Diskussion:Karl Kraus
Zitat: "zur Ehrenrettung von Karl Kraus: Behauptung er sei ein Journalist gewesen entfernt" Was soll das denn heissen: ist Journalist zu sein etwa unehrenhaft? So hat wohl F. J. Strauss gesprochen! Ratten und Schmeissfliegen - waren für ihm die Journalisten, sind wir heute etwa schon wieder so weit? Man kann etwas tun und trotzdem es auch kritisch sehen!! Natürlich war Karl Kraus sogar ein hervorragender Journalist, in aller Ehre! -- Ilja Lorek 14:09, 29. Apr 2003 (CEST)
- Da sind Sie halt anderer Meinung als Karl Kraus. Für ihn war es alles andere als ehrenhaft, ein Journalist zu sein. Zwar vergleicht er Journalisten nicht mit "Ratten und Schmeissfliegen", aber immerhin (s.u.) mit Maden. Er verstand sich nicht als Kritiker des Hetzjournalismus, sondern des Journalismus.
Es gibt dazu eine schöne Geschichte, die er selbst erwähnt (leider habe ich sie im Moment nicht in der Fackel gefunden): Ein (amerikanisches?) Literaturlexikon hat ihm den vorgeschlagenen Beitrag über ihn zugeschickt. In dem hieß es sinngemäß, daß er die Auswüchse der Presse bekämpfe. Er liess "die Auswüchse der" streichen und durch "die" ersetzen ... (Wäre schön, wenn jemand den Nachweis und genauen Text finden könnte.)
- Gefunden. In dem wunderbaren Stück "Grubenhund und Hakenkreuz" (852:29 ff). Ich bilde mir aber ein, noch an einer anderen Stelle davon gelesen zu haben. Wenn jemand davon weiß ...
Wenn man irgendeinen Zweifel darüber hat, was Karl Kraus vom Journalismus und Journalisten hält, sollte man die Zeilen Kierkegaards nocheinmal lesen, die Karl Kraus 1916 zustimmend und im Sperrdruck (hier deshalb fett) zitiert:
- Gott im Himmel weiß: Blutdurst ist meiner Seele fremd, und eine Vorstellung von einer Verantwortung vor Gott, glaube ich in furchtbarem Grade zu haben; aber dennoch, dennoch wollte ich im Namen Gottes die Verantwortung auf mich nehmen, Feuer zu kommandieren, wenn ich mich nur zuvor mit der ängstlichsten, gewissenhaftesten Sorgfalt vergewissert hätte, daß sich vor den Gewehrläufen kein einziger anderer Mensch, ja auch kein einziges anderes Wesen befände als - Journalisten. (418:1)
Ein paar Zitate von Karl Kraus zum Journalismus:
- Die Finnen sagen: Ohne uns gäb's keinen Schinken!
- Die Journalisten sagen: Ohne uns gäb's keine Kultur!
- Die Maden sagen: Ohne uns gäb's keinen Leichnam! (294:26)
- Der Journalismus ist ein Terminhandel, bei dem das Getreide auch in der Idee nicht vorhanden ist, aber effektives Stroh gedroschen wird. (360:17)
- Feuilletonisten und Friseure haben gleich viel mit den Köpfen zu schaffen. (267:41)
- Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können - das macht den Journalisten. (281:29)
- Der Journalist
- Warum er just diesen Beruf gewählt hat?
- Weil er alle andern verfehlt hat. (588:88)
- Die Zeitung
- Ein Wust von Wahnsinn, Höllenschlünde klaffen,
- das Wort ist leer und es gebärt die Tat,
- Gebild aus Zufall und Naturverrat.
- So ward das Chaos aus der Welt erschaffen. (697:72)
Das mag alles stimmen, nur ein Zeitungkorrenspondent ist in der Regel ein Journalist auch wenn er sich lieber anders nennt, dies gibt es in vielen Varianten, das macht den Karl Kraus nicht kleiner, aber ich will ihn auch postum nicht kränken, Künstler sollen auch die Freiheit haben, sich so zu nennen, wie es ihnen gefällt, Adolf Loos, der Freund von Karl Kraus, wollte auch immer mehr ein Lebensreformer werden, kämpfte zeitlebens mit seinen Schriften, Zeitschrifen und Vorträgen und ist trotzdem vor allem ein Architekt für uns geblieben, ein hervorragender Architekt sogar! Worte sind Hülsen und nicht immer ist in der Schale das, was draussen auf der Etikette steht! Die Katastrophe des Weltkrieges habe sich damals - wie heute - schon vor dem ersten Schuss in den Worten und Schlagzeilen angezeichnet, denn am Anfang von so manchen Mord war ein böses Wort!.
Das kann man und muss man den Journalisten immer vorhalten, anderseits gibt es Die Journalisten gar nicht, die einen schiessen ihre Opfer auch so ab, wie die Scharfschützen es zu tun pflegen, die anderen zeigen die Opfer und die Täter und werden dafür erschossen, kein Beruf hat bis heute so viele Gewaltopfer, wie der Journalistenberuf! Auch Karl Kraus selbst ist mehrmals ein Opfer dieser Gewalt geworden und starb nur kurz nach dem letzten Anschlag gegen ihm! -- Ilja Lorek 02:51, 30. Apr 2003 (CEST)
- Ja, eben darum ging es mir: Karl Kraus nicht postum zu kränken, indem man ihn in einer Weise bezeichnet, die er als ehrenrührig empfunden hätte.
- Zur sachlichen Frage, ob Karl Kraus nicht doch Journalist war, obwohl er sich selbst nicht so sah: Natürlich ist ein Zeitungskorrespondent in der Regel ein Journalist. Aber abgesehen von seinen frühen Jahren, vor der Gründung der Fackel, wann hat Karl Kraus als Zeitungskorrespondent gearbeitet? Er hat sicher als Journalist angefangen, aber hat das dann bald aufgegeben.
Am 1. April 1899 gründete er die Zeitschrift Die Fackel, diese sollte nach seinen eigenen Angaben aber keine übliche Zeitschrift sein, sondern vor allem ein Vorabdruck seiner späteren Bücher.
Stimmt das so? Wo und wann hat er selbst das geschrieben? Die ersten Jahre war die Fackel doch eine mit anderen ähnlichen durchaus vergleichbare Zeitschrift. Von Anfang an waren die Beiträge von Karl Kraus in der deutlichen Überzahl, aber er lud Mitarbeiter ein und veröffentlichte auch ungefragt eingesandte Manuskripte. Erst später (1912) und nach der Veröffentlichung der aufgezählten Bücher publizierte er nur noch eigene Texte. Ich denke, der Absatz muß in jedem Fall überarbeitet werden. Ein Nachweis der Stelle(n), wo Kraus selbst sagt, daß die Fackel vor allem ein Vorabdruck seiner späteren Bücher sein solle, wäre hilfreich.
schön wäre das Zitat schräg und ohne HTML. --nerd 13:28, 19. Mai 2003 (CEST)