Verfassungsrecht
Das Verfassungsrecht ist die Regelungsmaterie des Staatsrechts und der Grundrechte. Im Rahmen der Staatennachfolge kommen auch Bestimmungen zum Übergang in Betracht. Insofern gehört das Verfassungsrecht zum öffentlichem Recht, im weiteren Sinne auch zum Staatsrecht.
Regelungscharakter
Eine Verfassung muss nicht zwingend geschriebenes Recht sein, sondern kann sich auch durch gemeines oder Gewohnheitsrecht konstituieren. Im Rahmen des Gesetzmäßigkeitsprinzips sind Verfassungen regelmäßig als Gesetze anzusehen, die auf besondere Art und Weise - durch den pouvoir constituant ("verfassungsgebende Gewalt")-(für das Grundgesetz der Parlamentarische Rat) zustande gekommen sind und in der Normenhierarchie in der Regel die höchste Stufe aufweisen.
Staatsorganisation
In erster Linie wird durch die Verfassung die Staatsgewalt ("pouvoir constitué") gefasst. Daraus folgt die Bedeutung und Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Verfassungsorganen. Rein monarchisch-despotische Verfassungen kennen nur ein Verfassungsorgan, während pluralistische - nicht zwingend demokratische - Verfassungen mehrere Verfassungsorgane besitzen. In Deutschland wird auf den Prinzipien der Demokratie die Gewaltenteilung in den Vordergrund gerückt. Daher sind im Bereich der Legislative die Organe des Bundestages und des Bundesrates zu nennen. Auch die Präsidenten der beiden Kammern sind im Prinzip Verfassungsorgane. Im Bereich der Exekutive ist die Bundesregierung mit dem Bundeskanzler an der Spitze zu nennen. Auch der Bundespräsident als höchster Repräsentant des Staates ("Staatsoberhaupt") ist Verfassungsorgan. Die Judikative ist dagegen nur im Bereich der Bundesgerichte geregelt. Das Grundgesetz überlässt es ansonsten dem Gesetzgeber, Vorschriften über die Gerichtsverfassung der einzelnen Gerichtsbarkeiten zu erlassen, was für die ordentlichen Gerichte mit dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geschehen ist.
Wichtiger Bestandteil des Verfassungsrechtes ist die Kompetenzverteilung und der Vorgang der Gesetzgebung. Insbesondere bei föderativen Staaten, die sowohl die horizontale als auch die vertikale Gewaltenteilung verfassungsrechtlich verankert haben, bedarf es klarer Regelungen im Verhältnis zwischen dem Bundesstaat und den einzelnen Gliedstaaten.
Grundrechte
Die fundamentalen Grundrechte werden in zahlreichen Verfassungen erwähnt. Der bindende Charakter ist jedoch zweifelhaft. So waren die wenigen in der Weimarer Reichsverfassung genannten Rechte nicht bindend für die öffentliche Gewalt. Das Grundgesetz zwingt jedoch sämtliche öffentlichen Gewalten durch Art. 1 Abs. 3 GG zur Beachtung der Grundrechte. Dabei sind die im Grundgesetz genannten Grundrechte nicht abschließend. Insofern wirken auch die Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, die zwar keinen Verfassungsrang einnimmt, aber einfaches Gesetz darstellt, auf die Grundrechtsordnung ein.
Übergangsregelungen und Ewigkeitsklauseln
Die deutsche Verfassung kennt Regelungen, die eigentlich keinen verfassungsrechtlichen Charakter haben, aber aufgrund der Rechtsnachfolge zum Deutschen Reich zwingend aufgenommen werden mussten. Der Ewigkeit einer Verfassung sind durch die gesellschaftliche Entwicklung Grenzen gesetzt. Dennoch hat die deutsche Verfassung Elemente inkorporiert, um die gewaltsame Umwälzung der demokratischen und rechtsstaatlichen Fundamente zu verhindern. So garantiert Art. 79 Abs. 3 die Beständigkeit der Menschenwürde (Art. 1 GG) und des demokratischen, föderalen und sozialen Rechtsstaats (Art. 20 GG). Allein durch einfache Mehrheit aller Deutschen kann nach Art. 146 GG die Verfassung gänzlich vernichtet werden, wenn an ihre Stelle eine neue tritt.
- Anmerkung zu Art 146 -
Art 146
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.'
Demnach verfügt die Bundesrepublik Deutschland über keine gültige Verfassung, da eine solche bislang dem deutschen Volk nicht zur Abstimmung gebracht wurde.
Die Bundesrepublik Deutschland verfügt lediglich über ein Grundgesetz.
Verfassungsgericht
Die gerichtliche Überprüfung durch eine eigenständige Gerichtsbarkeit ("Verfassungsgerichtsbarkeit") ist keineswegs selbstverständlich. Der deutsche Gesetzgeber hat die gerichtliche Überprüfung verfassungsrechtlicher Fragen einer eigenständigen Gerichtsbarkeit unterworfen.
Auf Bundesebene ist dies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), das zugleich ein Verfassungsorgan ist. Auch wenn die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft entfalten können, so ist das BVerfG doch Teil der rechtsprechenden Gewalt (Judikative).
Die Bundesländer haben für ihre Landesverfassungen entsprechend Verfassungsgerichte eingerichtet, die manchmal auch Staatsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof genannt werden.
Siehe auch
Verfassungsgeschichte, Amerikanische Verfassung, Verfassungsbeschwerde, Normenkontrolle, Organstreitigkeit