielen für das eigene Betriebssystem forcierte und Hardware-Hersteller bei der Entwicklung von Grafik- und Sounderweiterungen förderte, die die auf dem IBM-PC basierenden "Personal Computer" zu attraktiven Unterhaltungsgeräten machten, wurde Windows schnell zum beliebtesten Betriebssystem für Heimcomputer.
Dadurch wiederum wurde die Marktmacht von Microsoft stark genug, dass auch die Versuche von IBM und anderen Hardware-Herstellern, durch die Entwicklung eigener Betriebssysteme unabhängiger zu werden, scheiterten; OS/2 und andere Neuentwicklungen erreichten nie den Heimcomputer-Markt, der mittlerweile ebenso bedeutend für die Weiterentwicklung des PC-Bereiches geworden war wie die Anwendung als Bürocomputer.
Siehe auch
Weblinks
- Heimcomputergeschichte
- Größtes deutsches virtuelles Computermuseum
- http://www.homecomputermuseum.de
- Verein zum Erhalt klassischer Computer e.V.
- 8-Bit-Nirvana 8-Bit-Community mit einer Ausstellung von Heimcomputern und Videospielen inkl. Forum und Flohmarkt
- Kleincomputer in der DDR