Neopaganismus
Neopaganismus oder Neuheidentum bezeichnet neuzeitliche Formen des Heidentums.
Überblick
Der Neopaganismus wird von seinen Anhängern als eine Wiederbelebung vorchristlicher Religionen gesehen. Seine Praktizierenden leben zumeist in den westlichen Industrieländern. Zwar gibt es auch indigene Religionen in anderen Ländern, aber das Phänomen der Wiederbelebung von Religionen, die seit Jahrhunderten nicht mehr offiziell praktiziert wurden, in Zusammenhang mit der Selbstbezeichnung als „Heidentum“, nicht. Es gibt eine Reihe von neopaganistischen Gemeinschaften, jedoch praktizieren viele Neuheiden ihre Religion/en alleine und gehören keiner Gemeinschaft an. Auch neue Religionen, die Elemente (wie zum Beispiel ein Pantheon) aus vor- oder nichtchristlichen Glaubensrichtungen verwenden, gehören in die Sparte Neuheidentum, wie beispielsweise teilweise die „neuen“ Hexen. Asatru (aus dem Altnordischen: „den Asen treu“) ist sowohl ein Begriff für nordisch-germanisches Neuheidentum als auch für die eher orthodoxe Richtung dieser Form des Heidentums.
Viele Neuheiden lehnen sich an eine bestimmte Richtung des Heidentums an, etwa:
- Keltische Religion (auch „Neo-Keltismus“)
- Germanische Religion
- altgriechische Religion
Daneben gibt es aber auch Neuheiden, die sich keiner solchen Tradition direkt zurechnen.
Häufige Begründungen und Aspekte des Neopaganismus
- Naturnahe Lebensweise in einer hochtechnisierten Zivilisation
- Schutz von Umwelt und Mitlebewesen
- Erleben der Kräfte der Natur, die sich in Gestalt der Göttinnen und Götter anrufen lassen und auch dem einzelnen Gläubigen erkennbar sind
- Abwendung von einer Priesterreligion, direktes Glaubenserlebnis
- Kein dogmatisches Glaubensbekenntnis, individualisiertes Erleben von Gläubigkeit und Vielfalt gleichberechtigter Kulte
- Weltweite Verbreitung heidnischer Kulte als Glaube an viele Götter, in Europa (germanisches, keltisches, wendisches Heidentum), Afrika, Amerika (zahlreiche indianische Stammesreligionen, unter anderem der Hopi), Asien (Hinduismus, Shintō in Japan u. a.) – Vielfalt in einem Netzwerk weltweit verbreiteter Naturreligionen
- Kritik an dogmatischen und hierarchischen Religionen, unter anderem am Christentum und am Islam
- Betonung der Freiheit des Einzelnen
- Aktive Aufnahme alter Kulturtechniken, Handwerkstätigkeiten etc. im Rahmen des „Reenactment“ bei Wikinger- und Mittelaltermärkten
Das Spektrum der Mitglieder von neuheidnischen Gruppierungen reicht von den in der Boulevardpresse als typisch heidnisch dargestellten (politischen) Extremisten bis hin zu neugierigen Selbsterfahrungs-Seminar-Teilnehmern und esoterischen Sinnsuchern. Viele Mitglieder des Neuheidentums distanzieren sich jedoch von Formen des politischen Extremismus (wie dem Rechtsextremismus). Das Neuheidentum ist sehr vielfältig und heterogen, auch gibt es keine einheitliche, umfassende Organisation oder Institution, in der sich die verschiedenen Religionen vereinigen.
Neopaganismus in der Geschichte
In Deutschland und der Kaiserlich-Königlichen Monarchie gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine neuheidnische Welle. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wuchs die Popularität neuheidnischer Vorstellungen und prägte das Denken vieler späterer Nationalsozialisten.
Besonders Nationalisten waren auf der Suche nach einer Religion aus „besseren Zeiten“. Sie sahen das Neuheidentum als die wahre deutsche Religion. Der wohl bekannteste Vertreter dieser politischen Spielart eines Neuheidentums im Dritten Reich war der spätere SS-Führer Heinrich Himmler, der das Christentum wegen der frühneuzeitlichen Hexenjagd anklagte und meist Juden hierfür die Schuld gab.
Ein moderner Vertreter des politisch rechtsradikalen neuen Heidentums ist der französische Publizist Alain de Benoist.
Gruppierungen
Deutschland
Überregionale Gruppen
allgemeine u. interkultische Gruppen:
- Der Clan vom Steinhain
- Deutsche Heidnische Front
- Keltenhain
- KultURgeister – Dachverband der traditionellen Naturreligionen in Deutschland e.V.
- Pagan Federation D.A.C.H.
- Rabenclan
- Saxo-Celtika
- Seelengemeinschaft
- Arktion Federation
germanische Tradition / Asatru:
- Eldaring
- Germanische Glaubens-Gemeinschaft
- Nornirs Ætt
- Odinic Rite Deutschland
- Runar - Gemeinschaft des alten Pfades
keltische Tradition / Neo-Druidentum:
- Bratercatis Druidis
- Comardiia Druuidiacta
- The Druid Network
- The Order of Bards, Ovates and Druids
- Order of White Oak
Religio Romana / altrömische Tradition:
- Nova Roma
Regionale Gruppen
- Heidenhain Freiburg
- Arbeitskreis Naudhiz
- Heidnische Gemeinschaft
Litauen
- Romuva, litauisch-heidnische Bewegung und Glaubensgemeinschaft
Lettland
- Neo-heidnische lettische Bewegung Dievturiba
Siehe auch
Neue Religiöse Bewegung, Wicca, Magie
Weblinks
- Das Heidentum im „Hier“ und „Jetzt“. Eine Idee für die Zukunft.
- Neuheidentum allgemein (kritisch betrachtet)
- Eldaring.de - Heidentum, was ist das?
- Weltkongress der ethnischen Religionen
- WurzelWerk, das Online-Magazin für spirituelle Vielfalt des Vereins WurzelWerk
- ZweN - Zukunftswerkstatt europ. Naturreligiöser/Neuheiden
Literatur
- Nicholas Goodrick-Clarke, Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, ISBN 3937715487 (beschreibt unter anderem neopagane Vorstellungen im Wien vor und nach dem ersten Weltkrieg)